Drucksache 17 / 17 940 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 05. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Februar 2016) und Antwort Kontrolle von Flüchtlingsunterkünften im Jahr 2015 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Werden routinemäßige und anlassbezogene Kontrollen /Begehungen in Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschafts - und Notunterkünften unabhängig davon durchgeführt , ob mit der jeweiligen Betreiberorganisation bereits ein Betreibervertrag abgeschlossen worden ist oder nicht? Wie stellt das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) die menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten in Unterkünften sicher, mit deren Betreiberorganisation noch kein Betreibervertrag abgeschlossen worden ist? Zu 1.: Die Qualitätsanforderungen für Flüchtlingsunterkünfte schreiben dem Bereich Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) vor, in jeder vertragsgebundenen Einrichtung jährlich eine Routinebegehung in Form von Kontrollen zur Einhaltung der Qualitätsanforderungen vorzunehmen. Diese hat unabhängig von den Betreiberinnen und Betreibern und objektiv zu erfolgen. Die Begehungen sind darauf ausgerichtet , die Betreiberin/den Betreiber dahingehend zu überprüfen, ob eine sozialverträgliche und kultursensible Unterbringung der Flüchtlinge und Asylsuchenden im Rahmen gemeinschaftlichen Wohnens ermöglicht wird. Begehungen erfolgen auch bei Einrichtungen, für die noch kein Betreibervertrag abgeschlossen worden ist, in Form von Einweisungsbegehungen . 2) Welche Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsund Notunterkünfte wurden durch das LAGeSo im Jahr 2015 zu welchem Zeitpunkt jeweils kontrolliert/begangen und um welche Art von Kontrolle/Begehung handelte es sich jeweils ? (Bitte nach Art der Einrichtung, Ortsteil, Betreiberorganisation , Art und Datum der Kontrolle/Begehung aufschlüsseln .) a) Welche Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsund Notunterkünfte konnten im Jahr 2015 durch das LA- GeSo nicht kontrolliert/begangen werden und warum nicht? (Bitte nach Art der Einrichtung, Ortsteil, Betreiberorganisation und Grund für die ausstehende Kontrolle/Begehung aufschlüsseln.) 3) Welche Mängel wurden im Jahr 2015 bei den Kontrollen /Begehungen der Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschafts - und Notunterkünften festgestellt? (Bitte nach Art der Einrichtung, Ortsteil, Betreiberorganisation, festgestellten Mängeln und Datum der Kontrolle/Begehung aufschlüsseln.) Zu 2. und 3.: Die Erstaufnahmeeinrichtungen( EAE; das sind Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 Asylgesetz – AsylG) sowie die sonstigen Gemeinschaftsunterkünfte (GU) nach § 53 AsylG einschließlich notbelegte Unterkünfte (NU) werden durch die im LAGeSo zuständige Arbeitsgruppe Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte je nach Notwendigkeit begangen. Dieses Ziel konnte 2015 im Rahmen der verfügbaren Ressourcen und vor dem Hintergrund der erheblich gestiegenen Anzahl dieser Einrichtungen nicht vollumfänglich erreicht werden. Gleichwohl konnten insgesamt rund 90 Begehungen vorgenommen werden, davon sieben Begehungen in notbelegten Turn- bzw. Sporthallen, die im Laufe des Jahres wieder als Flüchtlingsunterkünfte aufgegeben wurden. Diejenigen Einrichtungen, die im Jahr 2015 nicht begangen werden konnten, sind für das erste Quartal 2016 terminiert. