Drucksache 17 / 17 491 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 30. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Dezember 2015) und Antwort Abriss preiswerten Wohnraums durch eine Genossenschaft in der Heidelberger Straße (2) – Planungsstand, Leerstand und Genehmigungsverfahren Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Frage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen und hat daher das Bezirksamt Neukölln um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat überliefert wurde. Sie wird in den Antworten zu 2 bis 5 wiedergegeben: Frage 1: Seit wann sind dem Senat die Pläne der Wohnungsbaugenossenschaft Wohnungsbau-Verein Neukölln eG bekannt, vom Land Berlin geförderte Wohngebäude aus den 1960er Jahren mit insgesamt 76 Wohnungen in der Heidelberger Straße 15-18 in Neukölln abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen? Antwort zu 1.: Dem Senat war die dargelegte Thematik zum benannten Objekt bisher nicht bekannt, da für die Verfolgung und Umsetzung baurechtlicher sowie zweckentfremdungsrechtlicher Regelungen in Folge des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes (AZG) die Berliner Bezirke zuständig sind. Auf Anfrage beim Bezirksamt Neukölln von Berlin wurde mitgeteilt, dass dem Bezirksamt erste Pläne Ende Januar 2015 bekannt wurden. Nur zur Klarstellung wird darauf verwiesen, dass zu der benannten Adresse vorhandene Wohnungen bereits seit 1998 nicht mehr als öffentlich gefördert gelten. (vergleiche auch die Schriftliche Anfrage 17/17490, Antwort auf Frage 1). Frage 2: Wann und mit welchen Auflagen hat das Bezirksamt den Abriss nach Inkrafttreten des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum genehmigt bzw. welche Fallkonstellation tritt ein, sofern die Genossenschaft den Abriss bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes angezeigt hat? Antwort zu 2.: Das Bezirksamt Neukölln von Berlin hat den Abriss nach Inkrafttreten des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot -Gesetz - ZwVbG) noch nicht genehmigt . Die Anträge auf Genehmigung zum Abriss von Wohnraum für die Objekte Heidelberger Straße 15-18 wurden am 21.07.2015 gestellt unter gleichzeitigem Angebot adäquaten Ersatzwohnraum an gleicher Stelle zu schaffen. Das Genehmigungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Frage 3: Hat das Bezirksamt nach Inkrafttreten des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum den bis zum Abriss eintretenden Leerstand genehmigt und ist die Genehmigung befristet, wenn ja, bis wann? Antwort zu 3.: Das Bezirksamt Neukölln hat den bis zum Abriss eintretenden Leerstand nicht genehmigt. Ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Zweckentfremdungsverbot-Gesetz i.V.m. Nr. 7.4 der Ausführungsvorschriften über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (AV 1 -ZwVb) über die sechsmonatige Frist hinaus andauernder Leerstand bedarf keiner gesonderten Genehmigung, wenn eine gültige Genehmigung zum Abriss vorliegt. Das gleiche gilt, während des Antragsverfahrens auf Abriss sowie des Antragsverfahrens auf Leerstandsgenehmigung. Entsprechende Anträge auf Leerstand von Wohnraum wurden seitens des Verfügungsberechtigten zeitgemäß nach sechs Monaten gestellt. Das eigentliche Antragsbegehren jedoch mündete in den Abriss von Wohnraum mit Ersatzwohnraumangebot , welches die Anträge auf Leerstand entbehrlich machte. 