Drucksache 17 / 17 952 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 09. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Februar 2016) und Antwort Wenn das Rohr aber nun ein Loch hat, lieber Senat... Rohrbrüche im Land Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe - Anstalt öffentlichen Rechts - (BWB) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde der Beantwortung zugrunde gelegt. 1. a) Wie viele Wasserrohrbrüche gab es in den letzten 5 Jahren im Land Berlin? (Bitte nach Bezirken und Monaten aufschlüsseln) b) Welche Leitungen sind am häufigsten betroffen? (Hier bitte nach Material, Nenndurchmesser, Betriebsüberdruck und Baujahr aufschlüsseln) Zu 1. a): In den letzten 5 Jahren gab es in Berlin 3.238 Rohrschäden. Die Verteilung der Rohrschäden auf die einzelnen Bezirke bleibt über die Jahre recht konstant. Beispielhaft für das Jahr 2013 zeigt sich folgendes Bild: Charlottenburg/Wilmersdorf: 30 (4,8 %) Reinickendorf: 34 (5,5 %) Spandau: 39 (6,3 %) Steglitz/Zehlendorf: 54 (8,7 %) Tempelhof/Schöneberg: 51 (8,2 %) Neukölln: 36 (5,8 %) Mitte: 54 (8,7 %) Friedrichshain/Kreuzberg: 44 (7,1 %) Marzahn/Hellersdorf: 88 (14,2 %) Lichtenberg: 41 (6,6 %) Pankow: 91 (14,6 %) Treptow/Köpenick: 59 (9,5 %) Für tiefergehende Analysen kann die Datenbank der BWB eingesehen werden. Zu 1. b): Am häufigsten sind Graugussleitungen aus den ersten 40er bis 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts betroffen. Der Anteil an den Gesamtschäden beträgt hier etwa 60 %, es folgen Stahlleitungen aus den 50er bis 70er Jahren mit einem Anteil von 20 %. Faserzementrohre mit 11,8 % und Rohre aus duktilem Gusseisen mit 7 % sind eher unauffällig. Andere Rohrleitungsmaterialien kommen in Berlin kaum zum Einsatz und fallen daher in der Schadensstatistik nicht ins Gewicht. Das zurzeit hauptsächlich verbaute Material ist duktiles Gusseisen, welches eine geringe Schadensquote aufweist. Die am häufigsten von Schäden betroffene Nennweite ist die DN 100 mit einem Anteil von ca. 37 % an den Gesamtschäden. Diese Nennweite ist jedoch auch das mit Abstand am häufigste anzutreffende Rohr des Trinkwassernetzes . Das Trinkwassernetz wird mit einem Betriebsdruck von 3 bis 6 bar betrieben. Der lokal wirkende Betriebsdruck ist immer auch abhängig von der örtlichen geodätischen Höhenlage. Die Strategie der BWB zur Rohrschadensbeseitigung und -vermeidung (Reha-Strategie) berücksichtigt die Schadensverteilung nach Material und Baujahr. 2. a) Wie lange dauert die Behebung eines Schadens im Rohrnetz im Durchschnitt? b) Wie viele Mitarbeiter werden für die Behebung eines Schadens im Durchschnitt gebraucht? c) Welche Schadstellen benötigten im gefragten Zeitraum am längsten zur Wiederherstellung? d) Welche Ursachen tragen am häufigsten zur Verzögerung der Schadensbehebung bei? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 952 2 Zu 2. a) und c): Die Dauer der Behebung eines Rohrschadens ist im Wesentlichen davon abhängig, wie groß die Folgeschäden durch ausgetretenes Wasser sind. Je heftiger der Wasseraustritt - dieser ist abhängig von der Art des Rohrschadens (Loch oder Schalenbruch) und der Nennweite -, desto größer sind die Aufwendungen, die für die Straßenwiederherstellung notwendig sind. In der Regel dauert die Behebung eines Schadens kleinerer Dimension etwa 8 Stunden. Wird es jedoch notwendig, das defekte Rohr auszutauschen, kann die Abarbeitung auch länger dauern. Bei größeren Schäden muss zum Beispiel auch die Tragschicht der Straße wiederhergestellt sowie asphaltiert werden. Diese Bauabläufe benötigen mehr Zeit (4 bis 8 Wochen). Zu 2. b): Die Beseitigung eines Schadens an sich wird mit 2 bis 4 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern abgearbeitet . Hinzu kommen je nach Folgeschäden Tiefbauarbeiten (Straßenwiederaufbau, Pflasterung), welche in der Regel durch Vertragsfirmen durchgeführt werden. Zu 2. d): Erst beim Aufgraben zeigt sich das tatsächliche Ausmaß des Schadens, u.U. auch Begleit- und Folgeschäden an Leitungen anderer Infrastrukturträger. Um den Schaden zu beseitigen, sind hier Planungsprozesse, Materialbestellungen und ggf. Sonderanfertigungen von Material notwendig. Ist der Schaden an sich beseitigt, muss auch die Straßendecke wiederhergestellt werden, was je nach Örtlichkeit ebenfalls einen erheblichen Aufwand erfordert. 