Drucksache 17 / 18 101 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bola Olalowo (GRÜNE) vom 26. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. März 2016) und Antwort Vergibt die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz fair? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Vergabestellen sind im Sinne des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG) bei der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, den ihr nachgeordneten Behörden und Einrichtungen im Dienstbereich mit der Durchführung von Vergaben betraut ? Zu 1.: Die Organisation der öffentlichen Auftragsvergabe einschließlich der Vertragskontrolle ist innerhalb der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz im Rahmen der dezentralen Ressourcenverantwortung grundsätzlich Angelegenheit der jeweiligen Kapitel. Es bestehen keine Stellen, die ausschließlich oder zumindest überwiegend mit der Vergabe öffentlicher Aufträge befasst sind. Unter diesem Gesichtspunkt sind die gemäß § 9 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung (LHO) bestellten Beauftragten für den Haushalt der einzelnen Kapitel als Vergabestellen anzusehen. Gemäß Nr. 10.3.2 der Ausführungsvorschriften zu § 55 LHO übernimmt die oder der Beauftragte für den Haushalt oder die Titelverwalterin oder der Titelverwalter die Verantwortung dafür, dass bei einem öffentlichen Auftrag alle sonstigen im Zusammenhang mit dem Auftrag stehenden Vorschriften eingehalten worden sind. Hierzu gehört u. a. auch die Einhaltung der im BerlAVG vorgesehenen Auflagen und Pflichten der Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen bestehen im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz derzeit 32 Vergabestellen entsprechend der folgenden tabellarischen Übersicht: Vergabestellen Kapitel Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz - Politisch-Administrativer Bereich und Service - 0600 Gemeinsames Juristisches Prüfungsamt 0605 Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz - Verbraucherschutz - 0608 Generalstaatsanwaltschaft 0611 Staatsanwaltschaft 0612 Amtsanwaltschaft 0613 Kammergericht 0615 Landgericht 0616 Amtsgericht Charlottenburg 0619 Amtsgericht Köpenick 0621 Amtsgericht Lichtenberg 0622 Amtsgericht Mitte 0623 Amtsgericht Neukölln 0624 Amtsgericht Pankow-Weißensee 0625 Amtsgericht Schöneberg 0626 Amtsgericht Spandau 0627 Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg 0628 Amtsgericht Tiergarten 0630 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 101 2 Amtsgericht Wedding 0631 Zentrales Mahngericht Berlin-Brandenburg 0632 Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 0641 Verwaltungsgericht 0642 Sozialgericht 0651 Justizvollzugsanstalt Plötzensee 0661 Justizvollzugsanstalt für Frauen 0663 Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin 0664 Justizvollzugsanstalt Moabit 0666 Justizvollzugsanstalt Tegel 0668 Jugendstrafanstalt 0669 Jugendarrestanstalt 0671 Justizvollzugsanstalt Heidering 0672 Soziale Dienste der Justiz - Gerichtshilfe und Bewährungshilfe - 0691 2. Wie viele öffentliche Aufträge haben diese Vergabestellen in den Jahren 2012 – 2014 vergeben? Bitte getrennt nach Jahren aufführen. Zu 2.: Es werden keine dementsprechenden Statistiken geführt. Innerhalb der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz ist deshalb eine Erhebung durchgeführt worden, die aufgrund des Umfanges der abzufragenden Daten keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Die Erhebung im gesamten Geschäftsbereich ergab die aus der nachstehenden Tabelle (nach Vergabestellen gelistet) ersichtliche Anzahl öffentlicher Aufträge. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 101 3 Kapitel 2012 2013 2014 0600 33 25 32 0605 3 1 1 0608 14 12 11 0611 38 58 45 0612 23 27 26 0613 0 1 0 0615 2.147 1.813 1.517 0616 201 223 183 0619 39 62 66 0621 91 91 91 0622 24 49 53 0623 16 33 17 0624 69 59 70 0625 49 55 85 0626 74 56 60 0627 19 18 28 0628 3 5 12 0630 71 93 75 0631 2 6 13 0632 1 4 11 0641 35 14 16 0642 55 36 58 0651 29 29 10 0661 4.353 5.132 4.877 0663 9 9 11 0664 56 48 54 0666 2.383 2.302 2.354 0668 5.103 4.617 4.571 0669 618 580 573 0671 4 2 4 0672 28 390 380 0691 13 10 10 Summe 15.603 15.860 15.314 Unberücksichtigt bei der Erhebung blieben Aufträge, die in den Sammelbestellverfahren des Landesverwaltungsamtes und des IT-Dienstleistungszentrums in Berlin erteilt wurden, da die Prüfung und Überwachung der Vertragspartner von den dortigen Vergabestellen wahrzunehmen ist. Ferner wurden Aufträge an die Berliner Justizvollzugsanstalten , Entschädigungen nach dem Justizvergütungs - und Entschädigungsgesetz (Dolmetscherin und Dolmetscher, Gutachterin und Gutachter u. a.), der Erwerb von Medien mit Preisbindung und die Auftragsvergaben durch die Berliner Immobilien Management GmbH nicht erhoben. Gemäß der in § 1 Abs. 6 Satz 4 BerlAVG gesetzten Betragsgrenzen blieben die Auftragsvergaben mit einem Einzelwert bis zu 500,00 Euro in den vorgenannten Erhebungen unberücksichtigt. Die überdurchschnittliche Anzahl der Auftragsvergaben in den Vergabestellen der Kapitel 0661, 0666 und 0668 sind dem Umstand geschuldet, dass insbesondere die Bedarfe der Versorgungs- und Arbeitsbetriebe der Justizvollzugsanstalten Plötzensee, Moabit und Tegel mitunter tagesaktuell (Küche, Bäckerei) gedeckt werden mussten. 3. In wie vielen Fällen davon und von welchen Vergabestellen wurde in der Ausschreibung auf die §§ 1, 7-10 BerlAVG oder auf einzelne Normen des Gesetzes Bezug genommen? Bitte getrennt auflisten nach a) Tariftreue und Mindestentlohnung b) umweltverträgliche Beschaffung c) Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen d) Frauenförderung e) Bereitstellung von Ausbildungsplätzen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 101 4 4. Falls auf die §§ 1, 7-10 BerlAVG kein Bezug genommen wurde, warum nicht? Zu 3. und 4.: In den Vergabestellen werden keine entsprechenden Statistiken geführt. Die Erhebungen haben gezeigt, dass insbesondere mit Blick auf die Regelungen des § 1 BerlAVG zur Tariftreue und Mindestentlohnung eine Bezugnahme fast immer erfolgt. Die weiteren Normen des BerlAVG über umweltschützende Maßnahmen, zur Beachtung der ILO- Kernarbeitsnormen (ILO = Internationale Arbeitsorganisation ), Bereitstellung von Ausbildungsplätzen und zur Frauenförderung sind nur dann in einer sehr geringen Anzahl von Auftragsvergaben berücksichtigt worden, wenn die Wertgrenzen zur Anwendung des BerlAVG (10.000 € bzw. 25.000 €) überschritten wurden. Die überwiegende Anzahl der Vergabeverfahren betrifft Kleinaufträge unterhalb der Wertgrenze von 10.000 Euro. 5. Welche Erfahrungen haben diese Vergabestellen mit den Vorschriften der §§ 1, 7-10 BerlAVG gemacht? Zu 5.: Die Vorgaben des BerlAVG werden von den Vergabestellen der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschütz durchgängig als positiv angesehen, auch wenn der verwaltungsmäßige Aufwand zur Umsetzung mit Blick auf die hohe Anzahl der Kleinaufträge angestiegen ist und die personellen und logistischen Kapazitäten nicht immer ausreichend sind, die Stichprobenkontrollen gemäß § 5 BerlAVG durchzuführen. 