Drucksache 17 / 18 119 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 29. Februar 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. März 2016) und Antwort Friedrichswerdersche Kirche noch zu retten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Aus welchen Gründen sind dem Bauherrn für das Bauvorhaben östlich der Kirche keine bautechnischen Vorgaben wie Verzicht auf Tiefgaragen oder Keller sowie Verschiebung des Baukörpers vom Kirchengebäude weg gemacht worden? Antwort zu 1: Eine Verschiebung des Baukörpers nach Osten in diesem Bereich würde eine Abkehr vom bisherigen städtebaulichen Konzept bedeuten, das sich am historischen Stadtgrundriss orientiert. Eine Risikominimierung für benachbarte Bebauungen wird effektiv durch Auflagen in bauordnungs- und denkmalrechtlichen Genehmigungen sowie durch eine konsequente Bauüberwachung verfolgt. Unterbauungen müssen deshalb planungsrechtlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Frage 2: Welche eigentümerunabhängigen Gutachten liegen seit wann zum Bauzustand, zur Schadensprognose, zur Schadensbehebung und zur Verursacherfrage vor? Antwort zu 2: Sowohl für die Kirche als auch für das Bauvorhaben und dessen Einfluss auf die Kirche wurden durch die Bauherrenschaft unter Berücksichtigung der Anregungen des Denkmalschutzes, der Kircheneigentümerin und der Kirchennutzerin Prüfungen in Bezug auf den bautechnischen Nachweis der Standsicherheit durch zugelassene Prüfingenieure durchgeführt. Eigentümerunabhängig wurde im Zusammenhang mit dem Ende 2012 erfolgten Baustopp auf Anregung des Landesdenkmalamtes durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz das Ingenieurbüro „Saar, Enseleit und Partner Ingenieur-Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ beauftragt, für die Eigentümerin, die Nutzerin und die Denkmalpflege die vorgelegten Gutachten zu prüfen, zu bewerten und in Konsequenz die Behörde zu den Auflagen und Forderungen für die Überwachung des Weiteren Bauablaufs zu beraten. Weitere eigentümerunabhängige Gutachten zum Bauzustand , zur Schadensprognose, zur Schadenserhebung und zur Verursacherfrage liegen nicht vor. Frage 3: In wessen Auftrag, seit wann und mit welcher Aufgabenstellung arbeitet das Büro Jäger Ingenieure aus Radebeul an der Erkundung von Bauschäden an der Friedrichswerderschen Kirche? Antwort zu 3: Das Büro „Jäger Ingenieure“ aus Radebeul wurde am 21.02.2013 von der Firma Bauwert erstmalig beauftragt. Gegenstand des Auftrages war der Nachweis der Standsicherheit und Berechnungen zur Verformung und Rissbildung in der Friedrichswerderschen Kirche. Die Beweissicherung und die Risskartierung erfolgten zu diesem Zeitpunkt durch andere Firmen. Der Auftragsumfang wurde später um Berechnungen zu temperaturbedingten Verformungen, eine Risskartierung und eine statische-konstruktive Sanierungsplanung erweitert (ca. 12/2014). Seit 06/2015 besteht ein Vertragsverhältnis mit der Firma „Euro Projekt Gesellschaft mit beschränkter Haftung “ (FRANKONIA). Von dort sind eine Aktualisierung des Nachweises der Standsicherheit und der Verformungsberechnungen beauftragt. Die Aufgabenstellung für das Büro „Jäger Ingenieure“ besteht darin, ein Computermodell zu erzeugen, an dem ablesbar ist, wie die beiden Bauvorhaben neben dem Kirchengebäude auf dieses einwirken und welche Verformungen und Schädigungen auftreten können. Frage 4: Seit wann ist dem Senat und dem Bezirk Mitte bekannt, dass das o.g. Ingenieurbüro in seinem Gutachten weitere Risse prognostiziert hat und welche Konsequenzen haben sie daraus gezogen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 119 2 Antwort zu 4: Dem Landesdenkmalamt wurde mit Mail vom 23.09.2015 ein Gutachten zur Standsicherheit der Friedrichswerderschen Kirche, Bauvorhaben Niederlagstraße , des Ingenieurbüros Jäger vom 10.09.2015, zur Kenntnis übersandt. Zudem ist am 28.10.2015 im Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht des Bezirksamtes Mitte eine umfangreiche Abhandlung der rechtlichen Vertretung des Bauherrn über die Rechtmäßigkeit des Beginns der Bauarbeiten eingegangen. Bestandteil dieses Schriftsatzes ist unter anderem ein Gutachten des Büros „Jäger Ingenieure“ zur Standsicherheit der Kirche unter Berücksichtigung der zu erwartenden Rissbildungen. In Voraussicht zu erwartender neuer Schäden und aus der Erfahrung der Auswirkungen des Bauvorhabens westlich der Kirche wurde federführend durch die Denkmalbehörden (Landesdenkmalamt Berlin und Untere Denkmalschutzbehörde ) im Zusammenwirken mit allen Beteiligten ein umfangreiches Messsystem zur Überwachung der Verformungen installiert. Die erfassten Werte können damit kontinuierlich durch Fachingenieure im Internet abgerufen werden, um gegebenenfalls Maßnahmen veranlassen zu können. Frage 5: Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Möglichkeit, die Friedrichswerdersche Kirche wiederherzustellen und sie wieder als Ausstellungsort zu nutzen? Antwort zu 5: Der Senat geht davon aus, dass die Friedrichwerdersche Kirche wiederhergestellt werden kann und sowohl wieder für liturgische Zwecke als Sakralbau als auch für Ausstellungszwecke als Kulturbau genutzt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Frage 6: Welche Vorstellungen haben Senat und Bezirk vom technischen, finanziellen und zeitlichen Aufwand für die Wiederherstellung der Friedrichswerderschen Kirche? Antwort zu 6: Die Wiederherstellung der Friedrichswerderschen Kirche erfolgt nach dem Verursacherprinzip. Der erforderliche Aufwand für die Wiederherstellung kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend eingeschätzt werden. Frage 7: Wie werden Senat und Bezirk sicherstellen, dass die Wiederherstellung und Wiedereröffnung der Friedrichswerderschen Kirche schnellstmöglich erfolgt? Antwort zu 7: Die Beseitigung der Bauschäden an der Friedrichswerderschen Kirche ist Bestandteil der privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen dem Eigentümer und dem jeweiligen Verursacher der Schäden. Die Denkmalbehörden des Landes Berlin sowie der Landesdenkmalrat haben gleichfalls ein hohes Interesse an der schnellstmöglichen Wiederherstellung und werden dieses im Rahmen der ordnungsrechtlichen Möglichkeiten verfolgen. Berlin, den 17. März 2016 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mrz. 2016)