Drucksache 17 / 17 968 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 09. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Februar 2016) und Antwort Fördert der Senat geräusch- und emissionsarme Laubbläser und co.? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann und wo genau werden Graskantenschneider /Rasentrimmer sowie Laubbläser mit Verbrennungsmotor zu welchem Zweck eingesetzt? Antwort zu 1: Der Einsatz entsprechender Geräte erfolgt überwiegend von privater Hand sowie im gewerblichen Rahmen durch einschlägige Fachfirmen. Die Berliner Stadtreinigung und die Bezirksämter von Berlin nutzen Laubbläser und Rasentrimmer im Rahmen ihrer Beauftragung zur Straßenreinigung bzw. zur Gartenund Landschaftspflege. Konkrete Daten über den Geräteeinsatz in Gesamtbetrachtung werden nicht erhoben. Frage 2: Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass Besen durch Laubbläser und Harken durch Graskantenschneider /Rasentrimmer mit Verbrennungsmotor fast vollständig ersetzt wurden? Was bedeutet der Einsatz für den Arbeitsschutz, die lokale Lärm- und Luftbelastung und den Tierschutz? Antwort zu 2: Der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ist anhand zahlreicher Untersuchungen sowie auf Grund von Beschwerden bewusst, dass motorbetriebene Geräte wie Laubbläser und Rasentrimmer erhebliche Belästigungen verursachen und negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben können. Von der Benutzung dieser Geräte im privaten Umfeld wird aus Gründen des Gesundheits- und Umweltschutzes daher schon seit Jahren abgeraten. Vordringliches Problem beim Einsatz der Geräte sind die verursachten Geräuschemissionen. Wegen des hohen Belästigungspotenzials durch Lärmeinwirkung wird der ortsbezogene Einsatz von Laubbläsern und Rasentrimmern nach Maßgabe der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV) zeitlich begrenzt. Im Gegensatz zu Laubsaugern besteht bei Laubbläsern und Rasentrimmern nicht die Gefahr, dass Kleintiere angesaugt, verletzt oder getötet werden. Zwar ist auf unbefestigtem Untergrund eine unerwünschte Aufwirbelung der obersten Bodenschicht zu besorgen, jedoch erfolgt auch beim Harken eine entsprechende mechanische Einwirkung auf die Bodenbeschaffenheit. Zur Thematik des Arbeitsschutzes hat sich das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetSi) auf Anfrage wie folgt positioniert : Der Einsatz von kraftbetriebenen Arbeitsmitteln hat den Vorzug der geringeren körperlichen Belastungen des Muskel-Skelett-Apparates. Deren Verwendung kann aber zu anderen Risiken für die Gesundheit der Beschäftigten führen. Vor der Verwendung von Arbeitsmitteln hat die/der Arbeitgeberin/Arbeitgeber deshalb die möglichen auftretenden Gefährdungen zu beurteilen. Dazu hat er auch die mögliche Lärm-Exposition, die auf die Beschäftigten einwirken, zu ermitteln. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind bezüglich der Gesundheitsgefährdung zu informieren, ihnen ist z.B. ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 8 Std. größer als 80 dB (A) eine arbeitsmedizinische Beratung anzubieten, sie sind bezüglich einer möglichen Gesundheitsgefährdung zu unterweisen. Des Weiteren hat die/der Arbeitgeberin/Arbeitgeber Gehörschutz zur Verfügung zu stellen und Vorsorgeuntersuchungen anzubieten. Sollte der obere Auslösewert bezogen auf den Tages-Lärmexpositionspegel von 8 Std. größer als 85 dB (A) sein, so hat er Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung zu treffen. Frage 3: Wie viele Beschwerden von BürgerInnen zur Lärmbelastung durch den Einsatz von Grastrimmer, Graskantenschneider und Laubbläser gab es in den letzten fünf Jahren? Bitte führen Sie die jeweiligen Orte der Beschwerden , sowie die Anzahl pro Jahr und gesamt auf. Antwort zu 3: Eine systematische Erfassung dazu findet nicht statt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erreichen vornehmlich im Herbst anlassbezogene Beschwerden oder Anfragen zu den rechtlichen Grundlagen im einstelligen Zahlenbereich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 