Drucksache 17 / 18 056 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 22. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Februar 2016) und Antwort Flüchtlingsunterbringung in Selchow 2015 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die öffentlich erklärte Ablehnung des Brandenburger Ministerpräsidenten zur Nutzung der Messehallen in Selchow zur Unterbringung von nicht registrierten Flüchtlingen? Zu 1.: Dem Senat sind die Äußerungen des Brandenburger Ministerpräsidenten zur Frage der Unterbringung von nicht registrierten Flüchtlingen in Selchow bekannt. Zu Fragen der Unterbringung gibt es Gespräche zwischen dem Senat und der Landesregierung Brandenburg. 2. Wie kam der Chef der Senatskanzlei zuletzt in der Sitzung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, am 9. Dezember 2015, vor diesem Hintergrund zu der Einschätzung, das Land Brandenburg sei offen für eine Unterbringung an diesem Standort? Zu 2.: Der Chef der Senatskanzlei sagte in der Sitzung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien am 9. Dezember 2015, dass es konstruktive Konsultationen mit dem Land Brandenburg hinsichtlich einer Unterbringung von nicht registrierten Flüchtlingen in den Messehallen in Selchow gebe. Dort seien jedoch mehrere Randbedingungen zu beachten. Neben einer Übereinkunft mit dem Land Brandenburg seien auch die in Selchow stattfindenden Veranstaltungen zu beachten, beispielsweise die ILA, deren Aufbau am 1. April 2016 beginne und die das Gelände bis etwa August 2016 benötige . Die ILA wiederum sei im Interesse beider Länder. Die Brandenburger seien offen für eine Unterbringung. Diese Einschätzung beruhte auf der zu diesem Zeitpunkt von Brandenburgs Ministerpräsident Dr. Woidke formulierten Position zu einer Unterbringung Berliner Asylbegehrender an diesem Standort. Nach Beschluss des Senats in seinen Klausurberatungen im Januar 2016 hat der Regierende Bürgermeister in einem Schreiben an Ministerpräsident Dr. Woidke die Einsetzung einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe zur Klärung der Rahmenbedingungen einer Unterbringung von Asylbegehrenden auf dem ILA-Gelände in Schönefeld, Ortsteil Selchow, vorgeschlagen . 3. Wann haben welche Gespräche mit der Brandenburger Seite über die Nutzung des Standorts Selchow stattgefunden, bei welchen Gelegenheiten war der Regierende Bürgermeister persönlich involviert? Zu 3.: Ein erstes Sondierungsgespräch fand Mitte Februar 2016 in der Berliner Senatskanzlei statt. Teilgenommen haben daran der Chef der Senatskanzlei Herr Björn Böhning, Herr Staatssekretär Dieter Glietsch, der Chef der Potsdamer Staatskanzlei, Rudolf Zeeb sowie der Brandenburger Innenstaatssekretär, Matthias Kahl. In diesem Gespräch wurde über die Möglichkeit der Kooperation bei der Unterbringung Berliner Asylbegehrender an Standorten in Brandenburg gesprochen. Ein nächstes Gespräch mit dem Chef der Potsdamer Staatskanzlei sowie dem Brandenburger Innenstaatssekretär ist für Ende März 2016 geplant. 4. Welche planerischen Vorarbeiten wurden in diesem Zusammenhang geleistet, um den Bedenken der Brandenburger Seite hinsichtlich der Brandschutz- und anderer Fragen Rechnung zu tragen? Zu 4.: Die Sicherstellung der erforderlichen Brandschutzvorkehrungen wird auf der Grundlage des einschlägigen Landesrechts erfolgen. Nähere Einzelheiten können erst festgelegt werden, wenn die konkrete Nutzung des Objekts als Notunterkunft für Flüchtlinge beschlossen ist und die zuständigen Stellen für die Herrichtung zu diesem Zweck bestimmt wurden. 5. Wie bewertet der Senat insgesamt den bestehenden Rechtsrahmen für die Unterbringung von Flüchtlingen auf dem Gebiet anderer Bundesländer, der selbst im Fall einer Einigung mit Brandenburg lediglich die Unterbringung noch nicht registrierter Flüchtlinge in Selchow erlauben würde? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 056 2 Zu 5.: Nach § 45 Absatz 2 Asylgesetz (AsylG) können zwei oder mehr Länder vereinbaren, dass Asylbegehrende , die von einem Land entsprechend seiner Aufnahmequote aufzunehmen sind, von einem anderen Land aufgenommen werden. Eine Vereinbarung nach Satz 1 dieser Vorschrift sieht mindestens Angaben zum Umfang der von der Vereinbarung betroffenen Personengruppe sowie einen angemessenen Kostenausgleich vor. Die Aufnahmequote nach Absatz 1 wird durch eine solche Vereinbarung nicht berührt. Eine Einschränkung der länderübergreifenden Aufnahme von Asylbegehrenden auf nicht registrierte Flüchtlinge geht aus dieser Bestimmung nicht hervor. 6. Wie bewertet der Senat den bestehenden Schlüssel zur Verteilung von Flüchtlingen im Bundesgebiet und welcher Anpassungsbedarf besteht aus Sicht des Senats hinsichtlich der besonderen Problemlage der großen Städte und Ballungsräume? Zu 6.: Dem Königsteiner Schlüssel liegt zu 1/3 die jeweilige Einwohnerzahl und zu 2/3 die Finanzkraft je Einwohnerin bzw. Einwohner zu Grunde. Dies führt dazu, dass sich für die Stadtstaaten eine über dem Einwohnerschlüssel liegende Schlüsselzahl ergibt. Aus Berliner Sicht wird der Königsteiner Schlüssel damit den tatsächlichen Umständen etwa durch das begrenzte Flächenangebot in Stadtstaaten nicht gerecht. Der Senat setzt sich laufend auf Bundesebene und zwischen den Ländern für einen gerechten Ausgleich bei der Flüchtlingsaufnahme ein. 7. Wie bewertet der Senat die Überlegungen des Bundesinnenministers zur Einführung einer zeitlich begrenzten Wohnortzuweisung für Flüchtlinge? Zu 7.: Auf Bundesebene wird geprüft, ob eine Wohnortzuweisung nach positivem Abschluss des Asylverfahrens möglich ist und wie diese gestaltet werden könnte. Der derzeitige Bearbeitungsstand ist allerdings noch nicht konkret genug, um bereits eine Bewertung zuzulassen. Grundsätzlich befürwortet der Senat die Stärkung des Wohnsitzprinzips. Berlin, den 09. März 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mrz. 2016)