Drucksache 17 / 17 607 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 27. November 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Dezember 2015) und Antwort Spurstoffbelastung im Abwasser und Grundwasser Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte , die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe (BWB) um Zuarbeiten gebeten. Die Beantwortung der Anfrage basiert teilweise auf Zuarbeiten der BWB. Frage 1a: Seit wann können welche Spurstoffe im Grundwasser von Berlin nachgewiesen werden. (Bitte die entsprechenden Grenzwertmengen und Stoffgruppen/-arten in einer Tabelle aufschlüsseln) Antwort zu 1a: Im Grundwasser werden folgende Stoffgruppen/ Mikroschadstoffe zweimal im Jahr analysiert : Stoffgruppe Bestimmungsgrenze µg/L gemessen seit: Anzahl der beprobten Messstellen LHKW 0,1 1995 140 BTEX 0,3 1995 140 organische Komplexbildner 1 2000 45 Chlorpestizide/PCB 0,002 1995 19 weitere Pestizide 0,05 2000 19 Triazine/Phenylharnstoffe 0,01 2000 19 saure Herbizide 0,010 2000 19 Arzneimittel 0,025 2000 19 Frage 1b: Seit wann können welche Spurstoffe im Abwasser von Berlin nachgewiesen werden. (Bitte die entsprechenden Grenzwertmengen und Stoffgruppen/-arten in einer Tabelle aufschlüsseln) Antwort zu 1b: Im Klärwerksablauf werden seit 2005 sporadisch organische Spurenstoffe gemessen (siehe Anlagen ). Frage 2.a): Wie hoch ist der Gesamtinvestitionsbedarf, um alle Klärwerke mit einer 4. Klärstufe zur Beseitigung von Spurstoffen auszustatten? b) Wie lange würde es voraussichtlich dauern, eine solche Maßnahme umzusetzen? Antwort zu 2a und 2b: Die erforderlichen Investitionskosten sind abhängig vom technologischen Verfahren, den behördlichen Anforderungen und der Auslegungsgröße . Für eine Ozonung, ausgelegt für Trockenwetter, liegen die Investitionskosten beispielsweise bei rd. 100 Mio. € für alle Klärwerke der BWB. Durch zusätzliche Anforderungen kann sich diese Summe deutlich erhöhen. Erfahrungsgemäß dauert die Nachrüstung einer weiteren Behandlungsstufe auf Klärwerken 5-6 Jahre, da dem Bau der Anlagen umfangreiche Planungs- und Genehmigungsprozesse vorgelagert sind. Aus Kapazitätsgründen ist jedoch die gleichzeitige Nachrüstung aller Klärwerke nicht möglich . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 607 2 Frage 3: Wurden in der Vergangenheit Verschmutzungsquellen , die große Mengen von Spurstoffen in das Abwasser eingeleitet haben, festgestellt? Wenn ja, um welche handelt es sich dabei? Antwort zu 3: Die BWB überwachen und beproben in Berlin rd. 1000 Indirekteinleitungen. Unter diesen gibt es nur sehr vereinzelt Unregelmäßigkeiten bei der Einleitung (z.B. unerlaubte Einleitungen oder Störungen/Havarien). Meistens handelt es sich dabei um Einträge von Schwermetallen und Industriechemikalien. In 2014 wurde beispielsweise bei einem Indirekteinleiter die Einleitung von relevanten Einleitkonzentration an Perchlorat ermittelt. Diese konnte durch die BWB bereits unterbunden werden. Frage 4a: Wie wird die Qualität der