Drucksache 17 / 17 279 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Wolfram Prieß (PIRATEN) vom 27. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Oktober 2015) und Antwort Staatsopernskandal LXI – Theaterferien vorbei! Nachfrage zu ein paar Parametern zur Wirtschaftlichkeit des Unterirdischen Bauwerks aus Drucksache 17/16686 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Unter Bezugnahme auf die Antwort zu 5 b in der Drucksache 17/16686: a) Welche detaillierte Zeitersparnis ergibt sich für den zukünftigen laufenden Betrieb durch die Nutzung des Unterirdischen Bauwerks für Transport, Lagerung, Montage und Auswechseln der Kulissen und Bühnenteile? b) Wie übersetzt sich diese Zeitersparnis in Personentage und möglicherweise wegfallende Stellen in den Bereichen Bühne, Haustechnik, Logistik o.ä.? c) Welche jährliche Kosteneinsparung ergibt sich hierdurch für den laufenden Betrieb der Staatsoper voraussichtlich ? Zu 1. a-c: Mit Inbetriebnahme des unterirdischen Bauwerks (UBW) werden sich die Arbeiten der bühnentechnischen Gewerke in das UBW verlagern. Vor dem Beginn der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden wurden die Kulissen per Straßentransport an-geliefert und unter Nutzung des öffentlichen Straßenlandes vom Magazingebäude zur Staatsoper transportiert. In den Zeiträumen der Montage/Demontage der Kulissen auf der Hauptund den Nebenbühnen waren die Bühnen für den Probenund Vorstellungsbetrieb nicht nutzbar. Der Spielbetrieb der Staatsoper war deshalb stark eingeschränkt. Künftig werden die Kulissen zum Magazingebäude /Probenzentrum transportiert, um im UBW und in der unteren Berliner Seitenbühne vormontiert zu werden. Diese Montagearbeiten können parallel zum Proben- und Vorstellungsbetrieb erfolgen. Neben der Verbesserung der Transportsituation zwischen den Gebäudeteilen wird es möglich sein, die montierten Kulissen von bis zu zwei Produktionen im UBW vorzuhalten. Dies führt zu einer erheblichen Verbesserung der Arbeitsabläufe im Repertoirebetrieb der Staatsoper. Zeitliche und kostenwirksame Sparpotenziale sind in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten, da die durch das UBW zu erreichende effizientere Auslastung vorhandener Personalkapazitäten zu einer Erhöhung der Anzahl von Repertoireproduktionen der Staatsoper führen wird. 2. Unter Bezugnahme auf die Antwort zu 5 b in der Drucksache 17/16686: a) Welche Parameter verbinden sich mit der Verbesserung des Repertoirebetriebs durch das Unterirdische Bauwerk (bspw. Zahl der jährlichen Vorstellungen, Umfang des jährlich möglichen Repertoires, o.ä.)? b) Wie verbessern sich diese einzelnen Parameter im Vergleich im Vergleich zwischen der Zeit vor Baubeginn und der Zeit nach Abschluss der Sanierungsarbeiten? c) Welche Kosteneinsparungen ergeben sich aufgrund dieser verbesserten Parameter für den laufenden Betrieb der Staatsoper? Zu 2. a-c: Das unterirdische Bauwerk (UBW) soll der Sicherstellung eines modernen Repertoirebetriebs dienen. Nach Informationen des Nutzers, der Staatsoper Unter den Lin-den, werden durch das UBW zeitlich minimierte Umbauphasen zwischen verschiedenen Inszenierungen und damit Steigerungen der Anzahl sowohl von Repertoire -produktionen als auch von Gastspielen auswärtiger Ensembles und Vermietungen angestrebt. Die Staatsoper erwartet im Ergebnis zeitlich effizienterer Arbeitsabläufe eine flexiblere Spielplanung als bisher sowie eine Verbesserung der technischen Sicherheit, da Proben in Originaldekorationen die Arbeitsprozesse des Probenbetriebes vereinfachen sollen. Durch die Vormontagen im UBW werden sich künftig die Wege des Dekorations-transportes verkürzen, die ehemals erheblichen