Drucksache 17 / 17 664 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 04. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Januar 2016) und Antwort Einseitige Nebentätigkeiten von Richter/-innen – sieht der Senat Handlungsbedarf? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat die Kritik bekannt, dass bestimmte recht einseitige Nebentätigkeiten von Richter/-innen als Vortragende oder Schulende im Rahmen des Wirkens von Lobbyorganisationen (Vermieterverbände, Wirtschaftsverbände usw.) Zweifel an der Unparteilichkeit der Rechtsprechung nähren können, wenn sich diese Nebentätigkeiten im gleichen Sachbereich abspielen, für die die Richter/-innen nach Geschäftsverteilungsplan des jeweiligen Gerichts zuständig sind (z.B. Richter/-innen aus Mietrechtskammern , die typischerweise für die Immobilienverbände vortragen o.ä.)? Zu 1.: Ja, dem Senat ist diese Kritik bekannt. 2. Wie schätzt der Senat die Spielräume auf der Grundlage des geltenden Rechts ein, derartigen Nebentätigkeiten , die geeignet sind, den Anschein zu erwecken, dass die Ausübung der gerichtlichen Tätigkeit nicht völlig unparteiisch erfolgt, einen Riegel vorzuschieben? Zu 2.: Soweit im Einzelfall durch die Ausübung einer Nebentätigkeit der Anschein erweckt wird, die richterliche Tätigkeit werde nicht unparteiisch ausgeübt, kann gemäß § 5 Verordnung über die Nebentätigkeit der Richter (RiNebVO) die Ausübung der Nebentätigkeit versagt werden. Denn danach ist eine Nebentätigkeit zu versagen, wenn die Nebentätigkeit das Vertrauen in die Unabhängigkeit , Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Richterin oder des Richters gefährdet oder sonst mit dem Ansehen des Richterstandes oder mit dem Wohle der Allgemeinheit unvereinbar ist, die Arbeitskraft der Richterin oder des Richters so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer oder seiner richterlichen Pflichten beeinflusst wird oder die Rechtspflege in anderer Weise beeinträchtigt. 3. Welche Möglichkeiten bestehen aus Sicht des Senats , unter Wahrung der Grundrechte von Richter/-innen und unter Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit Präzisierungen der bundesrechtlichen Rechtslage dahingehend vorzunehmen, dass Nebentätigkeiten, die geeignet sind, Zweifel an der Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu erzeugen, stärkerer Regulierung unterworfen werden? 4. Kann der Senat sich vorstellen, ggf. im Bundesrat oder in der Justizministerkonferenz mit dem Ziel aktiv zu werden, die Wahrnehmung von Nebentätigkeiten im Sinne der vorstehenden Fragen stärker zu regulieren? Zu 3. und 4.: Vorschläge zu Änderungen des geltenden Nebentätigkeitsrechts müssen sich an den Verfassungsnormen der Artikel 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) messen lassen, durch die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichts das Recht von Richterinnen und Richtern, ihre Arbeitskraft in der Freizeit gegen Entgelt zu verwerten, geschützt wird. Aus Sicht des Senats ist durch die aktuell im Land Berlin geltende Gesetzes- und Verordnungslage in ausreichendem Maße sichergestellt, dass im Landesdienst tätige Richterinnen und Richter keine Nebentätigkeiten ausüben, die ihre Unabhängigkeit, Unparteilichkeit oder Unbefangenheit gefährden. Durch diese gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Vorschriften werden eine Prüfung im Einzelfall und ein Einschreiten durch die zuständige Dienstbehörde, soweit dieses geboten ist, ermöglicht. Dem Senat ist derzeit kein Regelungsvorschlag bekannt, demzufolge eine Einschränkung der Nebentätigkeiten unter Wahrung der verfassungsmäßigen Anforderungen und im Hinblick auf eine bessere Praktikabilität erfolgen könnte. Vor diesem Hintergrund wird gegenwärtig keine Veranlassung gesehen, neue Regelungen, die eine stärkere Regulierung zum Inhalt haben, zu schaffen oder im Bundesrat oder in der Justizministerkonferenz zu initiieren. Berlin, den 12. Januar 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Jan. 2016)