Drucksache 17 / 17 749 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Hakan Taş (LINKE) vom 15. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Januar 2016) und Antwort Missstände in Notunterkünften für Geflüchtete: Köpenicker Allee Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Menschen welchen Geschlechts sind derzeit in der Notunterkunft in der Köpenicker Allee untergebracht ? Wie viele davon sind minderjährig? 2. Wie viele Kinder und Jugendliche gehen in die Schule? Wie viele Kinder gehen in die Kita? Zu 1. und 2.: In der notbelegten Erstaufnahmeeinrichtung Köpenicker Allee, 10318 Berlin waren mit Stand: 21.01.2016 904 Flüchtlinge untergebracht. Der Charakter einer Erstaufnahme-/Notunterkunft ist es, dass es hinsichtlich des Alters und Geschlechtes in der Belegungsstruktur stetig Veränderungen gibt. 3. Welche weiteren konkreten Nutzungspläne zur Unterbringung von geflüchteten Menschen verfolgt der Senat derzeit mit den Gebäuden und dem Grundstück in der Köpenicker Allee und welche Art von Unterkunft (Sammelunterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung, Gemeinschaftsunterkunft, Notunterkunft oder Appartements /Wohnungen) sollen dort geschaffen werden? Welche baulichen Veränderungen sind dazu vorgesehen und in welchem Finanz- und Zeitrahmen sollen diese erfolgen ? Zu 3.: Das Gelände Köpenicker Allee wurde für einen Zeitraum von 10 Jahren vom Land mit der Nutzung zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet. Die bisherigen Bürogebäude wurden für eine Notbelegung hergerichtet. In Zusammenarbeit mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und einem externen Planungsbüro erfolgt aktuell die Bauplanung zur Stellung eines Bauantrages mit anschließenden sofortigen Umbaumaßnahmen. Die einzelnen Gebäude erhalten damit ihre geplante Bestimmung. Nach aktuellem Planungsstand ist eine Mischnutzung des Objektes mit den unterschiedlichen Unterbringungsarten Erstaufnahme und Gemeinschaftsunterkunft geplant. Erst mit dem Abschluss der aktuellen Bauplanung für das gesamte Gelände können die genauen baulichen Veränderungen sowie der Finanz- und Zeitrahmen benannt werden. In jedem Falle wird jedoch der Einbau von ausreichend Sanitäreinrichtungen und Küchen erfolgen. 4. Welche Platzkapazität hat die Notunterkunft und wie hoch war der maximale Auslastungsgrad seit Eröffnung ? Zu 4.: Aktuell liegt die Kapazität bei 1000 Plätzen. Die Einrichtung war bisher nahezu durchgehend mit 100 % ausgelastet gewesen. 5. Trifft es zu, dass es in der Notunterkunft immer wieder zu Überbelegungen kommt, die nicht zeitnah aufgelöst werden? Wenn ja, warum? Zu 5.: Laut Aussage des Betreibers ist es in den letzten Wochen zu keiner deutlichen Überbelegung gekommen . 6. Existiert zwischen der Betreiberin, dem Deutschen Roten Kreuz, und der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) ein schriftlich fixierter Vertrag oder eine Absichtserklärung zum Betrieb der Unterkunft? Wenn nein, warum nicht? Zu 6.: Ja. Es existiert eine Absichtserklärung. 7. Sind bei der BUL Beschwerden über die Notunterkunft in der Köpenicker Allee bezogen auf die Ausstattung der Zimmer, Verpflegung, sanitären Anlagen, Überbelegung , nicht funktionierende Heizungen o.ä. bekannt geworden? Wenn ja, inwiefern wurde diesen nachgegangen ? Zu 7.: In der Vergangenheit wurden vereinzelt Beschwerden bezüglich der oben genannten Themen eingereicht . Sobald diese der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) bekannt wurden, hat sich der zuständige Sachbearbeiter dieser angenommen und eine schnellstmögliche Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 749 2 Klärung unter Einbeziehung der jeweiligen Verantwortlichen vorgenommen. 