Drucksache 17 / 17 768 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 13. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Januar 2016) und Antwort Unterbringung Geflüchteter 2016 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele geflüchtete Menschen sind seit September 2015 nach Berlin gekommen? Wie viele dieser Menschen haben die Stadt im gleichen Zeitraum wieder verlassen ? (bitte pro Monat nach Zugängen und Abgängen aufschlüsseln) Zu 1.: In der bundesweit eingesetzten IT-Anwendung „EASY“ (Erstverteilung der Asylbegehrenden) wurden Asylsuchende wie folgt als Flüchtlinge registriert und gemäß § 45 Absatz 1 Asylgesetz (AsylG; vormals Asylverfahrensgesetz – AsylVfG) in das Land Berlin verteilt: September 2015: 8.223 Oktober 2015: 8.667 November 2015: 9.908 Dezember 2015: 7.188 Januar 2016: 4.663 Diese Zahlen stehen unter Vorbehalt nachträglicher Korrekturen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), da bei der Erfassung nach dem EASY-Verfahren Fehl- und Mehrfachbuchungen systembedingt nicht völlig ausgeschlossen werden können. Demgegenüber sind nach Erkenntnissen des landesweiten Koordinierungsstabs Flüchtlingsmanagement (LKF) geflüchtete Menschen in folgender Zahl nach Berlin gekommen : September 2015 : 12.972 (seit 05.09.) Oktober 2015: 16.150 November 2015: 17.020 Dezember 2015: 10.828 Januar 2016: 5.419 Unter der Prämisse, dass keine fehlerbehaftete Datenerfassung zu Grunde liegt, geht der Senat davon aus, dass die Diskrepanz zwischen den LKF- und den EASYbasierenden Zahlen im Wesentlich auf drei ursächlichen Faktoren beruht: (erstens) Personen, die in Berlin noch auf ihre Registrierung (und damit Erfassung in EASY) warten - oder bewusst auf eine Registrierung verzichten und „untertauchen“ -, (zweitens) Personen, die zwar bereits registriert wurden, aber von Berlin in ein anderes Bundesland verteilt wurden und (drittens) Personen, die Berlin vor ihrer Registrierung als Flüchtlinge mit unbekanntem Ziel wieder verlassen haben (deren Anzahl kann schon wegen der innerhalb der Bundesrepublik Deutschland geltenden Freizügigkeit und des Wegfalls der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zwischen den Mitgliedsstaaten des Schengener Abkommens nicht valide ermittelt werden). Daher kann als belastbare Erhebungsgrundlage hinsichtlich der Zahl der geflüchteten Menschen, die im gleichen Zeitraum Berlin wieder verlassen haben, nur auf die Statistik der International Organization for Migration (IOM) zurückgegriffen werden, die im Auftrag von Bund und Ländern die humanitären Hilfsprogramme REAG und GARP administriert (zu den Begriffsbestimmungen und Programmmodalitäten wird auf die Online- Veröffentlichung http://germany.iom.int/sites/default/files/REAG/REAG- GARP-2016-Infoblatt-Deutsch.pdf verwiesen): Danach sind aus Berlin im Rahmen dieser Programme Personen wie folgt ausgereist (eine Zuordnung der ausgereisten Personen zum Einreisezeitpunkt ist allerdings statistisch nicht ausgewiesen): September 2015: 51 Oktober 2015: 51 November 2015: 54 Dezember 2015: 45 Januar 2016: 55 Gesicherte statistische Erkenntnisse über die Anzahl derjenigen geflüchteten Menschen, die im erfragten Zeitraum außerhalb der vorgenannten Rückkehrprogramme aus Berlin ausgereist sind, liegen aus den vorgenannten Gründen nicht vor. 2. Wie viele geflüchtete Menschen haben sich mit Stichtag 11. Januar 2016 in Berlin aufgehalten? Wie viele Menschen hätte Berlin zum gleichen Stichtag laut Königsteiner Schlüssel aufnehmen müssen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 768 2 4. Wie viele Unterbringungsplätze für geflüchtete Menschen standen in Berlin mit Stichtag 11. Januar 2016 zur Verfügung und wie vieler dieser Plätze waren tatsächlich belegt? (bitte aufschlüsseln nach Art der Unterkunft) Zu 2. und 4.: Diese Fragen können nur auf der Grundlage der von der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) gefertigten und in der Regel wöchentlich aktualisierten Belegungsstatistik beantwortet werden. Danach verfügte die BUL zum Erfassungsstichtag 02.02.2016 über eine Gesamtkapazität (bezogen auf alle Aufnahmeeinrichtungen , sonstige Gemeinschaftsunterkünfte, vertragsfreie Ein-richtungen sowie Notunterkünfte) von 44.267 Plätzen , von denen 42.407 Plätze belegt waren. Darüber hinaus waren 626 Personen in Hostels oder ähnlichen Beherbergungsbetrieben untergebracht. Weitergehende valide statistische Daten über die Zahl der tatsächlich am genannten Stichtag in Berlin aufhältlichen geflüchteten Menschen liegen nicht vor. Bundesweit wurden im Januar 2016 91.671 Personen als Asylbegehrende im EASY-System registriert. Die Aufnahmequote des Landes Berlin beträgt nach § 45 Absatz 1 AsylG 5,04927 Prozent, das entspricht einer absoluten Zahl von 4.629 Personen. Wie aus der Antwort zu Frage 1 hervorgeht, wurden in diesem Zeitraum tatsächlich 4.663 Asylsuchende im EASY-System nach Berlin verteilt. 