Drucksache 17 / 17 994 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 15. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Februar 2016) und Antwort Erfolgsgeschichte Semesterticket weiterschreiben – Solidarticket-Modell ausweiten? (II) – Nachfragen zur Drs. 17/17774 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die S- Bahn Berlin um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie werden nachfolgend entsprechend gekennzeichnet wiedergegeben. Frage 1: Welche Gesetze oder Verordnungen müssten geschaffen oder geändert werden, um ein Solidarticket nach dem Vorbild des Semestertickets für Landesbeamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes in Berlin zu ermöglichen? Frage 2: Wie bewertet der Senat eine mögliche Anpassung des Personalvertretungsgesetzes (PersVG) nach dem Vorbild von § 18a Berliner Hochschulgesetz (BerlHG), um die Personalvertretungen zur Aushandlung von entsprechenden Solidarticket-Verträgen im Namen der jeweiligen Beschäftigten zu autorisieren? Antwort zu 1 und 2: Zu der Frage, ob für die Dienstkräfte des Landes Berlin ein „Solidarticket“ nach dem Vorbild des Semestertickets für Studierende geschaffen werden könnte, wird auf die Antwort zu Frage 1 der Schriftlichen Anfrage 17/17774 verwiesen. Danach ist die Studierendenschaft eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Pflichtmitgliedschaft. Die Dienstkräfte des Landes Berlin haben keine der Studierendenschaft vergleichbare Rechtspersönlichkeit und keine Vertretungsorganisation , die im Namen aller Dienstkräfte Verträge aushandeln und das Verhandlungsergebnis mit verbindlicher Wirkung zur Abstimmung bringen könnte. Diese Voraussetzungen könnten auch nicht durch Rechtsänderungen – weder des Personalvertretungsgesetzes Berlin noch evtl. anderer Normen - herbeigeführt werden. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Landesbeamtinnen , Landesbeamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes grundsätzlich die Möglichkeit haben, das Angebot von Firmentickets zu nutzen, sofern entsprechende Verträge abgeschlossen wurden. Frage 3: Wie viele Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes und Auszubildende beschäftigen das Land Berlin und die Bezirke? Antwort zu 3: Die Statistikstelle Personal bei der Senatsverwaltung für Finanzen hat dem Abgeordnetenhaus von Berlin mit der Roten Nummer 1877 den Bericht „Beschäftigte im unmittelbaren Landesdienst Berlin im Januar 2015“ vorgelegt. Dieser ist unter den folgendem links öffentlich einsehbar: http://www.berlin.de/sen/finanzen/personal/personalst atistik/artikel.13543.php oder http://www.parlamentber - lin.de/C1257B55002AD428/CurrentBaseLink/W29ASL7 D644DEVSDE?open&Wahlperiode=17&Ausschuss=Hau ptausschuss Hier sind auch Auszubildende nachrichtlich ausgewiesen . Mit Stand September 2015 stellt sich der Personalbestand wie folgt dar (ohne Auszubildende): Übersicht: Beschäftigte und Vollzeitäquivalente der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst Berlin unter Berücksichtigung des Personalüberhangs im September 2015 nach Verwaltungsbereichen und Statusgruppen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 994 2 Verwaltungsbereich --- Statusgruppe Sep. 15 Insgesamt 113.483 Hauptverwaltung 91.612 Beamte/Beamtinnen 54.870 Arbeitnehmer/-innen 36.742 Bezirksverwaltungen 21.871 Beamte/Beamtinnen 6.625 Arbeitnehmer/-innen 15.246 Die nachfolgenden methodischen Hinweise sind unbedingt zu beachten: Stand der Ergebnisse In die