Drucksache 17 / 17 863 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 26. Januar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Januar 2016) und Antwort Geflüchtete Datenerfassung I – Ist-Zustand und Vergangenheit Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Bei der ersten Registrierung der Geflüchteten im LAGeSo werden personenbezogene Daten von Geflüchteten a) in wie vielen unterschiedlichen Datenbanken mit jeweils welchen Datenfeldern erfasst? b) Über welche Schnittstellen in welchen anderen Datenbanken synchronisiert oder übertragen? Zu 1. a) und b): Personenbezogene Daten werden bei der ersten Registrierung in die Software Scopeland eingetragen . Dabei werden folgende Daten erfasst: Asylbegehren: ja/nein, Name, Vorname, Geburtsdatum , anwaltliche Vertretung, EASY-Optionsnummer, Sachbearbeiter/in, bearbeitender Standort, Einreiseweg, Erstaufnahmedatum, Anschrift, Geburtsort, Geburtsland, Staatsangehörigkeit, Volkszugehörigkeit, wenn angegeben , Familienstand, einbehaltene Unterlagen, eventuell Familienangehörige im Inland. Von Personen über vierzehneinhalb Jahren wird ein Lichtbild aufgenommen und in Scopeland gespeichert. Bei Berlin zugewiesenen Asylsuchenden werden die Personendaten (Name, Vorname, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Geburtsort und -land und das Lichtbild über eine gesicherte Onlineanbindung an das Meldeportal der Krankenkassen zum Zwecke der Erzeugung einer elektronischen Gesundheitskarte übertragen . Außerdem werden die Grunddaten, wie Name, Vorname , Geburtsdatum, Einreisedatum, aufnehmende Dienststelle, Geburtsort und Staatsangehörigkeit ins Ausländerzentralregister (AZR) eingetragen. Eine Übertragung in andere Datenbanken erfolgt nicht. 2) Ende des Jahres 2015 sollen bis zu 70.000 Geflüchtete nur von Hand auf Papier registriert gewesen sein. a) Ist diese Zahl zutreffend? b) Ist die analoge Erfassung von Geflüchteten aufgearbeitet und vollständig digitalisiert? Wenn nicht, wie weit ist der Fortschritt und wann ist mit einem Abschluss zu rechnen? c) Findet eine vorläufige, papiergebundene Erfassung noch immer statt? Falls ja, welche Maßnahmen ergreift der Senat um diesen Missstand bis wann abzuschaffen? Zu 2. a) bis c): Im Sommer 2015 hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) kurzzeitig mit mobilen Teams in Unterkünften Personalbögen zu Asylsuchenden aufgenommen, die nachfolgend am Standort Turmstraße digitalisiert wurden. Die Anzahl kann nicht mehr qualifiziert belegt werden. Die Verfahrensweise hat sich im Verwaltungsablauf nicht bewährt und wurde daher eingestellt. 3) Bei der Erfassung von wie vielen Geflüchteten in Berlin haben wie viele welche Art von „freiwilligen Angaben “ nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 Nr. 5 AZRG gemacht? a) Werden diese Daten gesondert gehandhabt, insbesondere wenn es sich um „besondere Arten personenbezogener Daten“ nach § 3 Abs. 9 BDSG handelt? b) Wie sieht die – grundsätzlich schriftlich zu erfolgende – Einwilligungserklärung aus und wie wird diese dokumentiert? Zu 3.: Statistiken in Bezug auf mögliche freiwillige Angaben werden nicht geführt. a) Sollten freiwillig Angaben gemacht werden, um z. B. besondere Unterbringungen zu erhalten, wird dies, soweit diese Maßnahme erforderlich ist, im Rahmen der Möglichkeiten berücksichtigt. b) Da die Angaben freiwillig erfolgen, wird keine Einwilligungserklärung abgegeben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 863 2 4) a) Wie viele Geflüchtete wünschten den Eintrag einer Übermittlungssperre nach § 4 AZRG in den Jahren seit 2011 und in wie vielen Fällen wurde diesen Anträgen entsprochen? b) Welche Gründe wurden dabei von den Geflüchteten jeweils geltend gemacht und welche lagen den stattgebenden Entscheidungen zugrunde? Zu 4. a) und b): Es werden lediglich die in der Antwort zu Frage 1. aufgezählten Grunddaten ins AZR eingetragen . Eine Eintragung von Übermittlungssperren erfolgt durch das LAGeSo nicht. Bislang wurden auch keine derartigen Anliegen vorgebracht. 