Drucksache 17 / 17 935 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Wolf (LINKE) vom 05. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Februar 2016) und Antwort Umsetzung der Radverkehrsstrategie Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie ist der Umsetzungstand der in der Radverkehrsstrategie niedergelegten Maßnahmen und Modellprojekte im Einzelnen? Antwort zu 1.: Die Radverkehrsstrategie umfasst – neben den vor allem in der Wahrnehmung befindlichen acht Modellprojekte – insgesamt etwa 80 Maßnahmen (inkl. Daueraufgaben, Forschungsprojekte, Kommunikationsmaßnahmen , Modellvorhaben) mit Zuständigkeiten diverser Verwaltungen im Land Berlin (Hauptverwaltungen , Bezirke, Polizei), aber auch der weiteren Mitglieder des Beratungsgremiums „FahrRat“ (BUND, ADFC1, BVG 2 , difu 3 u.a.). Der „FahrRat“ begleitet auch die Umsetzung der Radverkehrsstrategie und diskutiert regelmäßig die Sachstände zu den einzelnen Themen. Eine Aufbereitung der Sachstände ist nachfolgend kursorisch über die verschiedenen Handlungsfelder für den Umsetzungsstand zu Ende 2014 dargestellt. Für 2015 liegt eine entsprechende Zusammenstellung noch nicht vor. Sachstand zu den Maßnahmenfeldern der Radverkehrsstrategie 4.1 Sicherung und Ausbau vorhandener Qualitäten: 11 Einzelmaßnahmen, wie Instandhaltung, Schneeräumung u.ä.: im Allgemeinen Daueraufgaben und damit in Umsetzung durch die verschiedenen zuständigen Bereiche / Verwaltungen. 4.2 Bessere Straßen und Wege für den Radverkehr: 18 Maßnahmen, hierunter u.a. auch die Modellprojekte 2-5, das Modellprojekt „Grüne Welle“ wurde bspw. im Rahmen eines Projekts des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) für Berlin näher untersucht, die Umsetzung einer daraus abgeleiteten Pilotmaßnahme für eine koordinierte Grüne Welle für den Radverkehr soll zeitnah vorbereitet 1 Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. 2 Berliner Verkehrsbetriebe 3 Deutsches Institut für Urbanistik werden. Hierunter fällt auch die Maßnahme „EBikePendeln “ (vormals: Pedelec-Korridor für Berlin- Brandenburg). Ziel des Projektes „EBikePendeln“ war es, Berufspendler zum Umstieg vom Pkw aufs Pedelec zu „verführen“. Dazu erhielten interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen und Institutionen im Südwesten Berlins und den Umlandkommunen Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow über einen Zeitraum von 2-3 Monaten kostenlos ein Pedelec zum Ausprobieren zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse waren ausgesprochen positiv und werden demnächst in einer Dokumentation veröffentlicht. Darüber hinaus werden nunmehr im Nachgang im Testgebiet wichtige Radrouten aufgewertet und zusätzliche Abstellmöglichkeiten an U- und S-Bahnhöfen realisiert. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf war bzw. ist intensiv in das Projekt eingebunden. 4.3 Sicherheit im Straßenverkehr In dem Zusammenhang hat die Verkehrslenkung Berlin (VLB) u. a. auf Veranlassung und (Mit-)Finanzierung der Unfallkommission die nachfolgenden Unfallschwerpunkte , die besonders auch für den Radverkehr relevant sind, in den Jahren 2013-2014 umbauen bzw. signaltechnisch umprogrammieren lassen: - Kottbusser Tor - Kaiserdamm/Messedamm (Zufahrt aus Ri. Westen) - Bornholmer Str.-Wisbyer Str./Schönhauser Allee - Innsbrucker Platz (Ausfahrt Wexstr.) - Prenzlauer Promenade/Rothenbachstr.-Granitzstr. - Adlergestell/Richterstr.