eingeleiteten Abwasser von den in Berlin ansässigen Chemieunternehmen überprüft? Antwort zu 4a: Die Qualität des eingeleiteten Abwassers von Berliner Chemieunternehmen wird auf Grundlage der bestehenden Rechtslage (WHG 1 , AbwV 2 , BWG 3 und IndV Berlin 4 ) entsprechend den in den Auflagen der wasserrechtlichen Genehmigung nach Indirekteinleiterverordnung Berlin überwacht (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/wasser/w asserrecht/pdf/indv.pdf). Die Überprüfung der Einhaltung der jeweils festgelegten Einleitparameter zum Schutz der Gewässer erfolgt durch ein anerkanntes akkreditiertes Labor im Rahmen der qualifizierten Eigenüberwachung und einer amtlichen Überwachung. Die BWB schließen mit Industrie- und Gewerbekunden Einleitverträge auf der Grundlage der „Allgemeinen Bedingungen für die Entwässerung in Berlin“ (ABE) (http://www.bwb.de/content/language1/img_110/Allg_Be d_Entwaesserung_2015_web.pdf) ab. In den ABE sind für einige Stoffe und Stoffgruppen Grenzwerte für die Abwassereinleitung in die öffentliche Kanalisation definiert. Hauptzielsetzung ist hierbei der Schutz der Anlagen und des Betriebes. Die Indirekteinleitungen werden überwacht. Dazu werden die Indirekteinleiter turnusmäßig beprobt. Es erfolgen vor Ort Begehungen und Beratung der Kunden. Zusätzlich werden Probenahmen an ausgewählten Kanalknotenpunkten durchgeführt und ausgewertet. Frage 4b: Gibt es dazu schon besondere technische Sicherungen und Vorklärungen, um die Einleitung von Spurstoffen zu verhindern? Wenn nein, warum nicht? 1 Wasserhaushaltsgesetz 2 Abwasserverordnung 3 Berliner Wassergesetz 4 Indirekteinleiterverordnung Antwort zu 4b: Technisch gibt es Verfahren, um anthropogene Spurenstoffe (teilweise) aus dem Abwasser zu entfernen. Die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verhinderung des Eintrags von Stoffen in das Abwasser oder einer Vorbehandlung von Abwasser vor Einleitung in die öffentliche Kanalisation werden im Einzelfall bei jedem Einleiter im Rahmen der Erteilung einer Genehmigung nach Indirekteinleiterverordnung durch das örtlich zuständige Bezirksamt geprüft. Grundlage bilden die Anforderungen und Regelungen der Abwasserverordnung. Die Abwasserverordnung des Bundes (http://www.gesetzeim -internet.de/bundesrecht/abwv/gesamt.pdf) definiert branchenspezifisch den Stand der Technik zur Verringerung der Einleitung von Schadstoffen u.a. durch Regelungen zu Stoffsubstitutionen, prozessintegrierter Rückführung von Stoffen und zulässigen Konzentrationswerten im Ablauf. Frage 4c: Gibt es in diesem Kontext Altlasten auf Grundstücken ehemaliger Produktionsstandorte, bzw. werden diese entsprechend untersucht? Wenn nein, bis wann werden Untersuchungen durchgeführt ? Antwort zu 4c: In Berlin gibt es eine Reihe von ehemaligen und noch betriebenen Chemieunternehmen, bei denen es aus unterschiedlichen Gründen zu Boden-und Grundwasserverunreinigungen gekommen ist bzw. ein diesbezüglicher Verdacht besteht. Diese Flächen sind im Bodenbelastungskataster erfasst und werden entsprechend des Gefährdungspotentials und der finanziellen und personellen Kapazitäten bearbeitet. Ein Termin, bis zu dem alle Flächen untersucht sind, kann nicht benannt werden. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Einleitung von Abwasser und den darin enthaltenen Spurenstoffen ist nicht erkennbar, bei einer schadhaften Kanalisation aber in Ausnahmefällen denkbar. Berlin, den 28. Dezember 2015 In Vertretung Christian G a e b l e r ..................................... Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Jan. 2016) Klärwerksablauf Ruhleben Datensatz von Januar 2015 bis dato (Projekt Gabapentin) Min Max Mittelwert Anzahl Arzneistoffe Bezafibrat µg/l <0,10 0,62 0,32 49 Candesartan µg/l 0,3 1,9 1,41 36 Carbamazepin µg/l 0,29 8 1,61 49 CBZD µg/l 0,41 2,3 1,74 49 Clofibrinsäure µg/l <0,10 0 0,00 49 Diclofenac µg/l 0,55 5 3,06 49 Gabapentin µg/l 0,91 5,8 3,12 49 Koffein µg/l <0,50 2,8 0,11 26 Metoprolol µg/l 0,82 9,7 4,16 49 Olmesartan µg/l 0,18 0,99 0,78 36 Phenobarbital µg/l <0,15 0,19 0,01 46 Pregabalin µg/l 0,27 3 1,11 36 Primidon µg/l <0,10 0,41 0,29 49 Sulfamethoxazol µg/l <0,10 0,51 0,25 49 Trimethoprim µg/l 0,18 0,35 0,28 3 Arzneistoffe-TP FAA µg/l 1,3 7,6 6,11 49 Gaba Lactam µg/l 0,11 1,1 0,49 36 N-Acetyl-sulfamethoxazol µg/l <0,10 0 0,00 49 PEMA µg/l 0 0,31 0,24 49 Valsartansäure µg/l 1 7,4 4,01 46 Industriechemikalien Phenylsulfonylsarcosin µg/l <0,10 0,16 0,00 49 Pestizide (Herbizide) 2,4,5-T µg/l <0,10 0 0,00 3 2,4-D µg/l <0,10 0 0,00 49 Bentazon µg/l <0,10 0 0,00 49 Bromoxynil µg/l <0,10 0 0,00 3 Dichlorprop µg/l <0,10 0 0,00 49 MCPA µg/l <0,10 0 0,00 49 Mecoprop µg/l <0,10 0,51 0,04 49 Quinmerac µg/l <0,15 0 0,00 49 Pestizide, sauer Carbendazim µg/l <0,10 0 0,00 36 Klärwerksablauf Schönerlinde Datensatz von Januar 2015 bis dato (Projekt Gabapentin) Min Max Mittelwert Anzahl Arzneistoffe Bezafibrat µg/l 0 0,67 0,28 44 Candesartan (LCMS)(A) µg/l 1,8 1,8 1,80 1 Carbamazepin µg/l 0,87 10 2,96 53 CBZD µg/l 1,1 3,3 2,36 44 Clofibrinsäure µg/l <0,10 0,15 0,00 44 Diclofenac µg/l 1,8 6,2 4,18 44 Gabapentin µg/l 1,4 70 8,31 53 Koffein µg/l <0,50 220 28,46 39 Metoprolol µg/l 1,3 5,3 3,21 44 Olmesartan µg/l 1,2 1,2 1,20 1 Phenobarbital µg/l <0,15 0,25 0,01 40 Pregabalin µg/l 0,81 0,81 0,81 1 Primidon µg/l 0,17 0,48 0,35 44 Sulfamethoxazol µg/l <0,10 0,39 0,20 44 Trimethoprim µg/l <0,15 0,16 0,08 4 Arzneistoffe-TP FAA µg/l 3,5 11 7,62 53 Gaba Lactam µg/l 0,23 0,23 0,23 1 N-Acetyl-sulfamethoxazol µg/l <0,10 0,15 0,01 44 PEMA µg/l 0,12 0,37 0,26 44 Valsartansäure µg/l 0,15 15 8,60 44 Industriechemikalien Phenylsulfonylsarcosin µg/l <0,10 0,15 0,00 44 Pestizide (Herbizide) 2,4,5-T µg/l <0,10 0 0,00 3 2,4-D µg/l <0,10 0,15 0,00 44 Bentazon µg/l <0,10 0,15 0,00 44 Bromoxynil µg/l <0,10 0 0,00 3 Dichlorprop µg/l <0,10 0,15 0,00 44 MCPA µg/l <0,10 0,32 0,01 44 Mecoprop µg/l <0,10 0,19 0,02 44 Quinmerac µg/l <0,15 0 0,00 44 Pestizide, sauer Carbendazim µg/l <0,10 0 0,00 1 S17-17607 s1717607_Anl_1 s1717607_Anl_2