Drucksache 17 / 17 623 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 16. Dezember 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Dezember 2015) und Antwort Barrierefreie Wohnungen und Gebäude in Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hoch ist der Anteil barrierefreier öffentlich zugänglicher Gebäude in Berlin und wie hoch ist dabei der Anteil barrierefrei gestalteter öffentlich zugänglicher Gebäude im Eigentum des Landes bzw. der Bezirke ? Antwort zu 1: Hierzu liegen dem Berliner Senat keine Angaben vor. Frage 2: Wie viele barrierefreie und wie viele Wohnungen , die speziell für Rollstuhlnutzer geeignet sind, gibt es in Berlin und wie viele befinden sich davon a) im öffentlich geförderten Wohnungsbau? b) im Eigentum städtischer Wohnungsunternehmen? Antwort zu 2: Zum Berliner Wohnungsbestand insgesamt liegen dem Senat keine Informationen vor. Zu 2 a) Von den rd. 122.000 Berliner Sozialmietwohnungen sind mit Stand Ende November 2015 1.414 Wohnungen mit der Zweckbestimmung Rollstuhlbenutzer/-in; insofern ist davon auszugehen, dass diese Wohnungen barrierefrei sind. Darüber hinaus gibt es 5.006 Wohnungen , die Senioren vorbehalten sind und somit zumindest als barrierearm anzusehen sind. Zu 2b) In den Beständen der WBG sind das nach Angaben der WBG rd. 11.000 rollstuhlgerechte bzw. barrierearme altersgerechte Wohnungen ( ca. 3,7 % der WBG Wohnungsbestände und rd. 17.000 Wohneinheiten (WE) mit den WE in den Berliner Sozialmietwohnungen. Gesellschaft Anzahl umgebaute Wohnungen für altersgerechtes Wohnen der Gesellschaften (insg.) Anzahl umgebaute Wohnungen für altersgerechtes Wohnen der Gesellschaft in Bezirken Degewo 1.026 Charlottenburg-Wilmersdorf: 21 Friedrichshain-Kreuzberg: 36 Marzahn-Hellersdorf: 139 Mitte: 419 Neukölln: 105 Reinickendorf: 15 Steglitz -Zehlendorf : 6 Tempelhof-Schöneberg: 31 Treptow-Köpenick: 254 Gesobau 1.491 Reinickendorf: 629 Wedding: 6 Pankow: 856 Gewobag 391* Charlottenburg-Wilmersdorf: 8 Friedrichshain-Kreuzberg: 104 Lichtenberg: 1 Neukölln: 4 Pankow:16 Reinickendorf: 23 Spandau: 148 Steglitz-Zehlendorf: 2 Tempelhof-Schöneberg: 85 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 623 2 Howoge 151 ** k.A. STADT UND LAND 3.199 Tempelhof-Schöneberg: 1.357 Neukölln: 863 Treptow: 225 Hellersdorf: 754 WBM 4.430 Charlottenburg- Wilmersdorf: 65 Friedrichshain: 1.150 Kreuzberg: 308 Mitte: 2.659 Spandau: 248 *barrierearme Wohnungsgestaltung und rollstuhlgerechte Wohnungen **gemeint sind behindertengerechte Wohnungen Stand: 18.06.2015 Frage 3: Wie hoch ist der Bedarf an barrierefreien Wohnungen in Berlin? Antwort zu 3: Dem Berliner Senat liegen keine Informationen dazu vor. Frage 4: Wie gedenkt der Senat das Defizit an barrierefreien Wohnungen und das Defizit an altersgerechten Wohnungen in Berlin durch Landesförderprogramme, Initiativen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften u.ä. zu reduzieren und welche Zeitvorgaben setzt er dafür ? Antwort zu 4: Berlin befördert bei Bestandsgebäuden und -wohnungen den Abbau von Barrieren und den Umbau zum altersgerechten Wohnen durch verschiedene Programme der Investitionsbank Berlin (IBB) mit zinsvergünstigenden Konditionen: - Mit „IBB Altersgerecht Wohnen“ wird ausschließlich die Umsetzung barrierearmer Wohnkonzepte gefördert. - In den Programmen „IBB Wohnraum Modernisieren “ und „IBB WEG-Finanzierung“ (Maßnahmen im Gemeinschaftseigentum) sind jeweils barrierereduzierende Maßnahmen, wie z.B. die Nachrüstung von Aufzügen und Treppenliften, förderfähig. Im geförderten Wohnungsneubau können im Rahmen der Wohnraumförderungs-bestimmungen 2015 die maximal förderfähigen Wohnflächen für den Bau von barrierefreien Wohnungen um bis zu 4 m² überschritten werden. Für Rollstuhlbenutzer-Wohnungen können größere Wohnflächen gefördert