Drucksache 17 / 17 408 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 12. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. November 2015) und Antwort Private Sicherheitsfirmen statt Zentralem Objektschutz (ZOS) am Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) – Chaos statt Sicherheit? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt der Senat die gegenwärtige Sicherheitslage auf dem Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales a. in der Turmstraße 21 b. in der Bundesallee 171 ein? 14. Inwiefern erachtet der Senat den Zentralen Objektschutz zur Sicherung des LAGeSO in Bezug auf Befugnisse und Ausbildung als geeigneter als die derzeit eingesetzten privaten Sicherheitsfirmen? Zu 1. und 14.: Da es sich bei dem Gelände an der Turmstraße 21 um einen nichtöffentlichen Bereich handelt , ist es grundsätzlich Aufgabe des Eigentümers, Maßnahmen zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu treffen. Das Landeskriminalamt kann beratend tätig werden und je nach Beurteilung der Lage trifft die Polizei Berlin die Entscheidung, inwieweit ihre Präsenz erforderlich und der eingesetzte Sicherheitsdienst ggf. zu ergänzen ist. Die Polizei Berlin unterstützt in diesem Rahmen den Sicherheitsdienst des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) an der Liegenschaft Turmstraße 21 mit einem nicht unerheblichen Kräfteaufwand bei der Gewährleistung der Sicherheit. Der Zentrale Objektschutz (ZOS) der Polizei Berlin ist grundsätzlich nur für gefährdete Objekte vorgesehen. Auffälligkeiten hinsichtlich der Sicherheitslage am Standort Bundesallee sind der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales bisher nicht bekannt geworden. 2. Seit wann kooperieren die Sicherheitsfirmen „Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH“ und „Spysec“ mit dem Land Berlin? Welche Tätigkeiten haben diese Firmen seit Beginn dieser Kooperation für das Land Berlin bereits ausgeübt? 3. In welchem Maße wurden die Firmen „Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH“ und „Spysec“ nach §34a der Gewerbeordnung überprüft und was waren die Resultate dieser Überprüfung? Zu 2. und 3.: Auftragnehmer ist die Gegenbauer Facility Management GmbH, die gemäß der mit der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM GmbH) bestehenden vertraglichen Vereinbarungen u. a. verpflichtet ist, zur Erfüllung der Aufgaben vor Ort geeignetes Personal einzusetzen. Im Fall des Einsatzes von Sicherheitskräften muss dafür die Sachkundeprüfung nach § 34a Gewerbeordnung vorliegen. Die Erfüllung dieses Kriteriums für das eingesetzte Personal obliegt der Verantwortung des Auftragnehmers Gegenbauer Facility Management GmbH. Die Firma Spysec ist ein Subunternehmen der Firma Gegenbauer Facility Management GmbH und durch diese selbst beauftragt worden, nachdem erstmalig im Oktober 2011 über die Firma Gegenbauer Facility Management GmbH Wachschutz angefordert worden war. Nach Auskunft des zuständigen Ordnungsamtes wurde die Erlaubnis für dieses Unternehmen am 04.10.2013 nach Umfirmierung erteilt. Zur Erlaubniserteilung wurden alle relevanten Abfragen und Überprüfungen durchgeführt . Aktuell liegen keine Erkenntnisse vor, die eine Unzuverlässigkeit der Firma begründen könnten. Die von der Firma gemeldeten Wachpersonen werden vor Einstellung immer auf die persönliche Zuverlässigkeit überprüft. Zurzeit sind dort ca. 1.500 Wachpersonen gemeldet . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 408 2 Der SpySec-Security-Angehörige U. K. wurde anlässlich der Erlaubnisbeantragung (§ 34 a Gewerbeordnung) im Jahre 2010 auf seine persönliche Zuverlässigkeit hin überprüft. Die Überprüfung erbrachte keine Anhaltspunkte einer Unzuverlässigkeit in Bezug auf die beantragte Erlaubnis, die ihm in der Folge erteilt wurde. Eine neuerliche derartige gewerberechtliche Überprüfung ist vor dem Hintergrund der aktuellen Vorkommnisse eingeleitet worden. 