Drucksache 17 / 17 655 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 04. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Januar 2016) und Antwort Bürgerämter konkret I: Ergebnisse und Folgen der Umsetzung der Rahmenzielvereinbarung 2014/2015 mit den Berliner Bürgerämtern Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit zeigt sich der Senat allgemein zufrieden mit der Erfüllung der Rahmenzielvereinbarung 2014/2015, die zum Jahresanfang 2014 mit den für Bürgerdiensten zuständigen Bezirksstadtrat/-innen abgeschlossen wurde und die der Leistungstransparenz sowie dem Leistungsvergleich hinsichtlich der Leistungserfüllung der Bürgerämter dienen sollte? 4. Inwieweit liegen dem Senat Kenntnisse über die Haltung der Bezirke zur Rahmenzielvereinbarung 2014/2015 und deren Erfüllung vor? Inwiefern und wann meldeten sie Probleme und Hürden bei der Erfüllung und welche Maßnahmen wurden wann diesbezüglich jeweils vereinbart oder ergriffen? 5. Welche Instanz des Senats von Berlin und seiner ihm nachgeordneten Behörden sind mit Aufgaben des Controllings und Berichtswesens hinsichtlich der Zielvereinbarung 2014/2015 betraut? Wie oft wurden dem Senat von Berlin oder den ihm nachgeordneten Behörden Berichte zur Umsetzung der Rahmenzielvereinbarung vorgelegt und inwiefern flossen diese in die Entscheidungsfindung des Senats auf die Personalpolitik bezüglich der Berliner Bürgerämter oder sonstige Maßnahmen ein? 7. Inwieweit zeigt sich der Senat zufrieden mit der in der Zielvereinbarung vereinbarten Einführung eines Vergleichsportals , mit welchem Leistungsunterschiede über eine „Online-Ämterbewertung“, eine „Online-Bewertung der Arbeitssituation“ und „Fachkennzahlensysteme und ausgewählte Daten der Kosten- und Leistungsrechnung“ erkennbar und auf dessen Basis Lösungen im Sinne einer weiteren Standardisierung befördert werden sollten? Ab wann war es betriebsbereit und welche vier Pilotbezirke haben sich, wie damals geplant, daran beteiligt? Mit welchen Ergebnissen endete die Pilotphase? Wenn das Portal nicht zustande kam, warum nicht? 8. Beteiligen sich in Bezug auf Frage 7 zum heutigen Zeitpunkt alle Bezirke am Vergleichsportal? Falls nein, wie kann der Senat diesen Umstand erklären? Zu 1., 4., 5., 7. und 8.: Die in der Rahmenzielvereinbarung 2014/2015 vereinbarten Maßnahmen drücken das Bewusstsein aus, dass die Berliner Ämter für Bürgerdienste mit über 100 Dienstleistungen für mehr als 3.400.000 Bürgerinnen und Bürger als unmittelbarer Dienstleister wirken und die Zielstellungen aus den Richtlinien der Regierungspolitik 2011 - 2016 aktiv unterstützen . Die Rahmenzielvereinbarung bezieht sich auf die Zieldimensionen Beschäftigtenorientierung, Wirtschaftlichkeit , Geschäftsprozessoptimierung, Kundenorientierung und Innovationsorientierung. Folgende Ziele wurden und werden im Rahmen der jeweils festgelegten Verantwortlichkeiten und Fristen bezirksübergreifend intensiv verfolgt: o Zieldimension Beschäftigtenorientierung/Mitarbeiterzufriedenheit : Bereits bestehende fachliche, soziale und technische Kompetenzen werden mit Hilfe eines standardisierten Qualifizierungsangebotes gefestigt und weiterentwickelt. Außerfachliche Führungsund Managementqualitäten werden durch die Entwicklung von Rollenprofilen sowie eines bedarfsgerechten Fortbildungskonzeptes gefördert. Die Voraussetzungen zur Etablierung eines ergonomisch optimierten Arbeitsplatzes wurden durch ein standardisiertes Angebot im Sammelbestellverfahren geschaffen. o Zieldimension Wirtschaftlichkeit/Geschäftsprozessoptimierung /IT-Infrastruktur: Die Umsetzung medienbruchfreier Online-Prozesse , die geeignet sind, die