Drucksache 17 / 17 512 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander Morlang (PIRATEN) vom 01. Dezember 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dezember 2015) und Antwort Kultur und Videospiele (III): Museen, Galerien und andere Kulturorte Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Fragen beziehen sich auf Sachverhalte, die der Senat von Berlin nur teilweise in eigener Zuständigkeit beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine umfassende Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Bezirke, Galerienverbände sowie das Computerspielemuseum um Stellungnahme gebeten . Die Stellungnahmen sind in der Beantwortung berücksichtigt . 1. Welche dauerhaften oder temporären Ausstellungen , Veranstaltungen und Kurationen zum Thema Videospielen im weiteren Kontext sind dem Senat in öffentlichen oder privaten Galerien seit 2011 in Berlin bekannt? Zu 1.: Zu Videospielen in privaten Galerien liegen dem Senat von Berlin keine Informationen vor. In den vom Land Berlin geförderten Institutionen Kunst-Werke und Künstlerhaus Bethanien gab es im fraglichen Zeitraum keine Präsentationen oder Veranstaltungen zum Thema Videospiele. In den in der Verantwortung der Bezirke betriebenen Kommunalen Galerien und Stadtbibliotheken gab es in diesem Zeitraum lediglich eine Ausstellung zum Thema „Videospiele“, diese fand im Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg statt: Im Zeitraum von April 2015 bis Juni 2015 wurde im „projektraum alte feuerwache“ die Ausstellung „SUPERSAMPLE – Pixel at an Exhibition“ gezeigt. Die Ausstellung beschäftigte sich mit der künstlerischen Interpretation von Computerspielen und ihren 8- Bit Pixelgrafiken in zeitgenössischen Kunstpraktiken. Über 20 internationale Künstlerinnen und Künstler und Illustratorinnen und Illustratoren zeigten Ansichten ihrer Lieblingsspiele von Pac Man, Donkey Kong und Galaga bis hin zu Legend of Zelda auf Leinwand, in Acryl, als 3D-Illustration oder Fotokunst. Die Werke erschlossen somit weitere kreative künstlerische Dimensionen der digitalen Spielekultur über ihre Natur als interaktive Unterhaltungsform hinaus. Die Ausstellung wurde vom Computerspielemuseum und der Stiftung Digitale Spielekultur als Bestandteil des „Gamefests am Computerspielemuseum 2015“ in Kooperation mit dem Projektraum im Rahmen der International Games Week Berlin veranstaltet . Sie wurde von VIDEOCADE Retro Events zusammen mit dem Computerspielemuseum kuratiert und von der Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH gefördert. Begleitende Veranstaltungen haben auch in der Studiobühne und im Jugendclub der alten Feuerwache stattgefunden. Die Kooperation wird 2016 fortgesetzt mit einer Ausstellung und Veranstaltungen im „projektraum alte feuerwache “ im Rahmen des „Gamefests am Computerspielemuseum 2016“. 2. Welche dauerhaften oder temporären Ausstellungen , Veranstaltungen oder Kurationen seit 2011 kennt der Senat in öffentlichen oder privaten Museen in Berlin? Zu 2.: Dem Senat sind aus dem fraglichen Zeitraum Angebote zum Thema Videospiele der folgenden Museen bekannt: Am 21. Januar 2011 eröffnete die neue Dauerausstellung des 1997 in Berlin gegründeten, weltweit ersten Computerspielemuseums „Computerspiele. Evolution eines Mediums“. Die Einrichtung der Ausstellung wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin gefördert. Neben der Dauerausstellung zeigte das private Computerspielemuseum von 2011 bis 2015 19 Sonderausstellungen und präsentierte 23 gamebezogene Veranstaltungen. Das Computerspielemuseum veranstaltete 2013 erstmals das „Gamefest am Computerspielemuseum“, das nunmehr fester Programmpartner im Rahmen der jährlich stattfindenden INTER- NATIONAL GAMES WEEK BERLIN ist. Das Computerspielemuseum arbeitet derzeit an einem Entwicklungskonzept für die Erweiterung und Neugestaltung seiner Dauerausstellung, das 2016 vorgestellt wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 512 2 Am 1. September 2014 eröffnete in Berlin Mitte das private Game Science Center. Das Deutsche Technikmuseum Berlin präsentiert seit September 2010 eine interaktive Medienstation zur Geschichte der Videospiele im Rahmen der Dauerausstellung „Konrad Zuse. Der erste