Drucksache 17 / 17 295 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 25. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. November 2015) und Antwort Fragwürdiger Umgang mit Versammlungen, die rechtsnationalen Hintergrund haben - Welche Rolle spielt der Senat? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. a) Warum wurde am 24.Oktober 2015 die Versammlung der AfD auf dem Wittenbergplatz in dem stattgefundenen Umfang (ca. 200 Demonstranten) genehmigt und die Gegenversammlung (ca. 500 Demonstranten) nicht? b) Wer hat angeordnet, dass eine Gegenkundgebung gegen die Kundgebung/ den Aufzug der AfD auf dem Wittenbergplatz ab ca. 16 Uhr nicht angemeldet werden konnte? c) Wurden die vor Ort im Einsatz befindlichen Polizeikräfte darüber informiert? Wenn ja, inwieweit ist dies geschehen? Wenn nein, warum nicht? Zu 1.: a) und b) Wegen des hohen Verfassungsranges der Versammlungsfreiheit hat der Gesetzgeber für die Durchführung von Versammlungen kein Genehmigungsverfahren vorgesehen. Versammlungen unter freiem Himmel unterliegen gemäß § 14 des Versammlungsgesetzes (VersG) lediglich einer Anmelde- bzw. Anzeigepflicht . Nach erfolgter Anmeldung wurde für die Versammlung der Alternative für Deutschland (AfD) für den 24.10.2015 zum Thema „Gegen Politikversagen – Wirklich Verfolgte schützen, Asylmissbrauch und ungesteuerte Einwanderung beenden“ im Rahmen eines Kooperationsgespräches als neuer Endplatz die südliche Seite des Wittenbergplatzes festgelegt. Analog wurde dem Anmelder der Gegenversammlung zum Thema „Rassistische Hetze bekämpfen – AfD stoppen “ im Rahmen des Kooperationsgebotes mitgeteilt, dass die von ihm angemeldete Aufzugsstrecke in großen Teilen durch eine bereits angemeldete Versammlung belegt ist und somit nicht zur Verfügung steht. In einvernehmlicher Absprache erfolgte daraufhin die Änderung der Aufzugsstrecke . Die am Einsatztag gegen 16:40 Uhr beabsichtigte Versammlung zum Thema: „Refugees are Welcome“ - ebenfalls auf dem Wittenbergplatz - wurde unter Verweis auf die bereits erfolgte Vergabe des Wittenbergplatzes als Kundgebungsort für die konkurrierende Versammlung der AfD durch den Polizeiführer versagt. Ursächlich für die Versagung war die Tatsache, dass zu erwartende körperliche Auseinandersetzungen bei direktem Aufeinandertreffen widerstreitender Gruppen auf Grund der Größe, der Unübersichtlichkeit und der infrastrukturellen Gegebenheiten des Wittenbergplatzes sowie durch die Anwesenheit einer Vielzahl unbeteiligter Passantinnen und Passanten nicht zu verhindern gewesen wären. Insbesondere hätte keine Differenzierung oder gar Trennung widerstreitender Gruppen erfolgen können. Diese Begründung wurde dem Anmelder mitgeteilt und stattdessen der Breitscheidplatz als Versammlungsort vorgeschlagen. Zur Durchführung kam es jedoch nicht. c) Eingesetzte Polizeidienstkräfte wurden im Rahmen der Einsatzdurchführung in Kenntnis gesetzt. 2. a) Plant der Senat, die Anmeldungen spontaner Gegendemonstration in Zukunft zu erleichtern? Wenn ja, zu wann und in welcher Art ist dies geplant? Wenn nein, warum nicht und inwieweit sieht der Senat einen Widerspruch zur demokratischen Pluralität? b) Wird die Änderung von Versammlungs-/Kundgebungsorten bekannt gegeben? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, innerhalb welcher Frist muss dies erfolgen und welche Reaktionsmöglichkeiten haben in diesem Fall Menschen, die eine Gegendemonstration legal durchführen wollen? Zu 2.: a) Nach § 14 Absatz 1 VersG hat diejenige oder derjenige, die oder der die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, dies spätestens 48 Stunden vor der Bekannt- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 295 2 gabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzuges anzumelden . Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfällt die Pflicht zur Anmeldung bei sogenannten Spontanversammlungen, die sich aus aktuellem Anlass augenblicklich bilden und daher keine Zeit für eine Anmeldung bleibt (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 14.05.1985, Aktenzeichen der Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht: 1 BvR 233/81 (u.a.), Randnummer 73, juris). Bei sogenannten Eilversammlungen, das heißt bei Demonstrationen, bei denen zwischen dem Entschluss und der Durchführung der Versammlung eine gewisse Zeit bleibt, aber die 48- Stunden-Frist nicht eingehalten werden kann, verkürzt sich diese nach den Umständen des Einzelfalls. Vor dem Hintergrund dieser klaren und sich aus der grundlegenden Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit in der Demokratie ergebenden Rechtslage sieht der Senat derzeit keinen gesetzlichen Änderungsbedarf. b) Die Versammlungsbehörde hat gegenüber Dritten keine derartige Informationspflicht. Es obliegt der jeweiligen Polizeiführerin/dem jeweiligen Polizeiführer, mögliche Änderungen angemeldeter Kundgebungsorte oder Wegstrecken im Rahmen präventiver Kooperationsgespräche mitzuteilen. Die Pressestelle der Polizei Berlin gibt zudem grundsätzlich die Wegstrecke auf Anfrage bekannt. Dem Senat ist hinsichtlich des Einsatzes vom 24.10.2015 eine Anfrage zur Aufzugsstrecke der AfD nicht bekannt. 3. a) Aus welchen Gründen konnte die AfD den ganzen Wittenbergplatz einschließlich angrenzender Straße komplett für ihre Versammlung beanspruchen, obwohl nur ca. 200 Demonstranten anwesend waren? b) Warum wurde eine Anmeldung einer Gegenkundgebung nicht zugelassen, obwohl die Struktur und Größe des Wittenbergplatz zwei gegensätzliche Versammlungen zulassen würde? Zu 3.: Siehe Antwort zur Frage 1. 4. Weshalb konnten die Einsatzkräfte, die sich vor Ort befanden, der sehr großen Gruppe von Menschen auf der Mittelfläche westlich des Zugangsgebäudes der BVG - welche auch ausreichend groß war, um eine Zulassung als Kundgebung zu erhalten - die gegen die AfD Kundgebung protestieren wollten, keinen Platz für ihre Versammlung vor 16 Uhr zuweisen? Zu 4.: Siehe Antwort zur Frage 1. 5. Weshalb wurden Menschen, die sich der Gegenkundgebung vor Ort hätten anschließen wollten, des Platzes verwiesen? Bitte hier um ausführliche Begründung. Zu 5.: Zur Ermöglichung des Aufzuges der AfD auf der angemeldeten Aufzugsstrecke bis zum Endplatz Wittenbergplatz wurden Personen, die erkennbar beabsichtigten , die Versammlung der AfD zu stören oder zu verhindern , des Platzes verwiesen. 6. Warum wurde die Gegenkundgebung/Versammlung vor der Parteizentrale der CDU am 24. Oktober so weiträumig abgesperrt und daran gehindert, sich zeitnah zum Wittenbergplatz zu bewegen, nachdem die Kundgebung /Versammlung der AfD die Lokalität in Richtung Wittenbergplatz verlassen hatte? Zu 6.: Um 15:46 Uhr erreichte der Aufzug „Rassistische Hetze bekämpfen – AfD stoppen“ mit 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern den Zwischenkundgebungsort , unweit des Antreteplatzes des Aufzuges der AfD. Unter ständiger Gewährleistung einer Sicht- und Hörweite wurden die beiden Teilnehmergruppen zur Verhinderung eines Aufeinandertreffens räumlich voneinander getrennt. Nachdem sich der AfD Aufzug in Bewegung setzte, war ein verstärkter Abstrom aus der Gegenversammlung zu verzeichnen. Die zur Trennung der widerstreitenden Parteien errichteten Absperrlinien wurden mit Verzögerung aufgehoben, um ein Nachströmen von mutmaßlichen Störergruppen in Richtung des AfD Aufzuges zu verhindern . Die mit ursprünglicher Richtung Potsdamer Platz angemeldete Gegenversammlung verringerte sich nach Öffnen der Absperrlinien durch starken Abstrom auf lediglich 15 von ursprünglich 350 Teilnehmenden und wurde vor Ort unmittelbar beendet. 