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit einer detaillierten Auflistung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Einrichtungsträgerinnen und Einrichtungsträger im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung betroffen sind, wird von einer betriebs- bzw. betreiberbezogenen Aufstellung abgesehen. Eine vom LAGeSo übermittelte, nach Quartalen und Einrichtungsarten gegliederte zahlenmäßige Übersicht der im Jahr 2015 durchgeführten Begehungen ist der Anlage 1 zu entnehmen. Soweit Mängel festgestellt wurden, betrafen diese im Wesentlichen fehlende Unterlagen (wie etwa Brandschutzprotokolle ), die baulichen Gegebenheiten, ein unvollständiges oder fehlendes Einrichtungskonzept, die tatsächliche Personalausstattung (bzw. Abweichungen von der vertraglich vereinbarten Personalausstattung), das Mobiliar, die Vorhaltung von Hygieneartikeln, fehlender kostenloser Internetzugang u. a. vergleichbare Defizite. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 940 2 4) Wie viele einrichtungsbezogene Beschwerden gab es im Jahr 2015 und bei wie vielen dieser Beschwerden kam es zu einer anlassbezogenen Kontrolle/Begehung? (Bitte nach Art der Einrichtung, Ortsteil, Betreiberorganisation, Art und Datum der Beschwerde, sowie Art und Datum der Begehung aufschlüsseln.) 5) Welche einrichtungsbezogenen Mängel im Jahr 2015 wurden trotz Beanstandung durch das LAGeSo nicht behoben und wie viele Nachschauprüfungen gab es im gleichen Zeitraum? Zu 4. und 5.: Insgesamt gingen nach Mitteilung des LA- GeSo zwölf Beschwerden im Jahr 2015 ein (mündlich, schriftlich oder mit elektronischer Post). Alle zwölf Beschwerden wurden im Rahmen einer anlassbezogenen Begehung (Art der Begehung) geprüft. Auch die anlassbezogenen Begehungen werden durch die vorgenannte Arbeitsgruppe Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte protokolliert. Auf der Grundlage dieser Protokolle erfolgt eine Aufforderung an die betroffenen Betreiberinnen und Betreiber, die Mängel abzustellen bzw. mitzuteilen, bis zu welchem Zeitpunkt die Mängelbeseitigung abgeschlossen werden soll. Die entsprechende Überprüfung erfolgt im Rahmen einer Nachbegehung bzw. auch bei den jährlich geplanten Routinebegehungen. Eine statistische Erhebung hierzu erfolgte bisher nicht. Soweit eine statistische Auswertung erfolgte, ist diese tabellarisch in Anlage 2 wiedergegeben. In den Fällen der Liste lfd. Nummern 3 bis 12 ist die Mängelbeseitigung noch nicht abgeschlossen . 6) Welche Sanktionen sind im Jahr 2015 und aus welchem Grund gegen Betreiberorganisationen durch das LA- GeSo verhängt worden, weil deren Einrichtungen (erhebliche ) Mängel aufgewiesen haben bzw. sie ihren vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen sind? (Bitte nach Betreiberorganisation , Art der Einrichtung, Ortsteil, Mängel, Sanktionen und Datum aufschlüsseln.) Zu 6.: Hinsichtlich der durchgeführten Personalprüfungen und daraus abgeleiteter Maßnahmen wird auf die Antwort des Senats vom 26.06.2015 auf die Schriftliche Anfrage 17/16441 verwiesen. Im Übrigen wurde - wie sich im Einzelnen aus den Antworten des Senats vom 23.07.2015 auf die Schriftliche Anfrage 17/16558 und vom 11.12.2015 auf die Schriftliche Anfrage 17/17462 ergibt - im Verlauf des Jahres 2015 eine Tiefenprüfung derjenigen Verwaltungsvorgänge vorgenommen, welche von den externen Wirtschaftsprüferinnen /Wirtschaftsprüfern beanstandet worden waren. Der hierzu erstellte Abschlussbericht wird derzeit ausgewertet . Im Ergebnis dieser Auswertung wird entschieden werden , ob Rückforderungen von den involvierten Betreiberinnen und Betreibern und/oder anderweitige vertragskonforme Sanktionen zu veranlassen sind. 7) An welchen Einrichtungen kam es seit Januar 2015 zu Betreiberwechseln, weil deren Einrichtungen (erhebliche) Mängel aufgewiesen haben bzw. sie ihren vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen sind oder sie sich selbst als überfordert angesehen haben? (Bitte nach alter und neuer Betreiberorganisation, Art der Einrichtung, Ortsteil, Mängel und Datum aufschlüsseln.) Zu 7.: Im Jahr 2015 hat kein Betreiberwechsel stattgefunden . Es gab lediglich eine einvernehmliche Vertragsauflösung . Insgesamt konnten vorliegende Beschwerden über Mängel behoben werden. Die Betreiberinnen/Betreiber werden durch den Bereich Verwaltung der beim LAGeSo angesiedelten Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) begleitet und – wie vorstehend ausgeführt – durch die Arbeitsgruppe Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte des LAGeSo Referats II B (Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte) regelmäßig im Hinblick auf die Umsetzung der Qualitätsanforderungen beraten, unterstützt und kontrolliert. 