Drucksache 17 / 17 394 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 09. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. November 2015) und Antwort Dokumentenscanner: Aufwand größer als Nutzen II? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie wird die Datenbank der Software aktualisiert ? a) Bekommt die Bundesdruckerei die neusten Daten von den einzelnen Staaten bereitgestellt, oder speist sich die Datenbank aus den gespeicherten Parametern der einzelnen Scanprozesse im Bürgeramt, wie in der Anfrage Drs. 17/12 672 unter (Zu. 9) ausgeführt?! Zu 1 und 1a).: Die Bundesdruckerei erhält alle neuen Erkenntnisse zu den Dokumenten anderer Staaten über das Auswärtige Amt. Ebenso finden Erkenntnisse aus der polizeilichen Ermittlungsarbeit ihren Eingang in die Aktualisierungen . 2. Gehen die Ergebnisse der vom LKA Berlin (letzte Prüfinstanz) geprüften Dokumente ggf. an die Bundesdruckerei GmbH als Hersteller und Lizenzgeber? a) Wenn ja, welche finanzielle bzw. geldwerten Vorteile von der Bundesdruckerei GmbH ergeben sich für das Land Berlin dann für die Bereitstellung dieser Daten? Zu 2.: Es werden keine Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchungen von Personaldokumenten, die im Landeskriminalamt (LKA) von Sachverständigen durchgeführt werden, an die Bundesdruckerei gegeben. Zu 2a): Es ergeben sich keine finanziellen bzw. geldwerten Vorteile für das Land Berlin. 3. Wie erklärt sich der Senat die unterirdisch schlechte Trefferquote der Dokumentenprüfgeräte Visotec Expert 600 mit der Software Visocore Verify in Charlottenburg- Wilmersdorf, die laut Aussage der Bezirksstadträtin vom 28.01.15 bei 90% Falsch-Positiven Ergebnissen lag, wenn doch das Gerät seit 2012 in Berlin im Testlauf arbeitet? a) Wie hoch liegt die Anzahl der Falsch-Positiven Ergebnisse laut Angaben der Bundesdruckerei GmbH? Zu 3.: Der Probelauf mit den VisotecExpert 600- Geräten wurde auf Wunsch der Bezirke (bis auf Neukölln ) abgebrochen und in der Folge nicht evaluiert. Die Angaben des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf lassen sich aus Sicht des Senats nicht bestätigen. Die Erfahrungen in Neukölln werden regelmäßig ausgewertet und dienen als Basis für das aktuelle Einführungskonzept. Zu 3a): Nach einer internen fünfmonatigen Auswertung der Bundesdruckerei aus dem Jahr 2014 beträgt die Falsch-Positiv-Zahl 5,01%. Dabei handelte es sich um Schäden oder Verschmutzungen, fehlerhaft produzierte oder außerhalb der erwarteten Toleranz liegende Dokumente . 92,52% der Dokumente wurden ohne Fehlermeldung geprüft. Die restlichen Dokumente waren abgelaufen . 4. Was beinhalten die Lizenzverträge über die reine Nutzungsberechtigung hinaus? Zu 4.: Zurzeit bestehen keine Lizenzverträge. In der geplanten Ausschreibung für die Dokumentenprüfgeräte wird genau formuliert werden, welche Anforderungen die Hersteller erfüllen müssen. Ob nach der Auswertung der Angebote ein Leasingverfahren oder der Kauf der Geräte erfolgt, hängt von der Wirtschaftlichkeit der Angebote ab. 5. Was kostet die Verifizierung eines verdächtigen Dokumentes durch einen Experten des LKA? a) Wie viele Stunden müssen für die Prüfung im Durchschnitt aufgewendet werden? Zu 5.: Die Prüfung der Echtheit von vorgelegten Dokumenten ist eine Aufgabe nach dem Gesetz über das Meldewesen und dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz und daher zwingend erforderlich. Die Dokumentenprüfgeräte sind ein geeignetes Arbeitsmittel, um maschinenlesbare und chipgebundene Dokumente zu prüfen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 394 2 Pro Aufnahme einer falschen Identität in das Melderegister des Landes wird von einem Schaden von geschätzt 20.000 bis 50.000 Euro ausgegangen. Die detaillierten Aufwendungen für eine Verifizierung können nicht beziffert werden, liegen aber erheblich unter dem genannten geschätzten Schaden. Zu 5a): Der zeitliche Aufwand der Dokumentenprüfung ist stark unterschiedlich und lässt sich daher nicht pauschal benennen. Der Prüfungsaufwand fällt beim LKA an. 6. Sind grundsätzlich Schulungen für Mitarbeiter außerpolizeilicher Behörden, wie Bürgeramt oder Ausländeramt , in Sachen Identifizierung von Dokumenten ohne