persönlichen Kundenbesuche zu reduzieren, steht im Fokus. Ein aktuelles Vorhaben ist das Projekt „Online-Bewohnerparkausweis “. Daneben ist eine wesentliche Maßnahme die Ablösung des Fachverfahrens MESO durch das Fachverfahren VOIS. Es ist das zentrale Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 655 2 Arbeitsmittel der Berliner Bürgerämter und bietet durch seine Erneuerung neben einer moderneren Arbeitsumgebung auch die Basis für die Entwicklung online-gestützter Geschäftsprozesse (siehe Antwort zu Frage 9). Des Weiteren wird im Jahr 2016 das Zeit-Management-System technisch weiterentwickelt (ZMS 2.0), um die Möglichkeit für eine optimalere Publikumssteuerung zu schaffen. o Zieldimension Kundenorientierung/Verbesserung der Kundenzufriedenheit: Eine einheitliche Regelung bei der Kundenbedienung wurde vereinbart. Neben einer Notfalldefinition wurde ein einheitliches Terminmanagement eingeführt. Des Weiteren wurde definiert, welche Dienstleistungen ohne Termin oder schriftlich abgewickelt werden können. o Zieldimension Innovationsorientierung/Effizienzperspektive : Die Evaluierung der Ergebnisse der Rahmenzielvereinbarung auf Basis eines Controllings mit einheitlichen Kennzahlen ist das Schwerpunktthema dieser Zieldimension. Ein standardisiertes und revisionssicheres Benchmark bietet die Möglichkeit für die Messung der Zielerreichung sowie für die Überprüfung der Nachhaltigkeit der Maßnahmen und die Entscheidung über ggf. weitere steuernde Maßnahmen. Ebenso kann das Leistungspotenzial der Bezirke nachgewiesen und mögliche Ursachen für Leistungsunterschiede ermittelt werden. Dabei werden die jeweils unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den Bezirken berücksichtigt. Bis zum Ende des Jahres 2014 wurde mit allen Bezirken ein Kennzahlensystem mit einheitlichen Kennzahlen entwickelt, um Erkenntnisse zu den in Frage 2 formulierten Vergleichswerten zu erlangen. Bis Mitte 2015 wurde die Möglichkeit einer elektronisch unterstützten Erfassung und Auswertung geschaffen . Da die Bezirke zunächst jeweils ihre örtlichen Beschäftigtenvertretungen beteiligen müssen , wurde – um Zeitverluste zu vermeiden – ein gemeinsamer Probebetrieb aller 12 Bezirke bis Ende 2015 vereinbart. Bisher haben neun Bezirke ihre Beteiligungsverfahren abgeschlossen und ihre Kennzahlen erfasst. Diese ersten Ergebnisse sind positiv (siehe Antwort zu Frage 2). Für die Bewertung der Leistungen der Berliner Bürgerämter durch eine ständige Online- Ämterbewertung wurden einheitliche Fragen festgelegt . Die Nutzung eines standardisierten online- Befragungstools wurde ermöglicht. Auch hier ist jeweils die Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen erforderlich. Bisher haben vier Bezirke ihre Beteiligungsverfahren abgeschlossen und ihrer Kundinnen und Kunden befragt. Die Arbeit in den Ämtern wurde überwiegend gut bewertet. Für die ständige Bewertung der Beschäftigten der Berliner Bürgerämter zu ihrer Arbeit wurden ebenfalls einheitliche Fragen festgelegt. Ein standardisiertes Online-Tool wird derzeit im Rahmen des landesweiten Ausbaus des Beschäftigtenportals entwickelt. Eine Nutzung für die Bürgerämter ist noch nicht möglich. Aufgrund der im Geltungszeitraum der Rahmenzielvereinbarung stetig ansteigenden Anforderungen der “Wachsenden Stadt“ wurden zwischen dem Senat und den Bezirken über die Rahmenzielvereinbarung hinaus noch weitere Maßnahmen vereinbart. So wurden aufgrund der stetig steigenden Einwohnerzahlen wiederholt Personalaufstockungen zur Verstärkung der Bürgerämter beschlossen . Die Durchführung einer Organisationsuntersuchung in vier ausgewählten Bürgerämtern wurde initiiert, um gegebenenfalls weitere konkrete Optimierungspotenziale zu ermitteln. Zudem wird fortlaufend die adäquate Personalausstattung überprüft. Hierzu soll auch die Organisationsuntersuchung weitere Erkenntnisse liefern. Ferner wurde die Terminbuchungspraxis aufgrund der unterschiedlichen bezirklichen Praxis bei der Publikumssteuerung vereinheitlicht. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie Vertreterinnen und Vertreter aus dem Kreis der Leiterinnen und Leiter der Ämter für Bürgerdienste evaluieren fortlaufend den Grad der Zielerreichung der Rahmenzielvereinbarung und des ergänzenden Maßnahmenkatalogs. Dadurch werden auch Probleme oder Hürden identifiziert und sodann Maßnahmen eingeleitet, durch die die Ziele befördert werden können. Eine Berichterstattung zu den Maßnahmen erfolgte regelmäßig an den Senat und die Bezirke. Dabei wurden auch fachliche Zusammenhänge und Abhängigkeiten einzelner Maßnahmen untereinander sowie sich daraus ableitende Gründe für Verzögerungen dargestellt. Beispielsweise, dass die wirksame Unterstützung eines Personalmehreinsatzes erst nach den erforderlichen Einarbeitungs- und Schulungszeiten spürbar wird und organisatorische oder technische Maßnahmen aufgrund ihrer Komplexität nur als mittel- bis langfristiger Prozess anzusehen sind. Der Senat und die Bezirke bestätigen, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen insgesamt gute Ergebnisse erzielt wurden. Sie halten an den gemeinsam beschlossenen Vorhaben fest und bekräftigen sie als einheitliche Ziel- und Aufgabenstellung für die Ämter für Bürgerdienste , auch für eine neue Rahmenzielvereinbarung 2016/2017. 2. Wie entwickelten sich die Werte der vier vereinbarten Vergleichskennzahlen, • »Kunden je Vollzeitäquivalente (VZÄ)-Sachbearbeiter /-in Allzuständigkeit«, • »Kunden je VZÄ-Sachbearbeiter/-in Allzuständigkeit je Öffnungszeitrunde«, • »mittlere Bedienzeit« • »verfügbare Personalressourcen (durchschnittliche Anwesenheit)« im Zeitraum 2014/2015 und, wenn Vergleichszahlen vorhanden, im Vergleich zum Jahr 2013 (bitte Auflistung sortiert nach Bezirken und Jahren, falls entsprechende Zahlen vorliegen)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 655 3 3. In Bezug auf Frage 2, wie bewertet der Senat Vergleichskennzahlenunterschiede zwischen den Bezirken und die Wertveränderungen einer jeweiligen Kennzahl innerhalb der Laufzeit der Rahmenzielvereinbarung und im Vergleich zum Jahr 2013? Falls es zu Leistungsverschlechterungen bei einzelnen Kennzahlen kam, wie erklärt sich der Senat deren Zustandekommen? Falls Leistungsverbesserungen eingetreten sind, welche Ursachen oder Instrumente waren hierfür ausschlaggebend? Zu 2. und 3.: Zum Ende des Jahres 2015 wurden die Beteiligungsverfahren bei den Beschäftigtenvertretungen in neun Bezirken abgeschlossen. Hier lagen erstmals Kennzahlen zu folgenden Vergleichswerten vor „Anzahl der Kundinnen und Kunden je anwesende VZÄ-Sachbearbeitung“, „Anzahl der Kundinnen und Kunden je VZÄ- Sachbearbeitung und Stunde Öffnungszeit“, „mittlere Bedienzeit je Kundin/Kunde“, „monatliche Anwesenheitsquote VZÄ-Sachbearbeitung “. Eine wesentliche Erkenntnis dieser ersten Teilauswertung ist, dass die die jeweils vereinbarten (Mindest-)- Sollzahlen überschritten wurden. Ein Vergleich und somit eine Bewertung von allen Bezirken sowie die Feststellung von Wertveränderungen kann erst ab dem Jahr 2016 erfolgen , wenn alle Kennzahlen aus allen Bezirken und über mehrere Monate hinweg vorliegen. Der Senat und die Bezirke haben den Ergebnisstand anerkannt und festgelegt, dass die Ergebnisse im Jahr 2016 als Basis für die strategische Weiterentwicklung der Ämter für Bürgerdienste dienen und die wesentliche Grundlage für die neue Rahmenzielvereinbarung 2016/2017 bilden. 