Drucksache 17 / 18 072 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Hakan Tas (LINKE) vom 24. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Februar 2016) und Antwort Chaos im LAGeSo – Flüchtlinge vor dem Sozialgericht (I) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Leistungsberechtigte standen jeweils in den Jahren 2013 bis 2016 im Jahresdurchschnitt im Leistungsbezug nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo)? Wie viele sind es derzeit? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln.) Zu 1.: Die Anzahl der Leistungsberechtigten, die in den Jahren 2013 fortfolgende im Jahresdurchschnitt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) erhalten haben, bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen, die den aktuellsten Stand der Statistik wiedergibt . Zur Ermittlung der Werte sind jeweils die zum Monatsende ermittelten Empfängerzahlen addiert und durch die Anzahl der Monate dividiert worden. Zeitraum Anzahl der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG beim LAGeSo im Jahresdurchschnitt 31.01. - 31.12.2013 7.302 Personen 31.01. - 31.12.2014 11.617 Personen 31.01. - 30.10.2015* (23.096 Personen)** Quelle: Gesundheits- und Sozialinformationssystem (GSI) * letzter verfügbarer Stand ** Durchschnitt der Monate Januar bis Oktober 2015 2. Wie viele Widersprüche gegen Entscheidungen des LAGeSo im Bereich des AsylbLG sind in den Jahren von 2013 bis 2016 eingelegt worden? (Bitte absolute und prozentuale Zahlen angeben sowie nach Jahr aufschlüsseln )? 3. Wie wurden diese Widersprüche in den Jahren von 2013 bis 2016 erledigt? (Bitte nach Jahr, Erledigungen und Erledigungsart aufschlüsseln)? 4. Wie lange dauerte in den Jahren von 2013 bis 2016 die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Anträgen sowie Widersprüchen im LAGeSo im Bereich des AsylbLG? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln.) Zu 2. bis 4. : Soweit im Servicebereich Recht beim LAGeSo in den Jahren 2013 bis 2016 Widersprüche nach dem AsylbLG eingegangen sind, können die Informationen zur Anzahl, der Art der Erledigung und der Bearbeitungsdauer der nachfolgenden Tabelle entnommen werden (Stand 29.02.2016): Jahr Widersprüche Zurückweisungen anderweitige Erledigung Stattgaben noch in Bearbeitung Bearbeitungsdauer , durchschn. 2013 194 178 16 0 0 28,95 Tage 2014 48 34 13 1 0 34,25 Tage 2015 20 18 1 0 1 40,80 Tage 2016 0 - - - - - Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 072 2 Zur Information: Von September 2012 bis Oktober 2013 sind in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 zur Bemessung der Grundleistungen nach dem AsylbLG sog. Massenwidersprüche im Servicebereich Recht des LAGeSo eingegangen. 5. Wie viele Klagen und Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind in den Jahren von 2013 bis 2016 beim Sozialgericht Berlin eingegangen, um Ansprüche im Bereich des AsylbLG und der Unterbringung gegenüber dem LAGeSo durchzusetzen, und inwiefern sind diese erledigt worden? (Bitte nach Jahr, Eingängen, Untätigkeitsklagen , Erledigungen und Erledigungsarten aufschlüsseln .) Zu 5.: Streitigkeiten in Bezug auf die „Unterbringung“ von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern werden beim Sozialgericht Berlin statistisch nicht exakt erfasst. Die Zuordnung zu den „Kosten der Unterkunft“ bezeichnet nur grob den Streitgegenstand und beruht auf einer internen Klassifikation durch nichtrichterliche Beschäftigte des Sozialgerichts Berlin. Dieser Einordnung folgend sind beim Sozialgericht Berlin die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Eingänge verzeichnet worden. Erledigt durch Eingänge ges. Davon KdU* Davon Untätigkeit Davon ER Davon Hauptsache Anerkennt - nis Beschluss Erledigungser - klärung Gerichtsbescheid Sonstiges Verweisung an andere SG** Vergleich Zurück - nahme 2013 63 1 18 23 40 21 10 3 3 1 0 1 19 2014 87 16 22 62 25 19 42 1 2 0 0 0 19 2015 435 122 30 398 37 78 270 7 2 4 1 0 43 2016 318 159 4 311 7 33 162 3 0 0 0 0 22 * KdU = Kosten der Unterbringung ** SG = Sozialgerichte 6. Wie viele Verfahren im Bereich des AsylbLG und der Unterbringung beim LAGeSo sind derzeit beim Sozialgericht Berlin anhängig? Zu 6.: Zum Stand 01. März 2016 waren beim Sozialgericht Berlin 142 Verfahren im Bereich des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) anhängig, davon betreffen 52 Verfahren die Kosten der Unterkunft. 