Drucksache 17 / 17 274 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 27. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Oktober 2015) und Antwort Datei „Sportgewalt Berlin“ – Geheimniskrämerei und Speicherungen der Polizei Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Zweck hat die Datei „Sportgewalt Berlin “ der Berliner Polizei? Zu 1.: Die Datei „Sportgewalt Berlin“ als Arbeitsdatei soll es ermöglichen, die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen stehenden landesweiten zentralen Ermittlungen von Straftaten sowie die Maßnahmen der Gefahrenabwehr zur Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten durchzuführen. Weiterhin soll die Erstellung aktueller Lagedarstellungen und Gefahrenprognosen unterstützt sowie polizeiliches Handeln dokumentiert werden. 2. Seit wann führt das Land Berlin die Datei „Sportgewalt Berlin“? Zu 2.: Die Datei „Sportgewalt Berlin“ wird seit dem Jahr 1998 geführt. 3. Seit wann und warum hat sie bestimmt, dass die Datei nicht zur Einsichtnahme bestimmt ist? Wann und warum ist sie von dieser Position abgerückt? Zu 3.: Die Datei „Sportgewalt Berlin“ als Arbeitsdatei war gemäß Errichtungsanordnung noch nie zur Einsichtnahme für andere Personen als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des zuständigen Fachkommissariats bestimmt. Eine Änderung dieser Position hat nicht stattgefunden. 4. Welche Datenfelder hatte die Polizei Berlin bislang als so „besonders“ eingeschätzt, dass allein das Bekanntwerden dieser Datenfelder zu „einer nicht unerheblichen Erschwerung der Arbeit der szenekundigen Beamten durch Informationsverluste und Wegfall wichtiger Ermittlungsanhalte führen könnte“? Zu 4.: Gemäß der Errichtungsanordnung können 23 personen- und vorgangsbezogene Daten/-gruppen gespeichert werden. Über die allgemeingültigen Datenfelder wie Vorname, Familienname, andere Namen, Geburtsdatum und -ort, Wohn-, Melde- oder Aufenthaltsort, Erfassungsgrund und Vorgangsnummer hinaus, die auch im Polizeilichen Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) gespeichert werden, waren alle anderen Daten/-gruppen als „besonders“ zu betrachten. 5. Nach welchen Delikten bzw. unter welchen Umständen werden Personen in der Datei „Sportgewalt Berlin “ der Berliner Polizei gespeichert? Zu 5.: Erfasst werden Beschuldigte von Straftaten, die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen stehen, Verdächtige solcher Straftaten, wenn Anhaltspunkte für eine Täterschaft oder Teilnahme vorliegen, Gefahrverursacherinnen und Gefahrverursacher nach § 13 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Berlin (ASOG) (Verantwortlichkeit für das Verhalten einer Person ) und Personen, gegen die Personalienfeststellungen, Platzverweise und Ingewahrsamnahmen zur Verhinderung anlassbezogener Straftaten angeordnet wurden, sowie die in § 43 ASOG genannten Personen (Kontaktpersonen potentieller Straftäterinnen und Straftäter, Zeuginnen und Zeugen, Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sowie sonstige Auskunftspersonen) unter den dort genannten engen Voraussetzungen. 6. Wie viele Personen(datensätze) sind derzeit in der Datei „Sportgewalt Berlin“ jeweils gespeichert als a. Beschuldigte und Tatverdächtige zu Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, b. Personen gemäß § 13 ASOG und c. andere Personen, wenn die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 ASOG gegeben sind? (Bitte getrennt nach Speichergrundlage aufschlüsseln.) