Drucksache 17 / 17 450 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Klaus Lederer und Carsten Schatz (LINKE) vom 25. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. November 2015) und Antwort Berliner Bäder: Eine Zumutung für Trans*- und Inter*-Personen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Fälle eines diskriminierenden Umgangs mit Trans*- und Inter*-Personen in Einrichtungen der Berliner Bäderbetriebe (durch das Personal und/oder Badegäste) sind dem Senat bekannt? Zu 1.: Dem Berliner Senat ist ein Vorfall aus dem Stadtbad Neukölln bekannt. Ihm liegen sowohl die Schilderungen der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) als auch der betroffenen transgeschlechtlichen Person vor. Die BBB berichten, dass sich eine Begleiterin einer Kindergruppe darüber beschwert habe, dass sich eine aus ihrer Sicht männliche Person im Frauenumkleidebereich aufhalte, ohne zu erkennen, dass es sich um eine transgeschlechtliche Person handelte. Der Schilderung der transgeschlechtlichen Person ist zu entnehmen, dass sie sowohl das Verhalten der Begleiterin der Kindergruppe als auch des Personals des Stadtbades Neukölln als diskriminierend erlebt hat. 2. Wie stellen die Berliner Bäderbetriebe sicher, dass die Nutzung ihres Angebots für Menschen verschiedener sexueller und geschlechtlicher Identitäten jederzeit diskriminierungsfrei möglich ist? 3. Wie werden die Mitarbeiter/-innen der Berliner Bäderbetriebe für den alltäglichen diskriminierungsfreien Umgang mit dem Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sensibilisiert? 4. Wie werden die Mitarbeiter/-innen der Berliner Bäderbetriebe darauf vorbereitet, bei Vorfällen der Diskriminierung von Trans*- und Inter*-Personen durch andere Badegäste angemessen einzugreifen und in einer solchen Situation nicht selbst diskriminierend zu handeln? Zu 2. bis 4.: Das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) findet auf den Zugang zu den BBB Anwendung. So sind auch die BBB verpflichtet, transgeschlechtlichen Benutzerinnen und Benutzern diskriminierungsfreien Zugang zu gewähren. Nach Auskunft der BBB garantieren diese den diskriminierungsfreien Zutritt zu den Bädern und ihre Nutzung. Der überwiegende Teil der Schwimmbäder in Berlin bietet nach den baulichen Gegebenheiten, die die Gebäude kennzeichnen, dabei nicht alle Möglichkeiten an, die man bei modernen Gebäuden erwarten könnte, insbesondere was die Umkleidesituation angeht. Die Vielfalt der Berliner Bevölkerung spiegelt sich auch in den Kundinnen und Kunden der Berliner Bäder wider. Dies stellt die Beschäftigten immer wieder vor besondere Herausforderungen. Nicht immer sind die Beschäftigten dabei sicher im Umgang mit diesen besonderen Situationen - dies gilt auch für den noch nicht geläufigen Umgang mit trans- und intergeschlechtlichen Menschen . Die BBB haben in den letzten Jahren verstärkt Augenmerk auf die Vermittlung von Wertvorstellungen des Unternehmens und persönlichen Kompetenzen gelegt. So werden Seminare zum Konfliktmanagement und zum Umgang mit Kundinnen und Kunden angeboten. Beschäftigte besuchten Veranstaltungen zum Thema “Aufregend bunt, vielfältig, normal – zur Bedeutung von Managing Diversity in Betrieb und Verwaltung“. Regelmäßig wird auf die Anforderungen des AGG hingewiesen. Erst vor kurzem erfolgte eine aktuelle Unterweisung der Beschäftigten zum AGG. Das Thema von trans- und intergeschlechtlichen Menschen werden die BBB in die Planung weiterer Seminare einbeziehen. Die BBB werben dafür, dass gegenseitiger Respekt und Rücksichtnahme auf die Belange aller Badegäste die Grundvoraussetzung dafür ist, dass alle Gäste gleichermaßen einen angenehmen Badbesuch verleben können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 450 2 5. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Trans*- und Inter*-Personen die Nutzung von Badeeinrichtungen, ohne Diskriminierungen befürchten zu müssen, zu erleichtern (z.B. baulich durch die Schaffung geschützter Umkleide-, Dusch- und Toilettenräume, durch Personalschulungen oder durch die Einrichtung geschützter Zeiten für Trans* und Inter* in weiteren Bädern neben dem Kreuzberger Baerwald-Bad)? Welche konkreten Umsetzungspläne existieren hierzu ggf.? Zu 5.: Die BBB werden sich mit dem Thema Nutzung der Schwimmbäder durch trans- und intergeschlechtliche Menschen auseinandersetzen, da es offensichtlich bei der Schwimmbadnutzung an Bedeutung gewinnt und antidiskriminierungsrechtlich relevant ist. Die baulichen Möglichkeiten, zusätzliche separate Zonen einzurichten, sind erheblich eingeschränkt. Soweit vorhanden, können in Bädern innerhalb der Männer- und Frauenduschen Duschbereiche mit Schamwänden beziehungsweise die bestehenden Einzelumkleidekabinen genutzt werden. Die Einrichtung eines jeweils zusätzlichen Dusch- oder Umkleidebereichs ist aus baulichen Gründen in der Regel bei den bestehenden Bädern nicht möglich. Denkbar wäre, die bislang bestehenden separaten Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen ergänzend für trans- und intergeschlechtliche Menschen zur Nutzung anzubieten und diese diskriminierungsfrei zu kennzeichnen. Inwieweit es möglich ist und unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Inklusion sinnvoll ist, zusätzliche Sonderschwimmzeiten einzurichten, werden die BBB prüfen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeiten beschränkt sind. Neben der Sicherstellung der unentgeltlichen Nutzung gemäß Bäder-Anstaltsgesetz (BBBG) für Schulen, Kitas sowie förderungswürdigen Sportorganisationen (Vereine) werden im Rahmen des öffentlichen Badebetriebes bereits Sonderschwimmzeiten für Frauen, Senioren, Schwangere und behinderte Menschen angeboten . Während des öffentlichen Badebetriebs nutzen auch Kindertagesstätten und Horte die Schwimmbäder. Jede Sonderschwimmzeit schließt andere Badegäste aus. Deshalb wird es auch Sicht der BBB vorrangig darauf ankommen , während des öffentlichen Badebetriebs angemessene Möglichkeiten zum Umkleiden und Duschen anzubieten und somit eine wesentliche Voraussetzung für eine diskriminierungsfreie Schwimmbadnutzung für trans- und intergeschlechtliche Menschen zu schaffen. Der Berliner Senat empfiehlt den BBB diesen Vorfall zum Anlass zu nehmen, sich mit den in Berlin aktiven Organisationen von trans- und intergeschlechtlichen Menschen über konkrete Maßnahmen für eine diskriminierungsfreie Nutzung auszutauschen. Berlin, den 03. Dezember 2015 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Dez. 2015)