Computer und der Beginn des Informationszeitalters“. Im Rahmen der Dauerausstellung „Das Netz, Menschen , Kabel, Datenströme“ wird im Deutschen Technikmuseum seit September 2015 der Ausstellungsbereich „GAMES“ präsentiert, der die Geschichte und Gegenwart von Videospielen in Museumsobjekten, Filmen und interaktiven Spielstationen darstellt. In der Berlinischen Galerie wurden seit 2011 keine Videospiele als eigenständiges Medium präsentiert oder in Veranstaltungen thematisiert. In einem weiteren Kontext tauchten technische Aspekte oder die Ästhetik von Videospielen in einzelnen künstlerischen Arbeiten auf. So basierte die Steuerungstechnik der autonomen Roboter von Nik Nowak in der Ausstellung zum Gasag Kunstpreis 2014 (11.04.–30.06.2014) auf Entwicklungen für Videospiele . Ebenso verwendet Hito Steyerl in ihrer Videoarbeit „How not to be seen“, die 2013 in der Videolounge zu sehen war (28.08.–23.09.2013), Elemente und die Ästhetik von Videospielen der 1990er Jahre. Beide Künstler setzen diese Versatzstücke jedoch gezielt ein, um hieraus eigenständige Installationen bzw. Videoarbeiten zu entwickeln. Weitere dauerhafte oder temporäre Ausstellungen, Veranstaltungen oder Kurationen seit 2011 in privaten oder öffentlichen Museen sind dem Senat nicht bekannt. 3. Welche finanzielle Förderungen im Kunst- und Kulturbereich wendet der Senat für den Bereich der Videospiele seit 2011 auf? Zu 3.: Die Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH fördert im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg nicht nur Filmproduktionen, sondern auch den Bereich der audiovisuellen Inhalte allgemein, zu dem auch die Videospiele gehören. Das Medienboard hat nach seiner Förderrichtlinie folgenden Auftrag: „1.Gegenstand der Förderung ist das audiovisuelle Film- und Medienschaffen in allen Phasen der Entstehung und der Verwertung einschließlich des Filmabspiels. Ferner werden innovative audiovisuelle Inhalte und sonstige Maßnahmen zur Stärkung der Medienwirtschaft gefördert.“ Es „kann audiovisuelle Inhalte für in der Regel nicht-lineare Verbreitungswege (Internet, Mobile u.ä.) und innovative sowie interaktive audiovisuelle Inhalte fördern. Voraussetzung ist, dass die Projekte ein nach den Kriterien von Qualität und Wirtschaftlichkeit förderungswürdiges Werk erwarten lassen. Die Förderung von innovativen audiovisuellen Inhalten erfolgt durch Entwicklungs- oder Produktionsförderung .“ (2.6). Von 2011 bis 2015 sind 44 Games-Entwicklungen insgesamt mit 1.998.000 Euro gefördert worden, hinzu kommen 1.999.545 Euro für Veranstaltungen wie die Deutschen Gamestage, den Deutschen Computerspielpreis und Projekte der Stiftung Deutsche Spielekultur GmbH. Diese Fördermaßnahmen dienen einerseits der Stärkung des Medienstandortes aus wirtschaftlicher Sicht. Sie stärken aber zugleich auch die Videospiele als Kulturgut . Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung fördert die Berlin Art Week und Messeauftritte der Berliner Galerien im Ausland, nicht jedoch spezifische Kunstgattungen. Die Förderung der Games- bzw. Videospielbranche erfolgt vor allem über die allgemeinen Wirtschaftsförderprogramme des Landes und die Investitionsbank Berlin. 4. Welche Konzeptionen zur Stärkung oder Erhaltung der historischen oder zeitgenössischen kulturellen Betrachtung von Videospielen hat der Berliner Senat oder die Verwaltung? Zu 4.: Vor dem Hintergrund der kulturellen Bedeutung von Videospielen finanzierte die Medienboard Berlin -Brandenburg GmbH 2013 eine Machbarkeitsstudie zur „Internationalen Computerspielesammlung Berlin Brandenburg “ (Konsortium Computerspielemuseum, Stiftung Digitale Spielekultur, Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) und Universität Potsdam/ DIGAREC – Zentrum für Computerspieleforschung) mit 13.500 Euro. Bei Verwirklichung dieses Planes würde in der Region die größte Computerspielesammlung der Welt entstehen. 