Drucksache 17 / 18 021 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE) vom 18. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Februar 2016) und Antwort Situation von geflüchteten Menschen mit Behinderungen (II): Versorgung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Traumazentren oder vergleichbare Einrichtungen existieren in Berlin, die sich auf die besonderen Belange und Bedürfnisse von anerkannten Flüchtlingen, Asylsuchenden und Geduldeten mit Behinderungen spezialisiert haben? Zu 1.: Derzeit existiert in Berlin kein „Traumazentrum“ im Sinne eines psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge und Folteropfer, das sich explizit oder ausschließlich auf Personen mit Behinderungen konzentriert. Die beiden in Berlin ansässigen psychosozialen Zentren Xenion und das Behandlungszentrum für Folteropfer (bzfo) beraten, betreuen und behandeln Personen mit psychischen Erkrankungen im Zusammenhang mit einer Traumatisierung unabhängig von weiteren Kriterien wie körperlichen Einschränkungen. Menschen mit Behinderung werden damit in das Angebot der Traumazentren eingeschlossen. Im Rahmen des gemeinsamen Projektverbundes Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge (BNS) arbeitet das Berliner Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen (BZSL) eng mit den beiden psychosozialen Zentren zusammen. Das BZSL übernimmt innerhalb des BNS die Fachstellenarbeit für Flüchtlinge mit Behinderungen . Die Fachstelle bietet neben sozialrechtlicher Beratung und Betreuung auch Psychotherapien für Flüchtlinge mit Behinderungen an. Weitere Angebote, die sich an Flüchtlinge mit Behinderungen richten, werden im Rahmen des Regelsystems geleistet. 2. Welche weiteren Traumazentren oder vergleichbare Einrichtungen, die sich auf die besonderen Belange und Bedürfnisse von anerkannten Flüchtlingen, Asylsuchenden und Geduldeten mit Behinderungen spezialisiert haben, sind bis wann geplant? Zu 2.: Derzeit sind keine Traumazentren mit explizitem Fokus auf Menschen mit Behinderungen geplant. 3. Wie viele anerkannte Flüchtlinge, Asylsuchende und Geduldete mit Behinderungen wurden in den Jahren seit 2012 seit Ankunft in Berlin als schwerbehindert registriert? (Bitte nach Jahr, Geschlecht, Altersgruppen, körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen sowie chronischen Erkrankungen aufschlüsseln.) 4. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Geduldete mit Behinderungen haben nach Kenntnis des Senats in den Jahren seit 2012 seit Ankunft in Berlin einen Schwerbehindertenausweis beantragt und wie viele haben einen erhalten? (Bitte nach Jahr der Beantragung bzw. Erteilung, Geschlecht und Altersgruppe aufschlüsseln.) Zu 3. und 4.: Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens einer Schwerbehinderteneigenschaft und von Nachteilsausgleichen nach § 69 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) werden von der verantwortlichen Stelle lediglich die Daten erhoben, die zur Durchführung der gesetzlichen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich sind und die den Zwecken dienen, für die die Daten erhoben worden sind (siehe hierzu auch §§ 67a, § 67c Sozialgesetzbuch Zehntes Buch). Der aufenthaltsrechtliche Status gehört nicht zu diesen Daten, daher können hierzu keine Angaben gemacht werden. 5. Welche Maßnahmen plant der Senat, um anerkannten Flüchtlingen und Geduldeten mit Behinderungen die Bewilligung eines Schwerbehindertenausweises zu erleichtern und wann sollen diese umgesetzt werden? Zu 5.: Der Senat prüft alle Möglichkeiten, um über die regelhaften Modalitäten der Beantragung von Schwerbehindertenausweisen hinaus den Zugang zur Erlangung eines Schwerbehindertenausweises für anerkannte Flüchtlinge bzw. Geduldete erreichen bzw. erleichtern zu können. 6. Mit welchen Maßnahmen gewährleistet der Senat, dass Flüchtlinge, Asylsuchende und Geduldete mit Behinderungen eine behinderungsspezifische Versorgung nach § 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) mit entsprechenden Hilfsmitteln erhalten, oder welche Maßnahmen sind bis wann hierzu geplant? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 021 2 7. Mit welchen konkreten Maßnahmen will der Senat gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen schnellstmöglich nach ihrer Ankunft in Deutschland die für sie notwendigen Hilfsmittel erhalten? Zu 6. und 7.: Das BNS und der Senat kooperieren seit einigen Jahren und haben ein Verfahren entwickelt, das u. a. für Menschen mit Behinderung die Verbindung zu einer Fachberatungsstelle erleichtern soll. Zugleich sind durch ein Rundschreiben zu § 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), das auf die Versorgung besonders Schutzbedürftiger eingeht, die Leistungsbehörden über die zu gewährenden Leistungen informiert worden. Daneben hat es Schulungen für die Leistungsbehörden gegeben und schriftliche Informationen, um für die Belange der besonders schutzbedürftigen Personenkreise zu sensibilisieren. Schon jetzt ist es so, dass Hilfsmittel bis zu einer Wertgrenze von 200,- Euro über den grünen Behandlungsschein direkt verordnet werden können. Hilfsmittel oberhalb dieser Wertgrenze sind bisher bei der jeweils zuständigen Leistungsbehörde zu beantragen. Mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte werden alle Hilfsmittel direkt verordnet oder ggf. nach Prüfung durch die betreuende Krankenkasse erbracht werden. Ziel ist es, den Einführungsprozess bis zum Jahresende 2016 abzuschließen. 8. Inwieweit steht die gesundheitliche Versorgung von Asylsuchenden und anderen Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG mit Behinderungen in Berlin im Einklang mit den Vorgaben der Asylaufnahmerichtlinie (2013/33/EU)? Zu 8.: Die Richtlinie 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen sieht u. a. vor, dass die Mitgliedstaaten Antragstellerinnen und Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe, einschließlich erforderlichenfalls einer geeigneten psychologischen Betreuung, gewähren. Diese Vorgabe wird bereits im Rahmen des Behandlungsscheines erfüllt. Durch die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte wird die Versorgung stabilisiert und das Verwaltungsverfahren verkürzt. 9. Inwiefern und wann plant der Senat, den Status von geflüchteten Menschen mit Behinderungen gesondert zu erheben? Zu 9.: Der Senat plant keine gesonderte Erhebung des Status geflüchteter Menschen, da diese nicht den datenschutzrechtlichen Bestimmungen der §§ 67a, 67c Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) entsprechen würde. 10. Wie viele Asylsuchende und Geduldete mit Behinderungen haben in Berlin in den Jahren seit 2012 Leistungen nach dem AsylbLG im Bereich medizinischer und gesundheitlicher Versorgung in Anspruch genommen? (Bitte nach Jahr sowie § 4 und § 6 AsylbLG aufschlüsseln.) Zu 10.: Die Anzahl der nach dem AsylbLG leistungsberechtigten Menschen mit Behinderung wird in der Leistungsstatistik ebenfalls nicht ausgewiesen. Auch die Anzahl aller leistungsberechtigten Menschen, die Leistungen nach den §§ 4 oder 6 AsylbLG in Anspruch genommen haben, lässt sich anhand der Statistik nicht ermitteln, da die Leistungen weit überwiegend durch Ausgabe von Behandlungsscheinen oder elektronischen Gesundheitskarten sichergestellt werden, ohne dass in der Leistungsstatistik verzeichnet wird, ob damit tatsächlich die/der Ärztin/Arzt aufgesucht wird. Die im Rahmen des Gesundheits- und Sozialinformationssystems (GSI) veröffentlichten Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Leistungen, die außerhalb des Behandlungsscheinverfahrens in Anspruch genommen worden sind. Die Anzahl der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Quelle: GSI Stand Anzahl der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach § 4 Anzahl der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach § 6 31.12.2012 123 685 31.12.2013 137 735 31.12.2014 102 811 31.10.2015 103 1.218 Berlin, den 03. März 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mrz. 2016)