Drucksache 17 / 17 930 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 03. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Februar 2016) und Antwort Wie steht es um das Jobportal der Berliner Landesverwaltung? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Begriffsklärung: In der vorliegenden Anfrage wird der Begriff „Jobportal“ verwendet. Diese Bezeichnung ist missverständlich und bezieht sich im engeren Sinne nur auf das Berliner Karriereportal. Inhaltlich zielt die Anfrage jedoch auf das Gesamtverfahren „E-Recruiting“, welches sich aus drei Teilprojekten bzw. -komponenten zusammensetzt : 1.) Zentrales Berliner Karriereportal mit integrierten Stellenbörsen (www.berlin.de/karriereportal) 2.) IT-gestütztes Bewerbungs- und Einstellungsmanagement (Vorgangsbearbeitungssystem) 3.) Eignungsdiagnostische Verfahren Für die Teilkomponente 1.) wird das Standard- Content-Management-System für die Berliner Verwaltung „Imperia“ eingesetzt. Bei den Teilkomponenten 2.) und 3.) kommt das IT-Verfahren „enterprise recruitment 7“ der Firma (Fa.) rexx Systems GmbH mit integrierter Personaleignungsdiagnostik „cut-e mapTQ System“ zur Anwendung. 1. Wie zufrieden zeigt sich der Senat mit dem Entwicklungs - und Umsetzungsstand des Jobportals der Berliner Landesverwaltung, welches im Rahmen des Modernisierungsprogramms ServiceStadt Berlin 2016 als Online Bewerbungs- und Einstellungsmanagement (E-Recruiting) entwickelt wurde? Zu 1.: Das Projekt wurde im März 2012 gestartet und hat eine Laufzeit bis Ende 2016. Ziel des Projektes ist es, den Arbeitsaufwand sowohl auf Seiten der Bewerberinnen und Bewerber als auch auf Verwaltungsseite durch die Umstellung auf vollständig IT-gestützte und medienbruchfreie Geschäftsprozesse zu reduzieren. Aus Sicht des Senats verläuft das Projekt bisher insgesamt sehr erfolgreich. So konnten die erwarteten kurzfristigen Effizienzgewinne („Quick Wins“) in weiten Verwaltungsbereichen - vor allem bei der Einstellung von Nachwuchskräften - mit nachhaltiger Wirkung erzielt werden. Längerfristig werden weitere dauerhafte Effizienz-Gewinne durch die Standardisierung der Geschäftsprozesse und Aufgabenbündelung im Sinne von Shared-Services erwartet . Der landesweite Rollout ist weiterhin im Gange und soll bis Ende 2016 abgeschlossen werden. Dieser Prozess wird zentral von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport koordiniert und die o. g. IT-Verfahren aus zentralen Mitteln finanziert. Die Umsetzungsverantwortung liegt jedoch aufgrund des Organisationsprinzips der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung bei den jeweiligen Behörden. 2. Welche Vorteile für das Stellenausschreibungsverfahren verspricht sich der Senat durch den Einsatz des Jobportals bezüglich der Länge der Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren, der behördeninternen Geschäftsprozesse und der Einbindung der Personalvertretungen? Zu 2.: Nach Aussage einzelner Einstellungsbehörden konnten durch die digitalisierten Geschäftsprozesse allein bei der Datenerfassung und der Kommunikation mit den Bewerberinnen und Bewerbern Zeitgewinne von bis zu 50 Prozent erzielt werden. Die Einstellungstests bei der Nachwuchskräftegewinnung für den allgemeinen Verwaltungsdienst sowie für die Steuer- und Justizverwaltung wurden von einem sehr aufwendigen „Papier- und Bleistift-Verfahren“ auf vollständig IT-gestützte Abläufe umgestellt. Dadurch konnten weitere erhebliche Effizienzgewinne realisiert werden. Bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber können die Entscheiderinnen und Entscheider sowie die Beschäftigtenvertretungen ebenfalls elektronisch beteiligt werden, so dass beispielsweise aufwendige Kopierarbeiten von Bewerbungsunterlagen entfallen. Durch das E-Recruiting-System konnten in zahlreichen Behörden bereits wesentliche Teilprozesse bei den Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 930 2 Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren beschleunigt bzw. erleichtert werden. Die Länge von Einstellungsverfahren unterliegt jedoch zwei wesentlichen Faktoren: Zum einen den rechtlichen Bestimmungen und zum anderen den teilweise sehr unterschiedlichen Verfahrensweisen der jeweiligen Behörden. 