3. Von welcher Prognose geht der Senat bei seinen Planungen für die Zahl der geflüchteten Menschen aus, die bis Ende 2016 nach Berlin kommen bzw. die Stadt im gleichen Zeitraum verlassen werden? 5. Wie viele Unterbringungsplätze plant der Senat bis Ende 2016 bereitzustellen? (bitte soweit möglich aufschlüsseln nach Art der Unterkunft, Stand der Planung, Kapazität und Standort) Zu 3. und 5.: Nach § 44 Absatz 2 AsylG teilt das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle den Ländern monatlich die Zahl der Zugänge von Asylbegehrenden, die voraussichtliche Entwicklung und den voraussichtlichen Bedarf an Unterbringungsplätzen mit. In der Verwaltungspraxis wird die Zuzugsprognose den Bundesländern allerdings nicht monatlich, sondern wiederholt unterjährig übermittelt und erwies sich in den zurückliegenden Jahren zudem regelmäßig als hinter den tatsächlichen Zuzugszahlen zurückbleibend. Für die Jahre 2016/2017 bleibt bei einem weiteren angenommenen bundesweiten Zugang in Höhe von 1 Mio. Flüchtlingen pro Jahr der Flüchtlingsbestand durch den ermittelten monatlichen Abgang von ca. 8,4 % des Bestandes am Jahresende bei rd. 50.000 stabil. Von dieser Zahl ausgehend, wird der Senat die notwendige Anzahl von Unterbringungsplätzen bereitstellen. Dabei werden sowohl Gemeinschaftsunterkünfte neu errichtet als auch Bestandsgebäude entsprechend ertüchtigt. Auf weitere Notunterkünfte wird jedoch voraussichtlich nicht verzichtet werden können. Die jeweiligen Standortplanungen werden mit den Bezirken abgestimmt. 6. Wie viele geflüchtete Menschen leben nach Kenntnis des Senats außerhalb der ihnen zugewiesenen Unterkünfte ? Zu 6.: Hierzu liegen keine statistischen Daten vor. 7. Wie bewertet der Senat Forderungen, es geflüchteten Menschen zu ermöglichen, auch außerhalb zugewiesener Unterkünfte privat zu wohnen? Zu 7.: Leistungsberechtigte nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die gesetzlich nicht mehr zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung verpflichtet sind, können in Berlin eine Mietwohnung beziehen, sofern die Miete im Sinne der (ent-sprechend Anwendung findenden) Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leis-tungen gemäß § 22 SGB II und §§ 35 und 36 SGB XII (AV-Wohnen) vom 16.06. 2015 - in der geänderten Fassung vom 24.11. 2015 - angemessen ist. Der Berliner Senat unterstützt die Wohnungsvermittlung an Asylsuchende durch das Programm „Wohnungen für Flüchtlinge“. Es wird vom Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) betreut. In der Beratungsstelle des EJF in Haus K auf dem LAGeSo-Gelände erhalten interessierte Flüchtlinge Unterstützung bei der Wohnungssuche . Auch Vermieterinnen und Vermieter, die eine Wohnung an Flüchtlinge vermieten möchten, können sich hier beraten lassen. Im Jahr 2015 konnte mehr als 2.000 Asylsuchenden im Rahmen dieser Unterstützung der Bezug einer Mietwohnung ermöglicht werden. Es ist allerdings erforderlich, dass bei einem Umzug in eine Mietwohnung die Abmeldung bei der Gemeinschaftsunter - oder Notunterkunft erfolgt, in der die Betroffene oder der Betroffene bisher untergebracht war. Nur dadurch können unberechtigte Doppelleistungen vermieden und es kann sichergestellt werden, dass nicht mehr benötigte Unterkunftsplätze schnellstmöglich neu vergeben werden können. Aus diesem Grund sind die Betreiberinnen und Betreiber von Flüchtlingsunterkünften vertraglich verpflichtet, durch Auszug frei werdende Plätze täglich der BUL zu melden, damit über diese unverzüglich erneut verfügt werden kann und keine Belegausfallkosten anfallen. Berlin, den 05. Februar 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Feb. 2016)