Beeinträchtigungen der Haupt- und Nebenbühne als Orte der Montage werden reduziert. So soll es z.B. möglich sein, noch während der Proben auf der Haupt- oder den Probebühnen weitere Dekorationen in der Montagehalle des UBW vorzubereiten. Gleichzeitig kann der durch häufiges Auf- und Abbauen bedingte vorzeitige Verschleiß der Dekorationen vermieden wer- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 279 2 den. Witterungsabhängige oberirdische Transporte werden grundsätzlich nicht mehr erforderlich sein. Mit dem UBW können zudem die Forderungen der Denkmalpflege und Stadtplanung erfüllt werden, den vormals auf öffentlichem Straßenland praktizierten Dekorationstransport zwischen Magazingebäude und Opernhaus einzustellen . Das UBW wird der logistischen Erschließung des gesamten Gebäudeensembles der Staatsoper dienen (z.B. innerbetriebliche Personalwege, barrierefreier Transport von Kostümen, Instrumenten, Möbeln, Abfällen etc.) sowie technische An-lagen aufnehmen (z.B. in den Bereichen Heizung, Lüftung, Sprinklersystem, Kommunikations - und Informationstechnik), um die Bestandsgebäude räumlich zu entlasten. Unter Berücksichtigung der künftig verbesserten technischen Produktionsbedingungen, die jedoch einhergehen mit einer Steigerung der Wartungs- und Betriebskosten, sind aus heutiger Sicht Kosteneinsparungen nicht zu erwarten . 3. Inwieweit ist eine Erhöhung der Sitzplatzauslastung durch die Verbesserungen im Repertoirebetrieb zu erwarten und welche Berechnungen, Gutachten, Erhebungen, o. ä. liegen diesen Annahmen zugrunde? Zu 3.: Durch die künftig höheren Proben- und Produktionsfrequenzen erwartet die Staats-oper, dass die Anzahl der Vorstellungen erhöht und damit eine Steigerung der An-zahl zahlender Besucherinnen und Besucher erreicht werden kann. Gutachten, Er-hebungen o.ä. liegen hierzu nicht vor. 4. Unter Bezugnahme auf die Antwort zu 6. in der Drucksache 17/16686: a) Wie viel reine Lagerfläche, wie viel Fläche zum Transport und wie viel Fläche für die Montage stehen zukünftig im Unterirdischen Bauwerk zur Verfügung? b) Wie viele Kulissenteile für wie viele verschiedene Stücke können somit gleichzeitig im Unterirdischen Bauwerk gelagert werden? c) Welche Parameter verbessern sich hierdurch und welche Auswirkungen haben diese Verbesserungen auf die Kosten des laufenden Betriebs der Staatsoper bzw. auf die Verbesserungen im Repertoirebetrieb? d) Wie wird sich dies auswirken im Verhältnis zwischen „oberirdischer“ und „unterirdischer“ Logistik bzw. inwieweit kann durch das UBW die oberirdische Logistik anteilig abgelöst werden? Zu 4. a-d: Im unterirdischen Bauwerk (UBW) finden technische Anlagen Platz, die für den Betrieb der einzelnen Gebäudeteile der Staatsoper unabdingbar sind und diese räumlich entlasten. Von den verbleibenden und der Staatsoper zur Verfügung stehenden Nutzflächen wird ca. die Hälfte für Transportwege vorgehalten. Ein Viertel der Fläche wird als Montagefläche und ein weiteres Viertel als Lagerfläche genutzt. Bis zu zwei Produktionen können im UBW gleichzeitig vor- oder demontiert werden. Mit Inbetriebnahme des UBW kann die bisherige oberirdische Logistik zwischen dem Opernhaus und dem Magazingebäude eingestellt werden. Die logistische Erschließung der Gebäudeteile der Staatsoper erfolgt künftig über das UBW. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Kostenentwicklung wird auf die Antworten zu 1. und zu 2. verwiesen . 