Drucksache 17 / 17 802 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Carsten Schatz und Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 26. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Januar 2016) und Antwort Steuerliche Gemeinnützigkeit für den homo-und transfeindlichen Verein „Zivile Koalition e.V.“ Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Nach welchen Kriterien wird ein Verein für steuerliche Zwecke als gemeinnützig eingestuft? Zu 1: Körperschaften können nur dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie die Voraussetzungen der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) erfüllen. Nach diesen Vorschriften ist eine Körperschaft nur dann gemeinnützig, wenn sie nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung selbstlos, ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit fördert (§ 52 Abs. 1 AO). Die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft hat u.a. zur Folge, dass die Körperschaft, soweit sie gemeinnützige Zwecke verfolgt, von der Körperschaft- und Gewerbesteuer freigestellt wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz und § 3 Nr. 6 Gewerbesteuergesetz) und berechtigt ist, Zuwendungsbestätigungen auszustellen . Die Überprüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, nimmt das zuständige Finanzamt im Rahmen des sog. Anerkennungsverfahrens für die Gemeinnützigkeit vor. Dabei prüft es zunächst, ob die Satzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht und nachfolgend im Rahmen des sogenannten Freistellungsverfahrens , ob die tatsächliche Geschäftsführung diesen Satzungsregelungen entspricht. Die Körperschaften sind verpflichtet, neben den Körperschaft - und Gewerbesteuererklärungen eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben und eine Aufstellung über das Vermögen am Ende des Kalenderjahres bzw. den Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung ) sowie den Geschäfts- oder Tätigkeitsbericht vorzulegen. Die Finanzämter prüfen bundesweit die Steuerbefreiung grundsätzlich im Dreijahresturnus. Die Prüfung umfasst den gesamten Dreijahreszeitraum. Wenn besondere Gründe dafür Anlass geben, erfolgt die Prüfung jährlich (umfangreiche wirtschaftliche Geschäftsbetriebe). Im Rahmen der Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung prüft das Finanzamt u.a. auch das sog. Mittelverwendungsgebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO, welches den gemeinnützigen Körperschaften die Verpflichtung aufgibt, ihre Mittel ausschließlich- zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke zu verbrauchen. 2. Wie erfolgte die Prüfung dieser Kriterien für den Verein „Zivile Koalition e.V.“? 4. Sind dem Senat die Vorwürfe gegen den Verein „Zivile Koalition e.V.“ wegen Veruntreuung von Spendengeldern aus dem Jahr 2013 bekannt? Wenn nein, warum nicht? 5. Wenn ja, wurden diese überprüft und welche Konsequenzen wurden gezogen? Zu 2., 4. und 5: Zu Einzelfällen dürfen grundsätzlich keine Auskünfte gegeben werden. Alle Informationen aus dem Besteuerungsverfahren, die einen Steuerfall betreffen , sind durch das Steuergeheimnis i. S. d. § 30 AO geschützt und dürfen daher ohne Zustimmung des Betroffenen grundsätzlich nicht offenbart werden. 3. Ist dem Senat bekannt, dass der Verein „Zivile Koalition e.V.“ homo- und transfeindliche Ziele verfolgt? Wenn nein, warum nicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 802 2 6. Wie beurteilt der Senat die Arbeit des Vereins in Hinblick auf die in den Richtlinien der Regierungspolitik festgehaltenen Ziele des Senats zur weiteren Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bi-, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen? Zu 3 und 6: Außerhalb des Besteuerungsverfahrens liegen dem Senat folgende Erkenntnisse vor: Der Senat von Berlin hat Kenntnis vom Zweck des Vereins „Zivile Koalition e.V.“, der in der Vereinssatzung in der Fassung vom 25.07.2006 beschrieben wird mit „Förderung der Wissenschaft und des Schutzes von Ehe und Familie“. Darüber hinaus sind dem Senat Aktivitäten des Vereins bekannt, die der Verwirklichung des Satzungszweckes dienen sollen, wie z.B. der „Marsch für das Leben“, die „Demo für alle“, „besorgte Eltern“ und die „Initiative Familienschutz“. Alle genannten Beispiele lassen erkennen, dass der Verein die heterosexuelle Ehe mit Kindern als das einzig erstrebenswerte Lebensmodell propagiert, die Norm der Zweigeschlechtlichkeit dabei das zentrale Verständnis von Geschlecht darstellt und ausschließlich diese Werte in Schulen vermittelt werden sollen. Diese Aktivitäten stehen den in den Richtlinien der Regierungspolitik festgehaltenen Zielen des Senats zur weiteren Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie trans- und intergeschlechtlichen Menschen entgegen. Berlin, den 10. Februar 2016 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Feb. 2016)