Drucksache 17 / 17 667 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Gelbhaar (GRÜNE) vom 17. Dezember 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Januar 2016) und Antwort Wie hoch sind die Kosten der S-Bahn-Vergabe? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hoch sind die Gesamtkosten des S-Bahn- Vertrags für das Teilnetz Ring-Südost (ohne Interimsvertrag )? Welche Laufzeit ist nun abschließend vereinbart worden? Antwort zu 1: Der ermittelte Zuschussbedarf für die Laufzeit des Verkehrsvertrages vom 01.01.2021 bis 31.12.2035 für den S-Bahnverkehr auf dem Teilnetz Ring-Südost in Berlin beträgt 1,8 Mrd. €. Der Wert errechnet sich aus dem Angebotspreis der S-Bahn zuzüglich der von den Ländern Berlin und Brandenburg geschätzten Höhe der nach einer Klausel auf Basis von Indizes berechneten jährlichen Anpassung des Angebotspreises; zuzüglich der von den Ländern Berlin und Brandenburg geschätzten Höhe der Infrastrukturnutzungsentgelte (Trassenpreis und Stationsentgelte); abzüglich der von den Ländern Berlin und Brandenburg prognostizierten Tarifeinnahmen unter Berücksichtigung einer Einnahmenaufteilung zwischen den VBB-Tarif anwendenden Verkehrsunternehmen sowie einer Kosten-und Erlösaufteilung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg. Aufgrund der Ausgestaltung des Vertrages als Bruttovertrag tragen die Länder Berlin und Brandenburg das Erlös- und damit Finanzierungsrisiko. Anders als beim zurzeit gültigen Verkehrsvertrag, der ein Nettovertrag ist, ist deshalb der Zuschussbedarf über die einzelnen Jahre keine im Wesentlichen im Voraus feststehende Größe sondern entwickelt sich dynamisch. Insbesondere die den Zuschuss stark bestimmenden Infrastrukturnutzungsentgelte für den Zeitraum ab 2021 bis 2035 sind hinsichtlich ihrer Höhe und zukünftigen Ausgestaltung nur sehr schwierig zu prognostizieren. Ebenfalls mit Unsicherheiten behaftet ist die Prognose der Erlöse. Der ermittelte Zuschussbetrag berücksichtigt daher auch eine Risikoreserve . Frage 2: Welche Mehrkosten ergeben sich damit im Vergleich zu einer Fortschreibung des bisherigen Vertrags sowie zu den ursprünglich eingeplanten Kosten in Höhe von 1,386 Mrd. Euro? Wie schlüsseln sich diese Kosten auf die einzelnen Jahre auf (Bitte um Angabe der einzelnen Jahresschreiben.)? Antwort zu 2: Aus der Fortschreibung des Zuschussbedarfs des für die Jahre 2003-2017 kalkulierten bisherigen Verkehrsvertrages für den Zeitraum des Neuvertrages (2021-2035) lassen sich nur sehr begrenzte Schlussfolgerungen ableiten. Der jahresweise Abgleich dieser Daten mit den Jahreswerten für den Neuvertrag stellt einen Vergleich von Äpfeln mit Birnen dar: Die Kalkulation für den Preis des zurzeit gültigen Vertrages erfolgte im Jahr 2002 und nahm den Zeitraum bis 2017 in Bezug. Die daher im alten Preis abgebildeten Eingangsgrößen haben sich z.T. massiv verändert (z.B. Höhe und Gewicht der Infrastrukturnutzungsentgelte ). Der Neuvertrag ist wie unter 1. beschrieben ein Bruttovertrag und daher ganz anders kalkuliert als der zurzeit gültige Verkehrsvertrag (Nettovertrag). Dieses betrifft insbesondere die Konsequenzen von Erlöspotenzial bzw. Erlösrisiko. Der Neuvertrag sieht merklich höhere Qualitätsund Fahrzeuganforderungen und auch höhere Serviceleistungen vor, als der zurzeit gültige Verkehrsvertrag . Der Neuvertrag verpflichtet auch zur Bereitstellung einer höheren Fahrzeugkapazität (z.B. Vollzüge auf dem Ring). Der Preis pro Leistungseinheit (Zugkilometer) bildet dementsprechend einen deutlich höheren Fahrzeugeinsatz und damit verknüpfte Werkstatt- und Fahrzeugkosten ab. Die Kalkulation des zurzeit gültigen Vertrages basierte auf gänzlich anderen Fahrzeugkosten. Er wurde zu einem Teil unter Einsatz abgeschriebener Altfahrzeuge kalkuliert. Zum