Ergebnisse sind, sofern nicht anders angegeben, die in den zwei Folgemonaten in IPV eingepflegten rückwirkenden Änderungen eingeflossen. Das heißt, Berichtsmonat und Stand liegen zwei Monate auseinander. Erst zu diesem Zeitpunkt ist ein relativ stabiler Datenstand erreicht. Grundgesamtheit Die Grundgesamtheit umfasst Beschäftigte des unmittelbaren Landesdienstes, die im IPV Abrechnungsmodul geführt werden, und zwar der - Hauptverwaltung und der - Bezirksverwaltungen Einbezogen sind die Beurlaubten und die geringfügig Beschäftigten. Ab 2014 sind auch die Beschäftigten der Berliner Forsten mit Tätigkeiten in der Waldarbeit in der Grundgesamtheit enthalten. Die Beschäftigten des Verfassungsgerichtshofes werden der Hauptverwaltung zugeordnet. Nicht enthalten in der Grundgesamtheit sind die Beschäftigten - der Verwaltung des Abgeordnetenhauses - des Rechnungshofes - des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit - der Betriebe nach § 26 Landeshaushaltsordnung (LHO) - der Eigenbetriebe - in Ausbildung. Frage 4: Welche Gesetze oder Verordnungen müssten geschaffen oder geändert werden, um ein Solidarticket nach dem Vorbild des Semestertickets für Berliner Einwohner *innen im Alter ab 65 Jahren zu ermöglichen? Antwort zu 4: Hier gilt sinngemäß das gleiche wie in der Antwort zu 1. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Berliner Einwohnerinnen und Einwohner im Alter ab 65 Jahren das günstige VBB 1 -Abo 65 plus zur Verfügung steht. Frage 5: Wie bewertet der Senat eine mögliche Anpassung des Gesetzes zur Stärkung der Mitwirkungsrechte der Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben im Land Berlin (BerlSenG) nach dem Vorbild von § 18a BerlHG, um die Seniorenvertretungen der Bezirke oder des Landes zur Aushandlung von entsprechenden Solidarticket-Verträgen zu autorisieren? Antwort zu 5: Dies würde die unter 1. genannten Anforderungen nicht erfüllen. Frage 6: Welche der in Drs. 17/17774 als Antwort auf die Fragen 1 und 2 genannten „ungleich ungünstigeren Rahmenbedingungen“ lassen eine „praktische und rechtliche Umsetzung“ von Solidartickets für Schüler*innen nach dem Vorbild der Semestertickets „kaum oder gar nicht realistisch erscheinen“? Frage 7: Wie bewertet der Senat eine mögliche Anpassung des Schulgesetzes für das Land Berlin (SchulG) nach dem Vorbild von § 18a BerlHG, um die Elternvertretungen oder die Bezirkselternausschüsse zur Aushandlung von entsprechenden Solidarticket-Verträgen zu autorisieren ? Antwort zu 6 und 7: Studentinnen und Studenten bilden gemäß § 18 BerlHG die Studierendenschaft, eine Körperschaft, die durch den Allgemeinen Studentenausschuss vertreten wird. Diese rechtliche Struktur ermöglicht die Festlegung in § 18a BerlHG, dass die Allgemeinen Studentenausschüssen eine Vereinbarung über die Einführung des Semestertickets abschließen können. Schülerinnen und Schüler bilden dagegen keine Körperschaft , so dass es keine juristische Person gibt, die (durch ihre Vertreter/innen) einen Vertrag über die Einführung 1 Verkehrsverbund Berlin Brandenburg Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 994 3 des Solidartickets schließen könnte. Daher können Elternvertretungen und Bezirkselternausschüsse nicht durch eine neue Vorschrift im Schulgesetz nach dem Vorbild des § 18a BerlHG zur Aushandlung von Solidarticket- Verträgen autorisiert werden. Es wird auch darauf hingewiesen, dass sich der Bedarf von Schülerinnen und Schülern, den öffentlichen Nahverkehrs in Anspruch zu