7. Wie viele Straftaten wurden am 24.10.2015 in der Zeit von 13 Uhr bis 22 Uhr im Kontext der stattfindenden Versammlungen und Aufzüge verzeichnet? Bitte einzeln aufschlüsseln nach Menge, erfüllter Tatbestände und versuchte Tatbestände gemäß der hier üblichen Statistikparameter der Polizei Berlin. Zu 7.: Anmerkung: Aufgrund der Arbeitsabläufe innerhalb der Polizei Berlin wurden mit Stand 09.11.2015 im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) noch keine Fälle im Kontext der am 24.10.2015 stattgefundenen Versammlungen registriert. Anzahl Erfassungsgrund Versuch/ Vollendung 1 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamtinnen / Vollstreckungsbeamte vollendet 1 Landfriedensbruch vollendet 3 Beleidigung vollendet 4 Verstoß Versammlungsgesetz vollendet Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 295 3 8. Wie viele Personen wurden im Zusammenhang der Versammlungen und Aufzüge am 24.10.2015 des Platzes verwiesen? Zu 8.: Entlang der Wegstrecke des Aufzuges der AfD wurden nur einzelne Personen und Personengruppen angesprochen und in Teilen des Platzes verwiesen. Valide Zahlen wurden dazu nicht erhoben. 9. Wie viele Personen wurden im Zusammenhang der Versammlungen und Aufzüge am 24.10.2015 festgenommen , mit welchem Grund und für wie lange? Zu 9.: Im Zuge der Versammlungen wurde 13 Personen die Freiheit beschränkt, davon fünf nach dem Allgemeinen Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung n Berlin (ASOG Bln) und acht nach der Strafprozessordnung (StPO). Abhängig von den strafprozessualen bzw. gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen betrug die Dauer der Freiheitsbeschränkung zwischen zwei und 80 Minuten. 10. Wie viele Personen und Polizeikräfte wurden im Zusammenhang der Versammlungen und Aufzüge am 24.10.2015 verletzt oder schwer verletzt? Zu 10.: Weder zu Versammlungsteilnehmern und Versammlungsteilnehmerinnen noch zu unbeteiligten Dritten liegen Verletztenmeldungen vor. Seitens der Polizei sind keine Verletzten zu verzeichnen . 11. a) Wie viele Personen wurden durch den Einsatz von Reizgassprühgeräten (RSG) verletzt? b) Wie viele Einsätze mit Pfefferspray sind für den 24.10.2015 in der Zeit von 13 Uhr bis 22 Uhr zu verzeichnen ? c) Wurden die Einsätze von Pfefferspray von den Polizeikräften ordnungsgemäß gemeldet? Wenn ja, inwieweit ist dies geschehen? Wenn nein, warum nicht? Zu 11.: Im Einsatzgeschehen wurde kein Reizstoffsprühgerät eingesetzt. 12. Weshalb wurden Einsatzfahrzeuge der Polizei direkt zwischen den beiden Versammlungen auf dem Wittenbergplatz aufgestellt, obwohl die bauliche Struktur des Platzes und die Menge der eingesetzten Polizeikräfte eine Trennung der Gruppen garantiert hätte. Bitte hier um ausführliche Begründung. Zu 12.: Das Einbinden von Polizeifahrzeugen in Absperrlinien stellte eine unterstützende und zugleich ressourcenschonende Maßnahme dar, um freiwerdende Polizeikräfte anderweitig einsetzen zu können. 13. Teilt der Senat die Auffassung, genügend Polizeikräfte eingesetzt zu haben? Wenn nein warum nicht ? Zu 13.: Ja. 14. Plant(e) der Senat bei den für die am 31.10.2015 und 07.11.2015 angemeldeten Versammlungen der AfD eine Änderung der Polizeitaktik? Wenn ja, um welche Maßnahmen handelt es sich hier genau? Zu 14.: Nein. 15. Teilt der Senat die Auffassung , dass in Anbetracht der gesammelten Erfahrung der letzten Jahre es sinnvoll wäre, wenn den sogenannten Gegendemonstranten automatisch ein geeigneter Versammlungsort ortsnah und sichtnah zur schon angemeldeten Versammlung zugewiesen wird, sofern sich mindestens eine Person dazu bereit erklärt, die Verantwortung für die dann entstehende Versammlung zu übernehmen? Bei gegenteiliger Auffassung bitte genau erläutern, warum dies in der Praxis nicht so gehandhabt werden kann. Zu 15.: Nein, da es sich bei der Bewertung von Versammlungslagen , insbesondere auch bei solchen mit konkurrierender politischer Ausrichtung, immer um Einzelfallprüfungen handelt, bei denen unter anderem die Aspekte Örtlichkeit, Zahl der Teilnehmenden sowie die Emotionalität der geführten Auseinandersetzung explizit Berücksichtigung finden. Die Verwendung von Automatismen ist deshalb nicht zielführend und darüber hinaus mit der Bedeutung der grundrechtlich verbürgten Gestaltungsfreiheit nicht in Einklang zu bringen. Versammlungen finden regelmäßig am angemeldeten Versammlungsort statt. Erst wenn Umstände bekannt werden, die belegen, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung an dieser Örtlichkeit unmittelbar gefährdet ist, wird eine Verlegung geprüft. Es können darüber hinaus natürlich Absprachen mit den Veranstaltenden getroffen werden, die jedoch ein gegenseitiges Einvernehmen voraussetzen. 