6. Wie verteilen sich welche Auftragsvolumina anhand der Berliner, nationalen und EU-weiten Schwellenwerte auf die Vergabearten „offenes Verfahren“, „nicht offenes Verfahren“, Verhandlungsverfahren“, „freihändige Vergabe“, „wettbewerblicher Dialog“, „Interessenbekundungsverfahren “ usw.? Bitte für den Zeitraum 2012 – 2014 nach Jahren und Vergaben im Bau-, Leistungs- und freiberuflichen Bereich auflisten. Zu 6.: Die Vergabestellen der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz haben in den Jahren 2012 bis 2014 nur Aufträge für Lieferungen und Leistungen nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen - Teil A - (VOL/A) vergeben. Unterhalb der EU-Schwellenwerte (Liefer und Dienstleistungen) 2012 2013 2014 Öffentliche Ausschreibung 1.143.310 € 2.525.239 € 2.074.617 € Beschränkte Ausschreibung 487.126 € 585.601 € 507.498 € Freihändige Vergabe 14.280.358 € 14.245.843 € 11.623.257 € Oberhalb der EU-Schwellenwerte (Liefer und Dienstleistungen) 2012 2013 2014 Offenes Verfahren 720.000 € 300.000 € 1.018.000 € Nichtoffenes Verfahren 0 € 0 € 0 € Verhandlungsverfahren 1.941.400 € 6.306.000 € 450.000 € 7. In welchem Umfang wird von diesen Vergabestellen die „Vergabeplattform Berlin“ genutzt? Bitte prozentual nach Vergabestellen auflisten. 8. Falls die „Vergabeplattform Berlin“ nicht genutzt wird: was sind die Gründe hierfür? Zu 7. und 8.: Gemäß dem Gemeinsamen Rundschreiben der damaligen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen - SenStadt VI A /SenWiArbFrau II F Nr. 11/2006 - vom 17.05.2006 werden von den Vergabestellen der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz nur die Bekanntmachungen über Öffentliche Ausschreibungen und Teilnahmewettbewerbe auf der Vergabeplattform Berlin veröffentlicht. Eine statistische Erhebung bei den Vergabestellen über den Umfang der Nutzung der Vergabeplattform erfolgt nicht. 9. In wie vielen Fällen wurde von diesen Vergabestellen in den Jahren 2012 – 2014 Vertragsstrafen nach § 6 Abs.1 BerlAVG verhängt? 10. In wie vielen Fällen wurde von diesen Vergabestellen in den Jahren 2012 – 2014 ein Ausschluss von der Teilnahme an einem Wettbewerb nach § 6 Abs. 3 Berl AVG verhängt? Zu 9. und 10.: Es sind keine Vertragsstrafen oder Ausschlüsse von der Teilnahme an Wettbewerben verhängt worden. 11. Hat sich eine dieser Vergabestellen mit Unterstützungsanfragen an die Kontrollgruppe nach § 5 S. 2 Berl AVG gewandt? Wenn ja, mit welchen Fragstellungen ist dies geschehen? Zu 11.: Anfragen an die Kontrollgruppe nach § 5 Satz 2 BerlAVG sind nicht erfolgt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 101 5 12. In wie vielen Fällen kam es in den vergangenen vier Jahren zu Nachprüfungsverfahren vor einer Vergabekammer des Landes, des Bundes oder vor Gericht? Bitte einzeln unter Zuordnung zur jeweiligen Nachprüfungsstelle auflisten. Zu 12.: Es sind keine Nachprüfungsverfahren anhängig geworden. 13. In wie vielen Fällen kam es in den vergangenen vier Jahren zu geänderten bzw. zu Neuvergaben wegen Verstößen dieser Vergabestellen? 14. Falls es zu geänderten bzw. Neuvergaben kam, gegen welche Vergabevorschriften hatte diese Vergabestelle verstoßen? Zu 13. und 14.: Es mussten keine geänderten oder Neuvergaben durchgeführt werden. Berlin, den 18. März 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mrz. 2016)