Drucksache 17 / 18 117 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 29. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. März 2016) und Antwort Hochhaus am Alexanderplatz kurz vor der Baugenehmigung? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In welcher Weise wurde durch das Baukollegium bzw. andere Beteiligte die städtebauliche und stadtgestalterische Wirkung des Hochhauses an der Ecke Gruner -/ Alexanderstraße am Haupteingang des Einkaufszentrums Alexa geprüft und wie wird dessen Auswirkung auf die stadtbildprägende Sichtachse von der Karl-Marx- Allee zum Fernsehturm (visuelle Integrität) vom Senat beurteilt? Antwort zu 1: Die Gestaltung des Turmhochhauses und seine städtebauliche Einbindung in das unmittelbare und weitere Umfeld wurden in zwei Sitzungen des Baukollegiums behandelt. Dieser Hochhaustandort war bereits Bestandteil des vom Senat von Berlin in 1994 gefassten Beschlusses zur Umsetzung des Preisträgerentwurfs von Professor Kollhoff des internationalen städtebaulichen Wettbewerbs von 1993. Die Errichtung eines 150 m hohen Gebäudes auf dem in Rede stehenden Grundstück war von Beginn an Bestandteil der konkreten Planung des Bebauungsplanverfahrens I-B4d und passte den bereits durch den Bebauungsplan I-B4a festgesetzten Standort des Turmhochhauses an die neuen Planungsgegebenheiten an. Während der Beteiligungsschritte ergab sich durchgängig die Beurteilung, dass ein Hochhaus an dieser Stelle im Einklang mit dem Stadtbild und der städtebaulichen Ordnung am Alexanderplatz steht. Der Bebauungsplan hat in Bezug auf diesen Baukörper mit diesem Inhalt Ende 2003 seine Planreife gemäß § 33 Baugesetzbuch (BauGB) erlangt und wurde am 11.01.2006 festgesetzt. Das Abgeordnetenhaus stimmte den Ergebnissen des Bebauungsplanverfahrens im Zusammenhang mit der planerischen Entscheidung für die heutige Shopping Mall Alexa im Jahre 2005 zu. Frage 2: Wieviel Quadratmeter Wohnfläche und wie viele Wohnungen sind in dem Bauvorhaben aktuell vorgesehen und welcher Infrastrukturbedarf leitet sich daraus ab? Antwort zu 2: Zurzeit liegen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt noch keine verbindlichen Unterlagen vor, die eine verlässliche Beantwortung der gestellten Frage zulässt. Frage 3: Welchen Zeitplan haben Senat, Bezirksamt Mitte und Investor für den Bau des Alexa-Hochhauses? Antwort zu 3: Die Ausarbeitung eines Zeitplans für den Bau des Alex-Hochhauses obliegt dem Investor. Dieser ist verpflichtet, entsprechende Abstimmungen mit den Fachbereichen des Bezirksamtes und des Senates zu führen. Nach Angaben des Investors gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt wird die Abgabe eines Bauantrags in 2016 angestrebt. Frage 4: Welche Unterlagen, Nachweise und Gutachten sind für die Baugenehmigung vom Investor zu erbringen und wann werden diese vorliegen? Antwort zu 4: Mit Bauantragsstellung sind die Unterlagen gemäß Bauordnung von Berlin und den weiteren verfahrensrechtlichen Bestimmungen einzureichen (Lageplan , Bauvorlagen für das Gebäude, geprüfter Brandschutznachweis ). Vor Baubeginn muss die geprüfte Statik vorliegen. Weitere bautechnische Nachweise zu Schall- und Wärmeschutz etc. sind durch den Investor zu erstellen und werden im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens geprüft. Frage 5: Durch wen und in welcher Weise wird im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem festgesetzten Bebauungsplan geprüft? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 117 2 Antwort zu 5: Der Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht des Bezirksamtes Mitte beteiligt das für die städtebauliche und planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens zuständige Stadtplanungsamt. Bei Vorhaben im Bereich von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung gem. § 9 Ausführungsgesetz zum Baugesetzbuch (AGBauGB), zu dem der Bebauungsplan I-B4d gehört, wird zusätzlich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt im Stellungnahmeverfahren beteiligt. Frage 6: Wird mit der nunmehr vollzogenen Nutzungsänderung zugunsten eines höheren Wohnanteils das Modell