werden. In Verbindung mit den (wachsenden) bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen zur Barrierefreiheit (siehe auch Antwort zu Frage Nr. 6) entstehen durch den geförderten Wohnungsneubau bei allen Vorhaben auch anteilig neue barrierefreie Mietwohnungen . Für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften besitzt das Thema Bereitstellung barrierearmen und barrierefreien Wohnraums aufgrund der starken Kundennähe und der besonderen Verantwortung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften (WBG) gegenüber gesamtgesellschaftlichen Themen, wie z.B. dem demographischen Wandel, einen sehr hohen Stellenwert. Der Ausbau von Bestandswohnungen bei der Nachfrage nach barrierefreiem Wohnraum wird aktuell von den WBG vor allem bedarfsorientiert entwickelt. Die Geschäftstätigkeit der WBG ist darauf ausgerichtet, mietpreisdämpfend auf den Gesamtberliner Wohnungsbestand einzuwirken. In diesem Zusammenhang verfolgen die WBG eine bedarfsorientierte Investitionsstrategie, um Sanierungskosten und entsprechende Modernisierungsumlagen gering zu halten. Daneben wird vor allem beim Wohnungsneubau von vornherein die Herstellung eines barrierefreien Wohnraumangebotes verfolgt. Zielwerte haben die Gesobau und die Gewobag gesetzt . Die Gesobau strebt an, im Rahmen der Komplettmodernisierung im Märkischen Viertel rd. 1.000 Wohnungen entsprechend der Nachfrage und dem Bedarf umzubauen. Die Gewobag will bis 2030 10.000 Wohnungen barrierefrei in ihrem Bestand herrichten. Die anderen Unternehmen ermitteln die Bedarfe im Zusammenhang mit Vermietungsanfragen und der Entwicklung der Altersstruktur an den jeweiligen Standorten. Frage 5: Wie setzt sich der Senat auf Bundesebene für die Förderung des barrierefreien bzw. altersgerechten Umbaus von Wohnungen ein? Antwort zu 5: Für die soziale Wohnraumförderung obliegt die Verantwortung seit der Föderalismusreform 2006 ausschließlich den Ländern. Hinsichtlich der allgemeinen Förderung im Bereich Wohnen begrüßt der Senat die verschiedenen Förderungen des Bundes bzw. bundesrechtlichen Leistungen für Menschen mit Behinderung (z. B. Hilfen der Rehabilitationsträger nach dem SGB IX zur Beschaffung, Umbau und Erhalt einer Wohnung) oder Pflegebedürftigen (Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds nach § 40 SGB XI) sowie zur generellen altersgerechten Umgestaltung der Wohnungsbestände durch die Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) - Altersgerecht Umbauen - Kredit (für alle Eigentümer) und Altersgerecht Umbauen – Zuschuss (nur für Private Eigentümer). Um Synergien zwischen Bundes- und Landesförderung zu erhalten, wird die o.g. Landesförderung (IBB Altersgerecht Wohnen) mit dem KfW-Programm verknüpft (weitere Zinsvergünstigung durch Berlin). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 623 3 Frage 6: Welche rechtlichen und sonstigen Verpflichtungen bestehen für den Umbau bestehender öffentlicher Gebäude zu barrierefreien Gebäuden und mit welchen Zeitvorgaben und Investitionsvolumen werden Senat und Bezirke den Umbau vorantreiben? Antwort zu 6: Rechtliche und sonstige Verpflichtungen für den Umbau bestehender öffentlicher Gebäude zu barrierefreien Gebäuden sind aus baurechtlicher Sicht nicht bekannt. Grundsätzlich haben rechtmäßig bestehende Gebäude, ob öffentlich oder nicht, Bestandsschutz. Nur wenn rechtmäßig bestehende bauliche Anlagen wesentlich geändert werden, kann für öffentlich zugängliche bauliche Anlagen nach §§ 51 Absatz 4; 85 Absatz 3 Bauordnung Berlin (BauO Bln) unter bestimmten Umständen gefordert werden, dass auch die nicht unmittelbar berührten Teile der baulichen Anlage mit der Bauordnung oder den auf Grund der Bauordnung erlassenen Vorschriften in Einklang gebracht werden, insbesondere die Anforderungen an die Barrierefreiheit für