3. Welche Senatsverwaltungen, Bezirksämter und deren jeweiligen nachgeordneten Stellen beteiligten sich an der Entwicklung des Jobportals? Falls Behörden während der Entwicklungs- und Umsetzungsphase ausgestiegen sind oder bereits im Vornherein nicht teilgenommen haben , wie begründeten diese ihr Verhalten und wie geht der Senat mit der ablehnenden Haltung der betreffenden Behörden um? Zu 3.: An der Projektgruppe zur Entwicklung und Einführung des E-Recruiting-Systems waren folgende Verwaltungen beteiligt: - Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Projektleitung ) - Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft - Senatsverwaltung für Finanzen - Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (einschließlich Kammergericht und Justizvollzug) - Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung - Polizeipräsident in Berlin (Polizei Berlin) - Bezirksamt Neukölln - Bezirksamt Lichtenberg In die Abstimmungsinstanz zum Projekt waren weitere Senatsverwaltungen und Bezirke eingebunden. Insgesamt ist die Akzeptanz zu den Projektergebnissen in allen Verwaltungsbereichen sehr hoch. Insofern kann nach wie vor mit einem erfolgreichen Rollout des landesweiten E- Recruiting-Systems gerechnet werden. Einen Sonderfall stellt die Schulverwaltung dar. Diese führt im Rahmen einer übergeordneten IT-Maßnahme für den Schulbereich (Re-Engineering Lehrer- Informations- Verwaltungssystem - ReLIV) ein eigenständiges E- Recruiting-System auf Basis von SAP Human Capital Management (SAP HCM) ein. Hier wurde die Testphase mittlerweile begonnen und das Beteiligungsverfahren mit der Beschäftigtenvertretung eingeleitet. Ein schrittweiser Go-Live ist ab Mai 2016 vorgesehen. Eine vergleichende Evaluation dieses Verfahrens mit dem landesweiten E- Recruiting- System ist für das Jahr 2018 geplant. 4. Welche Ergebnisse und Erkenntnisse lieferte der Online-Vortest des Jobportals in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie im Bezirksamt Neukölln zwischen November 2012 und April 2013? Inwiefern flossen diese Erkenntnisse und Ergebnisse in dem seit dem 5. November 2014 laufenden Echtbetrieb ein und welche Hürden ergaben sich in diesem Verfahrensschritt? Zu 4.: Im benannten Zeitraum wurde als Übergangslösung ein IT-gestütztes Testverfahren erfolgreich erprobt und wissenschaftlich evaluiert. Die Erkenntnisse daraus sind in das europaweite (EU-weite) Vergabeverfahren zum E-Recruiting-System eingeflossen, das im Juli 2014 abgeschlossen wurde. Das zweistufige Testverfahren (Online-Vortest und der IT-gestützte Präsenztest) führt zu einer verbesserten Bewerberauswahl in Hinsicht auf Ausbildungsfähigkeit und Ausbildungserfolg. Ab November 2014 wurde dann das neue IT- Verfahren für die Eignungsdiagnostik genutzt. Für die Nachwuchskräftegewinnung sind daran mittlerweile alle Bezirke (außer Bezirksamt (BA) Spandau und BA Tempelhof -Schöneberg), die Senatsverwaltungen für Inneres und Sport, die Senatsverwaltung für Finanzen, die Justizverwaltung (Kammergericht) sowie die Justizvollzugsanstalten beteiligt. Seit Oktober 2014 besteht eine Kooperationsvereinbarung mit der Freien Universität Berlin (FU Berlin). Diese stellt für die Präsenztests freie Kapazitäten ihres E- Examination -Centers gegen Kostenerstattung zur Verfügung. Dadurch konnte der Zeit- und Kostenaufwand für die Testverfahren weiter reduziert werden. 