968 2 Frage 4: Wie wird den Beschwerden der BürgerInnen nachgegangen? Antwort zu 4: Bei Beschwerden und Anfragen, die der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zugehen , wird schriftlich über die Rechtslage informiert. Bei weiterreichenden, gebietsbezogenen Fragestellungen erfolgt eine lösungsorientierte Vermittlung bzw. Kontaktaufnahme mit dem örtlich zuständigen Bezirksamt von Berlin. Ggf. erforderliche ordnungsbehördliche Maßnahmen unterfallen der bezirklichen Zuständigkeit. Frage 5: Was wird unternommen, um die Lärmbelastung durch den Einsatz der oben genannten Geräte möglichst gering zu halten? Was ist die höchstzulässige db- Zahl? Antwort zu 5: Die Berliner Stadtreinigung sowie die Bezirksämter von Berlin sind sich der Problematik bewusst und nachhaltig bestrebt, durch Optimierung der betrieblichen Abläufe die mit dem Einsatz der Geräte verbundenen negativen Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten. Laubbläser und Grastrimmer unterliegen zur Zulassung verschiedenen EU-Vorschriften, die in deutsches Recht übernommen wurden. Laubbläser und Rasentrimmer unterliegen der RICHTLINIE 2000/14/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 8. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (Amtsblatt [ABl.] L 162 vom 3.7.2000, S. 1), die durch Richtlinie vom 14.12.2005 (ABl. L 344 vom 14.12.2005, S. 44) geändert worden ist. In Artikel 6 der RICHTLINIE 2000/14/EG wird bestimmt , dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Inbetriebnahme von der Richtlinie unterliegenden Geräten und Maschinen weder untersagen noch einschränken oder behindern dürfen, wenn sie den Bestimmungen der Richtlinie entsprechen, mit der CE- Kennzeichnung und der Angabe des garantierten Schallleistungspegels versehen sind, und wenn ihnen eine EG- Konformitätserklärung beigefügt ist. Regelungen zu Geräuschemissionsgrenzwerten für Laubbläser u.ä. werden in der RICHTLINIE 2000/14/EG nicht getroffen. Entsprechende Geräte unterliegen einer Kennzeichnungspflicht. Dies bedeutet, dass der garantierte Schallleistungspegel auf den Geräten angegeben werden muss. Ergänzend dazu regelt die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes (Geräteund Maschinenlärmschutzverordnung – 32. BImSchV) vom 29. August 2002 die ortsbezogen zulässigen Betriebszeiten für entsprechende Geräte. Eine Begrenzung der Geräuschemission ist somit von Rechts wegen nicht definiert. Hinsichtlich der Abgasemissionen unterliegen Laubbläser u.ä. ebenfalls europarechtlichen Anforderungen aus der RICHTLINIE 97/68/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 1997 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen zur Bekämpfung der Emission von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren für mobile Maschinen und Geräte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 27.02.1998, Nr. L 59). Für die in den Geräten verwendeten Verbrennungsmotoren muss eine Typengenehmigung eingeholt werden. Zuständige Behörde hierfür ist das Kraftfahrt-Bundesamt. Bei Investitionen durch die öffentliche Hand in Berlin gilt die Verwaltungsvorschrift für die Anwendung von Umweltschutzanforderungen bei der Beschaffung von Liefer-, Bau- und Dienstleistungen (Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt – VwVBU) vom 23. Oktober 2012. Hier dürfen Laubbläser und Grastrimmer einen garantierten Schallleistungspegel von 100 dB(A) nicht überschreiten. Nach Nr. 4 der VwVBU gelten für Laubbläser folgende Beschaffungsbeschränkungen: Die Geräte müssen zum Beschaffungszeitpunkt zu den leisesten ihrer Art gehören. Die Geräte müssen gemäß Herstellervorschrift gewartet werden. Die Geräte dürfen nur eingesetzt werden, soweit dies der vorbeugenden Gefahrenabwehr oder zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben dient. Zu den praxisbezogenen Veranlassungen beim Einsatz entsprechender Geräte durch die Berliner Stadtreinigung und die Bezirksämter von Berlin wird auf meine Antwort zur Schriftlichen Anfrage 17/17246 vom 19. Oktober 2015 verwiesen, in der die Thematik der Lärm- und