Drucksache 17 / 17 330 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 05. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. November 2015) und Antwort Nach dem Abgas-Skandal: Was tut der Senat gegen Stickoxide-Belastung und für die Luftreinhaltung? (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Fahrzeuge der Hersteller VW, Skoda, Audi und Seat mit dem Motortyp EA 189 sind aktuell in Berlin zugelassen? Antwort zu 1: Da bei der Zulassung von Fahrzeugen der Motortyp nicht erfasst wird, kann zu der Zahl der entsprechenden Fahrzeuge keine Angabe gemacht werden . Frage 2: Studien haben gezeigt, dass moderne Dieselfahrzeuge bis zu sieben Mal mehr Stickoxide ausstoßen, als die gültige Euro-6-Abgasnorm erlaubt. Wie beabsichtigt der Senat angesichts dieser Erkenntnisse sowie des aktuellen "Abgas-Skandals" die Stickstoffdioxid-Grenzwerte der EU-Luftqualitätsrichtlinie einzuhalten? Antwort zu 2: Der Berliner Senat setzt sich auf nationaler und europäischer Ebene dafür ein, dass zu der Europäischen Abgasnorm Euro 6 zusätzliche Regelungen für die Begrenzung der Emissionen im realen Straßenverkehr eingeführt werden. Denn nur mit einer Reduzierung des Schadstoffausstoßes unter innerstädtischen Fahrbedingungen wird eine Einhaltung der NO2-Grenzwerte an allen Hauptverkehrsstraßen vollständig möglich sein. Zur Reduzierung des Ausmaßes der Grenzwertüberschreitung wird der Senat die Umsetzung der Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2011-2017 fortführen. Hierzu gehören die Verlagerung von Pkw-Verkehr auf den ÖPNV, den Radverkehr und den Fußverkehr, die Modernisierung der Linienbusse der BVG, Maßnahmen zur Verstetigung des Verkehrs, Erprobung einer umweltsensitiven Verkehrssteuerung in der Invalidenstraße oder Verkehrsvermeidung durch das Planungsziel einer Stadt der kurzen Wege durch Verdichtung im Innenbereich. Frage 3: Plant der Senat angesichts der voraussichtlich ausbleibenden Entlastung durch die Euro-6-Abgasnorm eine Überarbeitung des Luftreinhalteplans? Antwort zu 3: Der derzeitige Luftreinhalteplan hat eine Laufzeit bis 2017, so dass 2016 die Überarbeitung ansteht. Frage 4: Welche zusätzlichen Maßnahmen schlägt der Senat im Zuge einer solchen Überarbeitung vor? Antwort zu 4: Aussagen zu zusätzlichen Maßnahmen eines neuen Luftreinhalteplans können erst nach Vorliegen der Ergebnisse der Ursachenanalysen und der Modellrechnungen für die Bestimmung von Maßnahmenpotentialen im Zuge der Überarbeitung getroffen werden. Frage 5: In einem Schreiben an die Bundesregierung hat die EU-Kommission die Überschreitung der Luftqualitäts -grenzwerte in Deutschland gerügt, und dabei Berlin ausdrücklich genannt. Welche Maßnahmen plant der Senat, um die in der Drs. 17/15431 ausgeführten Folgen eines Vertragsverletzungsverfahrens zur Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte für das Land Berlin abzuwenden? Antwort zu 5: Gemäß der EU-Luftqualitätsrichtlinie ist bei Nichteinhaltung von Grenzwerten das Ausmaß und die Dauer der Überschreitung soweit wie möglich zu minimieren. Zu den dafür derzeit vorgesehenen Maßnahmen wird auf Antwort 2, für zukünftige Maßnahmen auf Antwort 4 verwiesen. Frage 6: Welche zusätzlichen Maßnahmen plant der Senat in diesem Zusammenhang zur Förderung des Fußund Radverkehrs, um auf diese Weise die Emissionen des Berliner Verkehrs von Luftschadstoffen, Lärm und Klimagasen zu reduzieren? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 330 2 Antwort zu 6: Der Senat hat zur Förderung des nichtmotorisierten Verkehrs 2011 seine Fußverkehrs- und 2013 seine Radverkehrsstrategie aktualisiert und verabschiedet. Die darin enthaltenen Maßnahmen werden sukzessive umgesetzt und tragen zur weiteren Reduzierung des Autoverkehrs und den damit verbundenen Emissionen bei. Frage 7: Plant der Senat die Erweiterung der Umweltzone um eine so genannte "blaue Plakette" für die reale Einhal-tung der Euro-6-Abgasnorm, um die Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte zu garantieren, und wenn nein, warum nicht? Antwort zu 7: Eine Erweiterung der Umweltzone um eine so genannte blaue Plakette ist bis auf Weiteres nicht geplant. Unabhängig vom VW-Manipulationsskandal sind die realen Abgaswerte der Euro-5-Pkw und der Euro-6- Pkw weithin so unbefriedigend, dass „saubere Dieselfahrzeuge “, die eine Privilegierung (z. B. „blaue Plakette“ und Einfahrtberechtigung in eine „verschärfte Umweltzone“) rechtfertigen würden, nicht auf den Straßen sind. Derzeit gibt es auch noch keine marktgängigen Nachrüstlösungen für die Verminderung der Stickoxidemissionen vorhandener Pkw, was die Verschärfung zusätzlich erschwert. Frage 8: Wird sich der Senat im Bundesrat oder ihm Rahmen der Umweltministerkonferenz für ein Bundesprogramm zur Luftreinhaltung einsetzen, das Maßnahmen zur Luftreinhaltung bündelt und Kommunen dabei, auch finanziell, unterstützt? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 8: Mit dem Kommunalinvestionsfördergesetz hat die Bundesregierung bereits im Juni 2015 Mittel in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die auch für Maßnahmen der Luftreinhaltung eingesetzt werden können. Eine Untersuchung zur Minderung der NO2-Belastung mit neuen Maßnahmen wird derzeit durch die Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) unter dem Vorsitz des Landes Berlin durchgeführt. Erst wenn hierzu Ergebnisse vorliegen, kann beurteilt werden, ob ein Bundesprogramm zur Luftreinhaltung notwendig ist. Daneben wird derzeit vom Bundes-Umweltministerium aufgrund eines Sondergutachtens des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) eine nationale Stickstoffstrategie erarbeitet. Diese wird u.a. auch Maßnahmen zur Reduzierung von Stickoxidemissionen zur Verbesserung der Luftqualität umfassen. Berlin, den 25. November 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Nov. 2015)