Drucksache 17 / 17 679 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 05. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Januar 2016) und Antwort Sport und Erholungszentrum an Spekulanten verschenkt – was nun, lieber Senat? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Schriftliche Anfrage betrifft zum Teil Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen und greift daher auf Aussagen der mit dem Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds Berlin beauftragte BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM GmbH) zurück . Soweit von dort Angaben erstellt und übermittelt wurden , werden diese nachfolgend in ihren maßgeblichen Teilen wiedergegeben. 1. Wie steht der Senat zu den Absichten des Herrn R. L., Erwerber des SEZ zum Preis von einem Euro im Jahr 2003, nach Ablauf der 10-jährigen steuerlichen Spekulationsfrist und weithin sichtbarem Verfall der Bausubstanz das Objekt SEZ abreißen zu lassen und an dessen Stelle den Bau von Wohn- und Gewerbegebäuden mit einer baulichen Ausnutzung von bis zu 10 Geschossen bei einer GFZ von rund 2,3 zu beantragen? Zu 1.: Der Senat strebt eine im Sinne der städtebaulichen Entwicklung bestmögliche Ausnutzung dieses innerstädtischen Grundstücks an. Aussagen zum konkreten Nutzungsmaß sind erst im Rahmen der Fortsetzung des Bebauungsplanverfahrens möglich. 2. Wie hat der Senat sichergestellt, dass der Abriss des SEZ, welcher der Verpflichtung aus dem Vermögensgeschäft Nr. 8/2003 (vgl. Drs. 15/209) zur „unbefristeten Wiederinbetriebnahme/Weiterführung von Teilbereichen des SEZ ab Nutzen- und Lastenwechsel“ diametral entgegensteht , wirtschaftliche und sportpolitische Nachteile für das Land ausschließt? Zu 2.: Wirtschaftliche und sportpolitische Ziele des Landes Berlin werden regelmäßig in die Abwägung im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens eingestellt. 3. Im Kaufvertrag über das Grundstück SEZ findet sich keinerlei Hinweis darauf, dass ein Abriss des SEZ als vertragskonform gilt, vielmehr ist von einer Pflicht zur unbefristeten Nutzung als Sport- und Erholungszentrum die Rede. Wie hat der Senat sichergestellt, dass diese unbefristete Nutzung auch nachgehalten wird? Zu 3.: Nachgehalten wird eine vertraglich vorgegebene Nutzung grundsätzlich gemäß den in der Antwort zu 9. benannten Sicherungsmitteln (Vertragsstrafe, Wiederkaufsrecht ) in Verbindung mit der Nutzungsbindung. 4. Geht der Senat davon aus, dass das vertraglich vereinbarten Wiederkaufrecht des Landes Berlin fortbesteht, und wenn nein, worauf genau wird diese Annahme gestützt ? Zu 4.: Ein Wiederkaufsrecht könnte derzeit nur Infolge einer Vertragsverletzung im Rahmen der Nutzungsbindung ausgeübt werden. Bisher wurden keine Verletzungen der aus dem Kaufvertrag resultierenden Verpflichtungen zur Nutzungsbindung rechtsverbindlich festgestellt. 5. Ist der Senat der Auffassung, das Herstellen eines ca. 130 qm großen und 1,3 Meter tiefen nicht beheizten Wasserbeckens erfülle die vertraglich geschuldete „Aufnahme des Hallenbadbetriebes“ durch den Käufer Herrn L.? Zu 5.: Das vertraglich geregelte und mit dem Verkäufer abgestimmte Energie- und Wirtschaftlichkeitskonzept als Voraussetzung für die Aufnahme des Hallenbadbetriebes wurde vorgelegt. Vertraglich bestand keine Regelung, die klar zur Betreibung des Badebetriebes im ursprünglichen Umfang in den kompletten alten Becken verpflichtet hätte. Einen dauerhaften Hallenbadbetrieb dürfte der Vertrag nicht verpflichtend vorgesehen haben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 679 2 6. Ist nach Auffassung des Senats die „Eröffnung des Hallenbadbetriebs“ wie im Kaufvertrag gefordert inzwischen erfolgt, wenn ja wann genau, und in welchem Umfang ? Zu 6. Es stehen Bademöglichkeiten innerhalb des Hallenbereiches und ein 25-Meter-Außenpool zur Verfügung. Von der Betriebsbereitschaft der Becken überzeugte sich der Verkäufer am 28.12.2007. Die nach dem seinerzeit eingereichten Konzept vorgesehenen Wasserbecken (drei Innenpools und ein Außenpool) wurden in Betrieb genommen . Im I. Quartal 2008 wurde der beschriebene Hallenbadbetrieb für Veranstaltungen geöffnet und als SEZ- Club für die Allgemeinheit im August 2009 zugänglich gemacht. 7. Wird das Land Berlin sein Wiederkaufrecht nunmehr zügig ausüben, wenn ja, wann ist dies geplant, und wenn nein, warum nicht? Zu 7.: Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 8. Stimmt der Senat der These zu, dass das Grundstück , auf dem das SEZ steht, durch dessen Abriss eine Wertsteigerung von zwischen 8 und 15 Millionen Euro erfahren könnte, und welche Maßnahmen wird der Senat ergreifen, um zu verhindern dass eine solche Wertsteigerung Privaten zufließt? Zu 8.: Aussagen zur Wertentwicklung sind erst nach Abschluss des Bebauungsplanverfahrens möglich, wenn verbindliche Klarheit über die künftig zulässigen Nutzungen besteht. 9. Ist der Senat mit mir der Auffassung, dass das faktische Verschenken des damals auf einen Verkehrswert von 1,44 Millionen Euro geschätzten SEZ zum symbolischen Preis eines Kilos Kartoffeln an eine Privatperson ohne jegliche materielle Absicherung von Investitionen oder möglicher Vertragsstrafen, ohne ausreichend konkrete Beschreibung der geschuldeten Leistungen, und ohne Mehrerlösklausel ein schwerer Fehler war, und wenn nein, warum nicht? Zu 9.: Nein. Im Zuge der Änderung des Bäder- Anstaltsgesetzes vom 25.07.2002 war die Betriebspflicht des SEZ zum 31.12.2002 erloschen. Damit einhergehend erfolgte die Schließung und Aufgabe der Nutzung als öffentliche Sportanlage gem. § 7 Abs. 2 Sportfördergesetz . Weiterhin sah das Änderungsgesetz vor, das Grundstück auf den Liegenschaftsfonds zur Vermarktung zu übertragen, wobei keine Bindung an die frühere Nutzung als Schwimmbad vorgesehen war. Zum damaligen Zeitpunkt hätte die Instandsetzung des Gebäudes Investitionen von ca. 22,3 Millionen Euro erfordert. Die verbrauchsunabhängigen laufenden Kosten beliefen sich beim Liegenschaftsfonds vor dem Verkauf auf ca. 500.000,00 € p.a. Der Verkauf war seinerzeit geboten, um wirtschaftlichen Schaden vom Land Berlin abzuwenden. Für den Fall der Vertragsverletzung steht dem Verkäufer neben der Vertragsstrafe auch ein Wiederkaufsrecht zu. Das Wiederkaufsrecht ist durch eine Rückauflassungsvormerkung grundbuchlich gesichert. Eine Mehrerlösklausel wurde nicht vereinbart. Das Abgeordnetenhaus hat dem Kaufvertragsentwurf mit Beschluss vom 28.08.2003 zugestimmt. Berlin, den 15. Januar 2016 In Vertretung .......................................... Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Jan. 2016)