Drucksache 17 / 18 087 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 24. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Februar 2016) und Antwort Kontrollen von Zirkusbetrieben Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kontrollen von Zirkusbetrieben haben in den letzten 5 Jahren in Berlin stattgefunden (aufgeschlüsselt nach Jahren)? Zu 1.: Die Angaben sind nachfolgender Tabelle zu entnehmen. 2011 55 2012 55 2013 56 2014 62 2015 48 2. Wie viele Verstöße von Zirkusbetrieben gegen tierschutzrechtliche Anordnungen wurden von den Berliner Behörden in den letzten 5 Jahren registriert? Zu 2.: In den letzten 5 Jahren haben die für die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen zuständigen bezirklichen Veterinärämter 144 Verstöße gegen die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften registriert. 3. Welche konkreten Verstöße von Zirkusbetrieben gegen tierschutzrechtliche Anordnungen wurden von den Berliner Behörden in den letzten 5 Jahren registriert? Zu 3.: In den letzten 5 Jahren wurden folgende Verstöße von Zirkusbetrieben gegen tierschutzrechtliche Anordnungen von den Berliner Behörden registriert: keine Anmeldung des Zirkusunternehmens bei der zuständigen Veterinärbehörde, fehlende Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz, fehlende oder stark mangelhafte Dokumentation (Bestandsbücher, Behandlungsbücher, Equidenpässe , artenschutzrechtliche Legalitätsnachweise, Dokumentation über so genannte „Futtertiere“), defekte oder ungeeignete, verletzungsträchtige und stark verschmutzte Transportwagen, nicht verkehrssichere Transportfahrzeuge, fehlende Seitenbegrenzung an den Transportfahrzeugen , zu großer Neigungswinkel der Verladerampe, fehlende Sitzstangen für Geflügel, zu kleine Käfige für mitgeführte Kaninchen, ungeeignete, und/oder zu kleine Haltungseinrichtungen (Reptilien, Erdmännchen, Hunde, Hühner, Ziegen), fehlende Schutzhütten (Hunde, Schweine), fehlende Isolierung von Hundehütten, Kettenhaltung von Hunden, zu kleine und nicht artgerechte Klimatisierung von Haltungseinrichtungen für Reptilien, fehlendes Tageslicht bei so genannten „Futtertieren “, unzureichende bis gar keine Einstreu in den Boxen , Überschwemmungen im Stallzelt bei ungünstigen Witterungsbedingungen (Tiere standen tagelang im Wasser oder Matsch ohne trockene Liegefläche), Einzelhaltung von Tieren ohne Sichtkontakt, verletzungsträchtige Stalleinrichtungen, keine, zu kleine oder ungeeignete Auslaufflächen (asphaltierter Parkplatz, vermüllt, Glasscherben, Löcher, Giftpflanzen, defekte Zäune, Ausläufe unter Wasser), fehlende Klettermöglichkeit für Ziegen, ungeeignetes oder gänzlich fehlendes Beschäftigungsmaterial (Sand, Äste zum Benagen, fehlende Bademöglichkeit für Großkatzen oder Enten /Gänse), ungeeignetes oder fehlendes Futter, fehlende Minerallecksteine oder für die Tierart falsche Zusammensetzung, fehlendes Trinkwasser, unpassende/ungeeignete und stark verdreckte Ausrüstungsgegenstände wie Halfter, Trensen, Ausbinder und Kammdeckel, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 087 2 z. T. stark ungepflegte, vernachlässigte Huf-, Klauen- und Zahnpflege (Kameliden, Ziegen und Equiden), lahmende, abgemagerte, behandlungsbedürftige Tiere (Endo- und Ektoparasitenbefall/Räude, Equines Sarkom), Mitführung hochtragender oder säugender und neugeborener Tiere, Nichteinhaltung