Drucksache 17 / 18 099 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ole Kreins (SPD) vom 18. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Februar 2016) und Antwort Verstöße gegen die Sicherungspflicht für Kinder im Kraftfahrzeugverkehr Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Verstöße wurden in den letzten fünf Jahren in Berlin gegen die Sicherungspflicht von Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr festgestellt? Bitte differenzieren nach Art des Verstoßes (Kind ohne vorschriftsmäßige Sicherung; mehrere Kinder ohne vorschriftsmäßige Sicherung; Kind ohne jegliche Sicherung; mehrere Kinder ohne jegliche Sicherung). Zu 1.: Die festgestellten Verstöße können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. 2011 2012 2013 2014 2015 Kind ohne vorschriftsmäßige Sicherung 281 358 417 340 346 Mehrere Kinder ohne vorschriftmäßige Sicherung 71 87 91 100 115 Kind ohne jegliche Sicherung 597 692 721 661 719 Mehrere Kinder ohne jegliche Sicherung 8 10 8 27 12 2. Bei wie vielen Unfällen in den letzten fünf Jahren in Berlin führte eine nicht ausreichende oder nicht vorhandene Sicherung zu Verletzungen oder gar zum Tod von Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr? Welche zusätzlichen Rechtsfolgen können auf den KfZ-Führer in diesen Fällen zukommen? Zu 2.: Zur Frage, ob in Kraftfahrzeugen verunglückte Kinder vorgeschriebene Rückhalteeinrichtungen genutzt haben, können keine Aussagen getroffen werden, da diese Angaben nicht zu den gesetzlich vorgeschriebenen statistischen Erhebungsmerkmalen gehören. Sofern es die Führerin beziehungsweise der Führer eines Kraftfahrzeugs fahrlässig unterlässt, ein Kind oder mehrere Kinder nicht oder nicht vorschriftsmäßig zu sichern und dies zu Verletzungen oder gar zum Tod des Kindes oder der Kinder führt, ist eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 Strafgesetzbuch (StGB)) oder fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) zu prüfen. § 229 StGB bestimmt für die fahrlässige Körperverletzung als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Für die fahrlässige Tötung ist in § 222 StGB eine Bestrafung mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorgesehen. Ferner kann das erkennende Gericht als Maßregel der Besserung und Sicherung die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) und eine Sperre für deren Neuerteilung (§ 69 a StGB) anordnen. Sind die Voraussetzungen des § 44 StGB (Fahrverbot) gegeben, käme die Verhängung eines Fahrverbotes in Betracht. 3. Welche Empfehlungen geben Senat bzw. die verantwortlichen Stellen, um eine größtmögliche Sicherheit von Kindern in Kraftfahrzeugen, auch über die Regelungen der StVO hinaus, sicherzustellen? Gibt es Beratungsangebote dazu? Wenn ja, welche? Zu 3.: Über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende Empfehlungen zur Kindersicherheit in Kraftfahrzeugen werden von der Polizei Berlin nicht gegeben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 099 2 Die 72 Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberater der Polizei Berlin klären Eltern und andere verantwortliche Personen regelmäßig im Rahmen schulischer Veranstaltungen, bei der Schulwegsicherung und im Rahmen von verkehrsüberwachenden oder verkehrsunfallpräventiven Sonderaktionen zur richtigen Kindersicherung in Kraftfahrzeugen auf. Darüber hinaus sind Überwachung und Aufklärung zu dieser Thematik Kernaufgabe der schutzpolizeilichen Verkehrsüberwachung , die durch die im Streifendienst tätigen Dienstkräfte wahrgenommen wird. Neben der Polizei beraten in Berlin Institutionen und Vereine, die sich in der Berliner Charta für die Verkehrssicherheit zusammengeschlossen haben, der Fachhandel und die Automobilverbände zu dieser Thematik. Die konkreten Beratungsinhalte sind dem Senat nicht bekannt. 