5. Welche Senats- und Bezirksbehörden beteiligen sich an dem seit dem 5. November 2014 laufen- den Echtbetrieb ? Wie viele ausgeschriebenen Stellen haben die teilnehmenden Behörden auf dem Jobportal veröffentlicht und trat die anvisierte Beschleunigung der Ausschreibungs - und Stellenbesetzungsverfahrens ein? Falls ja, um welchen Zeitfaktor konnte das Verfahren im Vergleich zur herkömmlichen Bewerbung beschleunigt werden? Falls eine Beschleunigung nicht stattfand, welche Gründe kann der Senat hierfür anführen und wie möchte er das Verfahren zukünftig wie gewünscht beschleunigen? Zu 5.: Mit Stand Februar 2016 beteiligen sich nachstehende Behörden am E-Recruiting- Verfahren mit folgendem Status: Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz - Justizverwaltung (Referat Aus- und Fortbildung) - Justizvollzug gesamt Senatsverwaltung für Finanzen - für alle Nachwuchskräfte Senatsverwaltung für Inneres und Sport - Ausbildungs- und Einstellungsbehörde Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung - gesamtes Haus Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg - Nachwuchskräfte Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 930 3 Bezirksamt Lichtenberg - Nachwuchskräfte Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf - Nachwuchskräfte Bezirksamt Mitte - Nachwuchskräfte Bezirksamt Neukölln - Nachwuchskräfte Bezirksamt Pankow - Nachwuchskräfte Bezirksamt Reinickendorf - Nachwuchskräfte Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf - Nachwuchskräfte Bezirksamt Treptow-Köpenick - Nachwuchskräfte Bei den zuvor genannten Behörden ist bisher nur in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung ein Rollout auf die gesamte Dienststelle erfolgt . In den anderen Behörden sollte dieser Schritt bis Ende 2015 erfolgen. Aufgrund der dargestellten Hemmnisse beim Rollout sind hier Verzögerungen eingetreten. Die nachstehenden Behörden befinden sich in der Vorbereitungsphase zur Einführung des E-Recruiting- Systems: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg Bezirksamt Charlottenburg -Wilmersdorf Polizei Berlin (Verwaltung) Berliner Feuerwehr Berliner Forsten IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ) Zentral- und Landesbibliothek Kita-Eigenbetriebe Nord Zwischen dem 5. November 2014 und dem 16. Februar 2016 wurden 145 Stellenausschreibungen über das Jobportal als Bestandteil des E-Recruiting-Verfahrens veröffentlicht. Dabei handelte es sich überwiegend um Masseneinstellungsverfahren von Nachwuchskräften. Die bisherigen Rückmeldungen der am E-Recruiting- Verfahren beteiligten Behörden sind durchweg positiv und lassen im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren auf signifikante Optimierungseffekte bei Stellenbesetzungsverfahren schließen. Wie schon bei Textziffer 2 erwähnt, minimieren sich insbesondere die Aufwände für die Aufbereitung und Auswertung von Bewerbungsunterlagen , für die Kommunikation mit den Bewerberinnen und Bewerbern sowie für die Abstimmungs-, Entscheidungs - und Beteiligungsprozesse. Empirische Daten zu konkreten Zeitersparnissen wurden jedoch nicht erhoben. 