der Mindesttemperaturen (z. B. Elefanten), Haltung von schwer kranken Futtertieren, schlechter Ernährungszustand von alten Pferden, fehlende Wurmbehandlungen, Tiere, mit denen nicht gearbeitet wird, wurden nicht nach Säugetiergutachten gehalten, fehlende Impfungen oder Blutuntersuchungen, Mitführen nicht angemeldeter Listenhunde, fehlende Haftpflichtversicherung für Hunde, fehlende Kennzeichnung, ungenügend sichere Umzäunung für Elefanten und Kameliden (Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ), Verstöße gegen die Tierschutz-Hundeverordnung, Mitführen von stark verhaltensgestörten Tieren (Hunde, Pferde, Großkatzen, Elefanten). 4. Welche Strafen wurden aufgrund dieser Verstöße verhängt? Zu 4.: Je nach Schwere der Verstöße haben die zuständigen bezirklichen Behörden Gastspiele bzw. das Mitführen bestimmter Tiere untersagt, Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, Verwarngelder erhoben und Anordnungen zur sofortigen Abstellung von Mängeln erteilt. Betreiber wurden darüber hinaus verwarnt und mündlich belehrt. Es wurden Auflagen erteilt und Eintragungen in das Zirkusregister vorgenommen. 5. Wie viele Verstöße von Zirkusbetrieben gegen tierschutzrechtliche Anordnungen speziell bei der Haltung von Wildtieren wurden von den Berliner Behörden in den letzten 5 Jahren registriert? Zu 5.: Bei der Haltung von Wildtieren wurden in den letzten 5 Jahren von den jeweils zuständigen Berliner Behörden 27 Verstöße von Zirkusbetrieben gegen tierschutzrechtliche Anordnungen registriert. 6. Welche Verstöße von Zirkusbetrieben gegen tierschutzrechtliche Anordnungen speziell bei der Haltung von Wildtieren wurden von den Berliner Behörden in den letzten 5 Jahren registriert? Zu 6.: In den letzten 5 Jahren wurden von Berliner Behörden folgende Verstöße von Zirkusbetrieben gegen tierschutzrechtliche Anordnungen bei der Haltung von Wildtieren registriert: nicht artgerechte Tierhaltung, Bären, mit denen nicht gearbeitet wurde und die dennoch nicht nach Bedingungen des Säugetiergutachtens gehalten wurden, unzureichende UV-Quelle bei der Haltung von Riesenschlangen, Temperaturunterschreitungen bei der Haltung von Elefanten, mangelnde Qualität des Elefantenfutters, fehlendes Beschäftigungsmaterial für Elefanten, Unterbringung von Elefanten im Transportfahrzeug während der Nacht, für Elefanten schlecht geeignete Transportfahrzeuge (Umzugswagen) mit mangelhafter Belüftung und fehlender Heizmöglichkeit, ganztägige Anbindung von Elefanten, mangelnde Körperpflege bei Elefanten (Haut und Füße), fehlender Scheuerschutz an der Fußkette von Elefanten , Verhaltensstörungen bei Elefanten, Einsatz von Elefantenhaken, Verhaltensstörungen nach Handaufzucht bei Großkatzen (Schwanznuckeln bis zur Automutilation), fehlendes Badebecken, mangelhafte Futterqualität und fehlende Zusatz/Ergän-zungsfuttermittel bei schlechtem Ernährungs- und Allgemeinzustand bei Großkatzen, mangelhafte Unterbringung von Großkatzen in schlecht belüfteten Transportfahrzeugen. 7. Welche Straftaten wurden aufgrund von Verstößen bei der Haltung von Wildtieren verhängt? Zu 7.: Aufgrund von Verstößen wurden von den zuständigen Behörden Gastspiele untersagt, das Mitführen bestimmter Tiere verboten, Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, Verwarngelder erhoben und Verwarnungen ausgesprochen. Darüber hinaus erfolgten mündliche Belehrungen und Anordnungen zur sofortigen Abstellung von Mängeln. Es wurden Auflagen erteilt und Eintragungen in das Zirkusregister vorgenommen. 