Drucksache 17 / 17 678 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ole Kreins (SPD) vom 06. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Januar 2016) und Antwort Lärmbelastung durch Rettungshubschrauber am Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur zum Teil in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin- Brandenburg (LuBB) als für den Hubschraubersonderlandeplatz (HSLP) zuständigen Genehmigungsbehörde um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben. Frage 1: Wie viele Starts und Landungen von Rettungshubschraubern fanden am Standort des Unfallkrankenhauses in den letzten Jahren statt? Wie viele Starts und Landungen fanden davon zwischen 22 Uhr und 7 Uhr statt? (Bitte für die Jahre 2011 bis 2015 nach Jahren getrennt aufgelistet angeben.) Antwort zu 1: In der nachfolgenden Tabelle werden die Flugbewegungszahlen am UKB für die Jahre 2011- 2015 aufgeführt. Die Daten basieren auf der Zuarbeit des örtlichen Luftrettungsunternehmens (DRF Luftrettung HDM Luftrettung gemeinnützige GmbH). Jahr Flugbewegungen (Starts und Landungen) Flugbewegungen (Starts und Landungen) zwischen 22:00 Uhr und 07:00 Uhr 2011 2220 281 2012 2372 358 2013 2618 368 2014 2590 332 2015 (Stand 26.12.2015) 2520 384 Frage 2: Gibt es jahreszeitlich bedingte Schwankungen bei der Anzahl der Starts und Landungen? Welche Aussagen können über Flughöhen und Flugrichtungen getroffen werden? Antwort zu 2: Nach Auskunft der DRF/HDM gibt es bei der Anzahl der Starts und Landungen geringfügige, jahreszeitliche Schwankungen. Diese sind vornehmlich auf Witterungsbedingungen zurückzuführen, die sich einschränkend auf den Flugbetrieb auswirken. Die Flugrichtungen sind grundsätzlich von der Lage der Einsatzorte abhängig. Es wird weiterhin auf den letzten Absatz der Antwort zu Frage 5 verwiesen. Frage 3: Wie viele Hubschrauber nutzen den Standort für Starts und Landungen? Welche Modelle werden eingesetzt . Wer ist Betreiber dieser Rettungshubschrauber? Wie hoch ist die Lärmemission der eingesetzten Hubschrauber ? Antwort zu 3: Das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) ist Betriebsstandort des Intensivtransporthubschraubers (ITH) „Christoph Berlin“. Zusätzlich wird der Standort vom Berliner Rettungstransporthubschrauber (RTH) „Christoph 31“ regelmäßig angeflogen. Das UKB, als Krankenhaus der Maximalversorgung und eines der modernsten medizinischen Einrichtungen Europas, ist ganz speziell auf die Versorgung von Unfallopfern (insb. Brandverletzten und Rückenmarkverletzten) spezialisiert . Daher hat das UKB eine überregionale Bedeutung Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 678 2 und wird im Bedarfsfall auch von anderen Hubschraubern angeflogen. Üblicherweise werden in Deutschland im HEMS-Flugbetrieb (HEMS = Helicopter Emergency Medical Services) die Hubschraubermodelle Eurocopter EC 135 und BK 117/Eurocopter EC 145 eingesetzt. Neben der Bundeswehr und dem Bundesministerium des Innern betreiben in Deutschland vornehmlich der ADAC und die DRF Luftrettung/HDM Luftrettung Rettungshubschrauber . Nach Angaben der DRF/HDM weisen die EC 135 und EC 145 gemäß Lärmschutzzeugnis folgende Lärmemission auf. EC 145 EC 135 Start 88,0 EPNdB 88,6 EPNdB Landung 91,3 EPNdB 92,7 EPNdB Enroute 87,2 EPNdB 84,0 EPNdB Bei den Werten aus dem Lärmschutzzeugnis handelt es sich um Werte, die direkt am Landeplatz gemessen werden. Frage 4: Wie hoch ist die Lärmemission für die Anwohner /-innen in 250, 500 und 1.000 Meter Abstand zum Start- und Landepunkt? Antwort zu 4: Es wird davon ausgegangen, dass hier die Lärmimmissionen gemeint sind. Grundsätzlich gilt, dass für die Höhe der Lärmimmissionen nicht nur der Abstand zum Start- und Landepunkt entscheidend ist, sondern auch die Lage zu den An- und Abflugflächen („Sektoren“). Direkt unterhalb der An- und Abflugflächen wurden, lt. Schallimmissionsprognose eines Sachverständigen für Schallimmissionsschutz im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, folgende