nehmen, erheblich von dem entsprechenden Bedarf der Studentinnen und Studenten unterscheidet. Viele Schülerinnen und Schüler benutzen nur gelegentlich öffentliche Verkehrsmittel. Grundschülerinnen und Grundschüler gehen häufig zu Fuß zu ihrer Schule, da sich diese meist in der Nähe ihres Wohnorts befindet; viele Schülerinnen und Schüler benutzen das Fahrrad für ihre Schulwege. Für diejenigen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, bestehen Angebote des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, insbesondere die für Schülerinnen und Schüler preisgünstigen VBB- Monatskarten. Frage 8: Wie viele Schülertickets, Geschwisterkarten und ermäßigte Schülertickets für die Tarifbereiche AB, BC oder ABC haben die BVG A.ö.R. und die S-Bahn Berlin GmbH in den Jahren seit 2006 verkauft? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Art der Tickets und Tarifbereich .) Die BVG hat hierzu zwei Tabellen übermittelt, die als Anlage beigefügt sind. Frage 9: Sind nach Ansicht des Senats Betriebsräte privater Unternehmen berechtigt, Solidarticket-Verträge im Namen der von ihnen vertretenden Beschäftigten auszuhandeln ? Antwort zu 9: Es wird sinngemäß auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Frage 10: Wie viele Erwerbstätige und Auszubildende sind in Berlin in Privatunternehmen beschäftigt? Antwort zu 10: Die Zahl der Erwerbstätigen und Auszubildenden in Privatunternehmen wird in den gängigen Statistiken (Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit, Erwerbstätigenrechnung VGR 2 ) nicht gesondert ausgewiesen. Eine direkte Zuordnung zu Privatunternehmen wird auch im Mikrozensus nicht vorgenommen. Allerdings lässt sich über den Mikrozensus die Zahl der nicht im öffentlichen Dienst beschäftigten Erwerbstätigen ausweisen. Demnach gab es im Jahr 2014 (verfügbarer Datenstand) insgesamt 1,382 Mio. Erwerbstätige am Wohnort Berlin, die nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt waren. Darunter befanden sich 40.400 Auszubildende mit Ausbildungsvergütung. 2 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Frage 11: Welche Daten zum Verkehrsverhalten (Modal Split) und zur ÖPNV-Nutzungshäufigkeit von Schüler *innen, Studierenden, Senior*innen, Landesbeamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes sowie von Erwerbstätigen in Berlin liegen dem Senat vor, und wo sind diese veröffentlicht? Antwort zu 11: Daten zum Verkehrsverhalten wurden im Rahmen des Projektes „Mobilität in Städten – SrV3 2008“ sowie „Mobilität in Städten – SrV 2013“ erhoben. Diese sind auf den Internetseiten des Landes Berlin unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/verkehr/politik _planung/zahlen_fakten/mobilitaet/index.shtml und unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/verkehr/politik _planung/zahlen_fakten/mobilitaet_2013/index.shtml veröffentlicht. Angaben zur Nutzung von Zeitkarten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sind in Tabelle 3.4 enthalten . Angaben zum Modal Split nach Wegezweck sind in Tabelle 5.5 enthalten. Eine Auswertung dieser beiden Sachverhalte in der Verknüpfung „Verkehrsmittelwahl in Abhängigkeit vom Zeitkartenbesitz“ liegt nicht vor. Die Erhebungen des Landes beziehen sich auf die Wohnbevölkerung. Die erfragten Angaben zu Beschäftigten des Landes sind hieraus nicht ableitbar. Frage 12: Wie hoch waren die durchschnittlichen jährlichen Fahrpreissteigerungen im Verkehrsverbund Berlin- Brandenburg (VBB) in den Jahren seit 2002? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr und prozentualer Fahrpreissteigerung .) Antwort zu 12: Durchschnittliche Anpassungsraten und Laufzeiten der VBB-Fahrpreise Termin Veränderung [Prozent] Laufzeit [Monate] 01.01.2002 - 0,5 Euro-Anpassung 19 01.08.2003 + 3,0 8 01.04.2004 + 3,3 16 01.08.2005 + 3,1 20 2006 0,0 01.04.2007 + 2,6 12 01.04.2008 + 2,0 33 2009 0,0 2010 0,0 01.01.2011 + 2,8 19 01.08.2012 + 2,8 12 01.08.2013 + 2,8 2014 0,0 17 01.01.2015 + 2,3 12 01.01.2016 + 1,8 3 System repräsentativer Verkehrsbefragungen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 994 4 Frage 13: Wie bewertet der Senat die Differenz der jährlichen Preissteigerung der Semestertickets, wie als Antwort auf Frage 5 in Drs. 17/17774 angegeben, im Vergleich zur durchschnittlichen VBB-Tarifentwicklung? Antwort zu 13: Anpassungen von Semesterticketpreisen basieren erstmals seit 2011 auf der Berechnung des VBB-Tarifindex. Im Unterschied zu Anpassungen des regulären Tarifs werden die Änderungen in den Verträgen für Semestertickets über Laufzeiten von drei Jahren abgeschlossen . Wegen dieser längeren Laufzeiten weicht das Anpassungsverfahren für Semestertickets von dem regulärer Tarife ab. Die moderaten Preissteigerungen werden als sachgerecht angesehen. So nimmt der Modal-Split und die Nutzungshäufigkeit der Tickets durch die Studierenden stetig zu. Berlin, den 04. März 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mrz. 2016) Tabellen zu Frage 8 Verkauf Schüler-, Geschwister- und Azubi- Zeitkarten BVG 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 Berlin AB BAE Berlin AB Monatskarte Azubi 161.226 167.214 163.610 156.404 153.887 163.653 175.828 173.622 205.709 230.123 BAS Berlin AB Monatskarte Schülerticket 473.667 473.678 489.676 521.605 600.218 650.243 653.314 617.080 678.182 703.042 BAT Berlin AB Monatskarte Geschwister-Schüler 130.405 139.292 155.226 176.584 226.980 245.917 224.506 206.795 216.577 211.621 BAS2 Ermäßigtes Schülerticket Monatskarte 192.106 166.445 144.287 119.290 27.509 - - - - - BARS2 Ermäßigtes Schülerticket Abo 29.841 27.414 25.575 21.625 3.354 - - - - - Berlin BC BBE Berlin BC Monatskarte Azubi/Schüler 3.395 3.191 3.266 2.894 2.712 3.038 3.524 3.491 4.246 4.981 BBRE Berlin BC Abonnementkarte Azubi/Schüler 5.242 4.691 4.067 3.641 3.314 3.363 2.913 3.138 3.302 3.602 Berlin ABC BCRE Berlin ABC Abonnementkarte Azubi/Schüler 25.282 24.232 23.061 21.444 19.690 18.887 18.120 16.968 15.861 15.968 Verkauf Schüler-, Geschwister- und Azubi- Zeitkarten S-Bahn 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 Berlin AB BAE Berlin AB Monatskarte Azubi 71.415 79.559 79.300 79.630 83.808 88.782 99.377 115.004 126.112 131.448 BAS Berlin AB Monatskarte Schülerticket 141.938 158.536 162.984 173.720 200.294 213.516 224.007 243.953 262.217 273.697 BAT Berlin AB Monatskarte Geschwister-Schüler 22.537 24.674 27.852 33.629 41.296 41.001 38.692 40.556 43.906 45.963 BAS2 Ermäßigtes Schülerticket Monatskarte 39.914 35.084 31.278 23.244 5.398 - - - - - BARS2 Ermäßigtes Schülerticket Abo 12.033 12.260 13.240 13.408 2.557 - - - - - Berlin BC BBE Berlin BC Monatskarte Azubi/Schüler 6.238 6.900 7.000 6.730 6.688 7.640 8.281 9.636 11.534 13.050 BBRE Berlin BC Abonnementkarte Azubi/Schüler 5.084 5.823 6.058 5.863 6.029 5.611 5.489 5.769 6.127 6.566 Berlin ABC BCRE Berlin ABC Abonnementkarte Azubi/Schüler 25.542 27.840 33.096 36.077 38.465 39.382 38.095 36.350 33.682 30.249 S17-17994 s1717994_Anl_Tabellen zu Frage 8