8. Wie viele Zirkusbetriebe sind derzeit in Berlin als Gewerbe gemeldet, bzw. wie viele tierschutzrechtliche Erlaubnisbescheide sind in den letzten 5 Jahren ausgestellt worden? Zu 8.: Derzeit sind 6 Zirkusbetriebe als Gewerbe in Berlin angemeldet. In den letzten 5 Jahren ist eine tierschutzrechtliche Erlaubnis erteilt worden. 9. Wie viele Tiere sind in Berlin im aktuellen Zirkusregister erfasst Aufstellung der Arten und Anzahl der Tiere)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 087 3 Zu 9.: Im Zirkusregister ist folgender Tierbestand eines Zirkusbetriebes erfasst: Pferde 1 Ziegen 3 Lama 1 Taube 6 Pony 3 10. Wie viele Wildtiere sind in Berlin im aktuellen Zirkusregister erfasst? Zu 10.: Bei den Berliner Zirkusbetrieben, die im Zirkusregister registriert sind, ist kein Wildtier im Tierbestand erfasst. 11. Wie viele der in Berlin erfassten Zirkusbetriebe verfügen nicht über ein Winterquartier? Zu 11.: Dazu liegen dem Senat keine gesicherten Kenntnisse vor. Die meisten Zirkusunternehmen geben an, über ein „Winterquartier“ zu verfügen, was aber häufig nicht der Realität entspricht. Fast alle sind mindestens bis Weihnachten unterwegs und verbleiben eine gewisse Zeit an einem Standort irgendwo im Bundesgebiet, in der Regel nicht in Berlin, wenn es zu kalt wird. Zudem sind viele „Winterquartiere“ keine festen Bauten, sondern eben der Ort, wo die Haltungseinrichtungen aufgebaut werden, wenn es für ein Gastspiel zu kalt wird. 12. Für den Fall, dass es Zirkusbetriebe ohne Winterquartiere geben sollte, wie wird sichergestellt, dass die mitgeführten Tiere während der gastspielfreien Zeit in den kalten Wintermonaten adäquat versorgt werden und wer ist für die Kontrolle zuständig? Zu 12.: Die Versorgung der Tiere in der gastspielfreien Zeit ist von den Zirkusbetrieben sicherzustellen. Für die Kontrolle der Einhaltung dieser tierschutzrechtlichen Verpflichtung ist die Veterinärbehörde am Standund /oder Gastspielort des Betriebes zuständig. 13. Erachtet der Senat die bestehenden tierschutzrechtlichen Verordnungen für die Haltung von Wildtieren in Zirkusbetrieben für ausreichen und wenn ja, wie begründet er dies? Zu 13.: Der Senat hält die bestehenden tierschutzrechtlichen Regelungen für die Haltung von bestimmten, hohe Ansprüche an die Haltung stellende Wildtierarten in Zirkussen nicht für ausreichend. 14. Wenn nein, welche Änderungen hält der Senat für notwendig und wird er sich auf Bundesebene für ein Verbot der Haltung von Wildtieren in Zirkusbetrieben stark machen? Zu 14.: Der Senat setzt sich seit Jahren auf Bundesebene für ein Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten in Zirkussen ein. Berlin unterstützt einen entsprechenden, zurzeit dem Bundesrat zur Beschlussfassung vorliegenden Entschließungsantrag des Landes Hessen . Das Tierschutzgesetz ist ein Bundesgesetz, dessen Überwachung der Einhaltung wiederum den Bezirken obliegt. Unabhängig davon begrüßt der Senat jedoch die Zielrichtung einzelner Bezirke, die einen sehr restriktiven Kurs bei der Genehmigung von Stellplätzen für Zirkusse mit bestimmten Wildtierarten eingeschlagen habe. Berlin, den 14. März 2016 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mrz. 2016)