6. Haben die teilnehmenden Behörden des Vorab- und Echtbetriebs ausschließlich Onlinebewerbungen akzeptiert oder waren auch klassische Bewerbungsmappen erlaubt? Wenn ja, was veranlasste den Senat und die teilnehmenden Behörden zu dieser Gangart und welche Faktoren waren hierfür ausschlaggebend? Inwieweit wird geplant, eine parallele Akzeptanz von Papier- und Onlinebewerbungen auch im endgültigen Betrieb zu erlauben und warum ? Zu 6.: Grundsätzlich ist die Abgabe von Onlinebewerbungen als Standard vorgesehen und wird entsprechend an die Bewerberinnen und Bewerber kommuniziert . Gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen sind jedoch klassische Bewerbungen in Papierform weiter zulässig. Diese Bewerbungen können jedoch mittels Importschnittstelle (Scanner) in das E-Recruiting-Verfahren eingepflegt und die bewerbungsrelevanten Daten automatisiert herausgelesen werden. „Papierbewerbungen“ stellen bei einem Online-Bewerbungsverfahren aber eine seltene Ausnahme dar. Sie werden akzeptiert, um keine geeignete Bewerberin, bzw. keinen geeigneten Bewerber zu verlieren. 7. In welchen Schritten und zu welchen Zeitpunkten soll sich die vollständige und landesweite Einführung des Jobportals erfolgen? Kann der Senat sein Versprechen aus dem Projektbericht des Modernisierungsprogramms Service Stadt Berlin 2016 vom 28.08.2015 (Drs. 17/2429) einhalten, das endgültige Rollout bis zum Ende 2016 zu bewerkstelligen? Falls nicht, welche Hürden haben sich im Umsetzungsprozess ergeben und wie gedenkt der Senat diese zu beheben? Zu 7.: Entsprechend dem Senatsbeschluss Nr. S- 263/2015 soll das E-Recruiting-System als IT- Querschnittsverfahren in der gesamten unmittelbaren Landesverwaltung bis Ende 2016 ausgerollt werden. Der Rollout hat bisher in mehreren Wellen stattgefunden. Wie schon bei Textziffer 1 angesprochen, liegt die Umsetzungsverantwortung, aufgrund des Organisationsprinzips der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung , jedoch bei den jeweiligen Behörden. Die Verfahrenseinführung stellt bei den betroffenen Beschäftigten der Einstellungsbehörden eine zusätzliche Arbeitsbelastung dar. Aufgrund der Komplexität des Themas und der Notwendigkeit eines dezentralen Projektmanagements zur Verfahrenseinführung in den Behörden ist für manche Akteure die Grenze der Überlastung nahezu erreicht. Ein weiteres Hemmnis beim Rollout des E- Recruiting-Systems ist der Umstand, dass aufgrund der Rechtslage die Verfahrenseinführung in jeder einzelnen Dienststelle ein Beteiligungsverfahren erfordert. Dieser Aufwand ist immens und kann in Zukunft bei vergleichbaren Projekten kaum noch einmal in diesem Umfang bewältigt werden. Dieser schwierigen Situation wurde dadurch begegnet, dass auf Basis einer Formvorgabe des Hauptpersonalrates eine Musterbeteiligungsvorlage zentral erstellt wurde, die von den betroffenen Dienststellen genutzt und jeweils angepasst werden kann. Dieses koor- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 930 4 dinierte Vorgehen ist aber nicht zugleich ein Garant für einheitliche Ergebnisse der Beteiligungsverfahren. So konnten beispielsweise zwei von zwölf Bezirken das Verfahren nicht wie geplant zum 05.11.2014 nutzen. Außerdem haben einzelne Beschäftigtenvertretungen bereits dem Regelbetrieb zugestimmt, die meisten anderen dagegen einem zeitlich befristeten Probeechtbetrieb. Ähnlich gelagert ist die Situation beim Datenschutz. Einerseits hat der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gemäß § 24 Berliner Datenschutzgesetz (BlnDSG) - insbesondere bei verwaltungsübergreifenden Verfahren - weitreichende Kontroll- und Beteiligungsrechte. Andererseits sind die Behördlichen Datenschutzbeauftragten für die Durchführung von Vorabkontrollen sowie die Überprüfung der Maßnahmen zum Datenschutz und der IT-Sicherheit zuständig. Durch zentrale Koordination und Vernetzung der Akteure konnte aber auch hier eine effektivere Arbeitsteilung herbeigeführt werden: Dankenswerterweise haben die Behördlichen Datenschutzbeauftragten - auch der beteiligten Senatsverwaltungen - unter der Federführung der Bezirke Reinickendorf und