Werte ermittelt (Werte aus Lärmkonturenkarten entnommen): Entfernung Äquivalenter Dauerschallpegel am Tage Äquivalenter Dauerschallpegel in der Nacht Mittlerer Maximalpegel 250 m ca. 55 d(B)A ca. 50 d(B)A ca. 87 d(B)A 500 m ca. 50 d(B)A ca. 45 d(B)A ca. 83 d(B)A 1.000 m ca. 46 d(B)A ca. 40 d(B)A ca. 77 d(B)A Grundsätzlich gilt, dass als Lärm Geräusche bezeichnet werden, die als störend empfunden werden. Geräusche entstehen durch Druckschwankungen der Luft, die sich als Schallwellen ausbreiten. Je stärker die Druckschwankungen sind, desto lauter werden Geräusche wahrgenommen . Daher hängt die reale Lärmimmission u.a. zusätzlich von der Temperatur, dem Luftdruck, der Luftfeuchtigkeit und dem Wind ab und kann somit Schwankungen unterworfen sein. Frage 5: Welche Vorgaben wurden im Genehmigungsverfahren / Planfeststellungsverfahren und zur Betriebserlaubnis zum Lärmschutz und zum Flugregime gemacht? Antwort zu 5: Die Genehmigung des Hubschrauber- Sonderlandeplatzes UKB wurde mit folgenden Auflagen zur Vermeidung und Minderung des Fluglärms versehen (Auszug aus der Genehmigung vom 21.04.2008): 1. Sofern die Häuser 9 und 19 der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH für Patienten genutzt werden , sind für diese Patientenzimmer Schallschutzfenster sowie Belüftungseinrichtungen vorzusehen. Diese Schallschutzvorrichtungen haben zu gewährleisten , dass durch An- und Abflüge der Rettungshubschrauber im Rauminnern bei geschlossenem Fenster und ausreichender Belüftung keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 45 dB(A) auftreten sowie ein für die Tagstunden (06:00 bis 22:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelter energieäquivalenter Dauerschallpegel von 35 dB(A) und ein für die Nachtstunden (22:00 bis 06:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelter energieäquivalenter Dauerschallpegel von 30 dB(A) nicht überschritten wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 678 3 2. Sofern die Räume in den Häusern 17, 32 und 34 der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH als Patientenzimmer und nachts genutzt werden, sind für diese Belüftungseinrichtungen vorzusehen. Diese Belüftungseinrichtungen haben zu gewährleisten , dass durch An- und Abflüge der Rettungshubschrauber im Rauminnern bei geschlossenem Fenster und ausreichender Belüftung keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 45 dB(A) auftreten sowie ein für die Tagstunden (06:00 bis 22:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelter energieäquivalenter Dauerschallpegel von 35 dB(A) und ein für die Nachtstunden (22:00 bis 06:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelter energieäquivalenter Dauerschallpegel von 30 dB(A) nicht überschritten wird. 3. Für das Wohngebäude Haus 20 sind für die Schlafund Kinderzimmer an der Ost-, Nord- und Südfassade Belüftungseinrichtungen vorzusehen. Die Belüftungseinrichtungen haben zu gewährleisten, dass durch An- und Abflüge der Rettungshubschrauber im Rauminnern bei geschlossenem Fenster und ausreichender Belüftung durch die Belüftungseinrichtungen ein für die Nachtstunden (22:00 bis 06:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelter energieäquivalenter Dauerschallpegel von 35 dB(A) nicht überschritten wird. 4. Der Anspruch auf Schutzvorkehrungen muss innerhalb von fünf Jahren gegenüber dem Genehmigungsinhaber geltend gemacht werden. Der Lauf der Frist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der genehmigte Landeplatz in Betrieb genommen wird (zu 1. und 2.) bzw. in dem ein Rettungshubschrauber auf dem Dach des UKB stationiert wird (zu 3.). 5. Der Genehmigungsinhaber kann die Schallschutzeinrichtungen selbst einbauen lassen oder dem Betroffenen auf Nachweis die Aufwendungen für den Einbau der erforderlichen Schallschutzeinrichtungen erstatten. Im Hinblick auf den Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei Festsetzung der für den Genehmigungsinhaber belastenden Auflagen ist ihm das Recht zuzubilligen, den Einbau der erforderlichen Schallschutzvorrichtungen nach Wahl selbst durchzuführen. 