Drucksache 17 / 18 078 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 16. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Februar 2016) und Antwort Organisierte Kriminalität in Berlin - Schutzgelderpressungen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ab wann spricht man von einer „Schutzgelderpressung “? Welche Kriterien müssen hierfür erfüllt sein? Zu 1.: Die „Schutzgelderpressung“ stellt keinen eigenen Straftatbestand im Strafgesetzbuch (StGB) dar. Von „Schutzgelderpressung“ spricht man, wenn eine Person oder eine Gruppe einer anderen Person mit einem empfindlichen Übel droht, sofern diese nicht regelmäßig von dem oder den Fordernden festgelegte Zahlungen leistet. 2. Wie viele Strafanzeigen und Hinweise gab es in den letzten fünf Jahren in Bezug auf Schutzgelderpressungen? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 2.: Im Zusammenhang mit einer „Schutzgelderpressung “ stehen in der Regel Straftaten wie räuberische Erpressung, Sachbeschädigung, Nötigung oder Körperverletzung . In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ist der Erfassungsgrund „Schutzgelderpressung“ in den Jahren 2011 bis 2014 wie folgt angeführt: 2011 2012 2013 2014 23 13 17 7 Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2011-2014 Die Fallzahlen der PKS im Erfassungsgrund „Schutzgelderpressung “ für das Jahr 2015 sind noch nicht veröffentlicht . 3. Wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen und wie wird die Entwicklung generell eingeschätzt? Zu 3.: Es wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen , da das Anzeige- und Aussageverhalten der Betroffenen einer „Schutzgelderpressung“ der polizeilichen Erfahrung folgend gering ausgeprägt ist. Eine belastbare Einschätzung zur Entwicklung des Deliktsfeldes ist nicht möglich. 4. In welchen Gesellschafts- und Geschäftsbereichen tritt die Schutzgelderpressung gehäuft auf? Zu 4.: „Schutzgelderpressungen“ können in allen Bereichen der Gesellschaft auftreten. Eine Häufung des Deliktes „Schutzgelderpressung“ ist im Bereich von Lokalen beziehungsweise Restaurants feststellbar. 5. Welche Rolle spielen Rockerverbindungen und Organisierte Kriminalität, etwa kriminelle Clans, im Bereich der Schutzgelderpressung? Zu 5.: Im Bundeslagebild Organisierte Kriminalität (OK), in welches auch die Berliner Lage einfließt, erfolgt keine statistische Erfassung von „Schutzgelderpressungen “. Unter dem Begriff Gewaltkriminalität werden Erpressungs - und Raubdelikte sowie Straftaten gegen das Leben subsumiert. Eine weitergehende Unterteilung der Erpressungsdelikte erfolgt nicht, so dass keine belastbare Aussage getroffen werden kann. Bei kriminellen Rockerverbindungen handelt es sich um demonstrativ gewaltbereite Gruppierungen, die „Schutzgelderpressungen“ als eine Möglichkeit sehen, um finanzielle Gewinne zu erzielen. Phänomen- und deliktsimmanent sind in der überwiegenden Zahl der Fälle keine Strafanzeigen oder Aussagen von Geschädigten zu erwarten . Angesichts des anzunehmenden Dunkelfeldes ist keine valide Aussage möglich, welchen Anteil kriminelle Rockergruppierungen am Deliktsfeld haben. Wie in der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/ 16802 zu den Fragen 1 – 3 ausgeführt, wird der Begriff „kriminelle Clans“ nicht verwendet, weil er keiner verbindlichen Definition unterliegt und die Familienzugehörigkeit von Straftäterinnen und Straftätern statistisch nicht erfasst wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 078 2 6. An wen können sich Betroffene wenden, wenn es zu einer Schutzgelderpressung kommt? Zu 6.: Betroffene können sich jederzeit an die Polizei Berlin wenden; jede Polizeidienststelle nimmt entsprechende Strafanzeigen auf. Darüber hinaus ist im Landeskriminalamt (LKA) Berlin eine Koordinierungsstelle Italienische OK (Kost IOK) angegliedert, die als polizeilicher Ansprechpartner zu Schutzgelderpressungen insbesondere im Zusammenhang mit italienischer OK eine Beratungsfunktion wahrnimmt. 7. Wie kann den Betroffenen konkret geholfen werden ? Zu 7.: Betroffene einer möglichen „Schutzgelderpressung “ sollten sich unverzüglich an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Die weiteren Maßnahmen sind dabei immer vom Einzelfall abhängig. Sie können von der einfachen Beratung Betroffener über die Einleitung von Ermittlungsverfahren bis hin zu individuellen Schutzmaßnahmen reichen. Berlin, den 8. März 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Mrz. 2016)