der kooperativen Baulandentwicklung angewendet , wenn ja, mit welchen Festsetzungen, wenn nein, wie begründet der Senat den Verzicht auf die Anwendung des Modells? Antwort zu 6: Die Nutzungsänderung wurde durch den Investor bisher noch nicht vollzogen. Für den Vollzug bildet die erteilte Baugenehmigung die Grundlage. Für die Anwendung des in 2015 entwickelten Modells der kooperativen Baulandentwicklung besteht für Berlin kein Rechtsanspruch, da dieses Modell nur dann zur Anwendung gelangt, wenn ein Bebauungsplanverfahren und der Abschluss des begleitenden städtebaulichen Vertrages vor Bekanntwerden des Modells noch nicht durchgeführt bzw. in einem laufenden Verfahren noch nicht das Stadium der Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Absatz 3 BauGB erreicht hat. Für Baugrundstücke, bei denen bereits das Planungsrecht – wie hier im Jahre 2003 durch Erteilung der Planreife gem. § 33 BauGB und Festsetzung in 2006 - bei Bekanntwerden des Modells zuvor gegeben war, besteht für Berlin keine Rechtsgrundlage, die Anwendung des Modells in den bereits vor nahezu 13 Jahren abgeschlossenen städtebaulichen Vertrag nachträglich einzufordern. Im rechtskräftigen Bebauungsplan wird in der textlichen Festsetzung 1.4 geregelt, dass innerhalb der Flächen MK 1 (Turmhochhaus Alexa) Wohnungen oberhalb von 35,0 m über Gehweg allgemein zulässig sind. Der zum damaligen Zeitpunkt nicht erkennbare heutige Bedarf an Wohnungen führte dazu, dass die Investoren nur für Teilbereiche zu einem zwingend zu erfüllenden Wohnungsanteil und zur entsprechenden Finanzierung von Folgemaßnahmen verpflichtet werden konnten. Entsprechende Festlegungen im Bebauungsplan und im städtebaulichen Vertrag erfolgten wegen der besseren städtebauhygienischen Bedingungen für das Baufeld MK 2 an der Voltairestraße. Dagegen wurde für die Baufläche MK 1 (Turmhochhaus Alexa) mit der gewählten textlichen Festsetzung 1.4 lediglich ein Angebot für den Bau von Wohnungen eröffnet. Bewegt sich der Antrag auf Baugenehmigung innerhalb des damit eröffneten Korridors, besteht für den Investor diesbezüglich ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn die nach Bauordnung Berlin zu erfüllenden notwendigen Flächen für Kinderspielplätze nachgewiesen werden. Sofern dies wegen mangelnder Flächen nicht möglich ist, kann die Genehmigungsbehörde die Zahlung entsprechender Ablösegelder vereinbaren. Ungeachtet der rechtlichen Voraussetzungen und vorbehaltlich des durch das Bezirksamt Mitte zu erbringenden Nachweises, dass entstehende Bedarfe an sozialer Infrastruktur auch abgedeckt werden können, wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt versuchen, mit dem Investor entsprechende Vereinbarungen zur finanziellen Beteiligung an Maßnahmen der sozialen Infrastruktur zu erreichen. Frage 7: In welcher Weise werden angesichts der unmittelbar benachbarten Denkmalobjekte Kongresshalle, Haus des Lehrers und Alexanderhaus und des Welterbeantrags für das angrenzende Wohngebiet Karl-Marx-Allee die Denkmalbehörden in dem Baugenehmigungsverfahren beteiligt? Antwort zu 7: Die untere Denkmalschutzbehörde wird im Baugenehmigungsverfahren durch die Bauaufsicht beteiligt. Über die Untere Denkmalbehörde wird das Einvernehmen mit dem Landesdankmalamt hergestellt. Im Übrigen muss richtig gestellt werden, dass es keinen UNESCO-Welterbeantrag gibt und absehbar nicht geben wird. Frage 8: Zu welchen Aussagen kommen das Verkehrsgutachten , das Gutachten zur Verschattung, das Gutachten zum Lärmschutz und ggf. weitere erforderliche Gutachten? Antwort zu 8: Kernaussagen der Gutachten im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens I-B4d: Verkehrsgutachten Da die Alexa Shopping Mall seit 2007 mit den im Verkehrsgutachten zu Grunde gelegten und im Bebauungsplan auf 1800 Plätze begrenzten Stellplatzangebot auch in Spitzenzeiten über die auf 36 m breite reduzierte Alexanderstraße und eine Notausfahrt in der Dircksenstraße zuverlässig erschlossen ist und für das Turmhochhaus weitere 200 Stellplätze im Tiefgaragenbereich der Mall reserviert sind, ist die Aufzählung der Ergebnisse des Gutachtens