4. Welche Aufklärungskampagnen hat es in Berlin in den letzten 5 Jahren gegeben, um auf die Anschnallpflicht und speziell die Sicherungspflicht für Kinder in Kraftfahrzeugen hinzuweisen? Zu 4.: Jährlich finden im Rahmen der Einschulung medial begleitete Aktionswochen statt, bei denen die Sicherung von Kindern in Kraftfahrzeugen im Rahmen der Aufklärung zum sicheren Schulweg thematisiert wird. 5. Liegen dem Senat Indizien vor, dass ungesicherte Kinder in Kraftfahrzeugen im Großstadtverkehr besonders gefährdet sind? Wie kontrolliert die Berliner Polizei die vorschriftsmäßige Sicherung von Kindern? Zu 5.: Mangels dahingehend auswertbaren Vergleichszahlen liegen dem Senat keine Indizien vor, die die These stützen würden, dass ungesicherte Kinder in Kraftfahrzeugen im Großstadtverkehr besonders gefährdet sind. Polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit nicht oder unzulässig gesicherten Kindern in Kraftfahrzeugen werden in der Regel durch die äußere Erkennbarkeit des Verstoßes ausgelöst. Dies betrifft sowohl Feststellungen im fließenden Verkehr als auch im Rahmen von Verkehrssonderkontrollen . Neben den repressiven Maßnahmen beinhalten die polizeilichen Maßnahmen immer ein aufklärerisches Gespräch über die vorgeschriebene Kindersicherung in Kraftfahrzeugen und über die für ungesicherte Kinder bestehende Gefahrenlage. Bei Sonderaktionen wird der als Anlage beigefügte Flyer ausgehändigt. 6. Erachtet es der Senat für notwendig in Zukunft weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit von Kindern in Kraftfahrzeugen zu erhöhen und vor nicht vorschriftsmäßiger Sicherung zu schützen? Wenn ja, welche? Zu 6.: Die Polizei Berlin wird die beschriebenen Maßnahmen fortführen. Weder eine Reduzierung noch eine Verdichtung der Maßnahmen werden gegenwärtig angestrebt. Berlin, den 07. März 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mrz. 2016) Kinder in Kraftfahrzeugen – immer richtig sichern! Bedenken Sie bitte stets, wie schmerzlich es sein kann, erst aus Schaden klug zu werden! Es gibt im Leben manchmal keine zweite Chance ... Wer benötigt Kindersitze (Kinderrückhalteeinrichtungen)? Nach § 21 Straßenverkehrsordnung müssen Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, die kleiner als 150 cm sind, bei der Mitnahme in Kraftfahrzeugen immer mit für sie genehmigten und geeigneten Rückhalteeinrichtungen gesichert werden. Warum Kindersitze? Jedes Jahr verunglücken in Berlin hunderte Kinder als Mitfahrer in einem Pkw. Viele davon werden schwer verletzt. Für ein Kind, das während der Fahrt ungesichert oder sogar auf dem Schoß sitzend mitgenommen wird, kann dies bei einem Unfall tödlich enden, denn niemand kann es festhalten! Ohne richtige Sicherung kann ein Aufprall mit 15 km/h für ein Kind tödlich sein! Stab des Polizeipräsidenten PPr St 14 – Straßenverkehr Platz der Luftbrücke 6 12101 Berlin Tel.: 4664-901417 Eigendruck im Selbstverlag, ZSE IV C 4233, 0745-11, 07/14 Was passiert, wenn Kinder nur mit einem Erwachsenengurt gesichert sind? Durch den zu hoch verlaufenden Sicherheitsgurt können ernsthafte Verletzungen im Halsbereich entstehen. Gleichzeitig kann der untere Gurt schlimmste Verletzungen im Bauchbereich verursachen. Deshalb: Sichern Sie Ihr Kind auch auf kurzen Wegen mit einer geeigneten und genehmigten Rückhalteeinrichtung! Verwarnungsgeld / Bußgeld: 30,00 Euro Verwarnungsgeld: Mitnahme eines Kindes mit nicht vorschriftsmäßiger Rückhalteeinrichtung (Verwendung eines normalen Sicherheitsgurtes oder Verwendung einer Rückhalteeinrichtung, welche nicht der Größe oder dem Gewicht des Kindes entspricht) 35,00 Euro Verwarnungsgeld: Mitnahme mehrerer Kinder mit nicht vorschriftsmäßiger Rückhalteeinrichtung 60,00 Euro Bußgeld und ein Punkt: Mitnahme eines Kindes ohne eine Rückhalteeinrichtung zu benutzen 70,00 Euro Bußgeld und ein Punkt: Mitnahme mehrerer Kinder ohne Rückhalteeinrichtungen zu benutzen Weitere Informationen zu verschiedenen Themen der Verkehrssicherheit erhalten Sie bei den Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberatern der örtlichen Direktionen oder bei jedem Polizeiabschnitt und im Internet unter www.polizei.berlin.de S17-18099 S1718099 Anlage Frage 5 neu