Drucksache 17 / 17 510 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander Morlang (PIRATEN) vom 01. Dezember 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dezember 2015) und Antwort Kultur und Videospiele I: Gaming in Bibliotheken Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Videospiele (nachfolgend zu verstehen als: Spiele für den PC, die Konsole und Handheld-Geräte) werden in Berliner Bibliotheken zur Leihe angeboten? a) Wie wird mit den unterschiedlichen Altersfreigaben umgegangen? Sind Spiele aller Altersfreigaben nach USK erhältlich? b) Welche Genres sind mit welcher Häufigkeit vertreten ? Zu 1.: Die Berliner Öffentlichen Bibliotheken sind für den Bestandsaufbau an Medien, inklusive Videospiele eigenverantwortlich und selbständig zuständig. Die nachfolgenden Zahlenangaben basieren auf entsprechenden Zuarbeiten der Bezirke sowie der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB). Bezirk/ Stadtbibl. Cha- Wilm.f Friedr- Krzbg. Lichtbg. Ma- He. Mitte Neuk. Pankow Reinickd. Spandau Stegl- Zehl. Temp- Sch. Tret- Köp. ZLB Anzahl Videospiele - 1.639 2.750 906 3.464 966 537 2.220 1.908 979 - - 6.098 - keine Angaben a.) Die Medien der Berliner Öffentlichen Bibliotheken und der ZLB sind im edv-gestützten Verbund der Berliner Öffentlichen Bibliotheken – VÖBB nachgewiesen. Bei den Videospielen im Bestand der Bibliotheken wird im VÖBB die Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) erfasst und entsprechend verknüpft, so dass bei der Ausleihe ein Abgleich des Benutzerdatensatzes (enthält Geburtsdatum ) mit der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) erfolgt und so ggf. die Ausleihe nicht möglich ist. Generell sind Videospiele aller Altersfreigaben in den Berliner Öffentlichen Bibliotheken erhältlich, wobei der Schwerpunkt bei USK 16 liegt und die Bestände in den Bibliotheken hinsichtlich der Altersfreigaben variieren. b.) Die ZLB vergibt nur Genre, die auch von der USK genutzt werden. Insgesamt liegt der Schwerpunkt beim Genres „Adventure“, „Sport“, „Sprache“ und „Denkspiele “. 2. Welche Bibliotheken in Berlin bieten an ihrem Standort einen PC-Gerätezugang mit vorinstallierten Spielen an (ausgenommen: web/browser-basierte Spiele)? (Bitte nach Standort, Geräteanzahl und Geräteausstattung aufschlüsseln.) Zu 2.: Die ZLB (Kinder- und Jugendbibliothek) bietet drei Rechner mit vorinstallierten Spielen an. Die Stadtbibliothek Pankow bietet einen Rechner in der Janusz- Korczak-Bibliothek mit vorinstallierten Videospielen für Kinder an. 3. Welche Bibliotheken in Berlin bieten an ihrem Standort einen Konsolen-Gerätezugang an? (Bitte nach Standort, Geräteanzahl und Konsolenmodell aufschlüsseln .) Zu 3.: In der Stadtbibliothek Mitte besteht mit der @hugo-Jugendmedienetage ein Bestandsschwerpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene von 13 bis 25 Jahren in der Schiller-Bibliothek in der Müllerstraße 149. Dort stehen sieben Konsolenspielgeräte zur Nutzung zur Verfügung . Dies sind: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 510 2 - 3x Playstation 4 - 2x Wii U - 2x Xbox One. Die ZLB hat im Verlauf der vergangenen Jahre verschiedene Konsolen (Wii, Playstation, Gameboy) angeschafft , die derzeit im Rahmen von Veranstaltungen genutzt werden. 4. Welche Bibliotheken in Berlin bieten zudem spielbegleitende Möglichkeiten der Medienproduktion, z.B. die Aufnahme von „Let’s Plays“ oder Podcasts an? Zu 4.: Keine. 5. Welche Fachbibliotheken oder indexierte Handapparate in Berlin bieten überwiegend oder ausschließlich Literatur und Medien zum Thema „Gaming“ oder „Game Studies“ an? Zu 5.: Im VÖBB (www.voebb.de) und im Kooperativen -Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg – KOBV (www.kobv.de) sind zahlreiche Publikationen von Berliner und Brandenburger Bibliotheken zum Thema nachgewiesen . 