5. Welche Besucher/-innen-Zahlen ergeben sich seit 2011 jährlich für öffentliche oder private Museen und Galerien zu Ausstellungen, Veranstaltungen oder Kurationen mit Bezug auf Videospiele? Zu 5.: Das Computerspielemuseum hat seit 2011 beständig wachsende Besucherzahlen (2011: 68.000; 2012: 70.000; 2013: 79.000; 2014: 86.000). Im Jahr 2015 werden bis zu 100.000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Die Ausstellung „Supersample - Pixels at an Exhibition “ im Projektraum alte Feuerwache, Bezirk Friedrichshain -Kreuzberg, hatte 1700 Besucherinnen und Besucher (einschließlich der Besucherinnen und Besucher anlässlich des Gamefests). Wie viele Personen die Ausstellungsbereiche zum Thema Videospiele im Deutschen Technikmuseum Berlin besucht haben, ist nicht erfasst. Mit jährlich über einer halben Million Besucherinnen und Besuchern gehört das Deutsche Technikmuseum zu den besucherstärksten Museen in Berlin. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 512 3 Weitere Angebote, in denen Videospiele als eigenständiges Medium präsentiert wurden, gab es im fraglichen Zeitraum in öffentlichen Museen und Galerien nicht. Zahlen zu privaten Museen und Galerien liegen uns nicht vor. 6. Welche Angebote hält der Senat, die Behörden oder Berlin Partner für Videospiel-interessierte Tourist/-innen und Berliner/-innen zur Orientierung und Besuchsplanung bereit? Zu 6.: Die Berlin Tourismus & Kongress GmbH – visit Berlin – informiert über den Online-Veranstaltungskalender zu diesem Thema, Veranstaltungshinweise werden sowohl im Web 1. 0, als auch im Web 2.0 (Twitter, Facebook etc.) aufgenommen. Orte wie das Computerspielemuseum oder das Game Science Center finden sich als Points of Interest auf den Seiten von visitBerlin.de. Beide Einrichtungen sind zum Beispiel auch Teil der Berlin WelcomeCard. Das Computerspielemuseum wird über das Onlineticketsystem von visitBerlin in allen Vertriebswegen angeboten (Online, Servicecenter, Hotelvertrieb und Touristeninformationen ). Das Computerspielemuseum selbst bietet in Kooperation mit touristischen Partnerinnen und Partnern in Berlin zahlreiche Informationen für die Besuchsplanung. 7. Welchen Stellenwert nehmen Videospiele in der Kultur- und Kunstpolitik des Senates ein und wo findet sich ihr Niederschlag in Konzeptionen oder Leitlinien der Behörden? (Bitte im Originalwortlaut anhängen.) Zu 7.: Videospiele sind sowohl Wirtschaftsgut mit wachsender Bedeutung für die Region Berlin- Brandenburg als auch Kulturgut. Der Senat ist aus medienwirtschaftlicher und kulturpolitischer Sicht bestrebt, die Gamesentwicklung am Standort zu fördern und das Bewusstsein für den Beitrag der Gamesbranche an der Kulturlandschaft zu stärken. Was die Pflege und Zugänglichmachung dieses Erbes anbetrifft, kann auf das private Computerspielemuseum verwiesen werden, das seit 1997 die weltweit erste ständige Ausstellung zur digitalen interaktiven Unterhaltungskultur unterhält. Mit einer Anschubfinanzierung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin wurde am 21.01.2011 in neuen Räumen die Dauerausstellung „Computerspiele. Evolution eines Mediums“ eröffnet. 8. Insbesondere welchen Stellenwert nehmen Videospiele und eSport in der Neufassung der Konzeption des Sportmuseum Berlin bis 2018 ein und welche Kooperationsvereinbarungen zu anderen Kultur- und Bildungsträgern bestehen dahingehend oder sind geplant? Zu 8.: Videospiele und eSport sind als einer von vielen modernen Sportarten und -trends Teil der konzeptionellen Überlegungen zur Gestaltung der künftigen Dauerausstellung des Sportmuseums Berlin. In welchem Umfang und in welcher Form sie letztlich präsentiert werden, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Kooperationsvereinbarungen mit anderen Kultur- und Bildungsträgern, die sich mit Videospielen und eSport beschäftigen, bestehen nicht. Eine künftige Zusammenarbeit , z.B. mit dem Computerspiele Museum Berlin, wird angestrebt. Videospiele und eSport stehen bisher nicht im Focus der Sammlungstätigkeit und der Öffentlichkeitsarbeit des Sportmuseums. Das wird voraussichtlich auch künftig insbesondere in Bezug auf die Videospiele so bleiben, da sich diesen Themen und Sammlungsgebieten bereits andere Museen, Einrichtungen und Privatsammlerinnen und Privatsammler widmen. In der künftigen Ausstellungsund Veranstaltungstätigkeit ab 2018 wird das Sportmuseum diese Trendsportentwicklung jedoch verstärkt aufgreifen . Berlin, den 15. Dezember 2015 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Dez. 2015)