Drucksache 17 / 17 992 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 13. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Februar 2016) und Antwort Auf der Suche nach den verschwundenen Kinder? Was unternimmt der Berliner Senat? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind aktuell in Berlin gemeldet? 2. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurden pro Monat seit dem 01.01.2014 bis heute in Berlin in Obhut genommen? Zu 1.- 2.: Von der für Jugend zuständigen Senatsverwaltung sind derzeit rund 1800 unbegleitete minderjährige Jugendliche in Unterbringungseinrichtungen mit sozialpädagogischer Betreuung untergebracht. Hinzu kommen 900 im Rahmen von Anschlusshilfen von den Jugendämtern der Bezirke betreute unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. In den Jahren 2014 - 2016 wurden in der Erstaufnahme- und Clearingstelle (EAC) ersterfasst: Jan 14 Feb 14 März 14 April 14 Mai 14 Juni 14 Juli 14 August 14 Sept 14 Okt. 14 Nov. 14 Dez. 14 gesamt 67 68 69 73 66 92 78 106 111 113 122 120 1085 Jan 15 Feb 15 März 15 April 15 Mai 15 Juni 15 Juli 15 August 15 Sept 15 Okt. 15 Nov. 15 Dez. 15 gesamt 102 96 108 120 137 165 326 441 691 818 759 489 4252 Jan. 16 Feb. 16 März 16 April 16 Mai 16 Juni 16 Juli 16 August 16 Sept. 16 Okt. 16 Nov. 16 Dez. 16 gesamt 324 170 1 494 1 Stand 02.03.2016 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 992 2 3. Wie viele dieser Minderjährigen sind pro Monat seit dem 01.01.2014 in Maßnahmen der Jugendhilfe aufgenommen worden, für Volljährig erklärt worden, in die Obhut ihrer Eltern übergeben worden, in die Obhut Dritter gegeben worden oder mit Wissen der Berliner Behörden weitergereist? 4. Wie viele dieser Minderjährigen sind aktuell „verschwunden “ bzw. für vermisst erklärt worden? 5. Wie viele der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge waren pro Monat seit dem 01.01.2014 (auch diejenigen , die sich in einer anschließenden Jugendhilfemaßnahme befanden) „verschwunden“ bzw. vermisst, bitte auch nach Altersgruppen und Geschlecht aufteilen? 10. Wie verhindert der Berliner Senat, dass minderjährige unbegleitete Flüchtlinge verschwinden, wie werden sie vor Missbrauch, Ausbeutung und Verschleppung geschützt ? Zu 3.- 5. und 10.: Gemäß § 42 ff Sozialgesetzbuch (SGB) VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, minderjährige ausländische Kinder und Jugendliche in seine Obhut zu nehmen, wenn sie unbegleitet nach Deutschland kommen und sich weder Personensorgenoch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Neben der Unterbringung und Versorgung dient diese Maßnahme vorrangig dem besonderen Schutz dieser Zielgruppe. Gründe für die Beendigung der Inobhutnahme sind die Bestellung einer Vormundschaft bzw. Ergänzungspflegschaft , die Übergabe an die Jugendämter der Bezirke, Familienzusammenführungen, Volljährigkeit im Ergebnis einer Altersschätzung bzw. eines medizinischen Altersgutachtens und das Erreichen der Volljährigkeit. Die gewünschten Angaben werden statistisch nicht erfasst. 6. Welches standardmäßige Vorgehen ist für den Fall angeordnet, dass ein in der Obhut des Landes Berlins oder eines seiner Bezirke stehender minderjähriger unbegleiteter Flüchtling verschwindet? 7. Welche Maßnahmen ergreift wer, um die Minderjährigen wieder zu finden? 11. Welche Berliner Behörden suchen mit welcher Intensität nach den verschwundenen Minderjährigen, die in der Obhut und damit Verantwortung des Landes Berlins oder eines seiner Bezirke stehen? 12. Was unternimmt das Land Berlin auf Länder-, Bundes- und europäischer Ebene, um das Schicksal der verschwundenen Flüchtlingskinder aufzuklären? Zu 6. – 7. und 11. -12.: Vermisstenanzeigen dienen dem Auffinden von Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist und bei denen eine Gefahr für Leib und Leben angenommen werden muss, also der Verdacht einer Straftat besteht, der sie zum Opfer gefallen sein könnten, oder Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr der Selbstschädigung sprechen. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bestehen im Hinblick auf Vermisstenanzeigen keine Sonderbedingungen . Es muss grundsätzlich jeder Einzelfall bewertet werden. Wenn nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass es sich um einen Vermisstenfall handelt, muss Vermisstenanzeige beim nächsten Polizeiabschnitt oder über die Internetwache gestellt werden. Sofern die Betreffenden nach der Vermisstenmeldung wieder in die Einrichtungen zurückkehren, ist die Polizei in gleicher Weise darüber zu informieren. Bei der Aufklärung in konkreten Einzelfällen werden die Anfragen auf Länder-, Bundes und europäischer Ebene im Rahmen der geregelten Zusammenarbeit bearbeitet. 8. Wie viele Minderjährige wurden in welchem Zeitraum wieder aufgefunden? 9. Welche Gründe lagen für wie viele wiedergefundene Kinder und Jugendliche für ihr Verschwinden vor und wohin waren sie zwischenzeitlich verschwunden? Zu 8. - 9. Wenn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ohne Angabe von Gründen die Einrichtungen der Jugendhilfe verlassen, dann handelt es sich häufig um Jugendliche , die den ihnen zugewiesenen Aufenthaltsort als Lebensmittelpunkt ablehnen oder für die Berlin – meist schon mit Beginn ihrer Reise – nur einen Durchgangsort auf dem Weg zum eigentlichen Ziel darstellt. Sie nutzen die Unterbringungseinrichtungen in der Regel kurzfristig, um Kontakt mit anderen Bekannten oder Familienangehörigen am eigentlichen Zielort aufzunehmen. 13. Sind dem Berliner Senat Fälle des Verschwindens von Kindern und Jugendlichen mit Fluchthintergrund bekannt, die mit ihren Eltern oder Dritten Personen nach Berlin gekommen sind? 14. Wie viele Fälle von Kindern und Jugendlichen von Flüchtlingen die in Begleitung ihrer Eltern oder Vertrauenspersonen waren und die auf dem Fluchtweg nach Deutschland verloren gegangen sind, sind dem Berliner Senat bekannt? 15. Was unternimmt der Berliner Senat auf allen ihm zur Verfügung stehenden Ebenen, um Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern oder Verwandten zu ermöglichen , ihre auf der Flucht verlorenen Angehörigen, vor allem Kinder und Eltern, wieder zu finden, welche Aktivitäten gibt es auf Länder-, Bundes-, und europäischer Ebene dazu? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 992 3 Zu 13. - 15.: Hierzu findet keine statistische Erhebung statt. Im Rahmen der Erstaufnahmegespräche werden regelhaft Informationen über den familiären Hintergrund und den Aufenthalt der Eltern oder weiterer Familienangehöriger abgefragt. Sobald entsprechende Informationen vorhanden sind, gehört der Versuch einer Kontaktaufnahme zu den Aufgaben im Rahmen des Clearingverfahrens . Berlin, den 01. März 2016 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mrz. 2016)