entbehrlich. Verschattungsgutachten Es kommt zu keiner wesentlichen Verschattung angrenzender schützenswerter Nutzungen. Mittelbar findet die Verschattung bzw. Belichtung in den Abstandflächenregeln der Bauordnung Berücksichtigung . Ergänzend wurde im Bebauungsplanverfahren die künftige Verschattung der an das Plangebiet grenzenden bestehenden Bebauung für die Monate März / September, Juni und Dezember simuliert. Durch das gegenüber dem ursprünglich untersuchten Standort im festgesetzten Bebauungsplan I-B4a näher an die Alexanderstraße verschobenen Turmhochhaus wird der Schattenwurf auf den Bereich um den Alexanderplatz verändert. Der Platz erhält aber auf Grund der neuen Ausrichtung der Schmalseite des Turms einen schmaleren Schatten und wird insoweit weiterhin genügend besonnt. Die Wohnbebauung zwischen Karl-Marx-Allee und Alexanderstraße wird im März / September erst in den letzten drei Stunden vor Sonnenuntergang in Teilen vom Schatten des Turmhoch- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 117 3 hauses erfasst. Auch dieses ist vom Umfang her vertretbar . In den Wintermonaten hat das Vorhaben aufgrund des früheren Sonnenuntergangs nur geringen Einfluss auf die Verschattung der Wohn-bebauung. In der textlichen Festsetzung 4.1 wird die Zahl der Stellplätze begrenzt und in der Planzeichnung die Ein- und Ausfahrtbereiche vorgegeben. Lärmgutachten Die Geräuschimmissionen liegen auf Grund des Verkehrslärms und der Schallreflexion durch die neue Bebauung auf den Gehwegflächen der Alexanderstraße und Grunerstraße über dem Orientierungswert der DIN 18005. Eine erholsame Aufenthaltsqualität ist hier nicht gegeben. Deshalb wurde für den Bereich an der Voltairestraße ein öffentlich nutzbarer Stadtplatz vorgesehen (Ravellinplatz), bei dem der Orientierungswert der DIN 18005 für Kerngebiete eingehalten wird. Allerdings hat die neue Bebauung in Bezug auf den Schienenlärm auf das Wohngebiet östlich der Alexanderstraße eine abschirmende Wirkung. Detaillierte Schallschutzmaßnahmen können erst im Rahmen der Genehmigungsplanung beurteilt werden. In der textlichen Festsetzung 5.1 werden die Ausrichtung von Aufenthaltsräumen sowie die Anordnung von Dauerlüftungsmöglichkeiten geregelt. Luftschadstoffe Bei Realisierung der geplanten Bauten werden die Grenz- und Prüfwerte für die NO2-Kurzzeitbelastung sowie für Benzol und Ruß bodennah (in 1.5 m Höhe) eingehalten. Lediglich für das NO2-Jahresmittel sowie das PM10 -Jahresmittel (Schwebstaub und Partikel) und die PM10-Kurzzeitbelastung ist in Bodennähe an der Fassade des Sondergebietes an der Alexanderstraße und dem an der Ecke Alexanderstraße / Voltairestraße geplanten Neubau mit Überschreitungen der Grenzwerte zu rechnen. Dort sind keine relevanten Unterschiede zwischen den Belastungen in Prognose- Null- und Planfall zu verzeichnen, d.h., diese Belastung träte auch ohne Realisierung des Bauvorhabens auf. In der textlichen Festsetzung 5.2 wird der Bau von zentralen Lüftungssystemen für Aufenthaltsräume geregelt. Frage 9: Welche Maßnahmen, die aus den Gutachten resultieren, müssen vom Investor, welche von der öffentlichen Hand erbracht werden? Antwort zu 9: Alle unter Antwort 8 aufgeführten Maßnahmen sowie mögliche weitere im Baugenehmigungsverfahren beauflagte Maßnahmen obliegen dem Investor und werden auf dessen Kosten umgesetzt. Frage 10: Welche Verabredungen oder Vertragsentwürfe bzw. ausgefertigten Verträge sind geschlossen, um die Durchführung des Bauvorhabens, die Baustelleneinrichtung , den Baustellenablauf und ggf. weitere Fragen zu regeln? Antwort zu 10: Möglicherweise erforderliche Ergänzungen zu dem bereits geschlossenen städtebaulichen Vertrag im Zusammenhang mit der Durchführung des Bauvorhabens werden zwischen den Fachbereichen des Landes Berlin und dem Investor oder mit der Baugenehmigung , beispielsweise durch Nebenbestimmungen vereinbart bzw. angeordnet. Das Erfordernis wird im Rahmen der Prüfung des Antrags auf Baugenehmigung durch die in den Stellungnahmen zu beteiligenden Behörden festgestellt. Berlin, den 17. März 2016 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Mrz. 2016)