16. Im Zuge der Versammlungen und Aufzüge am 24.10.2015 wurden von den Teilnehmern Symbole und Flaggen von Staaten und Ländern in verunglimpfender Weise verwendet, insbesondere die Flagge des Staates Israel. a) Aus welchen Gründen haben hier die Polizeikräfte nicht eingegriffen und ggf. die entsprechenden Flaggen und Symbole beschlagnahmt? c) Sieht der Senat in dem Verhalten der Demonstranten eine Gefährdung der diplomatischen Beziehung zum Staate Israel? Wenn nein, warum nicht? d) Welche Straftatbestände werden durch solch ein Verhalten erfüllt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 295 4 Zu 16.: a) und d) Sofern eine Flagge oder ein Hoheitszeichen ausländischer Staaten auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch (z.B. an Feiertagen ) öffentlich gezeigt bzw. angebracht worden ist, stellt die Verunglimpfung und/oder Beschädigung einen Straftatbestand gemäß § 104 Strafgesetzbuch (StGB) „Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten“ dar. Anlässlich des hier in Rede stehenden Einsatzes haben die eingesetzten Polizeidienstkräfte kein strafrechtlich relevantes Verhalten im Zusammenhang mit der Verwendung von Symbolen und/oder Flaggen festgestellt, so dass ein polizeiliches Einschreiten nicht erforderlich war. c) Entfällt. 17. Teilt der Senat die Auffassung, dass auf Versammlungen , die von politischen Parteien angemeldet wurden, Auflagen zum Schutz vor Verunglimpfung von Symbolen und Flaggen fremder Staaten auferlegt werden sollten, sofern nicht garantiert werden kann, dass diese mit der nötigen Würde behandelt werden? Wenn ja, wie könnten sich diese Auflagen konkret gestalten ? Wenn nein, warum nicht? Zu 17.: Gemäß § 15 Absatz 1 VersG kann die zuständige Behörde eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Eine Beauflagung von Versammlungen im Sinne der Fragestellung kommt mithin regelmäßig nur dann in Betracht , wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass auf der Versammlung gegen § 104 des Strafgesetzbuches verstoßen werden wird, das heißt eine Flagge eines ausländischen Staates zerstört, beschädigt, unkenntlich gemacht oder beschimpfender Unfug daran verübt werden soll. In einem solchen Fall könnte das Mitführen der Flagge untersagt werden. Fehlt es dagegen an einer solchen Gefahr, ist eine Beauflagung zum Schutz von Symbolen oder Flaggen ausländischer Staaten grundsätzlich rechtlich nicht zulässig. 18. Teilt der Senat die Auffassung, dass die Flagge und die Symbole des Staates Israel besonders geschützt gehören und auf Versammlungen, die einen rechtsnationalen Hintergrund besitzen, nicht mitgeführt und gezeigt werden sollten? Wenn nein, warum nicht. Zu 18.: Der Schutz der Flagge und der Symbole des Staates Israel erfolgt im Rahmen der Rechtsordnung und muss im Einzelfall mit der Bedeutung der jedermann gewährleisteten Versammlungs- und Meinungsfreiheit abgewogen werden. Dabei unterliegen der Staat und seine Organe der Neutralitätspflicht, das heißt er darf grundsätzlich nicht zwischen ggf. vorhandenen politischen Ausrichtungen von Versammlungen differenzieren, sondern nur auf Grund der Gefahrenlage. 19. Wurde das Land Berlin schon einmal von Behörden eines fremden Staates oder dessen Staatsangehörige dahingehend angesprochen, dass die Flagge oder die Symbole dieses Staates in verunglimpfender oder beschimpfender Weise bei Aufzügen und Versammlungen im Land Berlin verwendet werden? Wenn ja, welche Maßnahmen gedenkt der Senat zu treffen, um die in der Zukunft liegenden Vorgänge der beschimpfenden oder verunglimpfenden Verwendung der Flaggen und Symbole von fremden Staaten einzuschränken ? Zu 19.: Eine entsprechende Statistik im Sinne der Fragestellung wird nicht geführt. Der Senat wird auch künftig unter Beachtung der Grundrechte der Versammlungs- und der Meinungsfreiheit die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um von öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel ausgehende , unmittelbare Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu begegnen. 