8. Wurde die Notunterkunft seit Eröffnung durch die BUL kontrolliert/begangen? Wenn ja, um welche Art von Kontrolle/Begehung handelte es sich dabei, welche Mängel wurden dabei festgestellt, und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? Zu 8.: Ja, das „Team Begehung“ des Landesweiten Koordinierungsstabes Flüchtlingsmanagement (LKF) führt regelmäßig Begehungen in Flüchtlingsnotunterkünften durch. Mängel sind hier nicht aktenkundig. 9. Wie ist die vereinbarte Personalausstattung (Heimleitung , Sozialarbeit/-pädagogik, Sozialbetreuung, Kinderbetreuung , Verwaltung, sonstige Betreuung, Haushandwerker /-innen, Pforte/Wachschutz o.ä.) für die vom Deutschen Roten Kreuz betriebene Notunterkunft und wie ist nach Kenntnis des Senats im Vergleich dazu jeweils die tatsächliche Personalausstattung? Zu 9.: Die 40 Personalstellen untergliedern sich wie folgt: 1 Heimleiter/in 2 stellv. Heimleiter/in 6 Sozialarbeiter/innen 8 Sozialbetreuer/innen 8 Verwaltungsmitarbeiter/innen 5 Kinderbetreuung 7 Hauswirtschaft 3 Haushandwerker/innen 1 Ehrenamtskoordinator/in Die letzte Personalabfrage fand zum Stichtag 31.10.2015 statt. Zu diesem Zeitpunkt konnten bereits fast alle Stellenanteile seit Betriebsstart am 01.10.2015 besetzt werden. Eine erneute Abfrage zum aktuellen Personalschlüssel wurde bereits eingeleitet und ist mit dem Rücklauf 01.02.2016 angefordert. 10. Trifft es zu, dass die Heizung in einem oder mehreren Zimmern in der Notunterkunft in der Köpenicker Allee nicht oder nur sehr eingeschränkt funktioniert? Zu 10.: Bisher gab es zwei Vorfälle, in welchen die Heizungsanlage kurzzeitig ausgefallen ist. In beiden Fällen wurden durch den Betreiber unverzüglich Drittfirmen beauftragt, die Mängel zu beheben. 11. Verfügen alle Bewohner/-innen der Notunterkunft über die Grundausstattung in den Zimmern (Bett mit Matratze, Tisch/Stuhl, abschließbarer Schrank, Lampe, Abfalleimer, Reinigungsutensilien etc.)? Wenn nein, warum nicht und bis wann sollen diese damit ausgestattet werden? Zu 11.: Bisher verfügen nicht alle Zimmer der Bewohnerinnen und Bewohner der Notunterkunft über die vollständige Grundausstattung nach den Qualitätsanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte. Der Großteil dieser Grundausstattung wurde bereits durch den Betreiber Deutsches Rotes Kreuz (DRK) bestellt , unterliegt jedoch zum Teil längeren Lieferzeiten. 12. Trifft es zu, dass nicht alle Bewohner/-innen ein Bett mit Matratze haben und sie teilweise gezwungen sind, mit der bloßen Matratze auf dem Boden schlafen zu müssen? Wenn ja, welche Maßnahmen ergreift der Senat bis wann, um diesen Missstand abzustellen? Zu 12.: Vereinzelt wurde durch den Betreiber festgestellt , dass vorhandene Betten gebrochen sind und die Bewohnerinnen und Bewohner mit den Matratzen auf dem Fußboden geschlafen haben. Der Betreiber hat bereits mehrfach in angefragtem Umfang aus dem Lager des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) Ersatzbetten zur Verfügung gestellt bekommen. 13. Wie viele Waschbecken, Toiletten, Urinalbecken sowie Duschen stehen den Bewohner/-innen der Notunterkunft in der Köpenicker Allee zur Verfügung? Wie viele davon sind auch funktionsfähig? Wie viele sind regelmäßig nutzbar? (Bitte nach Geschlecht aufschlüsseln .) Zu 13.: männlich weiblich Gesamt nutzbar WC 40 35 64 Urinal 41 36 Duschen 12 15 24 Waschbecken 60 56 Für die Wiederherrichtung der nicht funktionierenden Sanitäreinrichtungen wurde bereits durch die BIM am 30.12.2015 eine Drittfirma mit den jeweiligen Reparaturen beauftragt. 