Drucksache 17 / 17 438 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 23. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. November 2015) und Antwort Es stinkt in Schönerlinde. Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe (BWB) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Die Beantwortung der Anfrage gibt die Stellungnahme der BWB wieder. Frage 1: Ist dem Senat bekannt, dass im Klärwerk Schönerlinde die Schwefelwasserstoff-Grenzwerte im Prozesswasser teils erheblich überschritten sind? Antwort zu 1: Bei der genannten Grenzwertüberschreitung handelt es sich um eine Überschreitung der Arbeitsplatzgrenzwerte. Der Arbeitsplatzgrenzwert für Schwefelwasserstoff in der Luft wird in einigen Bereichen des Klärwerkes Schönerlinde überschritten. Das bedeutet, dass sich die Beschäftigten in diesen Bereichen nur mit entsprechenden Schutzvorkehrungen aufhalten dürfen. Die zuständige Immissionsschutzbehörde sowie die zuständige Berufsgenossenschaft sind über den Sachverhalt informiert. Frage 2: Seit wann besteht diese erhöhte Belastung? Antwort zu 2: Die erhöhten Werte wurden erstmals im September 2007 festgestellt. Frage 3: Welche Ursachen kommen als Erklärung für diese Belastung infrage? Antwort zu 3: In Berlin sind die verbrauchten Trinkund damit auch die Abwassermengen in den letzten Jahren erheblich gesunken. Die innerstädtische Infrastruktur für die Abwasserableitung und -förderung besteht seit Jahrzehnten und wurde für die damals existierende und erwartete Abwassermenge ausgelegt. Insbesondere die ableitenden Kanäle sind für die heutigen Mengen teilweise überdimensioniert. Das führt zu geringeren Fließgeschwindigkeiten und somit zu längeren Aufenthaltszeiten des Abwassers im Ableitungsnetz. Während des Fließens reagieren die Abwasserinhaltsstoffe u.a. unter Bildung von Schwefelwasserstoff. Das Abwasser, welches dem Klärwerk Schönerlinde zugeführt wird, hat, verglichen mit den anderen Klärwerken der Berliner Wasserbetriebe, die längste Fließzeit vom Anfallort bis zum Werk (rund 24 Stunden). Auf diesem langen Fließweg bilden sich Reaktionsprodukte, u.a. Schwefelwasserstoff. Im Einlaufbereich des Klärwerkes und besonders im Bereich der Sandfänge kommt es prozessbedingt zum vermehrten Ausgasen von Schwefelwasserstoff aus dem Abwasser. Schwefelwasserstoff gelangt in die Umgebungsluft, was zum Überschreiten der Arbeitsplatzgrenzwerte führen kann. Frage 4: Was wird unternommen, um das gesundheitliche Risiko für die Mitarbeiter des Klärwerks zu minimieren ? Antwort zu 4: Nach dem ersten Feststellen erhöhter Schwefelwasserstoffkonzentrationen wurden umgehend unter Hinzuziehung der zuständigen Berufsgenossenschaft Lösungsansätze erörtert und Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und Besucherinnen und Besucher des Klärwerkes festgelegt (siehe auch Antwort zu 1.). Des Weiteren wurden orientierende Messungen mit Langzeitdatenaufzeichnung durchgeführt, um den Umfang bzw. das Ausmaß der Überschreitungen einschätzen zu können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 438 2 Frage 5: Was wird auf der technischen Seite unternommen , um die Ursachen des Problems – soweit bekannt – zu beseitigen? Antwort zu 5: Seit 2009 wird intensiv an der Abdeckung relevanter Bereiche sowie einer Abluftbehandlungsanlage gearbeitet. Die betroffenen Bauwerke sind vor der Abdeckung auf Beständigkeit (vor allem gegenüber schwefliger Säure) zu prüfen und zum größten Teil entsprechend zu ertüchtigen. Diese Arbeiten finden bei laufendem Betrieb ohne Reduzierung der zu behandelnden Abwassermenge statt. Der erste von drei Sandfängen ist bereits saniert und abgedeckt, weitere Abdeckungen und Abluftbehandlungsanlagen werden derzeit geplant. Frage 6: Wie kommt es, dass es bisher nicht gelungen ist, die H2S-Werte wieder unter den Grenzwert zu drücken ? Antwort zu 6: Die Ursachen – lange Fließwege des Abwassers zum Klärwerk, große Aufenthaltszeiten des Abwassers im Kanal- und Druckrohrnetz – sind systembedingt und nicht zu beheben. Berlin, den 09. Dezember 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Dez. 2015)