Drucksache 17 / 17 448 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Schillhaneck (GRÜNE) vom 19. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. November 2015) und Antwort TU Berlin: Semesterticket nur noch mit Immatrikulationsbescheinigung gültig – warum? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) hat die Verhandlungen mit den Studierenden für das Semesterticket geführt. Daher wurde der VBB um Stellungnahme gebeten , die von dort erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben. Vorbemerkung: Seit dem 01. April 2015 gilt das Semesterticket für Studierende der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) nur noch dann, wenn neben dem Studierendenausweis mit einem aktuellen Semesterticket- Aufkleber vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) auch immer eine aktuelle Immatrikulations- Bescheinigung mitgeführt wird. Dies ist im neuen Semesterticket -Vertrag zwischen der Studierendenschaft der TU Berlin und dem VBB geregelt. Ohne die Immatrikulations -Bescheinigung fällt für Studierende der TU Berlin ein erhöhtes Beförderungsentgelt von 60,00€ bzw. 7,00€ (gemäß § 9 (3) der VBB-Beförderungsbedingungen) an. Frage 1: Welche positiven Effekte dieser Regelung hat sich der VBB durch die Änderung erhofft? Antwort zu 1: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Zur Thematik der missbräuchlichen Nutzung von Semesterticket-Aufklebern sind die Berliner Verkehrsunternehmen , VBB GmbH und TU 1 Berlin seit längerer Zeit im Austausch. Die Festlegung, dass ab dem Sommersemester 2015 neben dem Studierendenausweis mit Semesterticket -Aufkleber bei einer Fahrausweiskontrolle ebenfalls eine aktuell gültige Immatrikulationsbescheinigung vorzulegen ist, wurde getroffen, da regelmäßig zu Semesterbeginn die Semesterticket-Aufkleber von Studierenden der TU zum Beispiel über ebay oder das Schwarze Brett 1 Technische Universität in der Uni zum Verkauf angeboten werden. Die Aufkleber können dann von Personen erworben werden, die keinen Studierendenstatus haben und damit nicht berechtigt sind, Semestertickets zu nutzen, aber einen Studierendenausweis der TU besitzen. Der Studierendenausweis enthält keine zeitliche Befristung und kann somit theoretisch zeitlich unbegrenzt eingesetzt werden. Da weder der Verkauf noch der Erwerb, sondern nur die unberechtigte Nutzung des Semesterticket rechtlich relevant ist, kann nur über den Nachweis der Berechtigung eine sachgerechte Prüfung erfolgen. Durch Vorzeigen/Kontrollieren der Immatrikulationsbescheinigung soll erreicht werden, dass die Nutzung von Semestertickets durch nicht berechtigte Personen erschwert wird. Den Verkehrsunternehmen entstehen durch den Weiterverkauf der Semestertickets an nicht berechtigte Personen Einnahmeverluste. Diese gilt es zu vermeiden.“ Frage 2: Welche negativen Effekte dieser Regelung hat der VBB gegen die positiven Effekte abgewogen? Antwort zu 2: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Das zusätzliche Vorzeigen der Immatrikulationsbescheinigung gestaltet den Kontrollvorgang aufwendiger bzw. komplizierter. Die Sichtkontrolle der Nutzungsberechtigung schränkt eine missbräuchliche Nutzung ein und dient der Vermeidung von Einnahmeverlusten für die Verkehrsunternehmen.“ Frage 3: Welche negativen Effekte dieser Regelung wurden von der Studierendenschaft, insbesondere durch den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), studentischen Fachausschuss „Verkehrskonzept und Semesterticket “ und das Semesterticket Büro der TU Berlin benannt ? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 448 2 Antwort zu 3: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Die VBB GmbH bekam Hinweise betreffend der Verkomplizierung des Kontrollvorgangs. Die vielfältigen Formen der Immatrikulations- und Studienbescheinigungen erschweren dem Kontrollpersonal die Fahrausweisprüfung und führen dazu, dass im Zweifelsfall ein Erhöhtes Beförderungsentgelt ausgestellt wird. In Einzelfällen brachte dies Unannehmlichkeiten für die Studierenden mit sich, deren Immatrikulationsbescheinigungen fälschlicherweise angezweifelt wurden. Es besteht aber ausdrücklich keine Zielstellung der Verkehrsunternehmen, vermehrt erhöhte Beförderungsentgelte einzunehmen.“ Frage 4: Welche positiven und negativen Effekte dieser Regelung konnte der VBB zwischen dem 01. April und dem 30. September feststellen können? Antwort zu 4: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Negativ ist die Erschwerung des Kontrollvorganges sowie ggf. nachträgliche Bearbeitungen von Vorgängen zum Erhöhten Beförderungsentgelt. Dem steht das Erfordernis zur Sicherung der Verkehrseinnahmen für die Verkehrsunternehmen durch Verhinderung von Missbrauch entgegen. Eine Messung der Effekte kann nicht erfolgen.