5. a) Wann und durch wen wurden die in dieser Anfrage verwendeten Parameter erstellt? b) Wann und durch wen wurden die in dieser Anfrage verwendeten Parameter geprüft und an wen wurde diesbezüglich berichtet? Zu 5. a-b: Die benannten Parameter wurden im Rahmen der Erstellung des Bedarfsprogramms zwischen dem Nutzer (Staatsoper Unter den Linden), dem Bedarfsträger (Senats-kanzlei-Kulturelle Angelegenheiten) und der Baudienststelle (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt) erörtert und geprüft. 6. Ist es zutreffend, dass sich die Kosten für das Unterirdische Bauwerk, inklusive der Kostengruppe 700 (Baunebenkosten ), mittlerweile auf etwa 34 Millionen Euro belaufen? Bitte erläutern Sie dies unter Bezugnahme auf die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und der zu erzielenden Verbesserungen für den laufenden Betrieb. Zu 6.: Die aktuellen Kosten für das unterirdische Bauwerk (UBW) belaufen sich gemäß 2. Ergänzungsunterlage zur Bauplanungsunterlage auf 19.916.994,45 € (unmittelbare Baukosten). Unter Berücksichtigung der darüber hinaus bauteilübergreifend anfallenden Kosten (Baunebenkosten etc.) und einer entsprechenden prozentualen Verteilung dieser Kosten auf die vier Bauteile Operngebäude, UBW, Intendanzgebäude und Proben-zentrum/ Magazingebäude belaufen sich die Gesamtherstellungskosten für das UBW auf rund 36,7 Mio. €. 7. Unter Bezugnahme auf die Antwort zu 5 a in der Drucksache 17/16686: a) Ist es zutreffend, dass aufgrund allgemeinen Sanierungsbedarfs der Staatsoper sowie seiner Dringlichkeit keine in Zahlen abgebildeten Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen für das UBW vorgenommen wurden? Bitte erläutern Sie dies. b) Inwieweit bezieht sich der Satz „Andere alternative Möglichkeiten als die Sanierung der Staatsoper existieren nicht, daher wurde auf Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen über die Baumaßnahme hinaus verzichtet“ auf das UBW? Bitte erläutern Sie dies im Hinblick auf die Prüfung alternativer Lösungen im Vorfeld des Baubeginns. c) Welche funktionalen Erweiterungen im Vergleich zwischen dem vor Baubeginn existenten „Tunnel“ und dem UBW waren im Einzelnen ohne Alternative? Zu 7. a-c: Aufgrund des umfangreichen Sanierungsbedarfs der Staatsoper Unter den Linden wurden im Zuge der Aufstellung des Bedarfsprogramms auch sämtliche Prozessabläufe des Opernbetriebs analysiert und neu Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 279 3 bewertet. Durch das unterirdische Bauwerk (UBW) konnte auf einen Teil der alten Magazinflächen verzichtet werden (heutige Nutzung durch die Barenboim-Said Akademie gGmbH), der verbleibende Magazinteil wurde einer neuen Nutzung als Probenzentrum zugeführt. Somit ergeben sich neben den logistischen Optimierungen durch das UBW auch Flächeneinsparungen sowie maßgebliche Funktionsverbesserungen im Proben- und Spielbetrieb der Staatsoper. Im Rahmen der Aufstellung der Vorplanungsunterlage wurden Auflagen aus dem Prüfbericht zum Bedarfsprogramm umgesetzt. Hier erfolgten Variantenvergleiche des unterirdischen Verbindungsbauwerks. Im Verlauf der Erarbeitung der Bauplanungsunterlage wurden weitere Optimierungen vorgenommen (siehe Anlage). Der im Bestand der Staatsoper vorgefundene unterirdische Tunnel diente ehemals als Personalverbindungsgang , dem im Rahmen der Planungen weitere technische oder logistische Funktionen nicht zugeordnet werden konnten. Bei Beibehaltung dieses Tunnels hätten nahezu sämtliche Funktionsverbesserungen im Zuge der Grundsanierung der Staatsoper Unter den Linden nicht realisiert werden können. Somit ist die Erweiterung des Tunnels alternativlos, da Funktionsverbesserungen im Sinne eines modernen Spielbetriebs im 21. Jahrhundert maßgebliche Ziele des gesamten Sanierungsvorhabens sind. Berlin, den 16. November 2015 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Nov. 2015) Seite 5 von 5 Anlage S17-17279 1717279 Staatsopernskandal LXI