Neukölln eine exemplarische Vorabkontrolle abgestimmt und dezentral umgesetzt. Gleichwohl war das zentrale Projektmanagement gefordert, diesen komplexen Prozess mit zahlreichen Akteuren zu strukturieren und zu moderieren. Vor dem Hintergrund der geschilderten Erfahrungen hat die Projektgruppe dringend empfohlen, rechtliche und/oder organisatorische Regelungen herbeizuführen, die eine zentrale Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen und der Datenschutzbeauftragten ermöglicht, wenn ein IT-Verfahren behördenübergreifend, wenn auch nicht zwingend landesweit eingesetzt werden soll (vgl. hierzu die Problematik im Zuge des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - OVG 60 PV 10.10 – zum IT-Verfahren „MusiKaOnWeb“). Der angestrebte landesweite Rollout bis Ende 2016 wird also noch einige Anstrengungen in den Behörden erforderlich machen. Möglicherweise wird es in manchen Verwaltungen länger dauern, bis das E-Recruiting-System für alle Einstellungsverfahren genutzt werden kann. Die zentrale verfahrensverantwortliche Stelle bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport wird den betreffenden Verwaltungsbereichen aber alle notwendigen Unterstützungsleitungen für eine erfolgreiche Systemeinführung zur Verfügung stellen. Da das E-Recruiting-System auf Basis eines Rahmenvertrags der gesamten Berliner Verwaltung zur Verfügung steht, sind auch Einrichtungen der mittelbaren Landesverwaltung am Rollout beteiligt. Gängige Praxis in den Behörden ist es, dass die Abteilungen bzw. Fachämter Ein- stellungsverfahren eigenständig durchführen. Dies führt zu unterschiedlichen Vorgehensweisen. Deshalb prüft der Senat im Kontext der Arbeitsgruppe „Wachsende Stadt“, ob durch eine Verwaltungsvorschrift Einstellungsverfahren standardisiert und beschleunigt werden können. Ein weiterer Lösungsansatz liegt ggf. darin, sämtliche Einstellungsverfahren einer Behörde an zentraler Stelle (z. B. im Personalservice ) zu bündeln, wobei die Auswahlentscheidung weiterhin bei den Fachbereichen verbleibt. Dieses Modell wird beispielsweise von den Bezirksämtern Charlottenburg - Wilmersdorf sowie Neukölln vorangetrieben. Eine entsprechende Organisationsempfehlung könnte in Form eines Senatsbeschlusses, unter Beteiligung des Rates der Bürgermeister (RdB) gegeben werden. 8. Inwiefern wurden die Personalsachbearbeiter*innen der teilnehmenden Behörden für die sachgerechte Verwendung des Jobportals der Berliner Landesverwaltung geschult? Wer führte die Fortbildungen aus, in welchem Zeitraum fanden sie statt und was kosteten sie? Zu 8.: Die betreffenden Beschäftigten der Rollout- Behörden wurden und werden im Zuge der Verfahrenseinführung hinreichend geschult (Ein Schulungstag für die Rolle „Sachbearbeitung“, anderthalb Schulungstage für die Rolle „Administration“). Diese Qualifizierungsmaßnahmen wurden entweder von der Firma rexx Systems oder durch Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Inneres und Sport durchgeführt. Die Einweisung in das E- Recruiting-System für sonstige Rollenträgerinnen und Rollenträger (z. B. Fachentscheiderin oder Fachentscheider ) erfolgt nach dem Multiplikationsprinzip, durch die behördlichen Verfahrensadministratorinnen und Verfahrensadministratoren . Die Schulungen in den Jahren 2014 und 2015 (Rollout-Wellen 1 und 2) wurden pau- schal mit 73.000 Euro, bzw. 41.000 Euro vergütet. Ab 2016 werden die Schulungen nach Aufwand abgerechnet. Wenn die Schulungen von der Firma rexx durchgeführt werden, belaufen sich die Kosten für einen Schulungstag auf 2.082,50 Euro für 12 Schulungsteilnehmende. Bisher wurden über 150 Beschäftigte geschult. 