Drucksache 17 / 18 057 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 22. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Februar 2016) und Antwort Ist die Schließung des Flughafens Tegel wirklich unabwendbar? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Änderungen am Landesplanungsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg, an den Landesentwicklungsprogrammen und an den Landesentwicklungsplänen wären erforderlich, um einen unbefristeten Weiterbetrieb des Flughafens Tegel zu ermöglichen? Antwort zu Frage 1: Die Schließung der beiden innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof ist untrennbar mit den landesplanerischen Vorgaben für die Erweiterung des Flughafens Schönefeld verbunden (Z 1 des Landesentwicklungsplans Flughafenstandortentwicklung – LEP FS, § 19 Abs. 11 LEPro 2003 und Z 6.6 LEP B-B). Unter Beibehaltung der beiden innerstädtischen Flughäfen sei ein Ausbau des Flughafens Schönefeld planerisch nicht gerechtfertigt (so Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. März 2006 – 4 A 1075.04 -). Frage 2: Welche Änderungen bezüglich der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung für den Betrieb des Flughafens Tegel wären erforderlich, um einen unbefristeten Weiterbetrieb des Flughafens Tegel zu ermöglichen? Frage 3: Hält der Senat es insbesondere für möglich, die luftverkehrsrechtliche Genehmigung für einen unbefristeten Betrieb des Flughafens Tegel neu zu erteilen; wenn nein, warum nicht und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und welche Schritte wären dafür erforderlich ? Frage 4: Welche Änderungen bezüglich der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung (Zweckbestimmung) für den Flughafen Tegel wären erforderlich, um einen unbefristeten Weiterbetrieb des Flughafens Tegel zu ermöglichen ? Frage 5: Welche rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen auf den weiteren Bau beziehungsweise auf den späteren Betrieb des Flughafens Berlin Brandenburg hätte ein unbefristeter Weiterbetrieb des Flughafens Berlin Tegel? Antwort zu den Fragen 2 bis 5: Der Senat stellt entsprechende Überlegungen nicht an. Mit den rechtskräftigen Bescheiden über den Widerruf der Betriebsgenehmigung des Verkehrsflughafens Berlin- Tegel vom 29. Juli 2004 sowie über die Aufhebung der Planfeststellung vom 2. Februar 2006 wird dieser Flughafen spätestens sechs Monate nach Fertigstellung und Inbetriebnahme der beiden Start- und Landebahnen des Flughafens BER außer Betrieb genommen. Keiner der Gesellschafter der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) beabsichtigt einen über den genannten Zeitraum hinausgehenden parallelen Betrieb von BER und Berlin-Tegel. Einem in Teilen der Öffentlichkeit diskutierten Widerruf der Entwidmung des Flughafens Berlin-Tegel stehen im Übrigen die gültigen gesetzlichen Vorgaben der Landesplanung entgegen, in denen sich die Länder Berlin und Brandenburg auf das Konzept des Single Airports festlegten . Frage 6: Hält der Senat es – insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung der Passagierzahlen und der am Flughafen Berlin Brandenburg zu dessen Eröffnung voraussichtlich vorhandenen Kapazitäten – für sinnvoll und erforderlich, den Standort Tegel auch in Zukunft als Verkehrsflughafen zu betreiben? Antwort zu Frage 6: Der Senat hält an den gültigen gesetzlichen Vorgaben der Landesplanung fest, in denen sich die Länder Berlin und Brandenburg auf das Konzept des Single Airports verständigt haben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 057 2 Frage 7: Welche ökonomischen Auswirkungen hätte aus der Sicht des Senats ein unbefristeter Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel auf die Wirtschaftlichkeit der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH? Frage 8: Welche Auswirkungen hätten zwei Luftverkehrsstandorte auf die Wirtschaftlichkeit eines geplanten internationalen Luftdrehkreuzes (insbesondere für die Fluggesellschaften)? Antwort zu den Fragen 7 und 8: Wie bereits in der Antwort zu 2. bis 5. angemerkt, stellt der Senat entsprechende Überlegungen nicht an. Frage 9: Wie hoch schätzt der Senat den Bedarf an Investitionsmaßnahmen in die Flughafeninfrastruktur und den Schallschutz in Tegel ein, sollte ein unbefristeter Weiterbetrieb des Standorts ernsthaft in Betracht gezogen werden und juristisch durchsetzbar sein? Antwort zu Frage 9: Der Senat schätzt die Kosten von Investitionsmaßnahmen in die Flughafeninfrastruktur auf mindestens 7,8 Millionen Euro jährlich. Kosten für zusätzlich erforderliche Schallschutzmaßnahmen könnten erst im Zuge der Neuberechnung des Lärmschutzbereiches des Flughafens Berlin-Tegel auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen ermittelt werden . Frage 10: Wie bewertet der Senat Überlegungen, den Standort Tegel als Sonderflughafen – beispielsweise als Regierungsflughafen – unbefristet weiter zu betreiben unter juristischen und ökonomischen Gesichtspunkten und hat der Senat Kenntnis von potentiellen Betreibern /Nutzern? Antwort zu Frage 10: Aktuelle Überlegungen dieser Art sind dem Senat nicht bekannt. Generell hat der Senat massive Bedenken juristischer und wirtschaftlicher Art gegen jede Art des Weiterbetriebs des Flughafens Berlin- Tegel über den festgelegten Schließungszeitpunkt hinaus. Frage 11: Wie bewertet der Senat in Anbetracht der Antworten auf die Fragen 1 bis 10 die Aussichten des laufenden Volksbegehrens für einen unbefristeten Weiterbetrieb des Flughafens Tegel, im Erfolgsfall eine juristische oder politische Bindungswirkung oder sonstige Auswirkungen jenseits von Politikverdrossenheit entfalten zu können? Frage 12: Wenn ein erfolgreicher Volksentscheid für den unbefristeten Weiterbetrieb des Flughafens Tegel weder juristische noch politische Bindungswirkung entfalten könnte, wie bewertet der Senat unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten die Möglichkeit zur Durchführung von Volks“entscheiden“, durch die in der Sache nichts mehr „entschieden“ werden kann? Antwort zu den Fragen 11 und 12: Volksentscheide sind ein Instrument der direkten Demokratie und tragen zur politischen Willensbildung bei. Einem gegebenenfalls erfolgreichen Volksbegehren hätte ein Volksentscheid zu folgen. Gegenstand eines möglichen Volksentscheides wäre in dem o.g. Fall ein sonstiger Beschluss, der lediglich eine Empfehlung an den Senat darstellte. Er wäre für diesen nicht bindend. Berlin, den 8. März 2016 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup Staatssekretär, Flughafenkoordinator (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mrz. 2016)