4. Wie hoch sind die Kosten für die Leistungen der Firmen „Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH“ und „Spysec“ und um welche Leistungen handelt es sich konkret ? (Aufstellung nach monatlichen Kosten und Gesamtkosten sowie nach Firmen und Leistungen erbeten.) Zu 4.: Nach Mitteilung der Senatsverwaltung für Finanzen hat die BIM GmbH für den Standort Turmstraße 21 Sicherheitsdienstleistungen über die Firma Gegenbauer Facility Management GmbH mit einem derzeitigen monatlichen Volumen von ca. 370.000 Euro netto beauftragt . Der Aufwand für die Erbringung dieser Sicherheitsdienstleistungen hat sich seit Jahresmitte mehr als verdoppelt . 5. Welche Kenntnisse besitzt der Senat über die am LAGeSO eingesetzte „Spysec“- oder Gegenbauer-Wachleute , die in der Vergangenheit polizeibekannt geworden sind? Wurden in der Vergangenheit vorbestrafte Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter von einer dieser Firmen oder beider Firmen am LAGeSo eingesetzt? 6. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über den illegalen Verkauf von Wartenummern durch Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter von „Spysec“ oder „Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH“ an Geflüchtete vor? 7. Wird in diesen Fällen von Amts wegen ermittelt? Wenn nicht, warum nicht? 8. Wird als Konsequenz der bekannt gewordenen Fälle zukünftig eine andere Sicherheitsfirma für das Gelände des LAGeSo in der Turmstraße 21 zuständig sein? Wenn ja, welche Firma? Wenn nein, warum nicht? 9. Welche vertraglichen Klauseln und Regelungen gibt es zur sofortigen Kündigung der Sicherheitsunter-nehmen „Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH“ und „Spysec“ und mit welchen Kosten wäre die sofortige Kündigung verbunden? 10. Welche Auswirkungen haben die am 22. Oktober 2015 auf dem Gelände des LAGeSO in der Turmstraße 21 stattgefundenen gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen „Spysec“-Mitarbeiter auf Geflüchtete einprügelten, für die Kooperation zwischen „Spysec“ und dem Land Berlin? 11. Gab es bezogen auf den Vorfall Festnahmen und werden Ermittlungen gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der genannten Vorfall angestellt und wenn ja, in welche Richtung? Zu 5. bis 11.: Am 22.09.2015, 16.50 Uhr, wurde durch Einsatzkräfte der Polizei Berlin ein Vorgang aufgenommen , wonach ein palästinensisch-stämmiger Sicherheitsmitarbeiter des Sicherheitsunternehmens „SpySec Security “ angeblich 200,00 Euro von einem Flüchtling entgegengenommen haben soll, damit dessen Papiere vorrangig bearbeitet werden. Der Sachverhalt befindet sich beim Polizeilichen Staatsschutz im Landeskriminalamt in Bearbeitung . Am 01.10.2015 erhielt der Polizeiabschnitt 33 durch das LAGeSo darüber Kenntnis, dass ein als Sprachmittler eingesetzter Syrer Flüchtlingen für 600,00 Euro pro Peron eine „Berlinverteilung“ zusichern würde. Der Vorfall wurde durch das Landeskriminalamt geprüft. Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges wurde eingeleitet. Am 02.10.2015 teilte eine ehrenamtliche Helferin im Rahmen einer Besprechung mit, dass am 14.09.2015 ein offensichtlich erkrankter Flüchtling durch sie und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer in der Warteschlange vor dem LAGeSo vorgelassen werden sollte. Ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma habe daraufhin erklärt, dass er die Organisation der Warteschlange übernehmen würde und der Erkrankte nicht an die Spitze der Wartenden gestellt werden solle. Weiterhin seien durch einen Sprachmittler grüne Karten verteilt und deren Inhaberinnen und Inhaber anschließend durch die Absperrung gelassen worden. Das Landeskriminalamt prüfte und dokumentierte die Sachverhalte. Grundsätzlich gilt das Legalitätsprinzip, d. h., die Staatsanwaltschaft und ebenso die Amtsanwaltschaft sind verpflichtet, eine Straftat zu verfolgen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Voraussetzung dafür ist es, das die Straftat den Strafverfolgungsbehörden durch ein entsprechendes Strafverfolgungsbegehren