5) Ende des vergangenen Jahres wurde ein neues Fachverfahren zum Flüchtlingsmanagement angekündigt, das zunächst in Berlin und dann auf Bundesebene eingeführt werden sollte: a) Sollen die Altfälle in das neue System integriert werden oder dies nur für Neuerfassungen genutzt werden. Wenn ja, bitte Beantwortung der Fragen unter b), wenn nicht unter c). b) Gibt es Schnittstellen zu dem vorhandenen System oder ist das angekündigte Managementsystem eine Weiterentwicklung von EASY und Welchen Zeitraum und Arbeitsaufwand veranschlagt der Senat für eine Überführung oder Aktualisierung des Datenbestandes? c) Gibt es einen Zeit- und Kostenplan für die Einführung und wie sieht dieser aus und ist es vorgesehen, in einer Übergangszeit Datenbestände doppelt zu führen, wenn ja, wie lange? d) Wie ist der Projektstand in Berlin und auf Bundesebene und e) Wie viele Einzelfälle/-datensätze sind davon in Berlin betroffen? Zu 5.: Anfang November 2015 wurde in Berlin geprüft , ob für die Erfassung der neu in Berlin ankommenden Asylsuchenden ein Verfahren eingesetzt werden kann, bei dem u. a. die Fingerabdruckdaten für eine eindeutige Identifizierung elektronisch erfasst und bis zur Verfügbarkeit eines Bundessystems zwischengespeichert werden können. Kurz darauf wurden die ersten Überlegungen des Bundes bekannt, die Erstregistrierung durch das Gesetz zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken (Datenaustauschverbesserungsgesetz ) neu zu regeln. Daraufhin wurden die Aktivitäten für ein Landessystem zunächst ausgesetzt. Das Gesetz ist nunmehr in Kraft getreten und sieht u. a. die Registrierung Asylsuchender mit Erfassung der Daten einschließlich des Lichtbildes und der Fingerabdruckdaten und die Speicherung der Daten in einer zentralen Datei vor. Mit Einführung des Verfahrens wird das Format der bisherigen Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA) um den Ankunftsnachweis ergänzt. Vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dem Bundesverwaltungsamt (BVA) und der Bundesdruckerei werden im Auftrag des Bundesministerium für Inneres (BMI) seit Anfang Dezember 2015 das Kerndatensystem, die erforderlichen Schnittstellen zu den vorhandenen Bundesverfahren, das Programm zur Erstregistrierung und der Vordruck des Ankunftsnachweises sowie die erforderliche Hardware entwickelt bzw. beschafft . Das Verfahren soll ab der zweiten Februarhälfte 2016 in den Ländern eingeführt werden. Die Einführung soll bis Anfang Juli 2016 abgeschlossen sein. Berlin ist Pilot- und Starterland, so dass das neue Verfahren voraussichtlich Ende Februar 2016 in Berlin eingesetzt werden kann. a) Das neue System ist erforderlich, um den Ankunftsnachweis ausdrucken zu können. Die Daten der erfassten Altfälle sind bereits im AZR gespeichert. Sofern ein neuer Ankunftsnachweis ausgestellt werden muss, können die Daten voraussichtlich ab März 2016 aus dem AZR abgerufen werden. Die Erfassung des Lichtbildes und der Fingerabdruckdaten der Altfälle erfolgt bei einer erforderlich werdenden Verlängerung der BüMA, spätestens bei der Antragstellung beim BAMF. b) Für den jetzt gesetzlich möglichen Abruf (teilweise ab 01.11.2016 – siehe Artikel 14 des Gesetzes) der berechtigten Behörden wird vom BAMF bzw. dem BVA kurzfristig eine Exportschnittstelle zur Verfügung gestellt. Ein Zusammenhang mit EASY besteht insoweit nicht. Da die Schnittstellenbeschreibungen noch nicht vorliegen , kann weder der Zeit- noch der Arbeitsaufwand prognostiziert werden. c) Ein Zeit- und Kostenplan ist nicht erstellt worden. d) Auf die Ausführungen zu Frage 5 wird verwiesen. e) Auf die Ausführungen zu Frage 5a) wird verwiesen. 6) Wie lange sind die Wartungsfenster von Pro- Soz/OPEN in welchen Zeiträumen und zu welchen regelmäßig auftretenden Ereignissen jeweils? Zu 6.: Aktuell steht das System regelmäßig mittwochs von 16.00 bis 19.00 Uhr wegen Systemarbeiten nicht zur Verfügung. Sind diese schneller abgeschlossen, wird das System ggf. vor 19.00 Uhr wieder freigegeben. Darüber hinaus ist das System werktäglich ab 19.00 Uhr durch das IT-Dienstleistungs-zentrum Berlin (ITDZ Berlin) gesperrt, da dann die nächtliche Verarbeitung zur Durchführung der Datensicherung und von Rechenläufen u. ä. läuft, die in der Regel bis zum Morgen andauert. An den Wochenenden werden die globalen Verarbeitungsläufe wie z. B. zur Zahlbarmachung oder zum Rentenauskunftsverfahren durchgeführt. 7) Worin genau lag die Ursache des Scheiterns der „mobilen Registrierungsteams“ im Sommer vergangenen Jahres (fehlende mobile Netzwerkzugriffsmöglichkeit, fehlende Software, fehlende Schnittstelle der Software o.ä.)? Sind Maßnahmen geplant, die eingesetzte IuK- Technik für einen mobilen Einsatz zu ertüchtigen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 863 3 Zu 7.: Der Einsatz mobiler Registrierungsteams hat sich nicht bewährt, da die eingesetzte Software keine Schnittstelle zu der im LAGeSo eingesetzten Software hatte. Die Daten mussten anschließend in die Bearbeitungssysteme übertragen werden, was das Auftreten von Eingabefehlern nach sich zog. Auch die ausgegebenen Terminmarken entsprachen nicht dem Wartenummern-System am Standort Turmstraße . Berlin, den 10. Februar 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Feb. 2016)