Drucksache 17 / 18 022 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE) vom 18. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Februar 2016) und Antwort Situation von geflüchteten Menschen mit Behinderungen (I): Wohnen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele barrierefreie Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen , Gemeinschaftsunterkünften, Notunterkünften und Hostels/Pensionen existieren in Berlin? (Bitte nach Art der Unterkunft aufschlüsseln.) Zu 1.: Bisher wurde die Anzahl barrierefreier Unterkunftsplätze in den Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschafts - und Notunterkünften statistisch nicht erfasst. Es ist aber – in Kooperation des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) mit der Arbeitsgruppe „Medizinische Versorgung“ des Landesweiten Koordinierungsstabs Flüchtlingsmanagement (LKF-AG Med) – beabsichtigt, eine derartige Statistik einzuführen. In den Unterlagen des LKF, Bereich „Meldekopf“ findet sich bei den täglichen Berichtsmeldungen derzeit für elf Einrichtungen der Vermerk „barrierefrei“. Jedoch verfügen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zentralen Bettennachweis der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) im LAGeSo auf Grund ihres in der Belegungspraxis gewonnenen fundierten Erfahrungswissens über zusätzliche Erkenntnisse, welche Einrichtungen für die Aufnahme von Personen mit eingeschränkter Mobilität prädestiniert sind. Derzeit sind in der BUL des LAGeSo 550 Plätze in Aufnahmeeinrichtungen, 282 Plätze in sonstigen Gemeinschaftsunterkünften und 961 Plätze in Notunterkünften als „für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet“ erfasst. Dabei handelt es sich um keine abschließende Aufstellung , da noch nicht alle Einrichtungen mit dem entsprechenden Parameter abgefragt werden konnten. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die genannten Plätze nicht zwingend rollstuhlgerecht sind. Eine Begehung aller Objekte zur genauen Erfassung der Situation vor Ort ist geplant, wird sich aber auf Grund der Vielzahl der Einrichtungen zeitaufwändig gestalten. Angaben über barrierefreie Plätze in Hotels, Hostels und ähnlichen Beherbergungsbetrieben können nicht gemacht werden. 2. Welche Anforderungen stellt der Senat an barrierefreie Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften , Notunterkünften und Hostels /Pensionen? Zu 2.: Gemäß der Leistungsbeschreibung für Gebäude sowie den Qualitätsanforderungen für vertragsgebundene Unterkünfte, welche auf der Internet-Präsenz der BUL unter der Adresse https://www.berlin.de/lageso/soziales/asylaussiedler /berlinerunterbringungsleitstelle /informationen-zu-betreiber-undimmobilienangeboten / veröffentlicht sind, müssen Betreiberinnen und Betreiber derartiger Einrichtungen sämtliche öffentlichrechtlichen Verpflichtungen und Vorschriften in Bezug auf die Errichtung und den Betrieb von Unterkünften einhalten. Die Betreiberinnen und Betreiber müssen sich grundsätzlich eigenständig und eigeninitiativ mit den zuständigen Behörden abstimmen. In diesem Zusammenhang ist auch das Rundschreiben SenStadtUm II E Nr. 45/2015 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vom 17.12.1015 (online veröffentlicht unter der Adresse http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/rundsc hreiben /de/download/bauaufsicht/rs_IIE_45_Info_Verfahren_ FluechtlUnterkuenfte.pdf) einschlägig: Unter Ziff. 4.4 – Barrierefreiheit - wird ausgeführt, dass alle Unterkünfte für Flüchtlinge in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein und über mindestens eine barrierefreie Wohneinheit (und Sanitäreinheit) verfügen sollen. Gleichzeitig wird festgelegt, dass die aus § 51 Bau-ordnung Berlin (BauO Bln) folgenden Anforderungen nicht eingehalten werden müssen. Dies gilt insbesondere für bestehende Objekte. Ein Ausgleich erfolgt durch die Belegungssteuerung, die gewährleistet bzw. künftig gewährleisten soll, dass jede Person einen ihren Bedürfnissen angemessenen Platz zugewiesen bekommt. Dies kann wegen der großen Anzahl aufzunehmender Flüchtlinge in der Praxis allerdings zu Wartelisten