Drucksache 17 / 17 307 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 04. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. November 2015) und Antwort „Islamisierung“ - Sprachgebrauch von Pegida & Co. in den Senatsverwaltungen für Inneres und Justiz? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie ordnet der Senat den Begriff „Islamisierung“ politisch ein? Teilt er insbesondere die Auffassung, dass es sich außerhalb geschichtlicher Kontexte vor allem um einen rechtspopulistischen oder -radikalen rassistischen Kampfbegriff handelt? Zu 1.: Der Begriff Islamisierung bezeichnet in muslimisch geprägten Gesellschaften des Nahen und Mittleren Ostens seit den späten 1970er Jahren zu beobachtende Bestrebungen, spezifische religiöse Normen des Islam in Politik und Gesellschaft zu verankern. Träger dieser Islamisierungsprozesse , die teilweise signifikante gesellschaftspolitische Auswirkungen haben, sind sowohl Staaten als auch konservative muslimische Kreise bzw. islamistische Organisationen. Hiervon abzugrenzen ist die Verwendung des Begriffes Islamisierung durch rechtspopulistische bzw. rechtsextremistische Bewegungen, die eine Bedrohung durch „Muslime“ konstruieren und vor einer vermeintlich drohenden „Islamisierung des Abendlandes “ warnen. 2. Was ist in diesem Zusammenhang darunter zu verstehen , wenn die Senatsverwaltung für Justiz angibt, „in den Themenbereichen Radikalisierung und Islamisierung im Justizvollzug“ gäbe es „seit Jahren eine intensive Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport“ (Rote Nr. 17/2388)? Was verstehen die beteiligten Verwaltungen hier unter „Islamisierung“ insbesondere in Abgrenzung zu „Radikalisierung“ und inwieweit operieren sie mit diesem Begriff? Zu 2.: Im Bereich der „Prävention des islamistischen Extremismus“ besteht zwischen der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz und der Senatsverwaltung für Inneres und Sport eine langjährige Zusammenarbeit. So ist die Abteilung Verfassungsschutz der Senatsverwaltung für Inneres und Sport beratend tätig und veranstaltet seit 2005 regelmäßige Fortbildungen zu den Themen „Islam-Islamismus-Terrorismus“ sowie „Salafismus und Radikalisierungsfaktoren“. In den Fortbildungen für Bedienstete der Justizvollzugsanstalten wie auch für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit wird im Allgemeinen der Oberbegriff des Islamismus verwendet . Dieser Begriff bezeichnet sowohl die nicht gewaltorientierte , legalistische Ausprägung des Islamismus bzw. politischen Islam als auch ihre gewaltorientierte Variante, zu denen Teile des Salafismus (im engeren Sinne der politische und jihadistische Salafismus) bzw. der Jihadismus zählen. Sofern in dem in der Frage zitierten Bericht der Begriff „Islamisierung“ Eingang fand, erfolgte dies selbstverständlich nicht mit der von rechtspopulistischen bzw. rechtsextremistischen Bewegungen verwendeten Intention. 3. Ist die Aussage von Senator Heilmann in der 62. Sitzung des Rechtsausschusses am 7. Oktober 2015 zutreffend , dass der Begriff „Islamisierung“ auch von den sozialen Trägern im Justizvollzugsbereich verwendet wird? Wenn ja, von welchen und in welchem Kontext? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 307 2 Zu 3.: In der Ausschusssitzung wurde auf eine entsprechende Frage so geantwortet, dass die schriftliche Zusammenfassung im Protokoll möglicherweise auch missverstanden werden kann. Freie Träger, die im Justizvollzug Präventions- und Deradikalisierungsprojekte durchführen, wenden sich mit Schulungen und Training an radikalisierte und radikalisierungsgefährdete Gefangene . Im Kompetenz- und Anti-Gewalt-Training sollen Radikalisierungstendenzen und Gewaltbereitschaft sinnvoll begegnet werden. Dabei werden auch religiöse Radikalisierungen ins Blickfeld genommen. In dem Zusammenhang war eine radikale islamistische Haltung von Inhaftierten gemeint, denen durch entsprechende Maßnahmen wie etwa Schulungen der Beschäftigten der Justizvollzugsanstalten entgegengetreten wird. Berlin, den 20. November 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Nov. 2015)