8) Wie viele Mitarbeiter/-innen (in Vollzeitäquivalenten) sind aktuell im LAGeSo für die Kontrolle von Erstaufnahmeeinrichtungen , Gemeinschafts- und Notunterkünften eingesetzt ? Wie viele wurden im Jahr 2015 neu eingestellt? Wie viele der eingesetzten Mitarbeiter/-innen sind auch einsatzfähig ? Ist die Übernahme aller für die Kontrolle zuständigen Mitarbeiter/-innen in das neu zu schaffende Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten geplant? Zu 8.: In der Arbeitsgruppe Qualitätssicherung des LA- GeSo waren zum Stichtag 30.06.2015 2,4 Vollzeitäquivalente (VZÄ) für die Kontrolle der EAE, GU, und NU zuständig. Zum Stichtag 31.12.2015 waren 3,4 VZÄ für die Kontrolle der EAE, GU, und NU zuständig. Vier aus den Bezirksverwaltungen abgeordnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützten diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab dem 26.11.2015, von denen zwei Mitarbeiter die Arbeitsgruppe Qualitätssicherung nach Beendigung der Abordnung wieder verlassen haben. Darüber hinaus unterstützt die Arbeitsgruppe seit August 2015 eine Gruppenleiterin. Derzeit verfügt die Arbeitsgruppe über folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter , die alle einsatzfähig sind und waren: a) eine Gruppenleitung, b) zwei Grundsatzsachbearbeiterinnen, c) drei Sachbearbeiter Begehung und d) drei Sachbearbeiter Begehung – Abordnung aus den Bezirksverwaltungen. Berlin, den 26. Februar 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Mrz. 2016) Anlage 1 zur Schriftlichen Anfrage 17/17940 Begehungen im Jahr 2015 (gemäß Begehungsplanung und Aktenauswertung der Berliner Unterbringungsleitstelle) Quartal 2015 Einweisungsbegehungen Routinebegehungen Nachbegehungen Anlassbezogene Begehungen* AE GU NU AE GU NU AE GU NU AE GU NU I - - - 1 9 3 1 - - - - - II - - - 3 6 5 - - - - - - III - - - 0 6 0 - - - - 1 1 IV - 7 35 1 1 3 - - - - 1 9 *) einschl. Teil-/Beschwerdebegehungen Legende: AE = Aufnahmeeinrichtungen GU = Gemeinschaftsunterkünfte NU = Notunterkünfte Anlage 2 zur Schriftlichen Anfrage 17/17940 Beschwerden und Begehungen im Jahr 2015 (gemäß Aktenauswertung der Berliner Unterbringungsleitstelle) Anzahl Einrichtungsart Ortsteil Betreiberorganisation Datum der Beschwerde Datum der Begehung 1. Gemeinschaftsunterkunft Mitte City 54 Hotel und Hostel Berlin GmbH 16.09.2015 18.09.2015 2. Notunterkunft Charlottenburg- Wilmersdorf ASB e. V. 09.09.2015 14.09.2015 3. Notunterkunft Tempelhof- Schöneberg PeWoBe GmbH 15.10.2015 01.12.2015 27.10.2015 4. Notunterkunft Steglitz- Zehlendorf Sanctum Homes GmbH 21.10.2015 07.11.2015 22.10.2015 12.11.2015 5. Notunterkunft Spandau Prisod GmbH 28.10.2015 04.11.2015 6. Gemeinschaftsunterkunft Friedrichshain- Kreuzberg Sanctum Homes GmbH 11.11.2015 11.11.15 7. Notunterkunft Pankow Sanctum Homes GmbH 23.11.2015 23.11.2015 8. Notunterkunft Mitte L.I.T.H.U gGmbH 11.12.2015 15.12.2015 9. Notunterkunft Treptow- Köpenick L.I.T.H.U gGmbH 14.12.2015 15.12.2015 10. Notunterkunft Pankow Ioan Schmidt Company Services UG (haftungsbeschränkt) 14.12.2015 16.12.2015 11. Notunterkunft Charlottenburg- Wilmersdorf DRK e. V. 15.12.2015 18.12.2015 12. Notunterkunft Reinickendorf BeWo GbR 18.12.2015 21.12.2015 S17-17940 S1717940_Anlage1 S1717940_Anlage2