Drucksache 17 / 17 552 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Franziska Becker (SPD) vom 15. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dezember 2015) und Antwort Bebauungsplan Molkenmarkt Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist unverändert – wie in der Drucksache 17/16 964 mitgeteilt – geplant, dem Abgeordnetenhaus den Entwurf des gesamtstädtisch bedeutsamen Bebauungsplanes 1-14 (Molkenmarkt) bis Pfingsten 2016 zur Zustimmung zuzuleiten? Antwort zu 1: Ja. Frage 2: Wie beurteilt der Senat die sog. Planungsalternative der IHK im Bereich Mühlendamm / Grunerstraße / Stralauer Straße / Spandauer Straße? Antwort zu 2: Das dem Senat vorliegende Konzept der Industrie- und Handelskammer (IHK) stammt aus dem Jahr 2008. Es wurde bereits im bisherigen Verfahren in die Abwägung eingestellt. Allerdings widerspricht das Konzept den gesamtstädtischen Planungen des Landes Berlin, beispielsweise dem Planwerk Innere Stadt und dem Stadtentwicklungsplan Verkehr. Die Erhöhung der raumstrukturellen Stadtverträglichkeit des Verkehrs kann dadurch nur mit Einschränkungen erreicht werden. Bei der Alternativplanung der IHK werden der Fuß- und Radverkehr zugunsten einer autofreundlichen Lösung massiv benachteiligt. Es sind keine Radverkehrsanlagen erkennbar und diese sind auch nicht konfliktfrei nachzuplanen. Die wenigen Querungsmöglichkeiten für den Fußverkehr sind lang und bedingen Umwege. Damit entsprechen sie nicht den heutigen Anforderungen und Standards. Darüber hinaus wird die künftige Einordnung der Straßenbahn erschwert, da durch die Verkürzung der Mittelinsel am Molkenmarkt ein Zwischenhalt der Straßenbahn an der Lichtsignalanlage nicht möglich ist, ohne den nachfolgenden Verkehr zu behindern. Damit führt das IHK- Konzept auch zu einer Verschlechterung für den Kfz 1 - Verkehr. 1 Kraftfahrzeug Frage 3: Mit dem vorliegenden Bebauungsplanentwurf soll einer der ältesten Teile Berlins, der kultur- und schulhistorisch überregional sehr bedeutsame Bereich des Grauen Klosters, überwiegend eine dauerhaft gesicherte Grünfläche bleiben. Warum ist es aus Sicht des Senates erforderlich, trotz der hohen Zahl von Frei- und Grünflächen auch im Zentrum Berlins einen der ältesten Teile Berlins dauerhaft als Grünfläche auszuweisen? Frage 4: In der Begründung zum Bebauungsplanentwurf bekennt sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zu dem Ziel, auf dem Gelände des ehemaligen Gymnasiums zum Grauen Kloster in der Klosterstraße die historische Nutzung des Areals als Schulstandort wieder zu aktivieren. Inwiefern ist es mit diesem Ziel vereinbar, die für die Schule zur Verfügung stehende Fläche von ca. 8.000 m² (Bebauungsplanentwurf 2003 im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung) auf 4.500 m² im aktuellen Bebauungsplanentwurf zu verringern. Antwort zu 3 und 4: Neben der Wiederherstellung der historischen Stadtstruktur waren und sind die Wiederbelebung des ehemaligen Klosterstandortes gemeinsam mit Berlins Traditionsgymnasium Graues Kloster zentrale Planungsaufgaben im Bebauungsplanverfahren. Wie überall im historischen Kern Berlins müssen aber sehr komplexe Anforderungen in einer zukünftig wieder sehr hohen räumlichen Verdichtung berücksichtigt werden: - das Ziel der Errichtung einer Schule und die daraus resultierenden Anforderungen, - der Bedarf an wohnungsnahen Grünflächen, - die Belange des Denkmalschutzes (u.a. Berücksichtigung der Wirkungsfläche des Denkmals, die eine Freistellung erfordert, Berücksichtigung von Grabungsfunden), - das öffentliche Interesse an einer selbständigen /eigenständigen Nutzung der Ruine der Klosterkirche , - das öffentliche Interesse an einer allgemeinen Zugänglichkeit des Baudenkmals, - die Belange des zuständigen Vermögensträgers. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 552 2 Daher wurde im Sinne einer planungsrechtlichen Systematik die Ruine der Klosterkirche aus der Gemeinbedarfsfläche herausgelöst, ergänzend wurden die Baugrenzen innerhalb der Gemeinbedarfsfläche und die Abgrenzung der Gemeinbedarfsfläche angepasst. Der Bebauungsplan ermöglicht mit den gegenwärtig vorgesehenen Festsetzungen dennoch eine Geschossfläche von rd. 17.000 m². Dies geht über die bekannten Anforderungen des voraussichtlichen Schulträgers von bis zu rd. 15.000 m² hinaus. Für die Freiflächen (Pausenbereiche ) müssen aufgrund des innerstädtischen Standortes Sonderlösungen entwickelt werden. Eine definitive Abgrenzung oder Integration von Schul-, Kultur- und Grünflächen kann sinnvollerweise erst nach einer weiteren Konkretisierung von Nutzung und Bebauung erfolgen. Frage 5: In der Begründung zum Bebauungsplanentwurf wird dargestellt, dass in der Abwägung zwischen dem Freiflächenbedarf der geplanten Schule und dem der Öffentlichkeit angesichts des vermeintlich absehbaren Einwohnerzuwachses infolge der Neubebauung im Quartier der Versorgung mit öffentlichen Grünflächen der Vorrang eingeräumt wird. Teilt der Senat die Einschätzung , dass die öffentliche Grünfläche in der Klosterstraße aufgrund der Schallimmissionen von der Grunerstraße nur sinnvoll nutzbar sein wird, wenn es zu einer Bebauung an der Ecke Grunerstraße / Klosterstraße / Littenstraße kommt? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 5: Ja, diese Einschätzung wird geteilt. Frage 6: In der Begründung zum Bebauungsplanentwurf wird ausgeführt, dass zu wenige öffentliche Freiflächen im Gebiet des Bebauungsplanes zu einer Übernutzung des Parochialkirchhofs und des Bereichs an der Stadtmauer führen könnten; auf welche Untersuchungen stützt sich diese Aussage? Antwort zu 6: Bei einem Verzicht auf eine Sicherung der öffentlichen Grünflächen oder eine merkliche Verkleinerung würde sich im Plangebiet und seinem Umfeld unter Berücksichtigung des Größenrichtwertes des Landschaftsprogramms (siehe Antwort zu Frage 3) und des absehbaren Einwohnerzuwachses eine Unterversorgung ergeben. Im Umweltatlas Berlin (06.05 Versorgung mit öffentlichen, wohnungsnahen Grünanlagen) wird ausgeführt , dass sich in Gebieten mit einer schlechten Grünflächenversorgung der Nutzungsdruck auf die vorhandenen Anlagen verstärkt. Hiervon wäre auch bezogen auf die bestehenden öffentlichen Grünflächen im Plangebiet und seinem unmittelbarem Umfeld auszugehen. Frage 7: Durch die Änderungen im aktuellen Bebauungsplanentwurf endet die Bebauung in der Klosterstraße und der Littenstraße nördlich der Klosterkirchenruine deutlich weiter entfernt als noch im März d.J. vorgesehen. Die B-Plan-Gutachten zu den Schallimmissionen und der Lufthygiene bezogen sich auf den Stand von März. Welche Auswirkungen hat die aktuell verringerte Bebauungsmöglichkeit in der Klosterstraße und der Littenstraße auf Schallimmissionen und Lufthygiene in den Freibereichen der möglichen zukünftigen Schule? Antwort zu 7: Aus der schalltechnischen Untersuchung (Rasterlärmkarte, Schallimmissionsplan Tag) ergibt sich sowohl für die Freifläche der Schule, als auch für das Umfeld der Ruine der Klosterkirche ein Tages- Pegel von 45-50 dB (A). Der Untersuchung der Luftschadstoffbelastung ist zu entnehmen, dass die Immissionsgrenzwerte für NO2, PM2,5 und PM10 sowohl auf den Freiflächen der künftigen Schule, als auch in den unmittelbar angrenzenden, nicht durch Bebauung abgeschirmten Bereichen, deutlich unterschritten werden. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der benannte Unterschied keine wesentlichen Auswirkungen auf die Belastungssituation hat. Frage 8: Welche inhaltlichen Konzepte liegen der vorgeschlagenen Festschreibung der Klosterkirchenruine mit der Zweckbestimmung „Kulturelle Nutzungen“ zugrunde ? Inwiefern muss die Realisierung dieser Konzepte zwingend am Standort Klosterkirchenruine erfolgen? Antwort zu 8: Das Baudenkmal der Klosterruine befindet sich im Fachvermögen des Bezirksamts Mitte von Berlin. Dieses hat im Rahmen der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange im Juli 2015 mitgeteilt: „Derzeit kann der Standort nicht in den Wintermonaten bespielt werden. Perspektivisch sieht der Fachbereich Kunst und Kultur aber eine stärkere kulturelle Nutzung der Klosterruine vor.“ und ergänzt: „Es muss gewährleistet werden, dass die kulturelle Nutzung der Klosterruine in keinem Fall eingeschränkt wird.“ Ziel des Senats ist es, eine gemeinsame kulturelle Nutzung durch bewährte lokale Akteure und die zukünftig wieder ansässige Schule zu erreichen. Frage 9: Wie beurteilt der Senat bezüglich der Klosterkirchenruine das Spannungsfeld zwischen den in der Bebauungsplanbegründung dargestellten bezirklichen Ansprüchen auf einen Raum für kulturelle Veranstaltungen und der Einbindung des Gymnasiums zum Grauen Kloster, das in seiner langen Geschichte nicht nur eine der wichtigsten Berliner Schulen war, sondern auch zentrale Impulse aus dem engen Zusammenspiel von Klosterkirche und Schule gewonnen hat? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 552 3 Antwort zu 9: Die Bedeutung des Gymnasiums zum Grauen Kloster für die Geschichte dieses zentralen Ortes ist dem Senat bewusst. Für die konkrete Nutzung der Ruine der Klosterkirche ist aus Sicht des Senats eine Verständigung zwischen den Beteiligten erforderlich, die nicht durch planungsrechtliche Regelungen ersetzt werden kann. Der Senat geht davon aus, dass ein integratives Konzept für die Kulturnutzung einvernehmlich mit allen Akteuren erreicht werden kann. Berlin, den 17. Dezember 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Dez. 2015)