anderen wurden die Anfang der 90er Jahre beschafften und zwischen 1997/2004 ausgelieferten Neufahrzeuge einkalkuliert . Deren spezifischer Preis lag wesentlich niedriger und die Beschaffung wurde zudem auch teilweise vom Bund finanziell unterstützt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 667 2 Anteil Berlin in Mio. Euro Ermittelter Zuschussbedarf Teilnetz Ring-Südost (Wettbewerbsvertrag ) Fortschreibung des bisherigen Vertrages bezogen auf den Leistungsumfang Teilnetz Ring-Südost 2035 148.276 125.906 2034 146.985 123.331 2033 145.367 121.000 2032 144.560 118.927 2031 141.805 115.929 2030 140.364 113.565 2029 138.979 111.251 2028 138.358 109.242 2027 136.762 106.986 2026 135.014 104.695 2025 133.270 102.474 2024 132.920 100.685 2023 91.652 75.176 2022 23.146 19.396 2021 6.617 5.543 2020 0 0 Summe Gesamt 1.804.075 1.454.105 Der vorstehend in der Tabelle in Jahresscheiben angegebene Zuschussbedarf für das Teilnetz Ring-Südost wurde entsprechend der Antwort zu Frage Nr. 1 berechnet . Die Werte zur Fortschreibung des bisherigen Vertrages basieren auf dessen vertraglichen Regelungen. Frage 3: Welche Kosten erwartet der Senat für die langfristige Ertüchtigung aller S-Bahn-Baureihen? Bitte nach Baureihen und Jahren aufschlüsseln. Antwort zu 3: Die Fahrzeuge der Altbaureihen 480 (70 Viertelzüge) und 485 (80 Viertelzüge) werden zur Sicherstellung des stabilen Weiterbetriebs über das Jahr 2017 hinaus bis zur vollständigen Verfügbarkeit der Neufahrzeuge ertüchtigt. Die diesbezüglichen Kosten entsprechend aktueller Schätzung (Stand Dezember 2015) werden in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Anteil Berlin in Tsd. Euro Ertüchtigungskosten BR 480 / BR 485 einschl. Engineering, Revisionen und Supportleitungen 2015 - 2017 Ertüchtigungskosten BR 480 / BR 485 einschl. Engineering, Revisionen und Supportleitungen 2018 - 2023 Ertüchtigungskosten BR 480 / BR 485 einschl. Engineering, Revisionen und Supportleitungen Summe 2023 0 0 2022 6.046 6.046 2021 16.780 16.780 2020 8.004 8.004 2019 15.939 15.939 2018 17.411 17.411 2017 40.586 40.586 2016 22.947 22.947 2015 4.202 4.202 Summe Gesamt 67.736 64.180 131.916 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 667 3 Die Fahrzeuge der Baureihe (BR) 481 (500 Viertelzüge ) sollen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auch zukünftig noch im S-Bahn-Netz eingesetzt werden. Die Fahrzeuge der BR 481 müssen demnach so ertüchtigt werden, dass sie bis zu ihrer Außerdienststellung stabil eingesetzt werden können. Der genaue Weiterbetriebszeitraum ist noch in Klärung. Die Länder prüfen derzeit, ob ein Einsatz bis zur Ausmusterung im Zeitraum von 2027 bis 2033 sinnvoll sein könnte. Nach aktuellem Kenntnisstand der S-Bahn fällt für eine entsprechende Langlebigkeitsertüchtigung der Fahrzeuge der BR 481 je Viertelzugeinheit ein Aufwand von rund 500.000 EUR (Kostenstand 2015, zzgl. Kostendynamisierung ) an. Die Umsetzung würde schrittweise ab dem Jahr 2019 beginnen. Im indikativen Angebot für den Interimsvertrag II wurden insgesamt rund 159 Mio. EUR (inkl. Kostendynamisierung) für die Ertüchtigung der BR 481 eingepreist, hierbei wurde eine Langlebigkeitsertüchtigung von 280 Viertelzügen der BR 481 unterstellt. Eine Aufschlüsselung der Kosten auf einzelne Jahresscheiben ist aufgrund der laufenden Verhandlungen zum Interimsvertrag II derzeit nicht möglich. Da das Langlebigkeitspaket für die Fahrzeuge der BR 481 derzeit noch nicht abschließend bestimmt und somit auch nicht monetär bewertet werden kann, unterliegt diese Aufwandsschätzung noch einer relativ großen Unsicherheit. Die benannte Aufwandsschätzung stellt nach derzeitigem Kenntnisstand eine Obergrenze dar. Berlin, den 19. Januar 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Jan. 2016)