6. Welche Fachbibliotheken in Berlin bieten Spiele als Lernunterstützung oder fachliche Simulation („Serious Games“) von Lerninhalten an? Zu 6.: Das Lernzentrum der ZLB hat 871 PC- oder Konsolenspiele im Bestand, die in den Bereich (inter- )aktive, spielorientierte Lernunterstützung fallen. Sprachlernmedien im Bestand der ZLB enthalten ebenfalls oftmals Gaming Elemente, die das Lernen einer Fremdsprache unterstützen sollen. 7. Welche Bibliotheken in Berlin bieten weder Leihvideospiele an, noch stellen sie Videospiele auf Geräten in ihren Räumen zur Verfügungen? Zu 7.: Im Bereich der Berliner Öffentlichen Bibliotheken keine. 8. Wie viele Mitarbeiter/-innen der Berliner Bibliotheken und fachlich zuständigen Behörden haben eine zertifizierte Qualifikation zum Thema „Gaming“ oder „Videospiele“ über z.B. Weiterbildungen oder Studieninhalte ? a) Welche Mitarbeiter/-innen arbeiten davon im mittleren Dienst und welche Qualifikationen haben sie? b) Welche Mitarbeiter/-innen arbeiten davon im gehobenen Dienst und welche Qualifikationen haben sie? c) Welche Mitarbeiter/-innen arbeiten davon im höheren Dienst und welche Qualifikationen haben sie? Zu 8.: Im Bereich der Berliner Öffentlichen Bibliotheken gibt es keine zertifizierten Qualifikationen. Es wurden /werden Fort- und Weiterbildungen, Bibliothekskongresse und Fachtagungen usw. zum Thema besucht. 9. Gibt es Strategien, Konzepte, Leitlinien, Anweisungen oder ähnliche Behördendokumente in den Bibliotheken oder in den fachlich zuständigen Behörden, die sich mit dem Thema „Gaming“ oder „Videospiele“ beschäftigen ? (Bitte als Originaldokument anhängen.) a) Wie werden insbesondere Beschaffungen von videospielbegleitenden Medien (Begleitromane, Soundtracks , Artbooks) konzeptuell gehandhabt? b) Gibt es insbesondere Beschaffungsnetzwerke auf Landes- oder Bezirksebenen oder sind Berliner Bibliotheken Teil von Beschaffungsnetzwerken im Gaming- Bereich über mehrere Bundesländer hinweg? c) Wurden andere Kompetenznetzwerke zum Thema „Gaming“ aufgebaut, in denen (ggf. einzelne) Berliner Bibliotheken partizipieren (beispielsweise mit Jugendclubs , Unternehmen, Schulen)? Zu 9.: Gaming-Angebote sind Teil des Projektes „Digitale Welten“ und werden in diesem Rahmen von den Berliner Öffentlichen Bibliotheken ab 2017 umgesetzt. Die bezirklichen Stadtbibliotheken und die ZLB orientieren sich an Fachliteratur und an Konzepten und Berichten von Anwenderbibliotheken bzw. betreiben einen nachfrageorientierten Bestandsaufbau. Sie greifen für die Beschaffung von Spielen sowie von spielbegleitenden oder auf Spielen basierenden Medien auf Besprechungen und Annotationen der bundesweiten Lektoratskooperation zurück (ZLB ab 2016). Dieser vom Deutschen Bibliotheksverband , dem Berufsverband Information Bibliothek und der ekz.bibliotheksservice GmbH getragene Rezensionsdienst erstellt Anschaffungsempfehlungen. Die Lektorinnen und Lektoren, die den Markt sichten, sind i.d.R. Beschäftigte in Bibliotheken. Andere konsortiale Beschaffungswege gibt es derzeit nicht. 10. Wie reagieren die Bibliotheken auf die Tendenz, dass Videospiele insbesondere auf dem PC inzwischen weitestgehend per Registrierung an einen Benutzeraccount in Verifikationssystemen wie z.B. Steam gebunden sind und so nicht ohne Weiteres mit einem Kaufexemplar einer erweiterten Anzahl an Spieler/-innen zur Verfügung gestellt werden können? Zu 10.: Auf Grund dieser Entwicklung werden kaum noch bzw. gar nicht PC-Spiele angeschafft. Siehe Antwort zu 11. 11. Wie werden in Berliner Bibliotheken und im Senat die Chancen des Einsatzes der streamingbasierten Gaming-Zugänge durch Anbieter wie z.B. Geforce im Bibliotheksalltag eingeschätzt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 510 3 Zu 11.: In den Berliner Öffentlichen Bibliotheken wird ab 2016 das Projekt „Digitale Welten“ umgesetzt, das streamingbasierte Angebote vorsieht. In diesem Zusammenhang werden sich die Bibliotheken mit entsprechenden Entwicklungen grundsätzlich auseinander setzen. 