6. Planbare Sekundärflüge (Verlegungen) sind ausschließlich werktags in der Zeit von 7 Uhr bis 19 Uhr durchzuführen. 7. Sind in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mehr als 3000 Flugbewegungen pro Jahr am UKB zu verzeichnen , so ist ein neues Lärmgutachten zu erstellen und die Lärmbelastung der Umgebung mit Blick auf mögliche zusätzliche Schallschutzmaßnahmen neu zu bewerten. Zur Überprüfung ist der Genehmigungsbehörde zum 1. Februar eines jeden Jahres, eine Mitteilung über die Höhe der Flugbewegungszahlen des vergangenen Jahres zur Verfügung zu stellen. Neben den Auflagen aus der Genehmigung werden weitere Maßnahmen zur Lärmreduzierung angewendet. So weisen die standardmäßig im HEMS-Flugbetrieb eingesetzten Hubschraubermodelle (siehe dazu Antwort zu 3.) eine vergleichsweise geringe Lärmemission auf, da diese u.a. über vier Rotorblätter (->Reduzierung der Blattbelastung durch Erhöhung der Blattzahl), eine optimierte Blattgeometrie und meist einen Fenestron (Ummantelung des Heckrotors) verfügen. Laut DRF/HDM werden die veröffentlichten An- und Abflugrouten, unter Beachtung der Vermeidung von bewohnten Gebieten, genutzt. Insbesondere nehmen die ortskundigen Piloten Rücksicht auf die Bewohner des Landhausringes im Osten, des Buckower Ringes im Norden , der Vogelwarte im Nordosten, der Gebäude am Blumberger Damm im Südwesten und des "Getreideviertels " im Westen des UKB´s. Grundsätzlich wird nach "Cat A" an- und abgeflogen; das bedeutet ein sehr steiles Profil mit größtmöglicher Flughöhe im Nahbereich des Landeplatzes und somit eine verringerte Lärmimmission. Frage 6: Welche Maßnahmen zur Verbesserung des Lärmschutzes der Anwohner/-innen wurden in den letzten Jahren umgesetzt? Welche finanziellen Volumina hatten diese Maßnahmen? Antwort zu 6: Die LuBB nimmt zu der Frage wie folgt Stellung: "Anspruch auf passive Schallschutzmaßnahmen hatten lt. Genehmigung nur die Eigentümer des Hauses 20 des Landhausringes. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Anspruch beim UKB geltend gemacht wurde. Über die finanziellen Volumina zur Realisierung der passiven Schallschutzmaßnahmen liegen keine Informationen vor. Weitere passive Schallschutzmaßnahmen waren aufgrund der Lärmimmissionswerte nicht erforderlich. Die Möglichkeit , die Richtungen der An- und Abflugflächen zu verändern, wurde bereits im Genehmigungs- und Widerspruchsverfahren geprüft. Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten war dies nicht möglich.“ Frage 7: Wie viele Klagen gab es wegen Lärmbelästigung durch die Rettungshubschrauber? Wie viele waren davon erfolgreich? Wie ist mit den Klagen umgegangen worden? Wie sahen die Entscheidungen der Gerichte oder die außergerichtlichen Einigungen aus? Antwort zu 7: Die LuBB nimmt zu der Frage wie folgt Stellung: „Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurden sechs Klagen beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht, welche in der öffentlichen Sitzung am 25.01.2012 von den Klägern auf Grund eines Vergleichs zurückgenommen wurden. Das UKB erklärte sich bereit, an die Kläger je Haus (vier Häuser) entweder 12.000 €, wobei die Aufwendungen für den Schallschutz durch Rechnungen nachgewiesen werden mussten, oder 6.000 € je Haus ohne Nachweis als Beitrag zur Entschädigung für den Schallschutz innerhalb von 5 Jahren zu zahlen. Außerhalb des Genehmigungsverfahrens zur Erstgenehmigung im Jahr Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 678 4 2008 wurden bis heute keine Klagen eingereicht. Lärmbeschwerden gab es in der Zeit des Baus des Ärztehauses am UKB, da in dieser Zeit auf Grund von Kranaufstellungen der Sektor über dem Blumberger Damm gesperrt werden musste. In Abhängigkeit von der Wetterlage musste in dieser Zeit verstärkt über die Wohnbebauung „Am Schloßhof“ geflogen werden.“ Berlin, den 18. Januar 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Jan. 2016)