-Wassersportallee - Tempelhofer Damm/Höppnerstr. - Frankfurter Tor Das prominenteste Beispiel aus diesem Bereich im Jahr 2015 ist die Umgestaltung Moritzplatz. Zu dem Handlungsfeld selbst gehören insgesamt 8 Maßnahmen, bspw. auch das Modellprojekt 8 „Kampagne zur gegens. Rücksichtnahme“, die mit der sogenannten „Rücksicht-Kampagne“ umgesetzt ist oder die Maßnahme „Auswertung/Veröffentlichung Radverkehrs- u. Unfalldaten “ durch die Polizei, zuletzt mit Datum vom 12.02.2016 für das Jahr 2015 veröffentlicht. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 935 2 4.4 Ausreichende Abstellmöglichkeiten Hierunter fallen 9 Maßnahmen, z.B. „Fahrradstellplätze im öffentlichen Raum ergänzen“. In dem Zusammenhang hat der Senat bspw. die Bezirke im Rahmen des Förderprogramms „Aktive Zentren“ (öffentlich-private Kooperation) anteilig bei der Finanzierung von Fahrradständern vor Geschäften in der Marzahner Promenade in Marzahn-Hellersdorf und in der Pichelsdorfer Straße in Spandau unterstützt. In den Bereich fällt auch die „Strategie Fahrradparken“, die derzeit erarbeitet wird und zu der erste Erkenntnisse im Rahmen der Fahrradmesse „VE- LOBerlin“ im April 2016 der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen. 4.5 Verknüpfung mit öffentlichen Verkehrsmitteln In diesem Bereich sind 9 Maßnahmen aufgeführt, u.a. das „Pilotprojekt öffentliche Fahrräder evaluieren, ggf. fortsetzen“. Derzeit läuft ein Vergabeverfahren zur Auswahl eines Betreibers für das zukünftig mit Landesmitteln zu unterstützende öffentliche Fahrradverleihsystem in Berlin. Entsprechende Mittel sind im Landeshaushalt bereitgestellt worden. Eine andere Maßnahme heißt „Gute Bedingungen für Fahrradmitnahme im ÖV sichern“. Dazu gehört u. a., dass die national und international vorbildhafte Regelung der Möglichkeit der Fahrradmitnahme in allen Schienenverkehrsmitteln ohne jegliche zeitliche Einschränkung dauerhaft fortgeführt wird. Bei der Beschaffung neuer Fahrzeuge ist die Bereitstellung ausreichender Flächen für die Fahrradmitnahme ein wichtiges Kriterium („flexity“-Straßenbahnen, neue S-Bahn- Fahrzeuge…). Der Senat unterstützt das aktuelle Projekt des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) zur Verbesserung der Bedingungen für die Fahrradmitnahme im Regionalverkehr. 4.6 Mehr Aufmerksamkeit für junge Verkehrsteilnehmer 5 Maßnahmen, u.a. Fortsetzung der Aktion „Zu Fuß zur Schule“, was auch 2014 durch den BUND in Zusammenhang mit dem Arbeitskreis Mobilitätserziehung Berlin erfolgt ist. 4.7 Einfache Orientierung 3 Maßnahmen. Die Umsetzung bspw. der Ausweisung der Hauptrouten erfolgt sukzessive; für alle fertig gestellten Routen werden Faltblätter sowie GPS-Tracks kostenfrei zur Verfügung gestellt. 4.8 Zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit 10 Maßnahmen, darunter die Auszeichnung „Fahr- RadStadt Berlin“, die dieses Jahr in Zusammenhang mit der VELOBerlin erfolgen wird. In dem Punkt „Messen und Veranstaltungen zu Fahrradthemen“ sind die verschiedenen Akteure des FahrRats sehr aktiv (z.B. jährlich mit der VELOBerlin mit Ständen und Aktivitäten der verschiedenen Mitglieder des FahrRats, u.a. auch des Senats). 