führen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 022 2 3. Wie viele Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte , Notunterkünfte und Hostels/Pensionen verfügen in Berlin über barrierefreie Schutzräume? (Bitte nach Art der Unterkunft aufschlüsseln.) Zu 3.: Dem LAGeSo liegen keine Informationen über barrierefreie Schutzräume in Flüchtlingsunterkünften vor. Grundsätzlich wird hierzu Folgendes ausgeführt: Die Ausweisung besonderer Schutzräume für bestimmte Personengruppen in allen Gemeinschaftsunterkünften, die präventiv freizuhalten sind, bedeutet schon auf Grund der hohen Zuzugszahlen eine immense Herausforderung für die zuständigen Stellen und Betreiberinnen und Betreiber. Dessen ungeachtet ist vorgesehen, die besondere Schutzbedürftigkeit vulnerabler Personengruppen insbesondere in den geplanten modularen Unterkünften für Flüchtlinge zu berücksichtigen, in denen räumlich abgrenzbare Bereiche dieser Personengruppe vorbehalten sein sollen. 4. Wie viele Asylsuchende mit Behinderungen befanden sich im Jahr 2015 durchschnittlich in Erstaufnahmeeinrichtungen , Gemeinschaftsunterkünften, Notunterkünften und Hostels/Pensionen? (Bitte nach Art der Unterkunft und Asylsuchenden mit körperlichen, geistigen sowie psychischen Beeinträchtigungen aufschlüsseln.) Zu 4.: Eine bestehende Behinderung wird bei der Suche nach einer geeigneten Unterkunft berücksichtigt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird das Merkmal „Behinderung “ aber nicht erfasst. Eine statistische Aussage ist daher insoweit nicht möglich. 5. Wie viele barrierefreie Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen , Gemeinschaftsunterkünften, Notunterkünften und Hostels/Pensionen will der Senat bis zum 30. Juni 2016 sowie bis zum 31. Dezember 2016 vorhalten /schaffen? Zu 5.: Das LAGeSo strebt perspektivisch die Akquise eines Anteils von zehn bis zwanzig Prozent aller Plätze an, die geeignet für die Unterbringung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und auch barrierefrei sind. 6. Welche Maßnahmen hat der Senat in den letzten Jahren ergriffen, um Flüchtlinge, Asylsuchende und Geduldete mit Behinderungen vor Gewalt in den Flüchtlingsunterkünften zu schützen? 8. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, damit das in Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften und Notunterkünften beschäftigte Personal hinsichtlich der spezifischen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen sensibilisiert und ausgebildet wird, oder welche Maßnahmen plant er bis wann diesbezüglich zu ergreifen? Zu 6. und 8.: Dem LAGeSo liegen keine Erkenntnisse über Gewalt gegen geflüchtete Menschen mit Behinderungen in Flüchtlingsunterkünften vor. Dessen ungeachtet ist dem Berliner Senat die Frage des Gewaltschutzes in Flüchtlingsunterkünften ein besonderes Anliegen, das auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Arbeitszusammenhängen kontinuierlich verfolgt wird. Konzeptionelle Ansätze für einen effektiven Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften werden derzeit ressortübergreifend abgestimmt. Hierzu gehören u. a. Informationsveranstaltungen für die Heimleiterinnen und Heimleiter sowie Sozialbetreuerinnen und Sozialarbeiter und die Erstellung von Handreichungen für ein adäquates Vorgehen des Personals nach Gewaltvorkommnissen . Ergänzend wird hierzu auf die Antwort des Senats vom 30.10.2015 auf die Schriftliche Anfrage 17/17190 sowie auf die Antwort des Senats vom 28.12.2015 auf die Schriftliche Anfrage 17/17580 verwiesen . 7. Welche Träger bieten spezifische Angebote für Flüchtlinge, Asylsuchende und Geduldete mit Behinderungen in Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften , Notunterkünften und Hostels/Pensionen? Zu 7.: Nach den Informationen, die dem LAGeSo zu dieser Fragestellung vorliegen, ist davon auszugehen, dass zumindest die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die MILaa gGmbH und das Paul-Gerhardt-Stift den ihnen zugewiesenen Personen entsprechend eine an deren spezifische Bedürfnisse angepasste Betreuung gewährleisten. Berlin, den 09. März 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mrz. 2016)