Drucksache 17 / 17 498 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 26. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dezember 2015) und Antwort Wie Umweltschutz Energie gewinnt (II) – Welches Potential liegt in Berlins Kanalisation? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Frage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe (BWB) um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben: Es wird in diesem Zusammenhang auch auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 17/12936 der Abgeordneten Marion Platta (Linke) vom 03.12.2013 verwiesen : „Energiewende voranbringen – Rückgewinnung von Wärme aus Haushalten und aus dem Abwasser in der Kanalisation“. Frage 1: Welche Schlüsse zieht der Senat aus den Erkenntnissen , dass 10 % des Wärmebedarfs einer Stadt durch Abwärme-Nutzung der Kanalisation gedeckt werden könnten? Antwort zu 1: Geht man von einem Gesamtwärmebedarf der Stadt Berlin von jährlich rd. 28.000 GWh 1 aus, errechnet sich der Anteil, der sich durch Wärme aus Abwasser ergibt, wie folgt: Aus Potentialstudien und aus Erfahrungen umgesetzter Projekte bei den BWB zur Erschließung von Wärme aus Abwasser sind mittel- bis langfristig (20 Jahre) die Installation von 100 MW 2 Entzugsleistung im Kanal und an Abwasserdruckleitungen denkbar. Daraus ergäben sich ca. 200 GWh Wärme aus Abwasser jährlich, was wiederum einen Anteil von ca. 0,7 % des Gesamtwärmebedarfs der Stadt entspricht. Die genannten 10 % sind unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht erreichbar. Derzeit sind in Berlin 3,6 MW Heizleistung installiert und weitere 3 MW befinden sich in Planung. 1 gigawattstunde 2 megawatt Die im Rahmen der Erarbeitung eines Berliner Energie - und Klimaschutzprogramms (BEK) vorgenommenen Untersuchungen bewerten das Nutzungspotential für Abwasserwärme ebenfalls eher als gering. Gleichwohl wird im BEK-Entwurf die Erstellung einer Studie vorgeschlagen , in der lokale Potentiale kartiert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollen. Frage 2: Plant der Senat die Abwärme-Nutzung auch bei öffentlichen Gebäuden einzusetzen? Wenn ja, welche Standorte hat der Senat im Visier? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 2: Der Senat schließt die Abwasserwärmenutzung bei öffentlichen Gebäuden nicht aus. In geeigneten Einzelfällen lassen der Senat und die Bezirke die Nutzbarkeit von Wärme aus Abwasser durch die BWB prüfen: - Konkret plant der Senat für die Bestandgebäude auf dem Flughafen Tempelhof die Nutzung von Wärme aus Abwasser. Hierfür soll im ersten Schritt eine Vorplanung für eine Anlage mit 1 MW Heizleistung erstellt werden. - Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg prüft für geplante Neubausiedlungen auf den Arealen Buckower Felder und Güterbahnhof Innsbrucker Platz eine Nutzung von Wärme aus Abwasser. Frage 3: Wie viel Geld könnte die öffentliche Hand durch die Abwärme-Nutzung einsparen? Antwort zu 3: Die Einsparung von Projekten zur Nutzung von regenerativen Energien bemisst sich an dem Verhältnis von Investitionskosten zu Kosten und Einsparungen im Betrieb. Es ist für die Kosten erheblich, ob die Arbeiten am Kanalnetz der BWB im Zusammenhang mit ohnehin anstehenden Erneuerungsarbeiten gebracht werden können. Für Nutzung von Abwasserwärme in bestehenden Gebäuden muss meist eine erhebliche Veränderung des Heizsystems vorgenommen werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 498 2 Eine pauschale Angabe zu