20. Teilt der Senat die Auffassung, dass die Genehmigung von Versammlungen und Aufzügen mit rechtsnationaler und/oder ausländerfeindlicher Prägung restriktiver gehandhabt werden sollte oder diese mindestens von Einrichtungen, die mit ausländischen Mitbürgern in Verbindung stehen, ferngehalten werden sollten? Wenn nein, warum nicht und weshalb wird diesbezüglich nichts geändert? Zu 20.: Die Durchführung von Versammlungen unterliegt keinem Genehmigungsverfahren, es besteht lediglich eine Anmelde- bzw. Anzeigepflicht (zur Begründung siehe Antwort auf Frage 1). Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel können unter den Voraussetzungen des § 15 VersG zur Abwehr von unmittelbaren Gefahren für die öffentliche Sicherheit verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden. Der Senat und die zuständigen Behörden haben die in § 15 VersG normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für ein staatliches Eingreifen bei jedweder öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel – unabhängig von ihrer gegebenenfalls vorhandenen politischen Ausrichtung – zu beachten. 21. Teilt der Senat die Auffassung, dass - wie in Dresden durch die Pegida-Demonstrationen geschehen - der Wirtschaftsstandort Berlin gefährdet wird, wenn Aufzüge und Versammlungen mit rechtsnationalen und/oder ausländerfeindlichen Hintergrund weiterhin so zugelassen werden, wie es derzeit die Praxis ist? Wenn nein, warum nicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 295 5 Zu 21.: Auf Grund der besonderen Bedeutung der Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit ist bei der Annahme einer Gefährdung oder Beeinträchtigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Berlin oder des Wirtschaftsstandortes Berlin durch die Wahrnehmung dieser Freiheitsrechte, auch wenn diese eine politische Ausrichtung aufweisen sollte, die der Senat von Berlin nicht teilt, Zurückhaltung geboten. 22. a) Teilt der Senat die Auffassung, dass das Ansehen der Bundesrepublik beschädigt wird, wenn Aufzüge und Versammlungen mit rechtsnationalen und/oder ausländerfeindlichen Hintergrund weiterhin so stattfinden dürfen wie das bisher die Praxis ist? Wenn nein warum nicht? b) Teilt der Senat die Auffassung, dass das Ansehen des Landes Berlins beschädigt wird, wenn Aufzüge und Versammlungen mit rechtsnationalen und/oder ausländerfeindlichen Hintergrund weiterhin so stattfinden dürfen wie das bisher die Praxis ist? Wenn nein warum nicht? Zu 22.: Siehe Antwort zu Frage 21. 23. a) Gab es Gründe dafür, dass am 24.10.2015 vor der CDU-Parteizentrale im Bereich der Gegenversammlung – im Gegensatz zu allen anderen im Parlament vertretenen Parteien - kein Vertreter oder Mitglied der CDU mittels Parteiflagge deutlich erkennbar anwesend war? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? b) Teilt der Senat die Ansicht, dass aus den unter a) genannten Gründen eine Solidarisierung mit der AfD unterstellt werden kann, wenn keine klare optische Positionierung während der Versammlung stattfindet? Zu 23.: Es ist nicht die Aufgabe des Senats, hypothetische Fragen zu beantworten. 24. Teilt der Senat die Ansicht, dass die Partei „Alternative für Deutschland“ rechtsnational und/oder verfassungsfeindlich ist? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wird die AfD im Auftrag des Senats durch den Verfassungsschutz beobachtet? Zu 24.: Der Verfassungsschutz Berlin beobachtet nach § 5 Absatz 2 Verfassungsschutzgesetz Berlin (VSG Bln) in Verbindung mit § 6 Absatz 2 VSG Bln lediglich Berliner extremistische Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Berlin, den 17. November 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Nov. 2015)