“ Frage 5: Wie oft haben Studierende der TU Berlin in den Semestern seit dem Wintersemester 2011 ihr erhöhtes Entgelt gemäß §9 (3) der VBB-Beförderungsbedingungen auf 7€ reduziert? Bitte getrennt nach Semestern angeben. Antwort zu 5: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Hierzu liegt der VBB GmbH keine Statistik vor.“ Frage 6: Der AStA der TU Berlin gibt an, dass der VBB durch die Regelung den Weiterverkauf von Semesterticket -Aufklebern verhindern will. Ist das zutreffend? Antwort zu 6: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Ja“ Frage 6 a): Welche Erkenntnisse hat der VBB über Weiterverkäufe von Semesterticket-Aufklebern vor der Regelung? Wie viele konkrete Fälle sind dem VBB seit dem Wintersemester 2011 bekannt? Antwort zu 6 a): Der VBB hat hierzu übermittelt: „Hierzu liegt der VBB GmbH keine Statistik vor.“ Frage 6 b): Welche Erkenntnisse hat der VBB über Weiterverkäufe von Semesterticket-Aufklebern nach der Regelung? Wie viele konkrete Fälle sind dem VBB im Sommersemester 2015 bekannt? Antwort zu 6 b): Der VBB hat hierzu übermittelt: „Auch zu Beginn des Sommersemesters 2015 wurden wieder über ebay Semesterticketaufkleber zum Kauf angeboten. Eine entsprechende Anzahl von Fällen war für das Festlegung der neuen Regelung nicht relevant. Die Aufkleber konnten und können auch über nicht öffentlich einsehbare Wege weitergegeben werden. Für die Verkehrsunternehmen war es wichtig, eine Möglichkeit der Kontrolle zu schaffen.“ Frage 7: Warum wurde diese Maßnahme getroffen, anstatt die Aufkleber zu personalisieren (etwa durch die Matrikelnummer)? Antwort zu 7: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Sowohl mit dem AStA2 als auch mit der Studierendenverwaltung wurden mögliche Maßnahmen diskutiert. Die jetzt praktizierte Lösung der Kontrolle der Immatrikulationsbescheinigung stellte sich als am schnellsten und unkompliziertesten realisierbar heraus. Da eine Personalisierung der Aufkleber mit sehr hohem technischen, manuellen und somit auch finanziellen Aufwand verbunden gewesen wäre, wurde diese Möglichkeit nicht weiter verfolgt.“ Frage 8: Wer bezahlt den Druck der Semesterticket- Aufkleber? Antwort zu 8: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Die Herstellung der Semesterticketaufkleber wird von der TU Berlin finanziert.“ Frage 9: Wie bewertet die TU Berlin die Maßnahme nach einem Semester? Antwort zu 9: Dem Senat ist bekannt, dass die TU Berlin in der Maßnahme nur einen Zwischenschritt hin zu einem zeitgemäßen Semesterticket sieht. Als solcher habe die aktuelle Regelung naturgemäß Schwachstellen, die jedoch vor dem Hintergrund der angestrebten Lösung aus Sicht der TU Berlin für einen begrenzten Zeitraum toleriert werden können. Frage 10: Wie bewertet der AStA der TU die Maßnahme nach einem Semester? Antwort zu 10: Dem Senat ist bekannt, dass der AStA der TU die Maßnahme kritisch sieht. Es wird vom AStA der TU bemängelt, dass es Fälle gab, bei denen Studierenden unberechtigte EBE 3 -Bescheide ausgestellt wurden. Der AStA der TU weist darauf hin, dass die Studienbescheinigungen nicht fälschungssicher seien, da sie von den Studierenden selbst ausgedruckt werden können. Bei Fahrausweiskontrollen wurden Studienbescheinigungen nicht anerkannt, da der Nachweis auf unterschiedliche Weise erfolgen kann. 2 Allgemeiner Studierendenausschuss 3 Erhöhtes Beförderungsentgelt Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 448 3 Frage 11: Wie bewertet der VBB die Maßnahme nach einem Semester? Antwort zu 11: Der VBB hat hierzu übermittelt: „Die Regelung mit dem Vorzeigen der Immatrikulationsbescheinigung ist keine endgültig zufriedenstellende Lösung. Sie stellt jedoch eine Maßnahme dar, die den Missbrauch der Semesterticket-Aufkleber erschwert und damit reduziert. Die VBB GmbH plant, sich noch einmal an die beteiligten Partner zu wenden, um im gemeinsamen Erfahrungsaustausch Möglichkeiten zur Verbesserung des Prozesses abzustimmen. In weiterführenden gemeinsamen Gesprächen tauschen sich Verkehrsunternehmen, VBB GmbH sowie AStA und Hochschulverwaltung der TU Berlin über Möglichkeiten zu einer mittelfristigen Einführung eines elektronischen Tickets aus.“ Frage 12: Wie bewertet der Senat die Maßnahme nach einem Semester? Antwort zu 12: Der Senat hält die Darstellung des VBB für sachgerecht und schließt sich dieser Bewertung an. Berlin, den 09. Dezember 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Dez. 2015)