Drucksache 17 / 17 367 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 16. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. November 2015) und Antwort Keine Ausstellung fremdsprachiger Geburtsurkunden in Berlin für Regenbogenkinder? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Sind dem Senat Fälle bekannt, in denen Berliner Standesämter lesbischwulen Paaren die Ausstellung fremdsprachiger Geburtsurkunden nach erfolgter Stiefkindadoption mit der Begründung verweigert haben, es gebe in dem verbindlichen Formular nur die Felder „Vater “ und „Mutter“? Zu 1.: Durch das Standesamt Neukölln von Berlin wurde auf entsprechende Anfrage mitgeteilt, dass dies in mindestens einem Fall vorgekommen sei. In allen anderen Standesämtern sind keine derartigen Ablehnungsfälle bekannt. 2. Sind dem Senat Fälle bekannt, in denen Berliner Standesämter für Regenbogenkinder fremdsprachige Geburtsurkunden ausgestellt wurden? Zu 2.: Es wurde nach Auskunft des Standesamts Tempelhof -Schöneberg ein internationaler Registerauszug für ein gemeinsames Kind einer Lebenspartnerschaft ausgestellt , wobei seitens der Antragstellerinnen/Antragsteller offenkundig deren Einverständnis vorlag, die beiden Elternteile jeweils einem Feld (Feld 8 für Vater, Feld 9 für Mutter) zuzuordnen. Die jeweilige Zuordnung ergibt sich dabei aus dem Registereintrag. 3. Wenn 1. Ja: Welche Gründe gibt es dafür, dass Berliner Standesämter so verfahren und was kann unternommen werden, um diesem Verfahren abzuhelfen? Zu 3.: Der Ablehnungsgrund in dem einen gesicherten Fall des Standesamts Neukölln war der aus der Fragestellung zu Nr.1, d. h. die verbindliche Formulierung des Formulars, wonach lediglich „Vater“ und „Mutter“, nicht jedoch Elternteil, wie in einer ausschließlichen deutschsprachigen Geburtsurkunde (vgl. Nr. 59.2.2 der Verwaltungsvorschrift zu dem Personenstandsgesetz – PStG- VwV) verlautbart werden kann. Für Abhilfe könnte eine Änderung des internationalen Abkommens mit Zustimmung aller beteiligten Staaten sorgen. Alternativ bliebe die Kündigung des Abkommens, womit grundsätzlich keine internationalen Personenstandsregisterauszüge mehr ausgestellt würden. Beide Handlungsmöglichkeiten liegen nicht im Einflussbereich des Landes Berlin. 4. Hat der Senat seit seiner Antwort auf meine Schriftliche Anfrage 17/16307 („Mehrsprachige Lebenspartnerschaftsurkunden – in Berlin ein Ding der Unmöglichkeit ?“) irgendwelche Aktivitäten unternommen, um die Sensibilität der Bundesregierung dafür zu erhöhen, dass internationale Abkommen aus dem Jahr 1976 nicht geeignet sind, die rechtliche und tatsächliche Vielfalt von Familie in der Bundesrepublik – nach Schaffung des Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft , der schrittweisen Angleichung dieses Instituts an die Ehe, die Ermöglichung von Stiefkindadoption aufgrund der Bundesverfassungsgerichtsrechtsprechung und angesichts der gesellschaftlichen Realität geschlechtlicher Pluralität – adäquat abzubilden und dem auch im Personenstandsund Urkundenwesen Rechnung zu tragen? Wenn ja: Was hat er unternommen und was waren die Konsequenzen bzw. Reaktionen? Zu 4.: Nein. Der Senat geht davon aus, dass der Bundesregierung die Vielfalt von Familien hinreichend bekannt ist, zumal durch diese bereits entsprechende Veränderungen zur Ausstellung nationaler Urkunden veranlasst wurden (vgl. die Antwort zu 3.). Die Änderung internationaler Abkommen ist aber naturgemäß komplexer und gestaltet sich schwieriger als die Änderung nationalen Rechts. 5. Teilt der Senat die Einschätzung, dass die gegenwärtige Verfahrensweise von Standesämtern auf der Grundlage des CIEC-Abkommens über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern und vergleichbarer Übereinkommen eine Diskriminierung von Familien und Familienangehörigen darstellt, die nicht dem überholten Familienverständnis – um die Ehe als Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 367 2 einer heterosexuellen Zweierbeziehung zwischen Mann und Frau herum – entsprechen? Zu 5.: Der Senat vermag eine Diskriminierung im Rechtssinne nicht zu erkennen, wenn auf der Grundlage eines internationalen Abkommens Registerauszüge ausgestellt werden, die den rechtlich bindenden Vorgaben entsprechen . 6. Wenn ja: was kann und wird der Senat unternehmen , um auf die Überwindung dieses diskriminierenden Zustands hinzuwirken? Zu 6.: Siehe Antwort zu Frage 5. Berlin, den 26. November 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dez. 2015)