zur Kenntnis gelangt. Ob es Konstellationen gibt, in denen der Verkauf von Wertmarken strafbar ist, bleibt im Ergebnis der Prüfung des Einzelfalls vorbehalten. Ein Ermittlungsverfahren, in dem es um mögliche Zahlungen an Sprachmittler/innen zur Verschaffung von Vorteilen ging, wurde nach Abschluss der Ermittlungen nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt , da der Tatverdacht anhand der vorliegenden Beweismittel nicht nachweisbar war. Ein weiteres Verfahren ist bei der Amtsanwaltschaft anhängig, dort werden zurzeit die erforderlichen Ermittlungen durchgeführt. Zum Sachverhalt am 22.10.2015 auf dem Gelände des LAGeSo sind Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der wechselseitigen gefährlichen Körperverletzung eingeleitet worden, die noch nicht abgeschlossen sind. Die Identität der beteiligten Personen wurde festgestellt. Die Firmen Gegenbauer Facility Management GmbH bzw. Spysec sind am Standort Turmstraße weiterhin tätig. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 408 3 Gemäß der ergänzenden Vertragsbedingungen für die Erbringung von Facility Management Leistungen zwischen der Firma Gegenbauer und der BIM GmbH ist eine außerordentliche fristlose Kündigung u. a. „bei Unzuverlässigkeit des Auftragnehmers oder seines Personals oder seiner Nachunternehmer“ möglich. Eine Kündigung wird nach Einschätzung der BIM GmbH regelmäßig Kosten für eine Neuausschreibung und ggf. auf Grund der aktuellen Marktauslastung und -reaktion auch höhere Aufwendungen in der Ausführung verursachen. Eine belastbare Einschätzung zu erwartender Folgekosten kann nicht getroffen werden. Die Sicherheitsdienstleistung kann gemäß dem mit Gegenbauer bestehenden Vertrag bei Bedarf als Dienstleistung bezogen werden. Aufgrund der Vorkommnisse am Standort Turmstraße 21 hat sich die BIM GmbH dazu entschieden, diese Leistung zukünftig nicht mehr beanspruchen zu wollen. Die Leistung kann somit neu ausgeschrieben werden. Bis zu einer Neuvergabe wird diese weiterhin durch den derzeitigen Dienstleister erbracht. Die Ausschreibungsvorbereitungen sind bereits angelaufen . Derzeit werden die Anforderungen an die zu erbringende Leistung und das einzusetzende Personal mit der TaskForce abgestimmt. Sobald eine neue Firma gebunden ist (voraussichtlich März 2016), wird die Sicherheitsdienstleistung nicht mehr aus dem bestehenden Vertrag mit der Firma Gegenbauer abgerufen. Hierzu bedarf es dann keiner gesonderten Kündigung. 12. Wie viele Einsatzkräfte der Berliner Polizei werden derzeit auf dem Gelände des LAGeSo in der Turmstraße 21 eingesetzt? Von wo wurden diese Einsatzkräfte abgezogen? (Aufstellung nach Polizeiabschnitte bzw. Direktionen in den letzten sechs Monaten erbeten.) 13. Wie viele Einsatzstunden hat die Berliner Polizei in der Turmstraße 21 geleistet? Wie viele Überstunden sind in dem unter 11. genannten Zeitraum angefallen? (Aufstellung nach Monaten erbeten.) Wie werden diese vergolten? Zu 12. und 13.: Die polizeilichen Maßnahmen werden durch folgende Einsatzkräfte (Einsatzeinheit) sichergestellt : Montag bis Freitag 05:00 bis 21:30 Uhr 11 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Montag bis Freitag 21:30 bis 05:00 Uhr 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sonntag / Montag 21:30 bis 05:00 Uhr 42 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Diese Einsatzkräfte leisten derzeit folgende Einsatzkräftestunden : Montags 595 Einsatzstunden Dienstags 360 Einsatzstunden Mittwochs 360 Einsatzstunden Donnerstags 360 Einsatzstunden Freitags 360 Einsatzstunden Samstags - Sonntags 147 Einsatzstunden Eine darüber hinausgehende statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. Zusätzlich trifft der zuständige Polizeiabschnitt lageangepasste Maßnahmen. Diese Daten werden statistisch nicht erfasst. Sofern Mehrdienst entsteht, wird dieser entsprechend den bestehenden Bestimmungen abgegolten. Berlin, den 04. Dezember 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Dez. 2015)