14. Welche Firma wurde mit dem Winterdienst beauftragt ? Zu 14.: Den Winterdienst für das Gelände übernimmt die Fa. WISAG. 15. Welche Cateringfirma beliefert die Notunterkunft in der Köpenicker Allee? Ist es den Bewohner/-innen der Notunterkunft möglich, bei Bedarf eine weitere Portion des abgepackten Essens zu erhalten? Wenn nein, warum nicht? Durch wen wird kontrolliert, dass die abgepackten Mahlzeiten ausgewogen sind und beispielsweise ausreichend Obst/Gemüse enthalten? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 749 3 Zu 15.: Die Fa. Schubert Speisenversorgung GmbH & Co. KG übernimmt den Cateringdienst der o. g. Notunterkunft . Das Essen wird nicht portionsweise abgepackt in die Unterkunft geliefert. Daher kann in einem gewissen Rahmen auf Mehrbedarfe einzelner Bewohnerinnen und Bewohner eingegangen werden. Durch den Betreiber finden regelmäßig Kontrollen des beauftragen Dienstleisters und damit auch des Leistungsumfanges statt. Die Auswahl des Cateringdienstes fand unter anderem auch anhand eingereichter vergleichbarer Speisepläne und Mahlzeitzusammensetzungen statt. 16. Wie viele Arbeitsgelegenheiten nach § 5 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) werden derzeit durch Asylsuchende in der Notunterkunft ausgeübt? Zu 16.: Keine. 17. Trifft es zu, dass Bewohner/-innen vom LAGeSo aufgefordert werden, Arbeitsgelegenheiten in der Notunterkunft auszuüben, dies von Seiten des Betreibers aber nicht erwünscht ist? Zu 17.: Der Betreiber kann sich die Ausübung von Arbeitsgelegenheiten nach §5 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in der Einrichtung gut vorstellen und empfindet die Einbindung dieser als wünschenswert. 18. Trifft es zu, dass Gemeinschaftsräume zwar vorhanden , aber regelmäßig nicht für die Bewohner/-innen geöffnet sind? Wenn ja, warum? Zu 18.: Die Gemeinschaftsräume können durchgehend von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung genutzt werden. 19. Trifft es zu, dass es eine hohe Fluktuation der Bewohner /-innen gibt? Die Bewohner/-innen aber nicht in Gemeinschaftsunterkünfte, sondern in andere Notunterkünfte verlegt werden? Wenn ja, warum und wie viele Bewohner/-innen waren davon betroffen? Zu 19.: Ein- und Auszüge mit Personalien übermittelt die Heimleitung zu Abrechnungszwecken an den in der BUL geführten Zentralen Bettennachweis. Verlegungen von Flüchtlingen von einer (ggf. notbelegten ) Erstaufnahmeeinrichtung in eine andere auf Veranlassung des LKF erfolgen nur ausnahmsweise und auch dann nur, um bspw. die Unterbringungssituation von Familien oder besonders schutzwürdigen Personen in deren eigenem Interesse zu verbessern. Die Entscheidungshoheit für eine Umquartierung von einer (ggf. notbelegten) Erstaufnahmeeinrichtung in eine (ggf. notbelegte) Gemeinschaftsunterkunft liegt bei der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (ZAA) im LAGeSo, welche die dort betreuten Flüchtlinge nach etwa drei Monaten eigenständig aus der Wohnraumbindung entlässt, sofern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch keine Entscheidung zum Asylantrag getroffen hat und eine solche auch nicht absehbar ist. 20. Wie ist die Postzustellung für die Bewohner/- innen der Notunterkunft derzeit organisiert? Zu 20.: Förmliche Zustellungen und Einschreiben werden den Bewohnerinnen und Bewohnern persönlich übergeben. Für die „normale“ Post gibt es Aushänge, für welche Bewohnerin oder welchen Bewohner Post zur Abholung bereit liegt. Grundsätzlich werden alle eingehenden Briefe in einem Posteingangsbuch erfasst. Berlin, den 01. Februar 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Feb. 2016