Feinstaub -belastung umfassend behandelt wurde. Frage 6: Wird bei dem Betrieb von den oben genannten Geräten durchgängig die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung eingehalten? Wenn nein, wieso nicht? Antwort zu 6: Inwieweit die Betriebszeitenregelung der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. Bundes-Immissionsschutzverordnung [BImSchV]) durchgängig und einzelfallbezogen eingehalten wird, ist statistisch nicht erfasst. Nachweisbare Verstöße gegen die Betriebszeitenregelung der 32. BImSchV können von den örtlich zuständigen Bezirksämtern von Berlin als Ordnungswidrigkeit gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 7 des Bundes- Immissionsschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 der 32. BImSchV nach pflichtgemäßem Ermessen geahndet werden. Frage 7: Wie bewertet der Senat den Einsatz der oben genannten Geräte in Bezug auf die lokale Feinstaubbelastung ? Antwort zu 7: Bei der Verwendung von Laubbläsern kommt es wegen der hohen Geschwindigkeit des Luftstroms in der unmittelbaren Umgebung zu sehr hohen Staubkonzentrationen. Wenngleich der überwiegende Anteil aus nicht lungengängigem Grobstaub besteht, kann bei trockenen Verhältnissen davon ausgegangen werden, dass auch sehr viel Feinstaub (PM10) aufgewirbelt wird, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 968 3 der beim Einatmen in die Lunge gerät. Da der Einsatz von Laubbläsern örtlich nur wenige Sekunden oder Minuten dauert und übers Jahr gesehen am selben Ort nur wenige Male stattfindet, ist der damit verursachte Beitrag zu einer Grenzwertüberschreitung trotz der kurzzeitig relativ hohen Feinstaubkonzentration verschwindend gering, zumal der EU-Grenzwert als Mittelwert über 24 Stunden definiert ist und zudem noch 35 solcher Überschreitungen pro Kalenderjahr zulässig sind. Frage 8: Wurden Messungen zur Feinstaubbelastung durch den Betrieb der oben genannten Geräte durchgeführt ? Wenn nein, wieso nicht? Antwort zu 8: Messungen der Feinstaubbelastung zur Beurteilung von möglichen Grenzwertüberschreitungen durch den Betrieb von Laubbläsern wurden aus den unter Punkt 7 dargestellten Gründen nicht durchgeführt. Ihre Aussagekraft wäre zudem gering, weil die Staubentwicklung und Ausbreitung von einer sehr großen Zahl kaum reproduzierbarer Parameter abhängt, (z.B. Windgeschwindigkeit , Windrichtung, Feuchte, Laub- und Bodenbeschaffenheit , Pflanzenart, Blaswinkel, etc.), so dass etwaige Messergebnisse nur für den Einzelfall, nicht aber für den generellen Gebrauch von Laubbläsern repräsentativ wären. Frage 9: Wie viele der oben genannten Geräte werden mit Kraftstoffen betrieben, wie viele mit einem Elektroantrieb ? Bitte führen Sie die einzelne Gerätekategorie, die Schadstoffemission, die db-Zahl und die prozentuale Verteilung auf. Antwort zu 9: Zu dieser Thematik wird auf meine Antwort zur Schriftlichen Anfrage 17/17246 vom 19. Oktober 2015 verwiesen. Anhand der verfügbaren Daten ist eine weiterreichende Aufschlüsselung nicht zu erbringen . Frage 10: Wie viele der oben genannten Geräte sind mit einem Umweltzeichen gekennzeichnet? Antwort zu 10: Es liegen dazu keine Erhebungsdaten vor. Frage 11: Ist geplant, in Zukunft nur noch Geräte mit einem geräusch- und emissionsarmen Elektroantrieb anzuschaffen , oder die Anzahl solcher Maschinen auszuweiten ? Antwort zu 11: Bei Beschaffungen der öffentlichen Hand finden die Beschaffungskriterien der unter Punkt 5 angeführten Verwaltungsvorschrift – VwVBU – Anwendung . Unter Berücksichtigung der praxisbezogenen Anforderungen wird die Ladekapazität akku-betriebener Geräte derzeit noch als unzureichend betrachtet, was einem vermehrten Einsatz bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben und den Bezirksämtern von Berlin aus technischer Sicht entgegensteht. Weitere Darlegungen zu dieser Thematik wurden in meiner Antwort zur Schriftlichen Anfrage 17/17246 vom 19. Oktober 2015 behandelt, auf welche insoweit verwiesen wird. Berlin, den 24. Februar 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Feb. 2016)