möglichen Einsparungen ist nicht möglich. Frage 4: Wie viel CO2 könnte damit eingespart werden ? Antwort zu 4: Derzeit sparen die installierten Anlagen jährlich ca. 320 t CO2/Jahr ein. Eine Prognose, welche CO2-Einsparungen perspektivisch (z.B. in 20 Jahren) erreicht werden, ist daher schwierig (siehe Antwort zu Frage 3). Im Entwurf für ein Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm wird das CO2-Minderungspotenzial auf 1.800 t CO2 in 2030 geschätzt. Frage 5: Gibt es eine Übersicht über die möglichen Kanalisationspunkte, wo eine Abwasser-Wärme-Nutzung möglich wäre? 1. Wenn ja, wann wird diese öffentlich zugänglich sein? 2. Wenn nein, warum gibt es diese nicht? Antwort zu 5: Die BWB haben eine Übersicht über die Lage der großen Abwasserleitungen. Auf dieser Basis können grobe Abschätzungen vorgenommen werden, wenn die Wärmeabnehmer bekannt sind. In jedem Fall muss die Eignung eines Standortes für Wärmenutzung aus Abwasser im Einzelfall geprüft werden. Dies erfolgt bei den BWB auf Anfrage. Es gibt daher keine verbindliche berlinweite Übersicht zu geeigneten Stellen in der Kanalisation und den Abwasserdruckleitungen. Eine Veröffentlichung von sensiblen Infrastrukturdaten erfolgt durch die BWB grundsätzlich nicht. Frage 6: An wen können sich Gebäudeeigentümer/- innen wenden, wenn sie Wärme aus Abwärme nutzen möchten? Gibt es einen Ansprechpartner/-in bei den Berliner Wasserbetrieben? Antwort zu 6: Erste Informationen bietet die Internetseite der BWB: http://www.bwb.de/content/language1/html/14317.php Ansprechpartner zum Thema Wärme aus Abwasser ist bei den BWB Herr Hakan Kurc (Tel. 8644-68563, E- Mail: Hakan.Kurc@bwb.de). Frage 7: Wie unterstützt der Senat Gebäudeeigentümer /-innen dabei ihren Wärmebedarf aus Abwärme der Kanalisation zu decken? Antwort zu 7: Interessenten an einer Abwasserwärmenutzung können sich um eine Förderung im Rahmen des Marktanreizprogramm (MAP) des Bundes bzw. des im Rahmen von EFRE 3 geförderten Berliner Programms für Nachhaltige Entwicklung (BENE) der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bewerben. 3 Europäische Fonds für regionale Entwicklung Frage 8: Welche der Abwärme-Nutzungs-Projekte in Berlin wurden vom Senat angeschoben? Welche gehen auf eine Initiative der Gebäude-Eigentümer/-innen zurück ? Antwort zu 8: Die unter Punkt 2 genannten Projekte wurden vom Senat angeschoben. Hinzu kommen noch aus der Vergangenheit die Projekte in der Stresemannstraße vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU), die Sporthalle in der Oderstraße vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und die Schwimmhalle am Sachsendamm. Private Nutzer sind z.B. der Erbbauverein Moabit EVM, die Fa. Flexim, Hellweg Baumarkt Yorckstraße, IKEA Lichtenberg und Vattenfall in der Baerwaldstraße. Frage 9: Wird das bei den Berliner Wasserbetrieben angedockte Energie-Stadtwerk des Senats das Thema Abwärme-Nutzung der Kanalisation in ihr Angebot aufnehmen und bewerben? 1. Wenn Ja, ab wann können Berlinerinnen und Berliner Abwasser-Wärme beim Stadtwerk kaufen? 2. Wenn Nein, warum nicht? Antwort zu 9: Die Berliner Stadtwerke GmbH konzentrieren sich derzeit auf den Aufbau einer Energiegewinnung aus Windenergieanlagen und Photovoltaikanlagen . Es kann daher noch kein konkreter Zeitpunkt für die Befassung mit dem Thema Abwärme- Nutzung der Kanalisation benannt werden. Berlin, den 17. Dezember 2015 In Vertretung Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Dez. 2015)