Drucksache 17 / 17 927 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 03. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Februar 2016) und Antwort Noch mehr offene Fragen zum Mord an Burak B.: Ermittlungen im Zusammenhang mit Rolf Z., dem mutmaßlichen Mörder von Luke H. Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Mit welchen konkreten Ermittlungsschritten wird ein Zusammenhang zwischen den beiden Taten überprüft? Zu 1.: Es erfolgten kriminaltechnische Untersuchungen der bei Rolf Z. aufgefundenen Munition, Munitionsteile und der Schusswaffe. Dabei konnte kein Zusammenhang zum Fall des Burak B. festgestellt werden. Weitere Erkenntnisse aus den Ermittlungsverfahren werden fortlaufend einer vergleichenden Analyse zugeführt. 2. Wird im Mordfall an Luke H. mit Blick auf ein rechtes Tatmotiv ermittelt? Zu 2.: Die Ermittlungen im Fall Luke H. sind seit dem 14. Januar 2016 abgeschlossen und wurden - wie bei derartigen schweren Straftaten üblich - ergebnisoffen in alle Richtungen geführt. Dabei wurde auch ein rechtes /ausländerfeindliches Motiv auf Seiten des nunmehr Angeschuldigten für möglich erachtet. Belastbare Hinweise auf ein solches haben sich indes nicht ergeben. Der Angeschuldigte hat sich bislang zum Tatvorwurf nicht eingelassen, so dass sein Tatmotiv bisher ungeklärt ist. 3. Aufgrund welcher Erwägungen geht die Berliner Staatsanwaltschaft nicht offen mit der Information um, dass bei der Wohnungsdurchsuchung von Rolf Z. NS- Devotionalien gefunden wurden? Geht es unter anderem darum, die Öffentlichkeit in dieser Hinsicht nicht zu beunruhigen ? Zu 3.: Die Ergebnisse zur Durchsuchung der Wohnung des Angeschuldigten sind den Ermittlungsakten zu entnehmen. Einzelheiten zu strafprozessualen Maßnahmen und ihren Ergebnissen werden vor Abschluss der Ermittlungen grundsätzlich nicht öffentlich gemacht, zum Beispiel aus datenschutzrechtlichen Erwägungen oder um die ordnungsgemäße Durchführung des Ermittlungsverfahrens nicht zu beeinträchtigen. 4. Angehörige des Opfers und Zeugen im Mordfall Holland weisen das in der Öffentlichkeit verbreitete Mordmotiv „Ruhestörung“ entschieden zurück. Welche Kenntnisse hat der Senat dazu, ob die zuständige Mordkommission oder die Staatsanwaltschaft Informationen zum Motiv „Ruhestörung“ veröffentlicht hat? Sind die genannten Behörden Gerüchten über ein Mordmotiv „Ruhestörung “ entgegengetreten? Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Weder die Staatsanwaltschaft Berlin noch die zuständige Mordkommission im Landeskriminalamt (LKA) Berlin haben zu irgendeinem Zeitpunkt als mögliches Mordmotiv den Gesichtspunkt der „Ruhestörung“ ins Gespräch gebracht oder Entsprechendes veröffentlicht. Die Verbreitung von - oftmals unzutreffenden - Spekulationen in den Medien ist in öffentlichkeitswirksamen Fällen wie diesem nicht unüblich. Da im vorliegenden Fall das Tatmotiv nicht bekannt ist, kann hierzu auch nicht öffentlich Stellung genommen werden. Anhaltspunkte auf ein Motiv „Ruhestörung“ haben die Ermittlungen - ebenso wie zu anderen möglichen Motivlagen - nicht ergeben. Die weitere Ermittlung des Tatmotivs bleibt nun Aufgabe der Hauptverhandlung. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 927 2 5. Wurde die 6. Mordkommission im Zuge der Ermittlungen zu einer möglichen Verbindung von Rolf Z. zum Mord an Burak B. personell erweitert? Wie viele Polizeibeamte sind aktuell mit den Ermittlungen beschäftigt ? Zu 5.: Eine konkrete Bezifferung ist nicht möglich, weil anlassbezogen mit unterschiedlichem Personalansatz ermittelt wird. 6. Weshalb wurde nach einem Hinweis auf Rolf Z. als möglichem Tatverdächtigen im Fall Burak B. im Dezember 2013 dieser nicht von der Polizei vorgeladen? Warum wurden Munitionsfunde aus einer früheren Durchsuchung der Wohnung von Rolf Z. nicht zeitnah mit Munition und Hülsen aus dem Fall Burak B. abgeglichen? Ist ein solcher Abgleich nachgeholt worden und mit welchem konkreten Ergebnis? Zu 6.: Die 2013 vorliegenden Informationen haben nicht zur Erhebung eines Tatverdachts bezüglich Rolf Z. ausgereicht. Sie datierten aus einer Zeit weit vor der Tat und ließen sich durch weitere Ermittlungen nicht zur Begründung eines aktuellen Tatverdachts verdichten. 2013 wurden die Munitionsfunde verglichen. Keine der 2006 bei der Durchsuchung gefundenen Patronen hatte ein zur im Jahr 2012 verwendeten Tatwaffe passendes Kaliber. 7. Der damalige Hinweisgeber hat inzwischen im RBB-Podcast von Philip M. seine Aussage konkretisiert: Rolf Z. soll von einem Schießstand im Keller seines Bruders an dessen Wohnort in der Nähe des Krankenhauses Neukölln gesprochen haben. Ebenfalls von Philip M. recherchiert wurde, dass tatsächlich ein mittlerweile verstorbener Bruder von Rolf Z. in unmittelbarer Nähe des Tatortes im Fall Burak B. gewohnt hat. Ist an diesem Ort nach einem Schießstand im Keller und Hinweisen auf Waffen und Munition gesucht oder gegebenenfalls kriminaltechnisch untersucht worden? Zu 7.: Der vermeintliche Bruder des Rolf. Z. konnte seinerzeit nicht ermittelt werden, so dass weitere Ermittlungen zu einem Schießstand nicht geführt wurden. 8. Wie bewertet der Senat, dass keine Gegenüberstellung oder Lichtbildvorlage von Rolf Z. mit Augenzeugen des Mordes an Burak B. durchgeführt wurde? Zu 8.: Keiner der Zeuginnen und Zeugen konnte das Gesicht der Täterin beziehungsweise des Täters wahrnehmen . Insofern war nach dem Fall Rolf Z. weder eine Gegenüberstellung noch eine Lichtbildvorlage durchzuführen . Dem widerspricht auch nicht die Tatsache, dass in einer sehr frühen Phase des Ermittlungsverfahrens Wahllichtbildvorlagen durchgeführt wurden; diese haben die Einschätzung zur Wahrnehmung der Zeuginnen und Zeugen nur verstärkt. 9. Ein Überlebender im Mordfall Burak B. hat aus der Presse von der Festnahme des Tatverdächtigen Rolf Z. erfahren und sich daraufhin von sich aus an die Polizei gewandt und für eine Gegenüberstellung zur Verfügung gestellt. Wie bewertet der Senat, dass ihm eine Gegenüberstellung mit der Begründung verweigert wurde, er und die anderen Zeugen hätten damals nicht von einem Täter mit Bart berichtet? Wie bewertet der Senat, dass gegenüber dem Anwalt der Familie B. diese Begründung wiederholt wurde? Ist dem Senat bekannt, dass Bärte kein unveränderbares Merkmal einer Person darstellen? Zu 9.: Die Tatsache, dass Rolf Z. einen Bart trägt, stellte zu keiner Zeit den Hinderungsgrund für eine Gegenüberstellung dar. Die im Zusammenhang mit der Tötung des Luke H. geführten Ermittlungen zur Person des Rolf Z. ergaben jedoch, dass dieser nach Angaben mehrerer Zeuginnen und Zeugen sein Aussehen in den vergangenen Jahren so gut wie nicht verändert hat. Zu den weiteren Gründen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Berlin, den 18. Februar 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Feb. 2016)