7. Wie gewährleistet der Senat, dass die Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin auch umgesetzt werden, in denen das LAGeSo zur Gewährung von Leistungen verpflichtet wird? (Bitte nach Hauptsacheklagen und einstweiligen Rechtschutzverfahren aufschlüsseln.) Zu 7.: Wird Klage eingereicht und es besteht ein Leistungsanspruch , erhält die Antragstellerin bzw. der Antragssteller kurzfristig einen Termin zur Leistungsgewährung . Liegt bereits ein Beschluss vor, wird ebenfalls kurzfristig ein Termin vergeben, um den Beschluss umzusetzen . Eine Aufschlüsselung nach Klagen in der Hauptsache und einstweilige Rechtsschutzverfahren ist nicht möglich. 8. Wie viele Vollstreckungsbeschlüsse und wie viele Zwangsgeldandrohungen bzw. -festsetzungen wegen Nichtumsetzung von Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin sind in den Jahren von 2013 bis 2016 ergangen? Zu 8.: Die Zahl der Vollstreckungsbeschlüsse und Zwangsgeldandrohungen ist dem Senat nicht bekannt. Zwangsgeldandrohungen sind erst ab 2015 ergangen, ihre Anzahl wird jedoch nicht statistisch erfasst. Einer Schätzung zu Folge bewegt sich die Anzahl im einstelligen Bereich. Festsetzungen sind bislang noch nicht ergangen . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 072 3 9. Wie viele Richter*innen sind beim Sozialgericht Berlin in den Jahren seit 2013 jeweils zum Jahresende für den Bereich des AsylbLG zuständig gewesen? Wie viele sind es aktuell? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln.) Zu 9.: Bei dem Sozialgericht Berlin werden Fachkammern gebildet, die gleichzeitig für Angelegenheiten der Sozialhilfe und des AsylbLG zuständig sind. Zum Jahresende 2013 waren in beiden Bereichen insgesamt 5,60, im Jahr 2014 insgesamt 6,60 und im Jahr 2015 insgesamt 7,10 Richterinnen und Richter tätig. Zum 01. März 2016 waren 10,60 Richterinnen und Richter zuständig. 10. Wie viele Klagen von Leistungsträgern wie Hostels , Heimbetreibern, Ärzt*innen oder Krankenhäusern, Rettungsdiensten etc. auf Bezahlung erbrachter Leistungen sind in den Jahren von 2013 bis 2016 beim Sozialgericht Berlin eingegangen, wie viele sind entschieden worden und mit welchem Ergebnis jeweils? (Bitte nach Jahr, Eingängen, Erledigungen und Erledigungsarten aufschlüsseln .) Zu 10.: Die Zahl der Klagen von Hostels, Heimbetreiberinnen und Heimbetreibern, Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern, Rettungsdiensten etc. auf Bezahlung erbrachter Leistungen ist dem Senat nicht bekannt. 11. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um die Anzahl der Widersprüche beim LAGeSo und die Zahl der Eilverfahren und Klagen beim Sozialgericht Berlin in Angelegenheiten nach dem AsylbLG zu senken? Zu 11.: Im LAGeSo sind die aufgelaufenen Rückstände mittlerweile abgearbeitet worden. Die Mehrzahl der Klagen sind wegen ausstehender Zahlungen bzw. Leistungsgewährungen eingereicht worden. Auch Untätigkeitsklagen , die den Bereich der Zentralen Leistungsstelle betrafen, sind abgearbeitet. Um zeitnah eine höhere Rechtssicherheit bei Entscheidungen zu erzielen, wurden die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult. 12. Ist mittlerweile juristisch geklärt, bei welchem Gericht und unter welchen Voraussetzungen Leistungserbringer *innen wie Hostels und Wohnheime eigene (sozial )rechtliche Ansprüche auf Vergütung erbrachter Leistungen im Bereich des AsylbLG gegen das LAGeSo gerichtlich geltend machen können? (vgl. Pressemitteilung des Sozialgerichts Berlin vom 15.01.2016) Bitte Rechtslage erläutern. Zu 12.: Nein. Das Sozialgericht Berlin hat in einem Beschluss vom 08. Dezember 2015 (S 70 AY 462/15 ER) in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden , dass für Ansprüche einer Hotelbetreiberin bzw. eines Hotelbetreibers aus einer Kostenübernahmeerklärung für namentlich bezeichnete Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG jedenfalls auch der öffentlich-rechtliche Rechtsweg zu den Sozialgerichten gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG gegeben ist. Dies gelte unabhängig von der Frage , ob zugleich der Rechtsweg zu den Zivilgerichten unter dem Gesichtspunkt eines Schuldbeitritts zu einem zivilrechtlichen (Miet-) Vertrag gegeben sein kann. Gegen den Beschluss, in dem Zahlungsansprüche direkt zwischen dem Hotelbetreiber und der Behörde, die die Kostenübernahme erklärt hat, verneint worden sind, ist Beschwerde vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingelegt worden. Berlin, den 11. März 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mrz. 2016)