12. Wurden in den vergangenen 5 Jahren durch Berliner Bibliotheken Veranstaltungen in Bezug auf Videospiele (z.B. Diskussionen, Ausstellungen, eSport- Turniere, LAN-Parties, usw.) durchgeführt? Wenn ja, wo, wann und mit welchem genauen Thema / Format? Zu 12.: Stadtbibliothek Lichtenberg: Jährliche Teilnahme der vier Lichtenberger Bibliotheken am Kindersoftwarepreis „Tommi“. Stadtbibliothek Mitte: Seit 2011 finden in der @hugo- Jugendmedienetage regelmäßig offene Spiele-Angebote unter Anleitung statt, hauptsächlich mit sportlichen Inhalten (so z.B. auch während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014). Nach Neueröffnung der Jugendmedienetage am Standort Schiller-Bibliothek kann dort täglich von 14:00 Uhr – 19:00 Uhr, am Sonnabend von 10:00 – 13:30 Uhr gespielt werden, in den Ferien auch außerhalb dieser Zeiten. Stadtbibliothek Spandau: In der Stadtbibliothek Falkenhagener Feld werden im Rahmen eines Projektes Wii- Spiele-Nachmittage durchgeführt. ZLB: In der Kinder- und Jugendbibliothek der ZLB fanden in den vergangenen fünf Jahren folgende Veranstaltungen statt: 2010 – Sommerferien, Kodu-Programmierworkshop ; 2011 – Sommerferien, Kodu-Prgrammierworkshop , Herbstferien – Tommi-Computerspieljury, 2012 - Herbstferien – Tommi-Computerspieljury, 2013 – Winterferien und Sommerferien – Gamelounge (Meilensteine der Konsolenwelt, Konsolenspieleadaptionen von Büchern und Comics, FIFA 2013 –Fußballturnier), 2014 – Workshop Retrospiele. 13. Haben sich in Berliner Bibliotheken im Bereich Gaming eigene Communities mit ganzheitlichem oder teilweisem Bezug zu einem konkreten Bibliotheksstandort (z.B. sog. Clans, regelmäßige Turniere, Spieler/-innen- Treffen usw.)? Zu 13.: Nein, für den Bereich der Berliner Öffentlichen Bibliotheken. 14. Wurden durch einzelne Bibliotheken die Nutzer/- innen in die Entwicklung von Konzepten und die Auswahl von Medien im Bereich der Videospiele einbezogen ? Zu 14.: Anschaffungswünsche von Benutzerinnen und Benutzern werden zum Teil berücksichtigt. 15. Wurden durch einzelne Bibliotheken insbesondere Eltern oder Elternvertreter/-innen in der Konzeption einer Kinder- und Jugendstrategie in Bezug auf Videospiele eingebunden? Zu 15.: Nein. 16. Wie reagierten Bibliotheken in Berlin auf die verstärkte Popularität von sogenannten Indie- und Retro- Games, also Videospielen, die nicht durch große Entwicklerstudios produziert wurden oder durch ihr Alter als kulturelle Klassiker gelten? Welche Beschaffungsstrategien wurden bezüglich dieser Medien entworfen und umgesetzt? Zu 16.: Trends und wahrnehmbare Marktveränderungen werden durch die Berliner Öffentlichen Bibliotheken verfolgt und angezeigt. Da die bezirklichen Stadtbibliotheken keinen Sammelauftrag für einzelne Medienarten haben, erfolgt keine Beschaffung und Aufbewahrung über die durch die Nachfrage bestimmten Zeiträume hinaus. Die ZLB erwirbt seit 1996 PC- und Konsolenspiele, so dass auch „Klassiker“ im Bestand und als solche gekennzeichnet sind. 17. Welche finanzielle Förderungen erhalten welche Berliner Bibliotheken in Hinblick auf Gaming durch die Landes-, Bundes- und Europa-Ebene? Zu 17.: Mit dem Projekt „Digitale Welten“ stellt das Land Berlin zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung. Darüber hinaus ist es im Rahmen von Projektmitteln, wie z.B. dem Programm „Bibliotheken im Stadtteil (BIST)“ im Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) möglich, das Thema Gaming (z.B. in der Schiller-Bibliothek im Rahmen der Implementierung eines sog. Makerspace mit bürgerschaftlichem Engagement ) zu befördern. 18. Wurden Partnerschaften und Sponsorenvereinbarungen für (ggf. einzelne) Berliner Bibliotheken in Berlin mit Publishern oder Entwicklern vereinbart? Zu 18.: Stadtbibliothek Mitte: Seitens der Schiller- Bibliothek gab es im Oktober 2015 eine erste Kontaktaufnahme mit einem Berliner Entwickler von Lernspielen. In diesem Rahmen sind für 2016 in kooperativer Durchführung Veranstaltungen und Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer und Einführungsveranstaltungen für Schulklassen geplant. Berlin, den 15. Dezember 2015 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Dez. 2015)