6. Enthält die Rahmenzielvereinbarung Anreiz- oder Sanktionsmöglichkeiten? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Zu 6.: In der Rahmenzielvereinbarung wurde festgelegt , dass der Innovationsfonds Bürgerdienste für eine gemeinsame Schwerpunktsetzung in den formulierten Zieldimensionen Beschäftigtenorientierung, Wirtschaftlichkeit , Geschäftsprozessoptimierung, Kundenorientierung und Innovationsorientierung dient. Damit ist ein Anreiz für die einheitliche Weiterentwicklung der Ämter für Bürgerdienste als einer der wichtigsten Anlaufstellen der Berliner Verwaltung gegeben. Die Umsetzung aller Vorhaben erfolgt vor dem Hintergrund der bestehenden Eigenverantwortlichkeit der Bezirke, da anders als der telefonische Zugangskanal über die 115 und der online Zugangskanal über das Serviceportal Berlin der persönliche Zugangskanal „Bürgeramt“ dezentral verantwortet wird. Sanktionen sind in der Rahmenzielvereinbarung nicht vereinbart, denn sie könnten eine Abkopplung einzelner Bezirke von den verabredeten Maßnahmen zur Folge haben. Im Fokus steht jedoch der gemeinsame Ausbau des persönlichen Zugangsweges zur Verwaltung mit einheitlichen Qualitäts- und Servicestandards. 9. Liegen dem Senat seit der Beantwortung auf meine Frage Drs. 17/14340 vom August 2014 inzwischen neue Erkenntnisse bezüglich einer Standardisierung der Bürgeramtsleistungen im Rahmen der Nachhaltigen Verwaltungsmodernisierung vor (bitte nicht die Antwort vom August 2014 wiederholen!) und wenn ja, auf welche Leistungen beziehen sich diese neuen Standardisierungen und inwiefern wurden oder werden sie vom Senat in seiner Personalplanung und bei der Digitalisierung von Aufgaben gegenüber den Bürgerämtern berücksichtigt? Wenn nein, warum nicht? Zu 9.: Die Entlastung des vorhandenen Personals muss kontinuierlich durch das Zusammenspiel von Geschäftsprozessoptimierung und Automatisierung/ IT- Unterstützung von Prozessen erfolgen. Die Umsetzung medienbruchfreier Online-Prozesse, die geeignet sind, die persönlichen Kundenbesuche spürbar zu reduzieren, wird fortlaufend geprüft. Ein aktuelles Vorhaben ist die Einführung des Online-Bewohnerparkausweises. Ferner wird im Rahmen der Ablösung des Fachverfahrens MESO durch das Fachverfahren VOIS geprüft, wie die Anbindung von Meldeverfahren an das Service-Konto Berlin erfolgen kann, um eine Automatisierung von Prozessen erreichen zu können. Derlei Vorhaben sind sehr komplex und nur mittel- langfristig zu lösen. Die zu schaffenden organisatorischen, technischen und insbesondere finanziellen Voraussetzungen erfordern immer die Einbeziehung aller Verantwortlichkeiten bzw. Rollen. 10. Plant der Senat, auch für die Jahre 2016/2017 eine Rahmenzielvereinbarung mit für Bürgerdienste zuständigen Bezirksstadtrat/-innen abzuschließen? Falls ja, welche Erkenntnisse aus der Umsetzung der Rahmenzielvereinbarung 2014/2015 fließen in die Neuauflage ein? Falls nein, warum nicht? Zu 10.: Der Senat und die Bezirke haben vereinbart, eine neue Rahmenzielvereinbarung für den Zeitraum 2016/2017 abzuschließen. Es besteht Einvernehmen, laufende Maßnahmen weiter zu führen und an der Zielstellung festzuhalten. Ferner werden die Erkenntnisse aus dem Kennzahlenvergleich und der Organisationsuntersuchung in eine konkrete Maßnahmenplanung für die neue Rahmenzielvereinbarung einfließen. Konkrete Vorschläge für eine neue Rahmenzielvereinbarung werden derzeit erarbeitet. Berlin, den 18. Januar 2016 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Jan. 2016)