1 Ausführungsvorschriften Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 491 2 Frage 4: Seit wann stehen Wohnungen abrissbedingt leer und wie viele Wohnungen stehen aktuell leer? Antwort zu 4.: Das Bezirksamt Neukölln kann bestätigen , dass per Stand Mai 2015 insgesamt 14 Wohneinheiten tatsächlich und rechtlich frei waren. Angaben, wie viele Wohnungen insgesamt im Objekt Heidelberger Str. 15-18 aktuell leer stehen, liegen nicht vor. Frage 5: Trifft es zu, dass für die Neubauten noch keine Baugenehmigung erteilt bzw. der Bau überhaupt noch nicht angezeigt worden ist? Antwort zu 5.: Das Antragsverfahren zur Baugenehmigung befindet sich derzeit noch in Bearbeitung. Frage 6: Trifft es zu, dass die Genossenschaft bislang keinem Mieter gekündigt hat und wie gedenkt die Genossenschaft vorzugehen, wenn Mieterinnen und Mieter nicht freiwillig ausziehen? Frage 7: Welche weiteren Neubauten plant die Genossenschaft und ist dies mit der Planung weiterer Abrisse verbunden? Antwort zu 6. und 7.: Dem Senat liegen diesbezüglich keine Erkenntnisse vor. Bei der in Rede stehenden Genossenschaft handelt es sich um ein nicht staatliches (Fach)Aufsicht unterliegendes frei agierendes Unternehmen . Frage 8: Welche gesetzlichen Nachbesserungen hält der Senat am Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum für erforderlich, um preiswerte Wohnungen mit einem einfachen Ausstattungsstandard vor Abriss und Ersatz durch teure Neubauten zu schützen ? Antwort zu 8.: Die jahrzehntelange höchstrichterliche Rechtsprechung zum Zweckentfremdungsverbot stellt im Rahmen von Abrissverfahren unter Stellung von anerkennungswürdigem Ersatzwohnraum nicht (allein) darauf ab, dass preiswerter Wohnraum mit einfachem Ausstattungsstandard erhalten bleibt. Auch nicht, ob der Ersatzwohnraum für breite Schichten der Bevölkerung (finanziell) anmietbar ist. Die höchsten Gerichte gehen davon aus, dass die Wohnungsmarktlage nicht nur dann entlastet werden kann, wenn an die Stelle des alten Wohnraums neue Wohnungen gleichen Zuschnitts, gleicher Ausstattung und gleicher Miethöhe treten. Es soll nur sichergestellt werden, dass der ohnehin verknappte Wohnungsmarkt nicht weiter belastet wird. Dabei kommt es bei der Bewertung nur auf die Erhaltung des Gesamtbestandes an Wohnraum an. (vergleiche auch die Schriftliche Anfrage 17/17490, Antwort auf Frage 12). Frage 9: Was plant der Senat, um ein einheitliches und am Bestandsschutz preiswerten Wohnraums orientiertes Verwaltungshandeln der Bezirke zu erreichen? Antwort zu 9.: Sinn und Zweck des Zweckentfremdungsverbotes ist der Schutz (jeglichen) bestehenden Wohnraumes durch ein repressives Verbot der Zweckentfremdung mit Befreiungsvorbehalt. Dem Verbotsgedanken des Gesetzes wird dabei unter Beachtung des mit dem Zweckentfremdungsverbot einhergehenden Eingriffs in das grundgesetzlich geschützte Eigentumsrecht erst dann Rechnung getragen, wenn die zuständige Behörde in jedem Einzelfall prüft, ob nicht ausnahmsweise auch eine Befreiung vom Verbot durch eine Genehmigung erteilt werden kann. Dies bedeutet eine zwingende Einräumung von Ermessen bei der jeweils zu treffenden Einzelfallentscheidung des Bezirkes, bei der die vorgebrachten privaten oder öffentlichen Interessen mit dem öffentlichen Interesse an der Wohnraumerhaltung abgewogen werden müssen . Bei der Ermessensentscheidung ist der Sinn und Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen und in Ausgleich mit den im Antrag auf eine Zweckentfremdungsgenehmigung vorgebrachten Interessen zu bringen. Eine Rückdrängung des Restermessens gegen „Null“, z.B. mit der Vorgabe zum Erhalt jeglichen preiswerten Wohnraumes, kann seitens des Senats danach nicht vorgenommen werden . Frage 10: Unter welchen rechtlichen Umständen könnten in die derzeit leerstehenden Wohnungen Mieterinnen und Mieter eingewiesen werden? Antwort zu 10.: Hierzu wird aus zweckentfremdungsrechtlicher Sicht auf die Feststellungen in der Antwort vom 6. Oktober 2015 zur Schriftlichen Anfrage 17/17106, dort in Antwort zu den Fragen 1 und 2, verwiesen. Berlin, den 09. Dezember 2015 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Dez. 2015)