Drucksache 17 / 17 395 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 16. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. November 2015) und Antwort Unvorhergesehene Gefährdung einer Baugruppe? U-Bahn-Tunnel entdeckt! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zu den Fragen 2 und 3 um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat überliefert wurde. Sie wird nachfolgend in den Antworten unverändert wiedergegeben. Frage 1: a) Im Zuge des Baus eines Hotels der Hotelgruppe Motel One an der Grunerstraße ist es zum Absacken des Tunnels der U-Bahn-Linie U2 sowie des Überführungstunnels zur U5 gekommen. Welche anderen Gründe könnten zum Absinken des U-Bahn-Tunnels der U2 um sechs Zentimeter geführt haben? b) Aus welchen Gründen wurde das Ausbaggern der Baugruppe im Vorfeld als nicht kritisch eingestuft und wer hat diese Einstufung vorgenommen? c) Aus welchen Gründen wurden keine Auflagen auferlegt , die eine Gefährdung der bestehenden Baukörper der U-Bahn-Linien ausgeschlossen hätten? Antwort zu 1: zu a) Andere Gründe sind nicht ersichtlich. zu b) Im Vorfeld einer jeden Baumaßnahme im Näherungsbereich zu Bahnanlagen wird im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren durch das zuständige Bauordnungsamt geprüft, ob und wenn ja welche Schutzauflagen zu beachten sind. Hierzu hat der Bauherr u.a. eine Setzungsprognose basierend auf Baugrunduntersuchungen vorzulegen. Die Prognosen gaben keinen Anlass zur Befürchtung unzulässiger Setzungen; das Herstellen einer Baugrube mittels Bohrpfählen führt in der Regel nicht zu Setzungen, wie sie jetzt aufgetreten sind. zu c) Im Rahmen der Baugenehmigung wurden dem Bauherrn Auflagen basierend auf der Setzungsprognose bezüglich des Schutzes der U-Bahnanlagen auferlegt. Es liegt jedoch in der Natur von Prognosen, dass diese mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind. Im vorliegenden Fall sind Annahmen, die der Prognose zugrunde gelegen haben, offenkundig nicht wie erwartet eingetreten. Für einen solchen Fall werden entsprechende Schutzmaßnahmen vorgesehen. Eine Gefährdung des U-Bahn- Baukörpers an sich ist daher nicht eingetreten. Frage 2: a) Ab wann besteht nach Angaben der BVG eine akute Gefahr? b) Kann die BVG die spontane Gefährdung der Fahrgäste ausschließen? Wenn ja, warum? c) Wird die BVG Maßnahmen ergreifen, wenn die einer der betroffenen Tunnel nicht mehr befahren werden können? Wenn ja, welche und zu wann werden diese umgesetzt ? Wenn nein, warum nicht? d) Wie viele Fahrgäste wären täglich von einer Sperrung bzw. Teilsperrung betroffen? (Bitte nach Werktagen und Sonntagen aufschlüsseln) Antwort zu 2: zu a) Ein akutes Risiko würde bestehen, wenn die Fahrschienen eines Gleises den zulässigen Torsionsgrenzwert überschreiten, die Standsicherheit der Tunnelkonstruktion nicht mehr gegeben ist oder ggf. ein Wasserzutritt die Pumpleistung der vorhandenen Gleisbettentwässerung überschreitet. zu b) Aufgrund des Baustopps, der reduzierten Fahrgeschwindigkeit , der regelmäßigen vermessungstechnischen Überwachung sowie regelmäßiger Sichtkontrollen der Tunnel ist eine spontane Veränderung unwahrscheinlich . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 395 2 zu c) Sofern es zu einer Betriebseinstellung kommen sollte, werden alle erforderlichen Sicherungsmaßnahmen ergriffen und die vertraglich gesicherten Verfahren gegenüber dem Bauherren ausgeschöpft. zu d) Auf dem Linienabschnitt S+U Alexanderplatz – Klosterstraße wären montags bis freitags rund 60.000 Fahrgäste je Richtung, samstags rund 35.000 Fahrgäste und sonntags rund 20.000 Fahrgäste von einer Sperrung betroffen. Frage 3: a) Wird die BVG Maßnahmen ergreifen, um ein weiteres Absacken zu verhindern? Wenn ja, wann werden diese umgesetzt? Wenn nein, warum nicht? b)Wird die BVG Maßnahmen ergreifen, um das bisherige Absacken zu kompensieren? Wenn ja, wann werden diese umgesetzt? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 3 a) und b): Die erste Maßnahme zur Verhinderung eines weiteren Absackens der Tunnel war der bereits umgesetzte Baustopp. Weitere Maßnahmen werden derzeit von Sachverständigen geprüft und gegebenenfalls kurzfristig umgesetzt. Frage 4: a) Kann der Projektentwickler Wilfried Euler von der IVG Immobilienverwaltungsgesellschaft für den bereits entstandenen Schaden an den U-Bahn-Tunneln haftbar gemacht werden? Wenn ja, inwieweit wird dies geschehen? Wenn nein, warum nicht? b) Kann der Projektentwickler Wilfried Euler von der IVG Immobilienverwaltungsgesellschaft für zukünftige Schäden an den U-Bahn-Tunneln haftbar gemacht werden ? Wenn ja, inwieweit wird dies geschehen? Wenn nein, warum nicht? c) Hat die BVG im Vorfeld ein Veto gegen den Bau des Hotels ausgesprochen? Wenn ja, warum wurde das Veto nicht berücksichtigt? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 4: zu a) und b) Grundsätzlich haften Bauherren für Schäden gleich welcher Art, die von ihren Bauvorhaben ausgehen . Die BVG wird die ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel ausschöpfen, um den Bauherren für den entstandenen Schaden haftbar zu machen. zu c) Die BVG ist im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens angehört worden. Ihre Hinweise sind, soweit sie im bauordnungsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen waren, berücksichtigt worden. Das Bauvorhaben wurde im Vorfeld mit der BVG abgestimmt und es waren keine wesentlichen Risiken erkennbar . Die Ursache für die dennoch eingetretenen Setzungen muss durch beauftragte Gutachten ermittelt werden . Frage 5: Gibt es andere Standorte in Berlin, in denen die vorhandene Tunnelinfrastruktur durch Bauvorhaben potentiell gefährdet ist? Antwort zu 5: Allgemein gilt, dass jede Baumaßnahme gleich welcher Art ein gewisses Risiko in sich birgt, weshalb Gefährdungen beim Bau nie gänzlich ausgeschlossen werden können. Maßgeblich ist, Gefahren so rechtzeitig zu erkennen, dass eine konkrete Gefahr für den Bau selbst wie für Dritte nicht eintreten kann. Daher wird durch die Bauordnungsämter einzelfallbezogen im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren die fachlich für U-Bahnanlagen zuständige Technische Aufsichtsbehörde einbezogen. Das Gefährdungspotential wird in Abstimmung mit der BVG bewertet und -soweit notwendig - geeignete Vorsorgemaßnahmen formuliert. In begründeten Fällen kann dies auch eine Ablehnung der Bauanträge zur Folge haben. Berlin, den 01. Dezember 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dez. 2015)