Drucksache 17 / 18 073 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Hakan Tas (LINKE) vom 24. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Februar 2016) und Antwort Chaos im LAGeSo – Flüchtlinge vor dem Sozialgericht (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Kann der Senat ausschließen, dass Mitarbeiter *innen der Sicherheitsfirmen auf dem Campus des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) die Vorsprache von Geflüchteten verhindert haben, obwohl sie ein Schreiben des Sozialgerichts vorgelegt haben, wonach Vorsprache zu gewähren ist? 2. Wie häufig kam es dazu, dass Mitarbeiter*innen der Sicherheitsfirmen auf dem LAGeSo-Campus die Vorsprache von Geflüchteten verhindert haben, obwohl sie ein Schreiben des Sozialgerichts vorgelegt haben, wonach Vorsprache zu gewähren ist? Zu 1. und 2.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse darüber vor, in wie vielen Fällen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen eine Vorsprache Asylsuchender verhindert haben. Soweit derartige Zwischenfälle dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LA- GeSo) bekannt geworden sind, ist darauf umgehend reagiert und nachgesteuert worden, um Wiederholungen zu vermeiden. 3. Gab bzw. gibt es eine Anweisung an die Mitarbeiter *innen der Sicherheitsfirmen auf dem LAGeSo- Campus, Geflüchtete trotz Schreibens des Sozialgerichts, wonach Vorsprache zu gewähren ist, nicht durchzulassen? Wenn ja, warum? (Anweisung bitte ggf. im Originalwortlaut beifügen.) Zu 3.: Nein, eine derartige Anweisung existiert nicht. 4. Gab bzw. gibt es eine Anweisung an die Mitarbeiter *innen der Sicherheitsfirmen auf dem LAGeSo- Campus, ehrenamtliche Begleiter*innen, Angehörige usw. als Beistände von Geflüchteten nicht durchzulassen (§ 14 Absatz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG))? Wenn ja, warum? (Anweisung bitte ggf. im Originalwortlaut beifügen.) Zu 4.: Es gibt keine Anweisung ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter nicht einzulassen. Allerdings werden die Haushaltsvorstände unter humanitären Gesichtspunkten dazu angehalten, zu ihren Vorsprachterminen im LAGeSo nicht die gesamte Familie mitzubringen. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer haben einen freien Zugang zum Haus A. Eine regelhafte Blockade durch die Sicherheitsfirmen findet nicht statt. 5. Wie vielen Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) wurde in den Jahren 2015 und 2016 Hausverbot im LAGeSo erteilt und aus welchen Gründen und für welchen Zeitraum? Zu 5.: In den Jahren 2015 und 2016 sind insgesamt 33 Hausverbote jeweils für die Dauer von mindestens sechs Monaten erteilt worden. Hausverbote werden grundsätzlich bei schwerwiegendem Fehlverhalten, hier aufgrund aggressiven Verhaltens unter Anwendung von Gewalt gegen Personen erteilt. 6. Wie stellt das LAGeSo in den Fällen eines erteilten Hausverbots die Auszahlung der Leistungen nach dem AsylbLG sicher? Zu 6.: Im Rahmen der schriftlichen Erteilung des Hausverbots werden Betroffene darauf hingewiesen, sich für die Dauer des Hausverbots durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen oder ihr Anliegen schriftlich vorzutragen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Kostenübernahmen und Krankenscheine direkt in die Einrichtungen zu übersenden oder Geldleistungen auf das Konto des Asylsuchenden zu überweisen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 073 2 7. Wie handhabt das LAGeSo die Bestimmung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 AsylbLG, dass einem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen Mitglied eines Haushalts die Leistungen persönlich ausgehändigt werden sollen? 8. Wann liegen aus Sicht des Senats atypische Umstände vor, die es rechtfertigen, von der Soll-Regelung des § 3 Absatz 6 Satz 1 AsylbLG und der dort vorgesehenen persönlichen Aushändigung der Geldleistungen abzusehen ? 9. Unter welchen Voraussetzungen kann eine Auszahlung von gewährten Leistungen nach dem AsylbLG auf das Konto eines/einer Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG erfolgen bzw. unter welchen Voraussetzungen erfolgen solche Auszahlungen bereits auf das Konto von Leistungsberechtigten? Zu 7. bis 9.: § 3 Abs. 6 Satz 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sieht vor, dass die persönliche Aushändigung an die oder den Leistungsberechtigten oder ein volljähriges Haushaltsmitglied erfolgen soll. Der Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG führt dazu aus, dass eine mögliche Ausnahme vom Regelfall als gegeben angenommen werden könne, wenn z. B. aus personellen Gründen eine monatliche, persönliche Aushändigung nicht umsetzbar ist. In diesen Fällen können die Leistungen z. B. auch auf das Konto überwiesen werden, wenn die Behörde keinen Grund zu der Annahme hat, dass ein Leistungsmissbrauch droht. Sowohl im Bereich der Erstaufnahme (EAE) als auch im Bereich der Zentralen Leistungsstelle für Asylsuchende (ZLA) werden die Leistungen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen Mitglied des Haushaltes persönlich ausgehändigt. Hat eine Person eine schwere Behinderung oder ist aus anderen Gründen nicht in der Lage, ihre Leistungen persönlich in Empfang zu nehmen, wird die Entgegennahme der Leistung durch einen schriftlich Bevollmächtigten akzeptiert. Wurde eine/ein gesetzlich bestellte/r Betreuerin/Betreuer eingesetzt, werden Leistungen in Absprache mit der Betreuerin/ dem Betreuer entweder bar oder unbar erbracht. In begründeten Einzelfällen werden Leistungen an Bevollmächtigte gezahlt. Verfügen Leistungsberechtigte über ein eigenes Konto , macht die ZLA von der Möglichkeit der unbaren Leistungsgewährung durch Überweisung Gebrauch. 10. Für welche Zeiträume erbringt das LAGeSo regelmäßig im Voraus Leistungen nach dem AsylbLG an den oder die Leistungsberechtigten? Zu 10.: § 3 Abs. 6 Sätze 3 und 4 AsylbLG regeln, dass Geldleistungen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden dürfen und hiervon auch nicht durch Landesrecht abgewichen werden darf. Über diese Vorschrift sind die Leistungsbehörden im Rahmen des Rundschreibens Soz Nr. 10/2015 zur Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes in der Fassung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes informiert worden. Auch im LAGeSo wird diese gesetzliche Vorgabe in Bezug auf Leistungsberechtigte, die über ein Konto verfügen und ihre Leistungen überwiesen bekommen, erfüllt. Allerdings ist es in den Fällen, in denen eine Überweisung nicht möglich ist, weil noch kein Konto zur Verfügung steht, im LAGeSo aktuell aufgrund der räumlichen und personellen Situation tatsächlich nicht möglich, Tausende von Leistungsberechtigten Monat für Monat zur Auszahlung der Leistungen einzubestellen. In dieser Situation stellt die rechtzeitige Ausstattung mit diesen Leistungen das höhere Rechtsgut gegenüber der Vermeidung von Überzahlungen und der Gewährleistung einer einheitlichen Verwaltungspraxis dar. Dennoch wird aktuell daran gearbeitet, durch kurzfristige organisatorische Maßnahmen sowie strukturellen Verbesserungen sowohl im Bereich der Personalstärke als auch der Straffung der Ablaufprozesse eine Lösung zu finden, die sowohl den Rechten der Asylsuchenden auf rechtzeitige Versorgung als auch dem Interesse der Verwaltung an einer gesetzeskonformen Umsetzung genüge tut. Berlin, den 15. März 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mrz. 2016)