öffentlich zugängliche bauliche Anlagen nach § 51 Absatz 2 BauO Bln eingehalten werden. Nach § 51 Absatz 2 Satz 1 BauO Bln müssen bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, so errichtet und instand gehalten werden, dass sie von Menschen mit Behinderungen , alten Menschen und Personen mit Kleinkindern über den Hauptzugang barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können. Darüber hinaus sind mit dem dritten Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin, welches im Entwurf derzeit dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme vorliegt, in Bezug auf die Barrierefreiheit Änderungen geplant, mit dem Ziel, mehr barrierefrei nutzbare Wohnungen zu schaffen und auch insgesamt mehr Barrierefreiheit zu erreichen. Im Einzelnen sieht der Gesetzesentwurf folgende Änderungen vor: - Zukünftig müssen bereits in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen (als wie bisher vier Wohnungen ) die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei nutzbar und über den üblichen Hauptzugang barrierefrei erreichbar sein. - Des Weiteren soll eine Regelung eingefügt werden , wonach - soweit für ein Wohngebäude eine Pflicht zur Herstellung von Aufzügen besteht - ein Drittel der Wohnungen barrierefrei nutzbar herzustellen sind. Dies gilt zunächst für alle bauaufsichtlichen Verfahren, die bis zum 31.12.2019 angezeigt oder beantragt werden. Ab dem 01.01.2020 muss dann die Hälfte der Wohnungen barrierefrei nutzbar sein. Diese barrierefrei nutzbaren Wohnungen tragen auch dem demographischen Wandel Rechnung. - Mehr Barrierefreiheit soll u.a. auch dadurch erreicht werden, dass zukünftig in Wohngebäuden Abstellräume für Fahrräder, Rollstühle und Kinderwagen barrierefrei erreichbar und nutzbar sein müssen, oder Verkaufsstätten mit einer Brutto- Grundfläche der Verkaufsräume von mehr als 300 m² künftig ein barrierefreies WC haben müssen. Frage 7: Welche finanziellen Mittel stehen dem Land und den Bezirken für den barrierefreien Umbau von öffentlichen Gebäuden in den Jahren 2016 und 2017 zur Verfügung, wie hoch waren die Ansätze von 2012 bis 2015 und wie hoch sind die tatsächlichen Ausgaben in den Jahren 2012 bis 2015? Antwort zu 7: Ausgaben für den barrierefreien Umbau von öffentlichen Gebäuden sind regelmäßig Bestandteil der Gesamtmaßnahme und werden im Haushalt nicht gesondert erfasst bzw. nachgewiesen. Frage 8: Welche Aktivitäten und welche Finanzbudgets zum barrierefreien Umbau sind dem Senat für nicht im Eigentum des Landes Berlin befindliche öffentliche Gebäude in Berlin bekannt? Antwort zu 8: Kommunale Unternehmen und soziale Organisationen erhalten im KfW-Programm „IKU - Barrierearme Stadt (234) Zinsvergünstigungen zur Finanzierung von Investitionen zur barrierefreien/-armen Umgestaltung der kommunalen und sozialen Infrastruktur (für Kommunen besteht das gesonderte Programm 233). In den ersten drei Quartalen 2015 umfassten die Förderzusagen der Programme 233/234 bundesweit 23 Mio. €, davon 0 Mio. € in Berlin. Des Weiteren können allgemeine Investitionen in kommunale oder soziale Infrastrukturen, die auch den Barriereabbau umfassen können, im Programm IKU – Investitionskredit Kommunale und Soziale Unternehmen (148) zinsgünstig und langfristig finanziert werden; in den ersten drei Quartalen 2015 umfassten die Förderzusagen hierfür bundesweit 1.338 Mio. €, davon 31 Mio. € in Berlin. Im Rahmen des Berliner Kulturinvestitionsprogramms KIP ist die Verbesserung der Zugänglichkeit von Kultur-, Bildungs- und Gedenkstätten bzw. Herstellung von Barrierefreiheit ein wichtiger Fördergegenstand. Für das KIP sind 2015 3,8 Mio. € veranschlagt; auf die Barrierefreiheit entfallende Maßnahmen werden nicht gesondert erfasst. Berlin, den 30. Dezember 2015 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Jan. 2016)