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 274 2 Zu 6.: Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da der Speicherungsanlass kein recherchefähiges Merkmal in der Datei ist. 7. Wie verteilen sich derzeit die gespeicherten Personen (datensätze) in der Datei „Sportgewalt“ nach Vereinszugehörigkeit („Gruppenzuordnung“) sowie nach den Kategorien „gewaltbereit“ (B) und gewaltsuchend (C)? Zu 7.: In der Arbeitsdatei „Sportgewalt Berlin“ sind zum Stichtag 6. Oktober 2015 1483 personenbezogene Datensätze erfasst, die sich nach Vereinszugehörigkeit und entsprechender Kategorisierung (Kategorie B: gewaltbereit , Kategorie C: gewaltsuchend) wie folgt unterteilen : Vereinszugehörigkeit Gesamt Kat. B Kat. C Hertha BSC: 512 447 65 1. FC Union Berlin: 420 377 43 BFC Dynamo: 465 340 125 Tennis Borussia Berlin: 21 19 2 SV Babelsberg 03: 4 4 Energie Cottbus: 9 7 2 Eintracht Frankfurt: 4 4 Hamburger SV: 1 1 Werder Bremen: 2 2 FC Schalke 04: 3 3 FC Magdeburg: 5 2 3 TSV München 1860: 1 1 Karlsruher SC: 2 2 FC St. Pauli: 2 2 Hansa Rostock: 4 4 SG Dynamo Dresden: 2 2 Lichtenberg 47: 1 1 Adlershofer FC 08: 1 1 MKS Pogon Stettin: 13 8 5 Eisbären Berlin: 1 1 ES Jungfüchse Weißwasser: 1 1 Alba Berlin: 7 7 ohne Vereinsbezeichnung: 2 2 8. Welche Anlauf- und Treffpunkte sind wie häufig gespeicherten Personen(datensätzen) zugeordnet? Zu 8.: Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da „Anlauf- und Treffpunkte“ keine recherchefähigen Merkmale in der Datei sind. 9. Wie viele Personen sind als „Mittäter“ gespeichert und nach welchen Kriterien werden Personen als „Mittäter “ gespeichert? Zu 9.: Zu den Kriterien, nach denen Personen in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst werden, verweise ich auf die Antwort zu 5. Eine Speicherung von Personen als „Mittäter“ findet nicht statt. 10. Wie viele Personen(datensätze) mit welcher Vereinszugehörigkeit („Gruppenzuordnung“) sind derzeit in der Datei „Sportgewalt Berlin“ gespeichert, gegen die ein Stadionverbot verhängt ist? Zu 10.: In der Datei „Sportgewalt Berlin“ sind mit Stichtag 2. November 2015 70 Personen gespeichert, gegen die ein bundesweites Stadionverbot verhängt wurde . Diese gliedern sich nach Vereinen wie folgt: Vereinszugehörigkeit Anzahl Hertha BSC: 20 1. FC Union: 44 BFC Dynamo: 5 TSV 1860 München: 1 11. Inwiefern erfolgt ein Abgleich der gespeicherten Angaben zu Stadionverboten in der Datei „Sportgewalt Berlin“ mit der „Stadionverbotsdatei“, die durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) geführt wird? Zu 11.: Die händische Eingabe von Stadionverboten zu Datensätzen in der Datei „Sportgewalt Berlin“ erfolgt anhand einer vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) regelmäßig übersandten Liste. Eine „Stadionverbotsdatei“ des DFB ist hier nicht bekannt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 274 3 12. Zu wie vielen derzeit in der Datei „Sportgewalt Berlin“ gespeicherten Personen(datensätzen) ist ein Lichtbild hinterlegt? Zu 12.: Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da das Vorliegen eines Lichtbilds kein recherchefähiges Merkmal in der Datei ist. 13. Zu wie vielen derzeit in der Datei „Sportgewalt Berlin“ gespeicherten Personen(datensätzen) ist ein Hinweis auf DNA vorhanden? Zu 13.: Derzeit ist zu 42 in der Datei „Sportgewalt Berlin“ gespeicherten Personen ein Hinweis auf DNABestandsdaten vorhanden. 14. Wie viele vorgangsbezogene Datensätze sind derzeit in der Datei „Sportgewalt Berlin“ gespeichert? Zu 14.: In der Datei „Sportgewalt Berlin“ sind mit Stichtag 2. November 2015 7873 vorgangsbezogene Datensätze gespeichert. 15. Wie viele Datenabfragen in der Datei „Sportgewalt Berlin“ erfolgten durch die Berliner Polizei in den Jahren seit 2010? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln .) Zu 15.: Die Anzahl der Datenabfragen aus der Arbeitsdatei „Sportgewalt Berlin“ wird nicht erhoben. Berlin, den 13. November 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Nov. 2015)