Hilfe von Geräten durch das LKA möglich? a) Werden die Schulungen seitens der Bezirksämter angenommen? Wenn ja, bitte ab 2010 nach Bezirken auflisten. b) Wenn ja, was kostet die Schulung eines Bezirksamtsmitarbeiters und wie lange dauert diese im Schnitt? c) Wenn nein, warum sind keine Schulungen möglich ? d) Gibt es andere Anbieter für entsprechende Schulungen ? e) Gibt es ggf. Leitfäden für die Mitarbeiter des Bürgeramtes für die Vorgehensweise bei der Überprüfung von Dokumenten mit einer Übersicht über die wichtigsten Prüfmerkmale? Zu 6.: Eine Prüfung von Dokumenten hinsichtlich ihrer Echtheit ist ohne Hilfe von Geräten grundsätzlich nicht möglich. Bei der Dokumentenprüfung geht es um die Prüfung der Echtheit und Gültigkeit des Dokumentes und um die Identifizierung der Dokumenteninhabenden anhand der personenbezogenen Daten. Aufgrund der Vielzahl von unterschiedlichen Dokumenten mit immer komplexeren drucktechnischen und elektronischen Sicherheitsmerkmalen ist es in der Regel nicht möglich, Veränderungen mit bloßem Auge zu erkennen. Die Einführung von Prüfgeräten dient dem rechtzeitigen Erkennen ge- bzw. verfälschter Dokumente und ist daher der erste Schritt einer Dokumentenüberprüfung. Bei Bestätigung eines Verdachtsfalles erfolgen weitere Prüfmaßnahmen . Hierbei kann eine Dokumentenlupe zum Einsatz kommen, an der die Mitarbeitenden zuvor ausgebildet werden müssen. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt der Verdacht eines auffälligen Dokumentes weiterhin bestehen , erfolgt im letzten Schritt die Untersuchung bei LKA Kriminaltechnik (KT) 32 durch eine/n Sachverständige/n. Zu 6a): Ja, in der Zeit von 2010-2015 nahmen ungefähr 60 Mitarbeitende der Bürger- und Standesämter aus den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Lichtenberg, Neukölln, Marzahn-Hellersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg , Tempelhof-Schöneberg, Spandau und Reinickendorf an einer Beschulung durch LKA KT 32 teil. Zu 6a): Die Schulungen des LKA werden durch die Bezirke angenommen. • Charlottenburg-Wilmersdorf: 2011 erfolgte die letzte Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter , die nächste ist für 2016 geplant. • Friedrichshain-Kreuzberg: 2010 wurden 26 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bürger- und Standesämtern durch das LKA geschult. • Lichtenberg: 2011 erfolgte die Schulung von fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. • Marzahn-Hellersdorf: 2010 erfolgte die letzte Schulung. • Mitte: Im angefragten Zeitraum sind acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult worden. • Neukölln. 2011: zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter , 2013: zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter , 2014: zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter • Pankow: 2010, 2012, 2013 erfolgten Schulungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern • Reinickendorf: Im angefragten Zeitraum sind vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult worden • Spandau: Für den angefragten Zeitraum keine Angaben ; zurzeit sind zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Schulung angemeldet. • Steglitz-Zehlendorf: Im angefragten Zeitraum sind die Leitungskräfte der Bürgerämter einer Schulung unterzogen worden. Sie wird bei Bedarf wiederholt . • Tempelhof-Schöneberg: keine Angaben. • Treptow-Köpenick: Im angefragten Zeitraum sind einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult worden. Zu 6b): Es handelt sich zumeist um Tagesschulungen. Die Kosten dazu werden nicht beziffert. Zu 6c): Entfällt. Zu 6d): Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirks Neukölln haben weitere Schulungen durch die Polizeiakademie Hessen, Fachbereich 2 – Kriminalitätsbekämpfung – erhalten. Ein weiterer Erfahrungsaustausch der Landeskriminalämter ist möglich. Zu 6e): Es existieren bereits Entwürfe für Leitfäden zur Erkennung von gefälschten Dokumenten sowohl für die Polizei als auch für andere Verwaltungen. Sie wurden vom LKA erstellt und werden den Bürgerämtern im Zuge der Beschaffung der Geräte zur Verfügung gestellt. Berlin, den 02. Dezember 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Dez. 2015)