9. Liegen dem Senat Daten und Erkenntnisse seitens der behördlichen Personalsachbearbeiter*innen über die Mitarbeiter*innenfreundlichkeit des Jobportals bzw. des E-Recruiting-Systems vor? Falls ja, welche Aussagen lassen sich darauf aufbauend hinsichtlich der Mitarbeiter *innenfreundlichkeit treffen? Wie möchte der Senat benutzerunfreundliche Eigenschaften beheben? Zu 9.: Bei der Auswahl, Einführung und Weiterentwicklung des E-Recruiting-Systems wurden, bzw. werden die Nutzerinnen und Nutzer eng beteiligt. Ein erster systematischer Erfahrungsaustausch der Anwenderinnen und Anwender fand am 18. Juni 2015 statt. Die Ergebnisse sind umfassend im Intranet der Berliner Verwaltung dokumentiert . Insgesamt war die Resonanz auf die ersten sieben Monate des Verfahrensbetriebs durchweg positiv. Gleichwohl gab es zahlreiche Anregungen zur Weiterentwicklung des E-Recruiting-Systems, die im Rahmen eines kontinuierlichen Anforderungsmanagements durch die verfahrensverantwortliche Stelle aufgenommen und abgearbeitet werden. Das zweite Anwenderforum ist für den 16. Juni 2016 geplant. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 930 5 Das Stichwort „benutzerunfreundliche Eigenschaften“ spielt möglicherweise auf die Themen „Barrierefreiheit“ und „Softwareergonomie“ an. Entsprechende Gutachten wurden erstellt und im Zuge der Beteiligungsverfahren den Beschäftigtenvertretungen vorgelegt. Im Ergebnis werden die geltenden Mindestanforderungen durch das E- Recruiting-System erfüllt. Seitens einiger Beschäftigtenvertretungen wird jedoch ein Aspekt problematisiert, der bisher noch nicht eindeutig für die Berliner Verwaltung geregelt werden konnte. Hierbei geht es um die Frage, inwieweit die Anforderungen an die Barrierefreiheit im „Frontend“ (entspricht der Sicht der Bewerbenden auf das IT-Verfahren), gemäß der Barrierefreie Informationstechnik -Verordnung 2.0 (BITV 2.0), auch Gültigkeit für das „Backend“ (Sicht der Verwaltung auf das IT- Verfahren ) haben. Diese Diskussion wird kontrovers geführt. Aus Sicht vieler (potenzieller) Anwenderinnen und Anwender ist die Kontroverse jedoch unverständlich, weil das E-Recuiting-System für sie eine große Arbeitserleichterung darstellt. Um die Diskussion zu entschärfen hat die Senatsverwaltung für Inneres und Sport gegenüber dem Produktanbieter bereits darauf hingewirkt, dass die Barrierefreiheit im Backend noch weiter verbessert wird. 10. Wie wird der Datenschutz für elektronisch übermittelte Bewerbungen bei den eingehenden Behörden gehandhabt? Auf welchen Servern werden die personenbezogenen und daher hoch sensiblen Daten abgespeichert und inwieweit erfüllen diese die datenschutzrechtlichen Standards des Landes Berlin? Zu 10.: Im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bewertung wurde ein verfahrensspezifisches IT- Sicherheitskonzept erstellt und dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zur Prüfung vorgelegt. Dieser konnte keine datenschutzrechtlichen Mängel feststellen, die gegen den Einsatz des E- Recruiting-Systems sprechen. Gleichzeitig wurden technische und organisatorische Maßnahmen aufgezeigt, wie sich der Datenschutz weiter verbessern lässt. Im Rahmen des bereits erwähnten Anforderungsmanagements werden diese Punkte von der verfahrensverantwortlichen Stelle geprüft und ggf. umgesetzt. Die behördlichen Datenschutzbeauftragten haben die Umsetzung des verfahrens- spezifischen Sicherheitskonzeptes in ihrem Zuständigkeitsbereich zu überwachen und nehmen diese Rolle auch aktiv wahr. Das E-Recruiting- System wird als „Software-as-a-Service“ extern betrieben. Gemäß § 3 Berliner Datenschutzgesetz wurde mit den betreffenden Firmen eine Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung abgeschlossen, die Gegenstand der Prüfung durch den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit war. Konkret werden die Bewerbungsdaten von der Fa. Host Europe GmbH (Welserstraße 14, 51149 Köln) und die anonymisierten Daten aus den Eignungstests von der Fa. MCS - Moorbek Computer Systeme GmbH (Essener Bogen 17, 22419 Hamburg) gespeichert, bzw. verarbeitet. Beide Firmen sind sicherheitszertifiziert . Perspektivisch ist geplant, den Verfahrensbetrieb in das ITDZ Berlin zu überführen. 