5. Modellprojekte – in 4.1 bis 4.8 enthalten 6. Umsetzung, Erfolgskontrolle und Nachsteuerung 8 Maßnahmen, u.a. „Radverkehrszählungen, Nutzerbefragungen “, was über die jährlichen Pegelberichte eine in Umsetzung befindliche Daueraufgabe ist, ergänzt um die alle 5 Jahre stattfindende Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten (zuletzt in 2013), die verkehrsmittelübergreifend erfolgt, und mit dem Einbau von Dauerzählstellen für den Radverkehr in 2015 sowie dem Online -Dialog "Radfahren in Berlin: Abbiegen? Achtung! - Sicher über die Kreuzung" in 2013 neue Impulse erhalten hat. Die Maßnahme „Jahressitzungen des FahrRat fortsetzen “ ist deutlich erweitert worden, mittlerweile tagt der „FahrRat“ im Regelfall 3 mal pro Jahr. Die Mitglieder der FahrRats ziehen dabei regelmäßig Bilanz zu den bearbeiteten Aufgaben oder noch offenen Aufgaben und begleiten damit die Umsetzung der Radverkehrsstrategie kritisch -konstruktiv. Sachstand zu den Modellprojekten Modellprojekte, die noch nicht begonnen wurden: Umsetzung von drei Nahbereichskonzepten durch Maßnahmen im Straßenraum, bei den Abstellmöglichkeiten und der Verknüpfung mit öffentlichen Verkehrsmitteln Umsetzung von mindestens drei im Rahmen der „Strategie Fahrradparken“ zu benennenden Vorhaben (z.B. Fahrradstation mit Serviceangeboten für Radfahrer und mindestens 500 Stellplätzen) Modellprojekt fahrradfreundliche Einkaufsstraße: modellhafte Ausrüstung mit Fahrradstellplätzen und innovativen Service-Attributen (z.B. Verleih von Transporträdern) Konzeption und Realisierung von drei bezirklichen Fahrradroutenabschnitten mit besonderer örtlicher Bedeutung und möglicher Vorbildfunktion Umsetzung und Evaluation von drei innovativen Knotenlösungen (z.B. Radfahrerschleuse), bei Bewährung Aufstellung von Regelplänen dazu Anmerkung: die ersten drei dieser Projekte können nach Fertigstellung der „Strategie Fahrradparken“ in die Umsetzung gehen. Modellprojekte, die begonnen wurden: Beschleunigung und Kapazitätserweiterung von zwei Hauptroutenabschnitten, vorrangig im äußeren Stadtraum abseits der Korridore des Schienenverkehrs (über das Projekt „EBikePendeln“, außerdem Machbarkeitsstudie zu Radschnellwegen in Vorbereitung, die auch dieses Thema behandeln wird) fahrradfreundliche Koordinierung von Lichtsignalanlagen („Grüne Welle für Radverkehr“) auf einem mindestens fünf Signalanlagen umfassenden Abschnitt Rücksicht-Kampagne Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 935 3 Frage 2: Welche Kosten sind sowohl bei bereits abgeschlossenen Maßnahmen und Projekten entstanden als auch bei in der Realisierung befindlichen, den geplanten und bei noch nicht realisierten Maßnahmen kalkuliert? Antwort zu 2.: Bezüglich der Kosten, die bspw. bei SenStadtUm bereits entstanden sind oder für 2016 kalkuliert sind, verweisen wir auf die schriftliche Anfrage 17 / 17 502 aus Dezember 2015. Frage 3: Welche Maßnahmen und Projekte plant der Senat in welchen Zeiträumen zu welchen mutmaßlichen Kostengrößen über die Radverkehrsstrategie hinaus? Antwort zu 3: In Zusammenhang mit der Radverkehrsstrategie gibt es im Senat diverse Beteiligte und Zuständigkeiten, damit können zum jetzigen Zeitpunkt nicht alle möglicherweise – auch aus Forschungszusammenhängen entstehenden – künftigen Projekte benannt werden. Priorität haben zunächst die in der Radverkehrsstrategie benannten Maßnahmen und Modellprojekte. Aktuell im Fokus stehen neben den genannten Themen u. a. eine verbesserte Kommunikation. Schwerpunktaktionen zur Freihaltung von Radverkehrsanlagen von parkenden Fahrzeugen und die langfristige Sicherung und Qualifizierung der Jugendverkehrsschulen. Auch bei den anstehenden großen Entwicklungsmaßnahmen im Rahmen der wachsenden Stadt soll der Radverkehr bei der äußeren und inneren Erschließung eine wichtige Rolle spielen. Berlin, den 22. Februar 2016 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Feb. 2016)