Drucksache 17 / 17 712 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanne Graf (PIRATEN) vom 12. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Januar 2016) und Antwort Ein Bundesqualitätsgesetz für die Kita? Wie steht der Senat dazu? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Haltung besitzt der Senat zur aktuellen länderübergreifenden Debatte über die Einführung eines Bundesqualitätsgesetzes für die Kindertagesbetreuung? a) Wie begründet der Senat diese Haltung? 2. Welche Argumente für oder gegen ein Bundesqualitätsgesetz für die Kindertagesbetreuung sind dem Senat bisher bekannt? a) Wie bewertet der Senat diese Argumente jeweils? 3. Wie steht der Senat zu einem häufig geäußerten Argument für ein Bundesqualitätsgesetz, dieses würde die Haushalte der Länder entlasten, weil der Bund fortan jegliche Zuschüsse an die Länder, u.a. auch für konsumtive Ausgaben in der Kindertagesbetreuung zahlen würde? 4. Wie steht der Senat zum Argument gegen ein Bundesqualitätsgesetz , dieses würde zu einer Absenkung bereits geschaffener Standards in den Ländern führen? a) Welche konkreten Berliner Standards in der Kindertagesbetreuung sieht der Senat als gefährdet an? Zu 1. - 4.: Bund und Länder eint der Wille, die Qualitätsentwicklung der Kindertagesbetreuung zu fördern. Gemeinsames Ziel ist es, dass Kinder in Deutschland unabhängig von ihrem Lebensort, ihrem Geschlecht, ihrer Abstammung, ihrer Sprache, ihrer Heimat und Herkunft eine qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung und frühe Förderung und damit von Anfang an gleiche Bildungschancen erfahren können. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zieht zur Umsetzung dieses Anliegens auch ein Bundesqualitätsgesetz in Erwägung. Ob der Weg über ein Bundesqualitätsgesetz hierfür der geeignete ist, wird kontrovers diskutiert, da die Ausgangsbedingungen sich außerordentlich heterogen darstellen und die Systeme der Kindertagesbetreuung in den Ländern sich höchst unterschiedlich entwickelt haben. Die finanziellen, personellen und fachlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich deutlich. Das Berliner System der Kindertagesbetreuung ist durch Merkmale geprägt , (wie z.B. das Prinzip der Altersmischung in den Kindertageseinrichtungen, das Recht auf gemeinsame Förderung von Kindern mit und ohne Behinderung, die Aufnahme von Kindern unabhängig von der Art und Schwere ihrer Behinderung mit entsprechend personellen Ressourcen, die Gleichwertigkeit der Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege, das verbindliche Qualitätssystem für die pädagogische Arbeit mit dem Bildungsprogramm, das Fachkräftegebot), die an vielen Stellen den bundesweiten Standard deutlich übertreffen. Die Vorbehalte der Länder gegen ein Qualitätsgesetz bewegen sich deshalb im Spannungsfeld der Ausgestaltung der jeweiligen Standards. Die Übernahme der Kostenfolgen eines Bundesqualitätsgesetzes durch den Bund wäre wünschenswert aber rechtlich nicht zwingend. 5. Zur Errichtung eines Bundesqualitätsgesetzes für die Kita ist eine Bund-Länder-AG beim BMFSFJ errichtet worden. Wer nimmt für das Land Berlin an dieser AG teil? a) Was waren die bisherigen Themen, die wann in der AG besprochen wurden? b) Wie bringt der Senat sich in diese AG ein? Zu 5.: Bund und Länder haben im November 2014 das gemeinsame Communiqué „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“ unterzeichnet. Darin wurden Handlungsfelder definiert, für die gemeinsame Qualitätsziele entwickelt werden sollen. Zur Umsetzung des Communiqués hat sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe (AG Frühe Bildung) konstituiert, die relevante Handlungsziele und Erfolg versprechende Umsetzungsmaßnahmen für die Handlungsfelder des Communiqué identifizieren soll. Sie wird dabei von Expertinnen/Experten aus Wissenschaft, von Verbänden und Organisationen unterstützt . In diesem Erörterungsprozess werden die unter- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 712 2 schiedlichen Ausgangslagen und Schwerpunktsetzungen bei der Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung in den Ländern berücksichtigt. Bisher hat sich die AG Frühe Bildung mit folgenden Handlungsfeldern näher befasst: • Bedarfsgerechtes Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebot • Ein guter Fachkraft-Kind-Schlüssel • Qualifizierte Fachkräfte • Stärkung der Leitung • Räumliche Gestaltung • Bildung, Entwicklungsförderung und Gesundheit. Der gemeinsame Qualitätsentwicklungsprozess von Bund und Ländern wird durch die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) gesteuert. Der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden (AGJF) obliegt die Durchführung; sie hat für den Bereich der Kindertagesbetreuung die AG Kindertagesbetreuung eingesetzt, in der alle Länder vertreten sind. Für Berlin nimmt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft teil. Die AG Kindertagesbetreuung (AG Kita) der AGJF hat Vertreterinnen/Vertreter in die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eingesetzte AG Frühe Bildung entsandt. Dazu gehören u.a. die Vorsitzländer der AG Kita Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sowie Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen . Die vertretenden Länder informieren die AG Kita der AGJF fortlaufend über den Arbeitsprozess in der AG Frühe Bildung. Positionen und Richtungsentscheidungen werden gemeinsam vorbereitet und abgestimmt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass alle Bundesländer – auch Berlin – in die Fortführung und Gestaltung des Qualitätsprozesses einbezogen sind. Berlin, den 27. Januar 2016 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Jan. 2016)