11. Wie bewertet der Senat das Erfolgsversprechen des Jobportals hinsichtlich der landesweiten Einheitlichkeit, wenn auf diesem zum 28.01.2015 nur 39 Stellen ausgeschrieben sind, während sich auf der herkömmlichen Stellenplattform des öffentlichen Dienstes im Lande Berlin 172 Stellenausschreibungen vorfinden lassen, welche einer althergebrachten schriftlichen Bewerbung via Post bzw. Email bedürfen? Zu 11.: Wie bereits unter Textziffer 7 erläutert, ist der Rollout des E-Recruiting-Systems noch nicht abgeschlossen und wird teilweise durch die bestehenden Rahmenbedingungen gehemmt. Der Senat hält jedoch an seinem Ziel fest, das landesweite E- Recruiting-Verfahren als Standardverfahren einzusetzen und ist bestrebt noch in dieser Legislaturperiode die notwendigen Maßnahmen - z. B. durch eine Verwaltungsvorschrift - zu ergreifen. 12. Inwieweit teilt der Senat die Auffassung, dass der fehlende Zwang zur Durchführung von Einstellungsverfahren mithilfe des E-Recruiting-Systems der angestrebten Standardisierung und Vereinheitlichung zuwiderläuft? Mit welchen Instrumenten und Anreizen hat der Senat versucht , Senats- und Bezirksverwaltungen sowie deren nachgeordnete Behörden zu einer Teilnahme am Jobportal zu bewegen und wie möchte der Behörden in Zukunft dazu animieren? Zu 12.: Das E-Recruiting-System ist im Kontext der gesamten IT-Steuerung des Landes Berlin zu betrachten. Hier hat der Senat den Handlungsbedarf erkannt und am 13. Oktober 2015 den Regierungsentwurf eines Berliner E-Government-Gesetzes beschlossen. Der Gesetzentwurf liegt seit dem 12.11.2015 dem Abgeordnetenhaus von Berlin zur Beratung vor und zielt auf eine wirksamere Steuerung des IT-Einsatzes in der Berliner Verwaltung ab. Die dezentrale Verantwortungsstruktur beim IT- Einsatz im Land Berlin verursacht, auch nach Auffassung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport eine Reihe von Vollzugs- und Umsetzungsschwierigkeiten, die bei einer zentralen Steuerungsmöglichkeit nicht auftreten würden. Daher wird bereits seit einiger Zeit - unter Beachtung der bestehenden rechtlichen Regelungen - im Rahmen von einzelnen Projekten eine größere Vereinheitlichung beim IT-Einsatz im Land Berlin angestrebt. Mittel- bis langfristig wird nur eine durch den Gesetzgeber zu regelnde, weitgehende Konzentration der IT- Verantwortlichkeiten, einen auf Dauer abgesicherten, wirtschaftlichen und effektiven IT-Einsatz sicherstellen können. Unabhängig davon prüft der Senat die Möglichkeiten, Einstellungsverfahren zu standardisieren und den Einsatz des E-Recruiting-Verfahrens verbindlich vorzugeben. Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass die bereits dargelegten Vorteile des E-Recruiting-Verfahrens, die interbehördlich kommunizierten positiven Erfahrungen der bereits beteiligten Behörden sowie das umfangreiche Informations- und Betreuungsangebot von Seiten der Senatsverwaltung für Inneres und Sport hinreichend Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 930 6 Anreize bieten, um das E-Recruiting-Verfahren als attraktives , nutzerfreundliches, zeitgemäßes und effizientes Bewerbungsverfahren in allen Berliner Behörden zu implementieren . Berlin, den 22. Februar 2016 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Mrz. 2016)