Drucksache 17 / 17 267 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander J. Herrmann (CDU) vom 21. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Oktober 2015) und Antwort Barrierefreiheit in der Stadt Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche technischen und baulichen Anforderungen gibt es für die barrierefreie Ausgestaltung von abgesenkten Bordsteinkanten/ Borden? Antwort zu 1: Hierfür gelten die Ausführungsvorschriften zu § 7 des Berliner Straßengesetzes über Gehund Radwege (AV Geh- und Radwege) in der Fassung vom 16. Mai 2013, veröffentlicht im Amtsblatt für Berlin Nr. 25, S. 1084. Danach sind an Überquerungsstellen die Bordsteine mit einem Auftritt von 3 cm zur Fahrbahn hin zu verlegen. Unmittelbar vor den Bordsteinen sind taktile Platten einzubauen, die durch eine auffällige Änderung der Oberflächenstruktur gegenüber der übrigen Gehwegbefestigung von blinden und sehbehinderten Menschen wahrgenommen werden können und ihrer Orientierung dienen, indem der Verlauf der taktilen Elemente die Gehrichtung vorgibt. Frage 2: Aus welcher Norm bzw. welchem Regelwerk leiten sich diese Anforderungen ab? Frage 3: Hält der Senat diese barrierefreie Ausgestaltung für die Praxis uneingeschränkt geeignet, um durch jeden RollstuhlfahrerInnen bzw. RollatornutzerInnen bewältigt werden zu können? Antwort zu 2 und 3: Die Regelung mit der Auftrittshöhe von 3 cm an Straßenkreuzungen, -einmündungen und sonstigen für Fußgängerinnen und Fußgänger bestimmten Übergangsstellen wurde erstmals 1994 als Kompromiss mit den verschiedenen Behindertenverbänden zur Berücksichtigung der Belange mobilitätsbehinderter als auch blinder sowie sehbehinderter Menschen vereinbart und in die damaligen AV Geh- und Radwege aufgenommen, um sowohl die Überrollbarkeit als auch die Ertastbarkeit des Bordes zu gewährleisten. Sie entspricht der aktuellen DIN 18040-3 Barrierefreies BauenPlanungsgrundlagen , Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum. Frage 4: Falls ja, ist dem Senat bekannt, dass die Vorderräder vieler Rollstühle dafür nicht geeignet sind ein 3 cm hohes Hindernis einfach zu überrollen? Antwort zu 4: Dem Senat ist bewusst, dass eine Auftrittshöhe von 3 cm an Überquerungsstellen keine optimale Lösung insbesondere für Rollstuhlfahrende oder für Menschen, die einen Rollator nutzen, darstellt. Die Kante von 3 cm ist aber notwendig, damit blinde Menschen den Bordstein als Fahrbahnbegrenzung eindeutig ertasten, die Fahrbahn als Gefahrenbereich erkennen und sich im Straßenraum orientieren können. Die Auftrittshöhe von 3 cm entspricht den bundesweit geltenden Standards und stellt eine Mindestanforderung an die Sicherheit blinder Menschen dar, die von Seiten der Betroffenenvertretung u.a. dem Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin (ABSV) gefordert wird. In einer aktuellen Studie im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen wurde diese Lösung als geeigneter Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der verschiedenen Nutzergruppen bestätigt. Im Übrigen sollten auch die Hersteller von Mobilitätshilfsmitteln in stärkerem Maße ihre Produkte verbessern , in dem Räder oder andere technische Teile von Rollstühlen, Rollatoren und anderen technischen Hilfsmitteln bzw. Geräten den erforderlichen Gegebenheiten im Straßenbau angepasst werden. Dies würde sich generell für die Nutzerinnen und Nutzer von Hilfsmitteln im Gebrauch positiv auswirken. Frage 5: Welche Maßnahmen hat der Senat eingeleitet bzw. plant der Senat, um die barrierefreie Ausgestaltung von abgesenkten Bordsteinkanten/ Borden zu verbessern? Antwort zu 5: Im Zuge der turnusmäßigen Überarbeitung der AV Geh- und Radwege wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erforderliche bautechnische Änderungen der geltenden Standards prüfen und bei Erfordernis einführen. Dies betrifft im Hinblick auf eine bessere Überrollbarkeit u.a. den Radius der Bordkantenausrundung. Eine Änderung der abgestimmten Bordauftrittshöhe ist aber nicht vorgesehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 267 2 Im Rahmen des in der Fußverkehrsstrategie des Landes Berlin verankerten stadtweiten Bauprogramms zur Verbesserung der barrierefreien Überquerbarkeit öffentlicher Straßen sind in den Jahren 2012 bis 2014 jährlich rund 750T€ eingesetzt worden. Hierfür konnten an insgesamt rund 400 Einmündungen bzw. Kreuzungen die Bordsteine abgesenkt werden. Im Jahr 2015 stehen 600T€ für derartige Maßnahmen zur Verfügung. Ferner ist in den Jahren 2016/2017 geplant, jährlich 1,2Mio€ für Bordsteinabsenkungen (auch an Lichtzeichenanlagen) zu verwenden . Frage 6: Welche Fördermöglichkeit gibt es für private Eigentümer zur Verbesserung der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum in Berlin und im Bund? Antwort zu 6: Als Hauptförderquelle steht die KfW 1 Bank mit verschiedenen Möglichkeiten zur Finanzierung einer zinskostengünstigen Infrastruktur („Barrierearme Stadt“) für private wie kommunale Investoren zur Verfügung . Wegen des demografischen und sozialen Wandels soll damit der öffentliche Raum in Deutschland den Bedürfnissen der heute und vor allem künftig älteren Bevölkerung angepasst werden. Gleichzeitig geht es jedoch darum, ein kinder- und familienfreundliches Umfeld zu schaffen. Berlin, den 06. November 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Nov. 2015) 1 Kreditanstalt für Wiederaufbau