3. a) Weshalb dauert z. B. die Behebung des Wasserrohbruchs am Händelplatz in Steglitz seit Anfang Dezember 2016 auch im Februar noch an? b) Welche Möglichkeiten gäbe es, um die Reparaturzeit zu verkürzen und werden diese auch angewendet? Wenn nein, warum nicht? Zu 3. a): Hier handelt es sich um einen Rohrschaden an einer Abwasserdruckleitung der Dimension DN 1000, mithin einer der größten in Berlin verbauten Dimensionen . Diese Leitung ist in einem generell sehr schlechten Zustand. Es wurde mehrmals versucht, diese Leitung nach Schadensbeseitigung wieder in Betrieb zu nehmen, dabei kam es jeweils zu erneuten Schäden. Auf Grund der Mächtigkeit der Leitung musste großräumig aufgegraben werden. In der Regel stellen die BWB nach der Baumaßnahme die Straßendecke wieder her, in diesem Fall behielt sich das bezirkliche Tiefbauamt die Wiederherstellung vor, was zu einer weiteren Verzögerung des Bauablaufes führte. Zu 3. b): Eine verallgemeinernde Aussage lässt sich zu dieser Frage nicht treffen, da jeder Rohrschaden an unterschiedliche Randbedingungen geknüpft ist. Grundsätzlich beheben die BWB jeden Rohrschaden unverzüglich , um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Trinkwasser zu gewährleisten. Die Bauarbeiten zum Wiederherstellen der Straßen und Wege lassen sich jedoch bis zum Auftreten des Schadens nicht bis ins Detail präzise planen, die Abläufe sind aber so abgestimmt, dass eine schnellstmögliche Beseitigung des Schadens und der Folgeschäden mit oberster Priorität verfolgt wird. 4. a) In welchem Zustand befindet sich das Rohrnetz generell? b) Wie viele km müssten in den nächsten Jahren dringend ausgetauscht/repariert werden? (Hierzu bitte nach Bezirken aufschlüsseln und nach Art der Rohre hinsichtlich Material, Betriebsart und Betriebsdruck differenzieren) c) Wie weit sind die Schäden im Rohrnetz auf nicht ausreichende Unterhaltung Wartung zurückzuführen? (Hier bitte einen Wert in € darstellen, auf die einzelnen Bezirke aufgeschlüsselt) d) Welche sonstigen Maßnahmen könnten in der Zukunft verhindern das weitere Rohleitungsschäden in dem bisherigen Umfang nicht mehr auftreten? Welche Kosten würden im Einzelnen durch diese Maßnahmen entstehen? Zu 4. a): Das Rohrnetz der BWB befindet sich generell in einem guten Zustand. Die Rohrschadensquote lag im Jahr 2015 bei 0,073 Rohrschäden pro km und Jahr. Gemäß der DVGW-Richtlinien (Deutscher Verein des Gas und Wasserfaches) ist eine Schadensquote ≤ 0,1 als niedrig anzusehen. Diesen Wert halten die BWB seit fast 10 Jahren ein bzw. unterschreiten ihn deutlich. Im Bereich von Leitungen größeren Durchmessers (sog. Hauptleitungen mit einem Durchmesser ≥ 400 mm) beträgt die Rohrschadensquote sogar nur 0,04 RS/km/a. Zu 4. b): Um den guten Rohrnetzzustand zu erhalten, planen die BWB neben zahlreichen Netzerneuerungen im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen und anderer Bautätigkeit die zielgerichtete Erneuerung von jährlich 34 km schadensauffälliger Haupt-und Versorgungsleitungen. Diese Werte sind nach eingehender Analyse des gesamten Rohrnetzes in einer Rehabilitationsstrategie festgeschrieben und für die nächsten Jahre bereits mit konkreten Erneuerungsmaßnahmen hinterlegt. Dabei handelt es sich um Leitungen aus Grauguss, Faserzement oder Stahl. Es besteht eine relativ gleichmäßige Verteilung der geplanten Maßnahmen auf die Berliner Bezirke. Insgesamt werden pro Jahr ca. 0,8 % des Rohrnetzes gegen bruchsicheres Material ausgewechselt. Zu 4. c): Einzelne Schäden mit z.T. erheblichen Auswirkungen lassen sich mit der vorstehend beschriebenen Rehabilitierungsstrategie allerdings nicht völlig ausschließen . Grund dafür sind nicht fehlende Wartungen /Instandhaltungen, sondern häufig Bodenbewegungen, die z.B. durch Frostperioden im Winter, steigende Verkehrsbelastungen oder angrenzende Tiefbaumaßnahmen ausgelöst werden und damit Brüche der Materialien Grauguss und Faserzement auslösen können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 952 3 Zu 4. d): Durch ein kontinuierliches Monitoring der Schäden und die zielgerichteten Netzerneuerungen werden die BWB auch weiterhin die Rohrschadensquote auf niedrigem Niveau halten. Eine Erweiterung der bereits etablierten Maßnahmen ist angesichts der niedrigen Schadensquoten nicht notwendig. Berlin, den 24. Februar 2016 In Vertretung Henner B u n d e .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Feb. 2016)